Essen und Trinken bei Schichtarbeit
In diesem Beitrag finden Sie
- Die „innere Uhr“
- Schichtarbeit beeinträchtigt die Gesundheit
- Essverhalten bei Schichtarbeit
- Essen und Trinken bei Schichtarbeit
- Besonderheiten bei der Wechselschicht
- Besonderheiten bei der Nachtschicht
- Verpflegung im Schicht-Betrieb
Die „innere Uhr“
Die Körperfunktionen des Menschen richten sich innerhalb von 24 Stunden nach einem relativ stabilen Schlaf-Wach-Rhythmus, dem circadianen Rhythmus. Am Tag schaltet der Organismus auf Aktivität, nachts auf Erholung. Dabei sorgt eine "innere Uhr" im Gehirn dafür, dass Körpertemperatur, Blutdruck, Schlaf, Wachheit, Atmung, Kreislauf, Hunger sowie Verdauung reibungslos funktionieren und Hormone ausgeschüttet werden.
Diese Feinabstimmung des Körpers mit der Tageszeit ist angeboren und nur schwer zu beeinflussen. Als wesentlicher Zeitgeber steuert das Licht über die Augen den Tag-Nacht-Rhythmus. Äußere Faktoren wie Arbeitszeit, Bewegung oder geregelte Mahlzeiten wirken sich deutlich schwächer auf die innere Uhr aus.
Chronotypen: Lerchen und Eulen
Manche Menschen wachen morgens auf und fühlen sich schnell leistungsfähig. Sie gehören zu den Morgentypen oder Lerchen. Abendtypen, auch Eulen genannt, brauchen früh eine gewisse Anlaufzeit bis sie in Fahrt kommen und gehen eher später ins Bett, weil sie abends noch aktiv sind.
Die meisten Menschen sind Normal- oder Mischtypen und haben entweder vom einen oder anderen extremen Chronotypen ein bisschen mehr. Im Alter verschiebt sich die innere Uhr Richtung Morgentyp, bei Jugendlichen kommen die Eulen häufiger vor.
Schichtarbeit beeinträchtigt die Gesundheit
Je nach Schichtsystem arbeiten die Beschäftigten zu wechselnden Zeiten früh, spät und nachts oder konstant immer in der gleichen Schicht. Auch wenn Morgentypen sich mit der Frühschicht leichter tun und die Eulen lieber in die Spätschicht gehen,
Schichtdienst ist meist Arbeiten gegen die innere Uhr. Ausruhen am Tag und Leistung bringen zur Bettzeit empfindet der Körper als Störung seiner gewohnten Struktur.
Die Nachtschicht stresst ihn ganz besonders. Da sich der Organismus nur bedingt an die verschobenen Lebens- und Arbeitsabläufe anpassen kann, kommt er aus dem Takt.
Für Schichtarbeiter ist das oft sehr belastend und ein hohes Risiko für ihre Gesundheit.
Mögliche Folgen von Schichtarbeit für das Wohlbefinden:
- Müdigkeit
- mangelnde Leistungsfähigkeit
- Schlafstörungen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Magen-Darm-Beschwerden
- Diabetes
- Depressionen
- erhöhtes Unfallrisiko
- Übergewicht
Essverhalten bei Schichtarbeit
Schichtarbeiter essen nicht nur zu Zeiten entgegen ihren Gewohnheiten. Sie nehmen auch oft die Mahlzeiten alleine ein, weil ihr Tagesablauf nicht zum Zeitplan der Familie passt. Durch die wechselnden Arbeitszeiten kommt die Verdauung durcheinander und das Essverhalten wird unregelmäßiger. Sogar die Regulation von Hunger und Sättigung ändert sich. Schichtarbeit beeinflusst auch die Auswahl der Lebensmittel. Bei vielen Nachtschichten geht, laut Studien, die Tendenz eher zu fettreicher und einseitiger Ernährung. Das führt nicht selten zu Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen.
Hunger und Sättigung
Damit der Körper Nahrung bekommt, meldet die innere Uhr tagsüber alle vier bis fünf Stunden ein Hungergefühl. In der nächtlichen Erholungszeit bremst das Sättigungshormon Leptin den Appetit, und die Leber hält den Blutzucker aufrecht. Der Leptinspiegel ist zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens am höchsten. Rund eine bis drei Stunden vor dem Frühstück steigt die Konzentration des Hungerhormons Ghrelin im Blut wieder an, was sich zum Beispiel durch das Gefühl des "leeren Magens" bemerkbar macht.
Schlafmangel macht hungrig
Leiden Schichtarbeiter dauerhaft unter Schlafmangel, schüttet der Organismus um ein Viertel mehr vom hungerauslösenden Hormon Ghrelin aus und spart fast 20 Prozent des Sättigungsmelders Leptin ein. Zu wenig Schlaf steigert den Hunger am nächsten Tag um rund 25 Prozent, vor allem auf Kohlenhydrate wie Nudeln, Kuchen oder Süßigkeiten. Wird dann entsprechend mehr gegessen, geht das Schlafdefizit zu Lasten der Figur. Weil mit dem Schlafdefizit auch der Kalorienbedarf in Ruhe sinkt, nimmt man schon von wenig Essen zu. In den Tagen nach der Nachtschicht ist es deshalb besonders wichtig, Ernährung und Portionsgrößen im Blick zu behalten.
Schlafhygiene pflegen
Mit einem guten Schlaf kann der Schichtarbeiter sein Wohlbefinden und sein Gewicht positiv beeinflussen. Auch der Schlaf am Tag, der leichter und störanfälliger ist als der Nachtschlaf, bringt gewünschte Erholung, wenn die Regeln der Schlafhygiene beachtet werden:
- Raumtemperatur niedrig halten
- Raum gut verdunkeln oder Augenbinden benutzen
- Entspannen vor dem Schlafengehen
- kleine Rituale einführen: Musik anhören, Atemübungen
- Telefon und Türglocke ausschalten
- kein Fernseher am Bett
- Schild aufhängen: "Bitte nicht stören"
Essen und Trinken bei Schichtarbeit
Bisher gibt es noch keine allgemeingültigen Empfehlungen zur exakten Menge und Auswahl der Lebensmittel bei Schichtarbeit. Dafür sind die Tätigkeiten und Anforderungen an die Schichtarbeiter zu verschieden. Wichtig ist, dass Schichtarbeiter darauf achten, was Ihnen zu welcher Tages- und Nachtzeit beim Essen und Trinken zuhause und am Arbeitsplatz gut bekommt und zu einem gesunden Lebensstil passt.
Ausgewogen essen
Abwechslungsreich und ausgewogen essen stärkt die Leistungsfähigkeit und hilft dabei, gegen den Stress durch die Schichtarbeit etwas besser gewappnet zu sein. Falls die Verpflegung am Arbeitsplatz nicht den Bedürfnissen entspricht, sollte der Speiseplan zuhause so gestaltet werden, dass er den Bedarf an wichtigen Nährstoffen deckt. Für die Zusammenstellung von Haupt- und Zwischenmahlzeiten kann man sich an folgenden Empfehlungen orientieren:
- pro Tag 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst
- Vollkorn wählen bei Brot, Nudeln, Reis und Mehl
- reichlich Milch und Milchprodukte
- pro Woche höchstens 600 Gramm Fleisch und Wurst
- ein bis zweimal pro Woche Fisch
- pflanzliche Öle bevorzugen z.B. Rapsöl
- versteckte Fette in Fertigprodukten, Wurst und Gebäck beachten
- Salz einsparen und lieber mit Kräutern würzen
- Zucker in Maßen
- rund 1,5 Liter pro Tag kalorienfreie Getränke
Regelmäßig essen
Der wechselnde Schichtbetrieb ist mit zahlreichen Änderungen im Tagesablauf verbunden. Da ist es verständlich, dass viele Mitarbeiter unregelmäßig essen. Dennoch: Mahlzeiten, die außerhalb des Betriebs so gut wie möglich immer zur gleichen oder ähnlichen Zeit eingenommen werden, bringen Struktur, die bei Wechselschichten häufig auf der Strecke bleibt. So bewahrt wenigstens das Essen zuhause einen vertrauten Rhythmus.
Besonderheiten bei der Wechselschicht
Frühschicht:
Morgentypen fällt es leichter, vor der Arbeit zu frühstücken. Wer früh schwerer aus dem Bett kommt oder keinen Appetit hat, sollte sich ein üppiges Pausenbrot einpacken. Manche Beschäftige essen mittags lieber nach Dienstschluss daheim ab 14 Uhr als um 12 Uhr im Betrieb. Verschiebt sich dadurch auch das Abendessen nach hinten, sollte hier leichte Kost oder eine kleinere Brotzeit bevorzugt werden, weil man ja bald ins Bett geht und mit vollem Bauch schlecht schläft.
Leichte, warme Küche am Abend:
- Gemüsegerichte als Auflauf
- Suppe oder Eintopf
- mageres Fleisch oder gedünsteter Fisch
- Pellkartoffeln, Nudeln, Reis als Beilage
- Salatplatte mit Putenbrust
- Omelett mit Schinken oder Gemüsefüllung
Spätschicht:
Bei der Spätschicht finden Frühstück und Mittagessen zuhause statt. Jetzt wäre die Gelegenheit, Gerichte mit frischen Zutaten zu kochen wie zum Beispiel: knackige Salate, Gemüseaufläufe oder Fisch. Für die Brotzeit nachmittags und am Abend gibt es kalte Küche: belegte Brote mit fettarmem Aufschnitt oder Käse, Gemüseschnitze, Joghurt und Obst. Steht am Arbeitsplatz eine Mikrowelle zur Verfügung, können abends Reste vom Mittagessen aufgewärmt werden. Wer nach Feierabend noch Hunger hat, sollte daran denken, dass schwer verdauliches Essen den Schlaf stört. Ein kleiner Imbiss (Milchprodukte, Obst, belegtes Brot) wäre zu dieser Tageszeit bekömmlicher, als eine fettreiche Mahlzeit oder eine Tüte Chips.
Besonderheiten bei der Nachtschicht
Die Nachtschicht beginnt ungefähr um 21 Uhr und endet zwischen 6 und 7 Uhr morgens. Manche Mitarbeiter sind die ganze Nacht auf der Straße unterwegs, andere sitzen vor dem Computer oder stehen am Fließband und leisten schwere körperliche Arbeit. Essen und Trinken in der Nacht richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen, den Gegebenheiten vor Ort und ganz besonders nach dem Prinzip Wohlbefinden.
Nachts essen behindert die Verdauung
In der Nacht befindet sich der Magen-Darm-Trakt im Ruhezustand. Wird doch gegessen, arbeitet das Verdauungssystem gegen seinen sonstigen Zyklus. Einige Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme ist der Darm damit beschäftigt, seinen Inhalt weiter zu schieben. Kommt jetzt neue Nahrung in den Verdauungstrakt, übernimmt der Magen die Regie und der Darm macht langsamer. Viele Schichtarbeiter leiden unter Magen-Darm-Störungen, Verstopfung, Blähungen oder Sodbrennen.
Hunger in der Nachtsschicht
Nur wenn sich zwischen Mitternacht und 6 Uhr früh wirklich echter Hunger meldet, sollte auch gegessen werden und zwar, dass was gut tut in kleinen Portionen. Steht im Betrieb keinerlei Verpflegung zur Verfügung, wird oft Pizza oder Fast Food bestellt. Bei diesen Anbietern stehen sicher auch leicht bekömmliche und kalorienarme Suppen oder kleine Nudel- und Reisgerichte auf der Karte, die nicht ewig im Magen liegen wie fettreiche Speisen. Wer es zeitlich schafft, nimmt sich für den Fall der Fälle eine Brotzeit von zuhause mit. Eine Pause in Ruhe und angenehmer Umgebung, Gespräche mit netten Kollegen und ein langsames und bewusstes Essverhalten wirken förderlich auf die Verdauung.
Unnötige Kalorien in der Nacht
Manchmal kommt es einem so vor, als würde die Zeit in der Nachtschicht überhaupt nicht vorbeigehen. Aus purer Langeweile greift die Hand dann immer wieder in die Pralinenschachtel oder zu anderen Snacks. Wenn die Kollegen ihr Vesper auspacken, isst man aus purer Solidarität mit. Essen ohne Hunger sind unnötige Kalorien, die den Stoffwechsel belasten und überflüssige Pfunden schaffen. Kekse und Süßes am besten aus dem Blickfeld räumen oder erst gar nicht kaufen. Alternativ zu den nächtlichen Kalorienbomben schmeckt eine Tasse Tee, Kaffee und Brühe oder ein paar Nüsse, wenn es unbedingt etwas Essbares sein soll. Figurfreundlicher bringen körperliche Aktivität, Gedächtnistraining oder kleine praktische Tätigkeiten den Zeiger an der Uhr nach vorne.
Nächtliche Wachmacher
Der tiefste Punkt in der Leistungskurve liegt nachts um etwa 3.00 Uhr. Dann sollen viel Kaffee und koffeinhaltige Erfrischungsgetränke die Müdigkeit vertreiben. Zwei bis drei Tassen Kaffee können etwas wacher machen, mehr verkehrt sich ins Gegenteil. Zuckerärmer als Cola und Limonade und effektiver für die Konzentration sind Mineralwasser, Saftschorle und ungesüßter Tee. Außerdem helfen helles Licht, frische Luft, Bewegung und ein kurzes Nickerchen in der Pause.
Frühstück nach der Nachtschicht
Morgens nach Feierabend heißt es dann: so schnell wie möglich ins Bett. Für den kleinen Hunger kann ein leichtes Frühstück gegessen werden wie zum Beispiel ein Butterbrot oder eine Scheibe Toast mit Käse oder Marmelade. Aber ohne anregenden Kaffee dazu und Alkohol zum Einschlafen ist sowieso tabu.
Verpflegung im Schichtbetrieb
Für die Ernährung der Beschäftigten wäre es optimal, wenn der Betrieb in jeder Schicht gute Rahmenbedingungen für die Verpflegung schafft wie:
- Kantine mit erweiterten Öffnungszeiten
- Cafeteria oder Brotzeitecken mit kleinen Snacks für die Spät- und Nachtschicht
- Automaten mit vollwertigen Pausenmahlzeiten
- kalorienfreie Getränke
- Mikrowelle oder Herd
- günstige Pausengestaltung
- gemütlichen Pausenraum
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: Vollwertig essen und trinken - 10y Regeln
- Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. (DGSM)
Literatur
- Betz M: Gesundheit und Ernährung bei Schichtarbeit. Ernährung im Fokus 07-08/2017, 222-226 (2017)
- Betz M, Koehler U: Ernährungsempfehlungen für Schichtarbeiter auf dem Prüfstand. In: Harth V, Heidrich J (Red.) 57. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin. Gentner, Stuttgart, 177 (2017)
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