Verbrauchsgüterkauf: Spezielle Regeln zum Schutz von Verbrauchern
Von: Redaktion VZ - Verbraucherzentrale Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Erhebliche Einschränkung der Vertragsfreiheit durch § 476 BGB
- Beweislastumkehr
- Inhaltliche Anforderungen an Garantieerklärungen
- Wer trägt das Risiko bei Versand? (Gefahrtragung)
- Unternehmerregress
Beim Verbrauchsgüterkauf gehen Waren in den Besitz einer anderen Person über. Wird dazu noch eine Dienstleistung erbracht - z.B. die Montage eines gekauften Küchengeräts oder eines Möbelstücks - ist dies ebenfalls ein Verbrauchsgüterkauf. Dabei gelten spezielle Vorschriften, die die besondere Rolle der Verbraucherin bzw. des Verbrauchers berücksichtigen sollen.
Erhebliche Einschränkung der Vertragsfreiheit durch § 476 BGB
Beim Verbrauchsgüterkauf erklärt das Gesetz eine Reihe von Vorschriften für zwingend. Die Vertragsparteien dürfen von diesen Vorschriften nicht zum Nachteil der Verbraucherin oder des Verbrauchers abweichen - und zwar weder durch Allgemeine Geschäftsbedingungen noch durch eine individuelle Vereinbarung. Die Regeln gelten sowohl für den Verbrauchsgüterkauf neuer als auch gebrauchter Waren. Eine Unternehmerin bzw. ein Unternehmer darf unter anderem nicht:
• Von der gesetzlich vorgeschriebenen Haftung für Sachmängel abweichen (kein Ausschluss von Gewährleistungsrechten).
Eine Ausnahme besteht, wenn er oder sie von den objektiven Anforderungen an eine Sache im Rahmen des Sachmangelbegriffs abweicht (§ 434 Abs. 3 BGB bzw. für Waren mit digitalen Elementen wie Smartphones § 475b Abs. 4 BGB). Zu den objektiven Anforderungen zählen unter anderem, dass sich die Sache für eine gewöhnliche Verwendung eignet und so beschaffen ist, wie das bei Sachen derselben Art üblich ist. Von diesen Anforderungen darf die Unternehmerin oder der Unternehmer abweichen, wenn sie oder er die Käuferin oder den Käufer vor Vertragsschluss darüber speziell in Kenntnis setzt und die Abweichung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde.
Eine Unternehmerin bzw. ein Unternehmer darf außerdem nicht die gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren verkürzen (Ausnahme: beim Verkauf gebrauchter Waren ist eine Reduzierung auf ein Jahr möglich). Eine Vereinbarung über eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist ist grundsätzlich nur wirksam, wenn die Verbraucherin oder der Verbraucher darüber vor Vertragsschluss in Kenntnis gesetzt wurde und die Verkürzung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde.
MANGEL IM ERSTEN JAHR NACH KAUF: WER MUSS WAS BEWEISEN?
Macht der Käufer einer Sache einen mangelhaften Zustandmangelhaften Zustand geltend, so muss sie oder er beweisen, dass dieser Zustand schon bei der Übergabe der Kaufsache - also von Anfang an - vorhanden war. Funktioniert eine gekaufte Sache - wie z. B. ein Fernseher - zunächst einige Monate reibungslos und treten erst dann Mängel auf, so ist es sehr schwierig dies nachzuweisen. Bei einem Verbrauchsgüterkauf gilt deshalb im ersten Jahr eine sogenannte Beweislastumkehr (§ 477 BGB): Zeigt sich innerhalb eines Jahres ein Mangel an einer Ware, , so wird vermutet, dass dies schon von Anfang an so war. Die Käuferin bzw. der Käufer muss dann nur nachweisen, dass die Sache mangelhaft ist, aber nicht, dass sie bereits bei Übergabe mangelhaft war. Die Verkäuferin bzw. der Verkäufer muss dann das Gegenteil beweisen, nämlich dass die Sache bei der Übergabe mangelfrei war. Dies ist in aller Regel nicht nachzuweise, so dass sich die Verbraucherin bzw. der Verbraucher im ersten Jahr nach dem Kauf(beweis) in einer rechtlich starken Position befindet.
Die Beweislastumkehr greift ausnahmsweise dann nicht, wenn sie mit der Art der Ware oder des mangelhaften Zustands nicht zu vereinbaren ist:
Beispiel: Verbraucher V kauft im Feinkostladen F geräucherten Lachs. Nach drei Monaten beschwert er sich, dass der Fisch zwischenzeitlich verdorben ist und verlangt, dass ihm eine neue Packung ausgehändigt wird.
In diesem Fall - es handelt sich um verderbliche Ware - wäre es mit der Art der Ware (Lebensmittel bzw. Fisch) nicht zu vereinbaren, davon auszugehen, dass der Lachs von Anfang verdorben war.
Hinsichtlich des mangelhaften Zustands kommen insbesondere Fälle aus dem Bereich des Tierkaufs in Betracht. Obwohl es sich bei Tieren nicht um Sachen handelt, werden die Vorschriften über Sachen auf Tiere weitgehend entsprechend angewandt (§ 90a BGB). Leidet ein Tier an einer Krankheit (= Mangel im juristischen Sinn), so ist zwischen dem Zeitpunkt der Infektion und dem Ausbruch der Krankheit zu unterscheiden. Je nach Inkubationszeit kann bzw. wird die gesetzliche Beweislastumkehr anzuwenden sein. Beim Kauf eines lebenden Tieres beträgt der zeitliche Rahmen der Beweislastumkehr dennoch nur sechs Monate (§ 477 Abs. 1 S. 2 BGB).
Seit 2022 erstreckt sich die Regelung des § 477 BGB zudem auch auf Waren mit digitalen Elementen nach § 475b BGB, bei denen digitale Elemente dauerhaft bereitgestellt werden. Dazu zählen etwa Smartphones oder Smart-TVs, aber auch moderne Autos. Wenn sich die digitalen Elemente, etwa das Betriebssystem eines Smartphones, während der Bereitstellung als mangelhaft erweisen, erstreckt sich hier die Beweislastumkehr auf die Dauer der Bereitstellung, mindestens aber auf zwei Jahre.
Inhaltliche Anforderungen an Garantieerklärungen
An Garantien werden inhaltlich folgende Anforderungen gestellt. Näheres rund um Garantien findet Sie im Artikel "Garantien und Gewährleistung beim Kauf: Was ist der Unterschied?".
Wer trägt das Risiko bei Versand?
Beim Versendungskauf genügt es, wenn die Verkäuferin oder der Verkäufer die Kaufsache ordnungsgemäß verpackt und an eine geeignete Transportperson (z. B. Deutsche Post AG) übergibt. Grundsätzlich gilt bei Kaufverträgen, dass wenn die Sache auf dem Transportweg beschädigt oder verloren geht, die Käuferin oder der Käufer trotzdem zur Bezahlung des vollständigen Kaufpreises verpflichtet ist.
Beim Verbrauchsgüterkauf gilt dies jedoch nicht. Hier tragen Käuferinnen und Käufer nur dann die Gefahr, dass die Ware zufällig verloren geht oder beschädigt („verschlechtert“) wird, wenn sie die zur Versendung vorgesehene Person oder Stelle mit der Ausführung beauftragt und der Unternehmer dem Käufer diese Person oder Stelle nicht zuvor benannt hat (§ 475 Abs. 2 BGB). Das heißt im Normalfall, erst wenn der Postbote die Kaufsache an die Käuferin oder den Käufer übergibt, trägt sie oder er die Gefahr, dass die Sache kaputt geht (z. B. wenn er oder sie die Sache bei der Postfiliale abholt und beim Heimfahren einen Unfall hat, bei dem die Sache beschädigt wird).
Unternehmerregress gegenüber Lieferanten (§§ 478 BGB)
Muss die Verkäuferin oder der Verkäufer für Sachmängel haften und die Ware zurücknehmen oder eine Minderung akzeptieren, so steht sie oder er zunächst schlecht dar. Sein Lieferant (meist ein Großhändler) wird in den meisten Fällen die Haftung für Sachmängel ausgeschlossen haben. Damit die Verkäuferin oder der Verkäufer nicht auf der mangelhaften Sache "sitzen bleibt ", gibt ihr bzw. ihm das Gesetz einen sogenannten Regressanspruch gegen seinen Lieferanten. Das bedeutet, er kann ihn in diesem Fall wegen des Sachmangels in Anspruch nehmen.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.