Gebrauchtwagenkauf: Rechtliche Risiken und Tricks der Verkäufer
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
Verkäufer haftet für Sachmängel auch beim Gebrauchtwagen
Immer wieder finden sich in Vertragsformularen von Verkäufern Formulierungen wie "Gekauft wie besehen" oder "Gekauft wie besichtigt und Probe gefahren - unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung". Ein solcher Gewährleistungsausschluss ist nur zulässig, wenn der Verkauf unter Privatleuten, also zwischen Verbrauchern erfolgt. Ein privater Verkäufer haftet dann nur für ihm bekannte Mängel, die er arglistig verschweigt.
Verkauft ein Händler an einen Verbraucher, so kann die Haftung für Sachmängel auch bei einem Gebrauchtwagen nicht ausgeschlossen werden. Es ist lediglich möglich, die Haftung von zwei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen. Dies muss aber mit dem Käufer ausdrücklich vereinbart werden. Dazu muss der Verbraucher ausdrücklich darüber in Kenntnis gesetzt werden und die Verkürzung muss gesondert im Vertrag geregelt werden. Eine entsprechende Klausel in den AGB ist seit dem 01.01.2022 nicht mehr ausreichend.
Wann ist ein gebrauchtes Kfz mangelhaft?
Nach dem Gesetz haftet der Verkäufer für sogenannte Sachmängel. Ein solcher liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit negativ abweicht. Dies gilt nicht nur für Neuwagen, sondern auch für den Gebrauchtwagenkauf.
Der Verkäufer haftet für den Zustand, den der Käufer aufgrund der Beschreibungen im Kaufvertrag (z.B. Angaben zu Alter, Baujahr, Kilometerstand, Unfallfreiheit etc.) sowie altersbedingter üblicher Abnutzungen erwarten kann. Nennt der Verkäufer bereits im Kaufvertrag diverse Mängel des Wagens, stellen diese keine Mängel im rechtlichen Sinne dar (die tatsächliche Beschaffenheit weicht dann nicht von der vereinbarten ab), sodass der Käufer insoweit grundsätzlich keine Ansprüche hat.
Schwer zu beantworten ist die Frage, was altersbedingte und übliche Abnutzungen sind. Die Frage ist deswegen schwer zu beantworten, weil eine gebrauchte Sache immer einen gewissen Verschleiß aufweist. Die Automobilverbände entwickeln derzeit Tabellen und Statistiken, aus denen ersichtlich sein soll, welche Verschleißerscheinungen bei einem Fahrzeug nach welchem Zeitraum üblich sind und somit keine Mängel darstellen.
Wann ein Sachmangel vorliegt, ist letztlich weniger eine rechtliche, sondern primär eine Tatsachenfrage. Dabei müssen immer die Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Herrscht Streit darüber, ob ein Mangel vorliegt, so wird im Zweifel ein Sachverständiger heranzuziehen sein. Weitere Informationen stellt der ADAC auf seiner Website zur Verfügung.
Umgehungsversuche der Händler
Vielen Händlern ist es natürlich ganz und gar nicht recht, dass sie auch bei gebrauchten Kraftfahrzeugen für etwaige Fehler mindestens ein Jahr geradestehen sollen. Deswegen versuchen zahlreiche Händler, die gesetzlichen Vorgaben zu umgehen. Wer einer der folgenden Konstellationen begegnet, sollte sich gut überlegen, ob er sich auf ein solches Geschäft einlässt. Die folgenden Konstellationen gelten nur für einen Gebrauchtwagenkauf als Verbraucher von einem Händler (Unternehmer). Beim Kauf von Privaten ist in der Regel die Sachmängelhaftung ausgeschlossen worden (s.o.).
Trick 1: Bastlerfahrzeug, fahrender Schrott
Wenn das Fahrzeug im Kaufvertrag mit pauschalen Begriffen wie "zum Ausschlachten", "rollender Schrott", "Bastlerfahrzeug" o.ä. beschrieben wird, so ist Vorsicht geboten. Der Händler versucht in diesem Fall, eine bestimmte Beschaffenheit des Fahrzeuges mit dem Kunden zu vereinbaren. Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung ist in der Regel unzulässig, da der einzige Zweck darin bestehen dürfte, sich der Haftung für Sachmängel zu entziehen.
Um eine wirksame Beschaffenheitsvereinbarung zu schließen, muss der Händler die von den objektiven Anforderungen abweichenden Eigenschaften des Gebrauchtwagens konkret und unmissverständlich beschreiben und den Verbraucher vor Abschluss des Vertrages explizit darauf hinweisen. Zudem muss die Abweichung im Kaufvertrag in einem eigenen Abschnitt hervorgehoben und gesondert unterzeichnet werden, damit der Verbraucher die Abweichung tatsächlich in seine Kaufentscheidung mit einbeziehen kann.
Erfüllt der Händler eine der Voraussetzungen nicht, ist auch eine detaillierte Beschaffenheitsvereinbarung unwirksam. Der Verbraucher hat dann Gewährleistungsrechte.
Trick 2: Kunde soll zum Unternehmer werden
Manche Händler versuchen, sich der Haftung zu entziehen, indem sie den Kunden zum Unternehmer machen und ihn unterschreiben lassen, dass er Unternehmer sei. Der Trick besteht darin, dem Verbraucherschutz zu entgehen, indem man dem Kunden seinen Status als Verbraucher abspenstig macht. Da jedoch gesetzlich definiert ist, wann jemand als Verbraucher bzw. Unternehmer handelt, kann ein Kunde, der einen Wagen zur privaten Nutzung kauft, nicht durch eine vertragliche Vereinbarung mit dem Verkäufer zum Unternehmer werden.
Dennoch sollte man in solchen Fällen stutzig werden. Mit einem Händler, der solche Klauseln verwendet, ist auch späterer Ärger meist vorprogrammiert.
Trick 3: Händler als Vermittler
Die Alarmglocken sollten auch läuten, wenn der Verkäufer im Kaufvertrag nicht als Händler, sondern als Privatperson auftritt. Um die Sachmängelhaftung auszuschließen, treten manche Händler nur als Vermittler zwischen dem privaten Vorbesitzer und dem privaten Käufer auf. Verkäufer ist dann der Vorbesitzer, der als Verbraucher die Haftung für Mängel ausschließen kann.
Zivilrechtlich sind solche Vermittlungsgeschäfte/Agenturverträge aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig. Auch im Gebrauchtwagenhandel sind sie nicht generell als Umgehungsgeschäfte anzusehen.
Ein verbotenes Umgehungsgeschäft ist allerdings zu bejahen, wenn ausschließlich und allein der Händler ein Interesse an dem vermittelten Kauf hat. Dies ist der Fall, wenn der Gewährleistungsausschluss der Hauptgrund oder das einzige Motiv für das Ausweichen auf den Vermittlerkauf war, z.B. wenn der Händler das Fahrzeug aus seinem Betriebsvermögen zunächst an einen Angehörigen oder an einen Mitarbeiter veräußert, um es anschließend in dessen Namen an einen Verbraucher weiterzuverkaufen.
Von entscheidender Bedeutung, ob eine Umgehung vorliegt, ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) die Frage, wer das wirtschaftliche Risiko des Gebrauchtwagenkaufes zu tragen hat. Trägt es der Privatverkäufer, so ist gegen einen Vermittler nichts einzuwenden.
Hat der Händler das Gebrauchtwagenfahrzeug, das er „im Kundenauftrag“ weiterveräußert, dergestalt in Zahlung genommen, dass er dem Eigentümer des Fahrzeuges einen bestimmten Mindestverkaufspreis für das Altfahrzeug garantiert und ihm beim Kauf eines Neuwagens den entsprechenden Teil des Kaufpreises für das Neufahrzeug gestundet hat, so ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise von einem Ankauf des Altfahrzeuges durch den Händler auszugehen. Das hat zur Folge, dass der Händler beim Weiterverkauf des Gebrauchtwagens als dessen Verkäufer anzusehen ist.
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