Rückrufaktionen bei Produkten: Was Verbraucher wissen sollten
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Warum eine Rückrufaktion?
- Rechtsgrundlagen für den Rückruf
- Maßnahmen der Behörden
- Maßnahmen des Herstellers vor einem Rückruf
- Ansprüche des Verbrauchers
- Wer trägt die Kosten für Versand zum Hersteller und Reparatur?
- Produktsicherheit und die Informationspflichten der Behörden
Wo finde ich Produktwarnungen und Rückrufe?
- Alle non-food Produkte mit Ausnahme der nachfolgenden Gruppen (Verbraucherportal Bayern; zusammengestellt aus verschiedenen Quellen): Aktuelle Herstellerinformationen, Rückrufe und Warnungen
- Kraftfahrzeuge und Zubehör (Kraftfahrtbundesamt):
Über Rückrufaktionen allgemein
Datenbank mit aktuellen Rückrufen
Weitere Produktwarnungen
Pressemitteilungen - Medizinprodukte (Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte):
Informationen mit aktueller Liste - Arzneimittel (Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte):
Informationen mit aktueller Liste - Hinweis zu Lebensmitteln:
Nähere Informationen im Artikel Lebensmittelreklamationen
Warum eine Rückrufaktion?
Eine effiziente Warnung und Problembehebung sind oft nur in Form einer Rückrufaktion möglich. Durch eine Rückrufaktion werden die Nutzer öffentlich dazu aufgefordert, ein fehlerhaftes Produkt zurück zum Händler zu bringen, dem Hersteller zu schicken oder es – wie in der Kfz-Branche üblich – in einer Werkstatt reparieren zu lassen.
Gerade in der Kraftfahrzeugbranche kommt es immer wieder zu Rückrufaktionen. Das liegt an mehreren Umständen: Zum einen sind Kfz sehr komplexe Produkte, bei denen meist auch neueste mitunter anfällige Technik verbaut ist. Zum anderen haben Kraftfahrzeuge ein hohes Gefahrenpotential und werden meist auch über einen längeren Zeitraum (über zehn Jahre) genutzt. Im Gegensatz zu anderen Konsumgütern lässt sich der aktuelle Halter eines Fahrzeugs auch leicht über das Kraftfahrtbundesamt in Erfahrung bringen. All dies hat wohl dazu geführt, dass in den letzten Jahren die Zahl der Rückrufaktionen enorm gestiegen ist.
Was ist aber mit Produkten, die man anonym kauft? Aus Verbrauchersicht stellt sich hier die Frage welche Hinweispflichten der Hersteller hat, wer die Kosten für die Rückgabe und Reparatur im Falle eines Rückrufs trägt und welche Rechte bestehen, wenn man eine Rückrufaktion nicht mitbekommt und in der Folge ein Schaden entsteht.
Rechtsgrundlagen für den Rückruf von Produkten
Das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) verpflichtet die Hersteller, Importeure und auch Händler ausschließlich sichere Produkte in den Verkehr zu bringen. Zudem müssen Hersteller eine aktive Marktüberwachung betreiben. Das bedeutet etwa, dass je nach Gefährlichkeit des Produkts Stichproben durchgeführt, Beschwerden geprüft und die Händler unterrichtet werden müssen.
Die Hersteller haben zudem Vorkehrungen zu treffen, die im Falle eines notwendig gewordenen Rückrufs zu einer schnellen und zuverlässigen Beseitigung der Gefahr führen. Das heißt also, dass der Hersteller ein Risikomanagement betreiben und eine vorherige Organisation für den Rückruf-Fall treffen muss.
Wichtig ist auch, dass die zuständigen Behörden umgehend vom Hersteller informiert werden, sobald bekannt ist bzw. eindeutige Anhaltspunkte vorliegen, dass von einem auf dem Markt befindlichen Produkt eine Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit von Personen ausgeht. Neben dem Hersteller trifft diese Verpflichtung auch alle Händler.
Maßnahmen der Behörden: Rückruf als letztes Mittel
Daneben können die zuständigen Behörden weitere Maßnahmen anordnen: Etwa die Untersagung des Ausstellens eines Produkts, die Veranlassung einer umfassenden Prüfung oder die Untersagung des Inverkehrbringens des Produkts. Erst am Ende steht schließlich die Möglichkeit, den Rückruf des Produkts anzuordnen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Sicherstellung und des Erlasses einer Beseitigungsanordnung.
Maßnahmen des Herstellers vor einem Rückruf
Der Rückruf stellt das letzte Mittel dar, sofern keine milderen Maßnahmen, insbesondere eigene Maßnahmen des Herstellers oder Händlers in Betracht kommen. Da das Gesetz den Hersteller selbst zur Gefahrenabwehr verpflichtet, ist dieser notfalls gehalten, vor den Gefahren des Produkts zu warnen und ein fehlerhaftes Produkt vom Markt zu nehmen.
In welcher Form diese Warnung zu erfolgen hat, ist gesetzlich allerdings nicht geregelt.Es ist also nicht festgelegt, in welchen Medien, wie häufig bzw. in welchem Zeitraum und in welcher Form (Größe der Anzeige) die Warnung erfolgen muss. Man kann insoweit nur auf den Einzelfall abstellen und muss zwischen der Gefährdung und der Zumutbarkeit der Maßnahme für den Hersteller abwägen.
Generell kann man jedoch sagen, dass die Warnung umso deutlicher sein muss, je größer die von dem Produkt ausgehende Gefährdung ist.
Ansprüche des Verbrauchers
Werden Verbraucher durch fehlerhafte Produkte geschädigt, haben sie Schadensersatzansprüche aus § 823 BGB und/oder aus dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG).
Hat der Hersteller eine öffentliche Warnung herausgegeben bzw. eine Rückrufaktion durchgeführt, kann dem Geschädigten ein Mitverschulden zukommen. Die Verpflichtung zum Schadensersatz hängt dann davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Hat man als Verbraucher z.B. von einer Rückrufaktion erfahren, sich aber nicht an die Anweisungen des Herstellers gehalten, so besteht kein Anspruch, wenn es zu einem Schaden kommt.
Erfährt ein Verbraucher nichts von der Rückrufaktion, so verliert er auch seine Ansprüche nicht. Etwas anderes würde allenfalls dann gelten, wenn der Verbraucher grob fahrlässig keine Kenntnis gewonnen hat. Auch hier kommt es aber immer auf die Umstände des Einzelfalles an.
Wer trägt die Kosten für Versand zum Hersteller und Reparatur?
Produkthersteller reagieren auf Problemfälle im Rahmen von Rückrufaktionen sehr unterschiedlich: Manchmal bieten sie Verbrauchern Gutscheine gegen Rückgabe des gefährlichen Produktes an, in anderen Fällen erstatten sie den vollen Kaufpreis oder stellen den Austausch gegen ein Nachfolgeprodukt frei. Reparaturen werden meistens kostenlos durchgeführt. Es kommt aber auch vor, dass Verbraucher aufgefordert werden, das fehlerhafte Produkt ersatzlos zurückzugeben bzw. zu entsorgen.
Produktsicherheit und die Informationspflichten der Behörden
Laut Produktsicherheitsgesetz haben die Marktüberwachungsbehörden und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sich gegenseitig über getroffene Maßnahmen zu unterrichten.
Geht von Produkten eine erhebliche und unmittelbare Gefahr aus, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus, werden die Meldungen und Maßnahmen im Rahmen eines europäischen Warnsystems an die EU-Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten weitergeleitet und verbreitet. Dieses europäische Schnellinformationssystem, das so genannte RAPEX, betrifft aber nur wirklich brisante Notfälle. Da sich aus dem ProdSG eine Informationspflicht der Behörden ergibt, stellt sich die Frage, wie diese Pflicht bislang in der Praxis erfüllt wird. Hierzu ist zu sagen, dass die Behörden nur informieren können, wenn sie selbst über die notwendigen Informationen verfügen. Da längst nicht alle Fälle den Behörden bekannt werden, ist dies schwierig. Es besteht im Übrigen kein individueller Auskunftsanspruch von Verbrauchern. Das System ist also ein richtiger Ansatz, weist aber in der Praxis noch erhebliche Lücken bei der Handhabung auf.
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