Messekauf: Wie kann man einen Vertrag rückgängig machen?
Von: Redaktion VZ - Verbraucherzentrale Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Zum Widerrufsrecht
- Anfechtung
- Kündigung/Stornierung
Zum Widerrufsrecht beim Messekauf
Die Frage ist: Wie kommt man aus einem auf einer Messe geschlossenen Vertrag wieder heraus? Viele Verbraucherinnen und Verbraucher handeln in dem Glauben, man könne jeden Vertrag zwei Wochen lang widerrufen. Doch das stimmt nicht. In den meisten Fällen ist ein Vertragsausstieg nicht bzw. nicht ohne wirtschaftliche Nachteile möglich.
Eine vorzeitige Vertragsbeendigung ist nur dann möglich, wenn einem per Gesetz ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht eingeräumt wird. Ein Widerrufsrecht besteht z. B. bei einem Fernabsatzgeschäft oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag.
Bei einem Messekauf kann für Verbraucherinnen und Verbraucher ein Widerrufsrecht bestehen. Denn der Vertrag wird außerhalb eines klassischen Ladengeschäfts, nämlich auf einer Messe geschlossen. Als Geschäftsräume gelten nicht nur unbewegliche Geschäftsräume wie Ladengeschäfte, sondern auch bewegliche Gewerberäume, in denen Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Tätigkeit für gewöhnlich ausüben (§ 312b Abs.2 S.1 BGB ). Hierunter können in der Regel auch Marktstände, Verkaufswagen und auch Messen zählen.
Früher wurde das Bestehen eines Widerrufrechts bei einem Messekauf grundsätzlich abgelehnt. Der EuGH (Urteil vom 07. August 2018; Az.: C-485/17) hat inzwischen aber entschieden, dass ein Widerrufsrecht unter bestimmten Voraussetzungen bestehen kann. Dies hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Nimmt ein Durchschnittsverbraucher bzw. eine -verbraucherin den Messestand als Ort wahr, an dem die Unternehmerin oder der Unternehmer für gewöhnlich seine oder ihre Tätigkeiten ausübt und muss er oder sie daher damit rechnen, zu kommerziellen Zwecken angesprochen zu werden, besteht kein Widerrufsrecht. Der Messestand wird dann als Geschäftsraum eingeordnet. Muss er nicht damit rechnen, weil er durch ein Angebot zum Kauf „überrumpelt“ wurde, besteht ein Widerrufsrecht.
Der BGH (Urteil vom 10. April 2019; Az.: VIII ZR 82/17) hat unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH entschieden, dass bei einer klassischen Verkaufsmesse ein Widerrufsrecht regelmäßig nicht besteht, weil ein Angebot zum Kauf hier keine Überrumpelung des Verbrauchers darstellt. Eine Ausnahme gilt laut BGH nur bei reinen Informations- oder Werbeständen.
Im Hinblick auf das Widerrufsrecht muss also sehr sorgfältig geprüft werden, ob dies auf die jeweilige Messe und den jeweiligen Stand zutrifft, so dass ein vorheriges Nachfragen dennoch für mehr Sicherheit sorgen kann, insbesondere auf klassischen Verkaufsmessen, auf denen regelmäßig kein Widerrufsrecht bestehen wird.
Anfechtung des Vertrags als Alternative?
Wenn ein Widerrufsrecht nicht besteht, bleibt die Möglichkeit, den Vertrag anzufechten. Meist wird dafür als Grund nur eine arglistige Täuschung gelten. Dazu muss man allerdings nachweisen, dass man auf der Messe vorsätzlich mit Falschinformationen zum Kauf und damit zum Vertragsschluss verleitet wurde. In vielen Fällen wird es unmöglich sein, diesen Beweis zu erbringen.
Kündigung/Stornierung bei Messekauf oft teuer
Manchmal sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieterin oder des Anbieters eine Kündigungs- oder Stornierungsmöglichkeit vor, die aber oft teuer wird. Wer aus dem Vertrag aussteigen möchte, muss nämlich einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises bzw. des Auftragswertes als pauschalierten Schadensersatz bezahlen. Solche Klauseln sind zulässig, wenn die Schadensersatzforderung einen Betrag von ca. 35 bis 40% des Kaufpreises nicht übersteigt.
Wer auf einer Messe einen Vertrag abschließt, sollte sich von der Vertragspartnerin oder dem Vertragspartner schriftlich ein kostenloses ein- oder zweiwöchiges Rücktrittsrecht einräumen lassen. Die Gefahr, dass man den Vertragsschluss bereut, besteht immer. Lässt sich die Händlerin oder der Händler hierauf nicht ein, so sollte man auch nicht auf Versprechen von hohen und einmaligen Messerabatten hereinfallen. Das Recht sollte unbedingt schriftlich vereinbart werden, da ansonsten ein Beweis über die getroffene Vereinbarung schwerfällt.
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