Werkvertrag: Die wichtigsten Regelungen und Tipps
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Vertragliche Pflichten beim Werkvertrag und Begrifflichkeiten
- Abgrenzung zum Kaufvertrag und zum Dienstvertrag
- Typische Werkverträge
- Vergütung: Handwerkerkosten vorab klären
- Abnahme: Auslöser für Lohn und Gewährleistungsfrist
- Vorleistungspflicht und Abschlagszahlungen
- Haftung bei Sachmängeln
- Kündigungsrecht
- Besonderheiten bei Bauverträgen und VOB/B
Vertragliche Pflichten beim Werkvertrag und Begrifflichkeiten
Durch den Werkvertrag verpflichtet sich der/die (Werk-)Unternehmer/-in zur Herstellung des versprochenen Werkes, der/die Besteller/-in (Verbraucher/-innen als Auftraggebende) zur Bezahlung der vereinbarten Vergütung. Der Begriff des Unternehmers/der Unternehmerin im Sinne der werkvertraglichen Vorschriften ist nicht mit dem Unternehmerbegriff aus § 14 BGB gleichzusetzen. Dies ist zwar sprachlich nicht schön und widerspricht auch der Tradition des BGB, wonach bestimmte Begriffe nicht verschiedene Bedeutungen haben sollen. Jedoch wurde der/die (Werk-)Unternehmer/-in im BGB schon von Beginn an als "Unternehmer" bezeichnet.
Darüber hinaus gibt es auch verschiedene Dienstleistungsbegriffe im BGB. „Dienstleistung“ im ursprünglichen Sinne des BGB entspricht der Definition in § 611 BGB. Von diesem Dienstvertrag ist der Werkvertrag abzugrenzen.
Europarechtlich ist der „Dienstleistungsbegriff“ allerdings weit auszulegen. Die auf EU-Richtlinien zurückzuführenden Vorschriften zum Widerrufsrecht (§§ 312 ff. BGB und §§ 355 ff. BGB) umfasst unter anderem auch Mietverträge sowie Werk- und Werklieferungsverträge. Wenn im Folgenden von einem Werkvertrag und von einem Dienstvertrag die Rede ist, sind die Vertragsarten im ursprünglichen Sinne gemeint.
Abgrenzung zum Kaufvertrag und zum Dienstvertrag
Geschuldet wird nicht die Übereignung einer Sache (wie beim Kaufvertrag), sondern die Herstellung eines Werkes, man kann auch sagen, das Herbeiführen eines bestimmten Erfolges. Beim Dienstvertrag wird zwar auch eine Leistung erbracht, aber es ist kein Erfolg geschuldet. Die Abgrenzung kann manchmal schwierig sein.
Beispiele:
A ist gerade am Ostbahnhof in München angekommen. Sie nimmt sich dort ein Taxi, das sie zum Marienplatz fahren soll.
In diesem Fall handelt es sich um einen Werkvertrag. Der/die Taxifahrer/-in schuldet einen bestimmten Erfolg, nämlich, den Fahrgast von Ort A nach Ort B zu bringen.
B büffelt auf sein Abitur und hat große Probleme im Fach Mathematik. Er wendet sich deswegen an den Mathematik-Studenten C, damit dieser ihm Nachhilfestunden erteilt.
In diesem Fall handelt es sich um einen Dienstvertrag. C schuldet nicht als Erfolg, dass B auch das Abitur besteht.
Typische Werkverträge
Typische Werkverträge sind zum Beispiel Bauverträge, Verträge mit Architekt/-innen, die Erstellung von Gutachten, die Herstellung eines Maßanzugs, Schlüsseldienste und Reparaturaufträge. Werkverträge sind fast alle Verträge mit Handwerker/-innen, von der Reinigung eines verstopften Abflussrohres bis zum Bau eines Hauses.
Die Vergütung: Handwerkerkosten vorab klären
Ein häufiges Problem besteht in der Praxis, wenn der/die Unternehmer/-in eine Rechnung präsentiert. Regelmäßig wird vorab gar nicht über den Preis gesprochen. Handwerker/-innen werden gerufen, erledigen die Arbeit und rechnen dann ab. Dies kann aus verschiedenen Gründen zu Verstimmungen zwischen den Vertragsparteien führen. Anders als beispielsweise bei Ärzt/-innen, Architekt/-innen und Rechtsanwält/-innen gibt es für Handwerker keine gesetzliche Gebührenordnung, was bedeutet, dass der Werklohn grundsätzlich von den Vertragsparteien frei vereinbart werden kann. Fehlt eine Preisabsprache, so kann der Handwerker allerdings nur die Vergütung verlangen, die ortsüblich ist.
Was "ortsüblich" ist, ist häufig nur schwer zu bestimmen. In Streitfällen muss dies oft durch einen Sachverständigen ermittelt werden. Besser ist es daher, über die Kosten vorab zu sprechen. Hier gibt es Tipps zu möglichen Vereinbarungen (Vergütungsanspruch) und Wissenswertes rund um den Kostenvoranschlag.
Die Abnahme: Auslöser für Lohn und Gewährleistungsfrist
Eine Besonderheit beim Werkvertrag stellt die Abnahme dar. Dabei handelt es sich um eine Hauptleistungspflicht aus dem Vertrag. Hat der Unternehmer sein Gewerk vertragsgemäß hergestellt, so ist der Verbraucher als Besteller verpflichtet, das Gewerk abzunehmen. Abnahme bedeutet dabei die körperliche Hinnahme des Werkes und dessen Billigung als vertragsgemäße Leistung. Das heißt: Der/die Besteller/-in schaut sich das Werk genau an und ist im Großen und Ganzen mit der Leistung des Unternehmers einverstanden.
Der Zeitpunkt der Abnahme ist häufig von besonderem Interesse. Denn erst wenn das Werk abgenommen ist, wird der Werklohnanspruch fällig, kann der Unternehmer also Bezahlung vom Kunden verlangen. Zudem beginnt mit der Abnahme der Lauf der Gewährleistungsfrist.
Vorleistungspflicht und Abschlagszahlungen beim Werkvertrag
Grundsätzlich kann der Unternehmer also erst sein Geld verlangen, wenn er seine Leistung vollständig erbracht und der Besteller die Arbeit auch abgenommen hat. Man spricht hier von einer so genannten Vorleistungspflicht des Unternehmers. Dies ist natürlich nicht von Vorteil für den Unternehmer, insbesondere dann, wenn er z. B. selbst Material besorgen und einbauen muss. In diesem Fall müsste er die Kosten unter Umständen mehrere Wochen oder Monate vorschießen, obwohl sein Werklohn vielleicht sogar geringer ist als die Materialkosten. Der Gesetzgeber hat dies erkannt und billigt dem Unternehmer für solche Fälle die Möglichkeit zu, Abschlagsrechnungen zu stellen.
Haftung bei Sachmängeln
Ganz ähnlich wie beim Kaufvertrag haftet der Unternehmer auch beim Werkvertrag für Sachmängel.
Kündigungsrecht beim Werkvertrag
Wer eine Werkleistung in Auftrag gibt, kann einen solchen Vertrag jederzeit wieder kündigen und zwar solange, wie das Werk noch nicht vollendet ist (§ 648 BGB). Diese Kündigung ist jedoch mit einem großen Nachteil verbunden: der Werkunternehmer behält nämlich im Falle einer solchen Kündigung seinen Vergütungsanspruch. Er muss sich nur so genannte ersparte Aufwendungen anrechnen lassen.
Besonderheiten bei Bauverträgen und VOB
Wie bereits eingangs beschrieben, können Werkverträge höchst unterschiedliche vertragliche Leistungen zum Gegenstand haben. In der Praxis besonders wichtig sind Bauverträge. Weil die Vorschriften im BGB nicht so ganz den Bedürfnissen am Bau entsprechen, bedarf es einer besonderen Vertragsgestaltung.
Um nicht in jedem Fall ein umfangreiches Vertragskonstrukt vereinbaren zu müssen, gibt es für Bauverträge ein besonderes Klauselwerk, das sehr häufig zwischen den Vertragsparteien vereinbart wird, die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, kurz VOB. Die VOB besteht aus drei Teilen (A, B und C): Teil A beschäftigt sich mit der Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen. Im Teil B befinden sich besondere Regelungen für die Vertragsabwicklung. Teil C betrifft die technischen Vertragsbedingungen, also die fachgerechte Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen.
VOB/B: Muster muss Verbraucher/-innen bei Vertragsschluss vorliegen
Man könnte auch sagen, dass die VOB/B das Werkvertragsrecht für Bau-Profis regelt. Die Geltung der VOB/B kann grundsätzlich auch gegenüber einem Verbraucher vereinbart werden. Der Bundesgerichtshof hat im Jahr 2008 entschieden, dass die einzelnen Klauseln auf ihre Wirksamkeit geprüft werden können. Dies kann zur Folge haben, dass einzelne Regelungen gegenüber dem Verbraucher nicht verwendet werden dürfen (AGB, BGB).
Wichtig ist, dass sich der/die Unternehme/-inr gegenüber Verbraucher/-innen nur dann auf die Geltung der VOB/B berufen kann, wenn er/sie ihnen ein Muster der VOB/B bei Vertragsschluss ausgehändigt hat. Viele Bauunternehmer/-innen machen das nicht mit der Folge, dass die Geltung der VOB/B trotz Hinweis im Vertrag nicht wirksam vereinbart wurde.
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