Sharing-Economy: Chancen und Risiken des digitalen Teilens
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Was ist Sharing Economy?
- Rechtsunsicherheit im Bereich der Sharing Economy
- Rechtliche Einordnung
- Die Leihe - Was gilt es zu beachten?
- Die Vermietung über Wohnungsvermittlungsplattformen - Was gilt es zu beachten?
- Pflichten vor einer Vermietung
- Haftung bei Schäden durch die Untervermietung
- Checkliste Untervermietung
Was ist Sharing Economy?
Unter dem Begriff Sharing-Economy wird eine Vielzahl von gemeinschaftlichen Konsumformen zusammengefasst. „Sharing-Economy“ oder „Share Economy“ bezeichnet die gemeinschaftliche Nutzung von Gütern, etwa durch das Teilen, Tauschen, Leihen, Mieten oder Schenken, sowie die Vermittlung von Dienstleistungen.
Vor allem wegen des Internets ist die Sharing Economy heute nicht mehr wegzudenken: So können Gegenstände einfach und schnell gemeinsam genutzt werden. Durch die neuen Technologien und auch durch die Vereinfachung der Zahlsysteme wurde die Sharing Economy einfacher und schneller und bekam daher in den letzten Jahren eine ganz neue Dynamik.
Dabei ist dies kein neues Phänomen. Die gemeinschaftliche Nutzung von Gütern gab es schon lange vor der Entwicklung des Internets, etwa bei Bibliotheken, Videotheken, Autovermietungen, Skiverleihen, Mitfahrzentralen und Waschsalons. Kennzeichnend für Angebote der Sharing Economy ist, dass jeder sowohl Nutzer/-in als auch Anbieter/-in sein kann.
Die Angebote der Sharing Economy sind vielfältig: Von der Wohnungsvermietung über Vermittlungsplattformen, über die reine Nachbarschaftshilfe, von Carsharing bis hin zu Foodsharing und Kleidungstausch ist alles dabei. Auch Dienstleistungen werden in der Share Economy angeboten, es gibt Nachbarschaftsdienste, diverse Leihdienste und Flohmärkte. Auch die Ausgestaltung der Angebote, ob kommerziell oder kostenlos, ist ganz unterschiedlich.
Rechtsunsicherheit im Bereich der Sharing Economy
Das deutsche Recht ist auf den Handel zwischen Unternehmer/-in und Verbraucher/-in ausgerichtet.
Weil die rasche Entwicklung im Bereich der Sharing-Economy die Gesetzgebung überholt hat, fehlen Regelungen für den Handel zwischen Verbraucher/-innen untereinander über eine kommerzielle Plattform. Dies führt oft zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Viele Vermittlungsportale im Bereich der Sharing Economy stellen letztlich kaum Infrastruktur zur Verfügung. Trotzdem sind sie oft wirtschaftlich sehr erfolgreich und erhalten eine Vermittlungsgebühr.
Verantwortung für das vermittelte Geschäft oder Vertragsstörungen wollen die meisten Vermittlungsportale in der Regel nicht übernehmen. Auch andere Haftungsrisiken werden meist ausgeschlossen.
Auf der anderen Seite werden die Verbraucher/-innen, die am Angebot teilnehmen wollen, oft nicht umfassend über die sie treffenden Pflichten, wie beispielsweise Haftungsrisiken oder auch Steuerpflichten hingewiesen. Ebenso fällt auf, dass der angebotene Versicherungsschutz oft nicht ausreichend ist, um Schäden tatsächlich zu regulieren. Zusammengefasst heißt das:
Waren früher die Unternehmen für den Verbraucherschutz verantwortlich, so zeichnen sich die kommerziellen Sharing-Economy Plattformen meist von der Verantwortung frei. Die Risiken treffen also den/die Verbraucher/-in, d.h. den/die Nutzer/-in der Plattform.
Als Verbraucher/-in sollten Sie sich daher vor der Nutzung von Plattformen im Sharing Economy Bereich vorab stets gut und umfassend über die Sie treffenden Pflichten und Haftungsrisiken informieren.
Eine Ausnahme hiervon bildet z. B. das Carsharing, das heutzutage oft per App funktioniert. Die darüber vermieteten Autos gehören dem Carsharing-Unternehmen, sodass kein Vertrag zwischen zwei Verbraucher/-innen über eine/-n Vermittler/-in zustande kommt, sondern ein Vertrag direkt zwischen Unternehmer/-in und Verbraucher/-in.
Rechtliche Einordnung der Sharing Economy
Da Sharing Economy in den verschiedensten Bereichen zu finden ist, sind auch die zugrundeliegenden Verträge unterschiedlicher rechtlicher Natur. Im Bereich der Sharing Economy gibt es Tausch-, Schenk-, Miet-, Leih, Dienstleistungs- und Werkverträge ebenso wie reine Gefälligkeitsverhältnisse. Diese rechtliche Unterscheidung hat jedoch grundsätzlich Auswirkungen auf die vertraglichen Pflichten und auf die Haftung.
Insbesondere von Interesse sind dabei vor allem der Leih- und der Mietvertrag. Auf die damit einhergehenden, häufig auftretenden Probleme wird daher im Folgenden eingegangen.
Die Leihe: Was gilt es zu beachten?
Manche Angebote aus dem Bereich der Sharing Economy sind Leihverträge (§ 598 BGB). Grundsätzlich gilt: Die Person, die etwas verleiht, trifft die Pflicht zur kostenlosen Überlassung einer Sache an die Person, die es ausleiht. Diese wiederum trifft die Rückgabepflicht nach Ablauf der vereinbarten Leihzeit.
Im Rahmen eines Leihverhältnisses können sich für Ent- und auch für Verleiher/-innen darüber hinaus verschiedene Fragen stellen:
- Wer haftet, wenn die entliehene Sache einen Mangel aufweist und hierdurch ein Schaden entsteht?
Grundsätzlich gilt: Die Person, die verleiht, haftet nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, also wenn sie den Mangel bei der Übergabe an die andere Person kannte bzw. hätte erkennen können. Auch wenn sie den Mangel arglistig verschweigt, muss sie der Person, die die Sache ausleiht, den daraus entstandenen Schaden ersetzen. Andernfalls haftet die verleihende Person nicht.
- Was ist, wenn sich die entliehene Sache bei Rückgabe verschlechtert hat?
Für Veränderungen oder Verschlechterungen der entliehenen Sache, die auf den vertragsgemäßen Gebrauch der Leihsache zurückzuführen sind, haftet die Person, die sich etwas leiht nicht. Wurde die Sache jedoch nicht vertragsgemäß benutzt und hat sich daher verschlechtert, muss der/die Entleiher/-in hierfür haften.
- Darf man die entliehene Sache an Dritte weitergeben?
Nein, der/die Entleiher/-in darf ohne Erlaubnis der Person, die die Sache verleiht, diese keiner dritten Person überlassen.
- Wann darf der/die Verleiher/-in die Sache zurückfordern?
Hierbei ist eine Unterscheidung zwischen befristeten und unbefristeten Leihverträgen vorzunehmen. Ist die Dauer der Leihe nämlich weder bestimmt, noch aus dem Zweck zu entnehmen, so hat der Verleiher ein jederzeitiges Kündigungsrecht. Das heißt, wenn er die Sache selbst benötigt, kann er jederzeit kündigen und die Sache zurückverlangen. Ebenso, wenn der Entleiher mit der Sache vertragswidrig umgeht.
Wurde der Leihvertrag hingegen für einen bestimmten Zeitraum geschlossen, muss der/die Entleiher/-in die Sache grundsätzlich erst nach Ablauf dieses Zeitraums zurückgeben. Der/die Verleiher/-in kann jedoch die Leihe kündigen, wenn sie/er die verliehene Sache wegen eines bei der Leihe nicht vorhergesehenen Umstands zurück braucht. Auch wenn die Person, die etwas ausleiht, mit der Sache vertragswidrig umgeht oder stirbt, besteht ein Kündigungsrecht.
Vermietung über Wohnungsvermittlungsplattformen: Was gilt es zu beachten?
Wohnungsvermittlungsplattformen erfreuen sich seit Jahren einer zunehmenden Beliebtheit, sowohl unter Reisenden als auch unter Städtern, die ihre eigene Wohnung gerne vermieten wollen. Grundsätzlich ist der Vermieter zur Gebrauchsüberlassung der Mietsache während der Mietzeit verpflichtet, der Mieter zur Entrichtung der vereinbarten Miete.
Daneben gibt es jedoch zahlreiche, meist unbekannte, Pflichten. Bei Missachtung dieser Pflichten, können gravierende Folgen eintreten: Eine fristlose Kündigung, existenzgefährdende Bußgelder und die Haftung für alle vom Untervermieter verursachten Schäden stehen hier im Raum.
Pflichten vor einer Vermietung
Wollen auch Sie Ihre Wohnung oder ihr Haus über eine Wohnungsvermietungsplattform anbieten, so sollten Sie einige wichtige Dinge beachten.
- Sie sind selbst Mieter/-in?
Wenn Sie selbst Mieter/-in der Wohnung sind, die Sie untervermieten möchten, treffen Sie wichtige Pflichten aus Ihrem eigenen Mietvertrag. Grundsätzlich sind Mietende ohne Erlaubnis des Vermieters oder der Vermieterin nicht berechtigt, die Mietsache einer dritten Person zu überlassen.
- Was sagt der Mietvertrag?
Daher empfiehlt es sich vor der Vermietung über eine Plattform zuerst in den Mietvertrag mit dem eigenen Vermieter/der eigenen Vermieterin zu sehen. Denn in vielen Mietverträgen ist die Untervermietung grundsätzlich ausgeschlossen. In diesen Fällen besteht kein Anspruch auf die Genehmigung einer Untervermietung durch den/die Vermieter/-in.
- Erlaubnis einholen
Steht im Mietvertrag nichts, so muss die Erlaubnis des Vermieters/der Vermieterin vorab eingeholt werden. Was ist, wenn er/sie diese Erlaubnis nicht erteilt, oder Sie vergessen haben, die Erlaubnis einzuholen? Dürfen Sie Ihre Wohnung dennoch vermieten? Diese Frage muss eindeutig mit einem Nein beantwortet werden.
Die Untervermietung trotz fehlender Untermieterlaubnis stellt einen fristlosen Kündigungsgrund dar!
- Beachtung der Zweckentfremdungssatzung
Daneben gibt es in zahlreichen Städten - darunter die drei größten deutschen Städte Berlin, Hamburg und München - sogenannte Zweckentfremdungssatzungen. Die Untervermietung als Ferienwohnung wird hierin entweder gänzlich verboten oder muss von der Stadt genehmigt werden. Diese Satzungen haben einen praktischen Hintergrund: Sie sollen einer Verschärfung der Wohnungssituation durch eine Wohnraumverknappung entgegenwirken.
Vor der Vermietung muss demnach immer geprüft werden, ob die Untervermietung in der jeweiligen Stadt gänzlich verboten ist oder eine Zweckentfremdungssatzung vorhanden ist, auf Grund derer eine Genehmigung erforderlich wird. Teilweise ist in diesen Satzungen eine Untervermietung in einem gewissen Rahmen, etwa innerhalb einer bestimmten Anzahl von Wochen pro Jahr, grundsätzlich erlaubt. Dieser Zeitrahmen darf nicht überschritten werden.
Wird eine nach der Zweckentfremdungssatzung notwendige Genehmigung nicht eingeholt, so stellt die ungenehmigte Zweckentfremdung eine Ordnungswidrigkeit dar, die etwa mit einem Bußgeld bis zu EUR 50.000,00 geahndet werden kann.
Haftung bei Schäden durch die Untervermietung
Ist ein Schaden entstanden oder wurden Sachen gestohlen, so stellt sich nicht selten die Frage, wer hierfür aufkommen muss und an wen sich der/die Vermieter/-in wenden kann. Die vermittelnden Plattformen schließen eine Haftung für Schäden oder Diebstahl meist aus. Die Betreibenden erklären oft, dass Vermieter/-innen sich selbst um eine ausreichende Versicherung kümmern müssen.
Teilweise werden von den Plattformen auch Versicherungen oder „Gastgebergarantien“ angeboten. Das Eingreifen dieser Versicherungen oder „Garantien“ wird jedoch von so vielen Voraussetzungen abhängig gemacht, dass man im Schadensfall meist keinen Ersatz erhält. Oft sind gerade wertvolle Sachen, die schnell und einfach entwendet werden können - etwa Schmuck, Bargeld und Kunst - von vornherein nicht von den angebotenen Garantien erfasst.
Hausratversicherungen decken Schäden aus Untervermietung meist nicht ab
Ob Schäden aus einer Untervermietung von der eigenen Hausratversicherung abgedeckt sind, sollte dringend vorab mit der Versicherung geklärt werden. Denn zumeist ist dies nicht der Fall. Es empfiehlt sich daher bei regelmäßiger Untervermietung eine Zusatzversicherung abzuschließen.
Verursacher/-in über alle Berge
Es besteht grundsätzlich zwar ein rechtlicher Anspruch gegenüber der Person, die den Schaden verursacht hat, jedoch ist die praktische Durchsetzbarkeit einer Forderung oft sehr umständlich. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der/die Mieter/-in aus dem Ausland kommt. Eine Realisierung der Schadensersatzansprüche kann hier erfolglos sein.
Im Ergebnis zeigt sich, dass die Ansprüche der Vermieterin/des Vermieters im Schadensfall und bei Diebstahl kaum durchsetzbar sind. Es empfiehlt sich daher der Abschluss einer zusätzlichen Versicherung, die diese Schäden abdeckt.
Checkliste Untervermietung
Wollen Sie Ihre Wohnung untervermieten, so gilt folgende Checkliste:
1. Überprüfung des eigenen Mietvertrages (Untervermietung bereits gänzlich ausgeschlossen?)
2. Erlaubnis des Vermieters oder der Vermieterin einholen
3. Die Zweckentfremdungssatzung beachten und ggf. eine Genehmigung einholen
4. Empfehlenswert: Versicherung für Schaden/Diebstahl bei Untervermietung erfragen
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