Gebrauchtwagenkauf: Rechtliche Risiken und Verkäufertricks
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Wer haftet für Sachmängel bei Gebrauchtwagen?
- Wann ist ein gebrauchtes Kfz mangelhaft?
- Umgehungsversuche von Gebrauchtwagenhändlerinnen und -händler
- Trick 1: Bastlerfahrzeug, fahrender Schrott
- Trick 2: Kunde soll zum Unternehmer werden
- Trick 3: Händler als Vermittler
WER HAFTET FÜR SACHMÄNGEL BEIM GEBRAUCHTWAGEN?
Immer wieder finden sich in Vertragsformularen für Gebrauchtwagen Formulierungen wie "Gekauft wie besehen" oder "Gekauft wie besichtigt und Probe gefahren - unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung". Ein solcher Gewährleistungsausschluss ist nur zulässig, wenn der Gebrauchtwagen unter Privatleuten verkauft wird, also zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern. Private Verkäuferinnen und Verkäufer haften dann nur für ihnen bekannte Mängel, die sie arglistig verschweigen.
Verkauft jedoch ein Händler oder eine Händlerin an eine Privatperson, so kann die Haftung für Sachmängel auch bei einem Gebrauchtwagen nicht ausgeschlossen werden. Es ist aber möglich, die Haftung von zwei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen. Dies muss jedoch ausdrücklich vereinbart werden, indem die Käuferin oder der Käufer darüber in Kenntnis gesetzt wird. Die Verkürzung der Haftungszeit muss zudem gesondert im Vertrag geregelt werden. Eine entsprechende Klausel in den AGB ist seit dem 01.01.2022 nicht mehr ausreichend.
Wann ist ein gebrauchtes Kfz mangelhaft?
Nach dem Gesetz haftet der Verkäufer oder die Verkäuferin für sogenannte Sachmängel.
Sie oder er haftet für den Zustand, den Kaufende aufgrund der Beschreibungen im Kaufvertrag (z.B. Angaben zu Alter, Baujahr, Kilometerstand, Unfallfreiheit etc.) sowie altersbedingter üblicher Abnutzungen erwarten kann. Nennt die Verkäuferin oder der Verkäufer bereits im Kaufvertrag diverse Mängel des Wagens, stellen diese keine Mängel im rechtlichen Sinne dar (die tatsächliche Beschaffenheit weicht dann nicht von der vereinbarten ab), sodass Käuferinnen und Käufer insoweit grundsätzlich keine Ansprüche haben.
Schwer zu beantworten ist die Frage, was altersbedingte und übliche Abnutzungen sind. Eine gebrauchte Sache hat immer einen gewissen Verschleiß. Die Automobilverbände entwickelten Tabellen und Statistiken, aus denen ersichtlich wird, welche Verschleißerscheinungen bei einem Fahrzeug nach welchem Zeitraum üblich sind und somit keine Mängel darstellen. Informationen zur altersbedingten und üblichen Abnutzung finden Sie auf der Website des ADAC.
Wann ein Sachmangel vorliegt, ist letztlich weniger eine rechtliche, sondern primär eine Tatsachenfrage. Dabei müssen immer die Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Herrscht Streit darüber, ob ein Mangel vorliegt, so wird im Zweifel eine sachverständige Person heranzuziehen sein. Weitere Informationen stellt der ADAC auf seiner Website zur Verfügung.
Umgehungsversuche der Händler
Vielen Händlerinnen und Händlern ist es natürlich nicht recht, dass sie auch bei gebrauchten Kraftfahrzeugen für etwaige Fehler mindestens ein Jahr geradestehen sollen. Deswegen versuchen manche, die gesetzlichen Vorgaben zu umgehen. Wer einer der folgenden Konstellationen begegnet, sollte sich gut überlegen, ob er sich auf ein solches Geschäft einlässt. Die folgenden Beispiele gelten nur für einen Gebrauchtwagenkauf als Verbraucher oder Verbraucherin von einem Unternehmer oder einer Unternehmerin. Beim Kauf von Privaten ist in der Regel die Sachmängelhaftung ausgeschlossen worden (s.o.).
Trick 1: Bastlerfahrzeug, fahrender Schrott
Wenn das Fahrzeug im Kaufvertragmit pauschalen Begriffen wie "zum Ausschlachten", "rollender Schrott", "Bastlerfahrzeug" o.ä. beschrieben wird, so ist Vorsicht geboten. Die Händlerin oder der Händler versucht in diesem Fall, eine bestimmte Beschaffenheit des Fahrzeuges vertraglich zu vereinbaren. Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung ist in der Regel unzulässig.
Um eine wirksame Beschaffenheitsvereinbarung zu schließen, muss die Händlerin oder der Händler die von den objektiven Anforderungen abweichenden Eigenschaften des Gebrauchtwagens konkret und unmissverständlich beschreiben und potenzielle Käuferinnen oder Käufer vor Abschluss des Vertrages explizit darauf hinweisen. Zudem muss die Abweichung im Kaufvertrag in einem eigenen Abschnitt hervorgehoben und gesondert unterzeichnet werden. Nur so können Verbraucherinnen und Verbraucher die Abweichung tatsächlich in ihre Kaufentscheidung mit einbeziehen. Erfüllt die Händlerin oder der Händler eine der Voraussetzungen nicht, ist auch eine detaillierte Beschaffenheitsvereinbarung unwirksam. Die Verbraucherin oder der Verbraucher hat dann
Gewährleistungsrechte.
Trick 2: KUNDINNNEN UND KUNDEN SOLLEN ZU UNTERNEHMERINNEN UND UNTERNEHMERN WERDEN
Manche Händlerinnen und Händler versuchen sich der Haftung zu entziehen, indem sie Kundinnen und Kunden unterschreiben lassen, dass sieUnternehmerinnen und Unternehmer seien. Der Trick besteht darin, dem Verbraucherschutz zu entgehen, indem man Kundinnen und Kunden den Status als Verbraucherinnen und Verbraucher abspenstig macht. Da jedoch gesetzlich definiert ist, wann jemand in welcher Funktion handelt, kann eine Person, die einen Wagen zur privaten Nutzung kauft, nicht durch eine vertragliche Vereinbarung zum Unternehmer oder zur Unternehmerin werden. Dennoch sollte man in solchen Fällen stutzig werden.
Trick 3: HÄNDLERIN ODER HÄNDLER VERMITTELT „IM KUNDENAUFTRAG“
Vorsicht ist auch geboten, wenn die Verkäuferin oder der Verkäufer im Kaufvertrag nicht als Unternehmerin bzw. Unternehmer, sondern als Privatperson auftritt. Um die Sachmängelhaftung auszuschließen, treten sie nur als Vermittelnde zwischen dem privaten Vorbesitzer bzw. der Vorbesitzerin und dem privaten Käufer bzw. der Käuferin auf. Verkäuferin oder Verkäufer ist dann die Person, die zuvor im Besitz des Wagens war. Sie kann als Verbraucherin oder Verbraucher die Haftung für Mängel ausschließen.
Zivilrechtlich sind solche Vermittlungsgeschäfte/Agenturverträge aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig. Auch im Gebrauchtwagenhandel sind sie nicht generell als Umgehungsgeschäfte anzusehen.
Um ein verbotenes Umgehungsgeschäft handelt es sich allerdings, wenn ausschließlich und allein die Händlerin oder der Händler ein Interesse an dem vermittelten Kauf hat. Dies ist der Fall, wenn der Gewährleistungsausschluss der Hauptgrund oder das einzige Motiv für das Ausweichen auf den Vermittlerkauf war, z.B. wenn die Händlerin oder der Händler das Fahrzeug aus dem eigenen Betriebsvermögen zunächst an Angehörige oder an Mitarbeitende veräußert, um es anschließend in dessen Namen an einen Verbraucher weiterzuverkaufen.
Von entscheidender Bedeutung, ob eine Umgehung vorliegt, ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) die Frage, wer das wirtschaftliche Risiko des Gebrauchtwagenkaufes zu tragen hat. Trägt es der Privatverkäufer bzw. die Privatverkäuferin, so ist gegen ein Vermittlung nichts einzuwenden.
Wenn eine Händlerin oder ein Händler ein gebrauchtes Auto „im Kundenauftrag“ weiterverkauft, aber der Eigentümerin oder dem Eigentümer einen bestimmten Mindestpreis für das Auto garantiert und gleichzeitig beim Kauf eines neuen Autos dieser Betrag auf den Kaufpreis angerechnet werden, aber erst später bezahlt soll. Dann sieht man das Ganze wirtschaftlich so, als hätte die Händlerin oder der Händler das alte Auto selbst gekauft. Das bedeutet: Beim Weiterverkauf des alten Autos ist die Händlerin oder der Händler rechtlich die Verkäuferin oder der Verkäufer.
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