Die Schnecke im Salat: Rechtsfragen rund um Bewirtungsverträge
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Rechtsgrundlage
- Was tun, wenn der Kellner die Rechnung nicht bringt?
- Darf man die Rechnung kürzen, weil die Bedienung unfreundlich war?
- Wie verbindlich ist eine Reservierung?
- Wer haftet für die Garderobe?
- Darf der Wirt den Verzehr eigener Speisen und Getränke verbieten?
-
Mangelhafte Speisen? eine kleine Fallsammlung
- Die Schnecke im Salat
- Der Sauerbratenfall
- Der Schrotkugelfall
- Zusammenfassung
Rechtsgrundlage: Bewirtungsverträge nicht ausführlich geregelt
Anders als z. B. der Werkvertrag oder der Kaufvertrag wurde der Bewirtungsvertrag vom Gesetzgeber nicht ausführlich geregelt. Welche Rechte und Pflichten sich aus einem solchen Vertrag ergeben, muss deswegen im Einzelfall durch eine Auslegung ermittelt werden. Da Bewirtungsverträge in der Regel nicht schriftlich abgeschlossen werden und auch die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in der Praxis keine besondere Rolle einnimmt, ist eine Bestimmung des konkreten Vertragsinhalts doppelt schwer.
Als sicher gilt aber, dass der Bewirtungsvertrag sowohl kauf-, wie auch werk- und dienst- bzw. manchmal auch mietvertragliche Elemente enthält. Die meisten Juristen schauen deswegen, welcher Vertragstyp bei dem konkreten Problem am besten passt und wenden dann die speziellen Vorschriften dieses Vertragstyps auf den Bewirtungsvertrag entsprechend an. Im Folgenden sollen einige gängige Probleme dargestellt werden:
Beispiel "Wiener Schnitzel": Schwein statt Kalb
Gast G bestellt im Lokal des Wirtes W ein Wiener Schnitzel. Er bekommt daraufhin ein paniertes Stück Fleisch. Beim ersten Bissen stellt sich heraus, dass es sich um ein Schweineschnitzel handelt. Gast G lässt das Schnitzel zurückgehen und besteht darauf, dass ihm ein paniertes Kalbsschnitzel serviert wird. Wirt W bezeichnet G als kleinlich und verweigert die Leistung. Muss G zahlen?
Um diesen Fall zu lösen, helfen miet- oder dienstvertragliche Bestimmungen nicht wirklich weiter. Auf das Problem passen eher die werk-, besser noch die kaufvertraglichen Regelungen, weil ein bestimmter Erfolg in diesem Fall wohl nicht geschuldet ist. Zu den üblichen gastronomischen Gepflogenheiten gehört es, dass es sich bei einem Wiener Schnitzel um ein Kalbsschnitzel handeln muss. Möchte der Wirt ein paniertes Schweineschnitzel verkaufen, so muss er es als Schnitzel "Wiener Art " bezeichnen.
Da im Beispielsfall der Wirt eine andere Sache als die geschuldete angeboten hat, liegt ein Sachmangel vor. Der Gast hat einen Anspruch auf Nacherfüllung, wobei hier nur die Ersatzlieferung in Betracht kommt. Der Wirt verweigert die Nacherfüllung, weswegen der Gast vom Vertrag zurücktreten kann und in der Folge den Kaufpreis nicht bezahlen muss.
Was tun, wenn der Kellner das Essen zu spät bringt?
Gast G besucht in seiner Mittagspause das Lokal des W. Er bestellt bei der Bedienung ein Essen. Nach einer Viertelstunde warten wurde das Essen noch nicht gebracht. Was kann G tun?
In diesem Fall ist es nicht entscheidend zu prüfen, welcher Vertragstyp zu dem Bewirtungsvertrag am besten passt. Vielmehr helfen uns die allgemeinen Regeln über Verträge, also das allgemeine Leistungsstörungsrecht weiter. Wenn das Essen nicht kommt, sollte G demnach der Bedienung eine angemessene Frist setzen. Je nach Lokal dürften 15 bis 20 Minuten ausreichend sein. Wird das Essen dann immer noch nicht serviert, kann G vom Vertrag zurücktreten. In diesem Fall muss G nur das bezahlen, was er tatsächlich bereits konsumiert hat (also z. B. ein Getränk).
Was tun, wenn der Kellner die Rechnung nicht bringt?
Auch hier empfiehlt es sich, den Kellner nach Verstreichen einer angemessenen Zeit zu mahnen. Sollte er dann immer noch nicht kommen, so wäre es ein Fehler aufzustehen und zu gehen. Vielmehr sollte man in diesen Fällen auf ein Gespräch mit dem Wirt selbst oder dem Geschäftsführer bestehen, seine Personalien hinterlassen und die Zusendung einer Rechnung fordern.
Darf man die Rechnung kürzen, weil die Bedienung unfreundlich war?
In diesem Fall kommt es auf die konkrete Situation an. In einem Drei-Sterne-Lokal ist neben dem Menü auch der erholsame Genuss desselben in angenehmer Umgebung geschuldet. Hier kann sich die Unfreundlichkeit des Kellners durchaus auf den zu zahlenden Betrag auswirken. Grundsätzlich kann man daraus aber keine Rechtsansprüche ableiten. Man kann die Unfreundlichkeit sanktionieren, indem man ein Trinkgeld verweigert.
Wie verbindlich ist eine Reservierung?
Dass ein Wirt den reservierten Platz freihalten muss und anderenfalls für den möglicherweise entstehenden Schaden ersatzpflichtig wird, ist an sich unstrittig. Das Problem für den Gast besteht aber meist in der Beweispflicht. So ist es zum Beispiel nur schwer möglich, eine telefonische Reservierung zu beweisen, um seine Ansprüche vor Gericht durchsetzen zu können. Auch der konkrete Schaden wird sich nicht immer ohne Probleme darstellen lassen. Auf der anderen Seite muss auch der Kunde zum angegebenen Zeitpunkt erscheinen, sonst macht er sich gegenüber dem Wirt ebenfalls schadenersatzpflichtig. Um den Schaden zu begrenzen, sollte eine Reservierung daher stets so frühzeitig wie möglich storniert werden.
Wer haftet für die Garderobe?
Der Wirt hat keine Obhutspflichten bezüglich der Garderobe seiner Gäste. Ihn trifft deshalb keine Ersatzpflicht für abhanden gekommene oder beschädigte Kleidung. Eine solche Pflicht kann nur dann entstehen, wenn er die betroffene Person auch gleichzeitig beherbergt. Oder wenn zwischen Gast und Wirt ein Verwahrungsvertrag begründet wird. Dies ist dann der Fall, wenn dem Gast die Garderobe durch das Personal abgenommen und außerhalb des Sichtbereiches aufgehängt wird, oder wenn der Kunde eine Garderobengebühr bezahlt hat.
Darf der Wirt den Verzehr eigener Speisen und Getränke verbieten?
Grundsätzlich braucht der Wirt den Verzehr mitgebrachter Speisen und Getränke nicht zu dulden. Er kann Personen, die dagegen verstoßen, aus dem Lokal verweisen. In vielen bayerischen Biergärten dürfen traditionell eigene Speisen mitgebracht werden. Das hängt damit zusammen, dass diese Gärten früher nur den Ausschank des Bieres vorsahen und Speisen nicht zubereitet wurden. Heute ist das natürlich anders und man sollte lieber nachfragen und auf entsprechende Schilder achten.
Mangelhafte Speisen: Eine kleine Fallsammlung
In den folgenden Fällen stritten Kunde und Gast um mangelhafte Speisen. Die Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Gerichte urteilen.
Die Schnecke im Salat
Das Amtsgericht Burgwedel (Az: 22 C 669/85) machte hinsichtlich der Bezahlpflichten eines Gastes gewisse Einschränkungen. Hat ein Gast beim Besuch eines Schlemmerlokals im Salat eine Schnecke ausgemacht und daraufhin unter Verweigerung der Bezahlung empört das Lokal verlassen, wird er unter Umständen zum Zechpreller. Das Amtsgericht entschied, dass zumindest die, bis zum Auffinden der Schnecke bereits konsumierten Speisen, zu bezahlen seien. In diesem Fall waren dies der Aperitif und die Vorspeise. Erst nach Entdecken der Schnecke im Hauptgang sei die Fortsetzung des Essens nicht mehr zumutbar gewesen.
Der Sauerbratenfall
Ein anderer Kunde besuchte im Vogtland ein Lokal und bestellte dort Sauerbraten. Nach dem Servieren des Hauptgangs brachte er gegenüber der Bedienung zum Ausdruck, dass er mit dem Sauerbraten und dem Kraut nicht einverstanden sei. Die gereichten Klöße blieben unbeanstandet. Der Gast verzehrte in der weiteren Folge weder den Sauerbraten noch die Beilagen und zog die Kosten in Höhe von 6,90 Euro von der Gesamtrechnung ab. Der Wirt hat diesen Betrag bei Gericht eingeklagt und behauptete, dass der Sauerbraten und die Beilagen, insbesondere das gereichte Rotkraut, sach- und fachgerecht hergestellt und dargereicht worden seien. Der Gast war der Ansicht, dass die Soße des Sauerbratens vom Geschmack her eine Schweinebratensoße gewesen sei. Das servierte Rotkraut wäre zerkocht und blass gewesen. Das Gericht hat daraufhin sechs Zeugen vernommen und einem Sachverständigen befragt. Nach dem AG Auerbach (Az.: 3 C 883/01) hatte in diesem Fall der Wirt die Pflicht, die Mangelfreiheit der Speise zweifelsfrei unter Beweis zu stellen. Diesen Beweis konnte er im Nachhinein natürlich nicht mehr erbringen, weswegen er den Prozess verlor.
Der Schrotkugelfall
Erleidet ein Gast durch die verabreichten Speisen ernste Schäden an seiner Gesundheit, so ist der Wirt zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet. Aber nicht immer in gewünschter Höhe. Das Amtsgericht Waldkirch (Az.: 1 C 397/99) vertrat die Auffassung, dass der Gast beim Verspeisen eines Wildgerichts immer mit einer Schrotkugel im Rehrücken rechnen müsse. Ein Gast hatte hier beim Verspeisen einer Portion Wildbret auf eine Schrotkugel gebissen, was ihm den Backenzahn kostete. Im Zivilprozess hielt der Amtsrichter zwar ein Schmerzensgeld von 500 Euro für angemessen. Dies müsse allerdings um 25 Prozent gekürzt werden, weil man eben bei Wild immer mit Kugeln im Fleisch rechnen müsse und den Gast somit ein Mitverschulden treffe.
Fazit: Miteinander reden hilft oft besser als ein Gerichtsverfahren
Streit rund ums Essen ist sowohl für den Gast, wie auch für den Wirt unangenehm. Wegen der meist geringen Streitwerte lohnt sich ein Gerichtsverfahren oft nicht. Sinnvoller ist es, sich gütlich mit dem Wirt zu einigen, das heißt: Miteinander zu reden. Falsch wäre es, alles kommentarlos hinzunehmen. Es ist allemal besser, den Gastwirt auf einen Missstand hinzuweisen, als ihn schweigend über sich ergehen zu lassen, wohl wissend, dass man das Lokal künftig meiden wird.
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