Rebound-Effekte: Wenn Energiesparen zu mehr Verbrauch führt
Von: Georg Abel, Die VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. (Bundesverband)
In diesem Beitrag finden Sie
- Was sind Rebound-Effekte beim Energiesparen?
- Abgrenzung zum Wirtschaftswachstum
- Welches Ausmaß haben Rebound-Effekte?
- Was Sie tun können, um Rebound-Effekte zu vermeiden
Was sind Rebound-Effekte beim Energiesparen?
Im Hinblick auf die Energiewende ist Effizienzsteigerung bei der Herstellung und Nutzung von Produkten oder Dienstleistungen eine wichtige Säule der deutschen und europäischen Energiepolitik: Steigt die Effizienz der Energie, reduziert das den Energieverbrauch und schont somit Ressourcen. Verbraucher/-innen können durch effizientere Geräte ihre Strom- und Heizkosten senken. Wenn sie das eingesparte Geld aber dann so verwenden, dass der klimafreundliche Effekt dadurch geschmälert oder gar komplett aufgehoben wird, spricht man vom Rebound-Effekt..
Rebound-Effekte beschreiben also die Differenz zwischen der theoretisch zu erwartenden und der tatsächlichen (Energie-) Einsparung durch eine Effizienzmaßnahme.
Man unterscheidet zwischen direkten und indirekten Rebound-Effekten:
Direkte Rebounds
Wenn Konsument/-innen ihr Verhalten nach einer technischen Effizienzsteigerung dahingehend ändern, dass sie das gleiche Produkt oder die gleiche Dienstleistung intensiver, öfter oder länger nutzen, spricht man von direkten Rebounds. Auf diese Weise werden mögliche Effizienzeinsparungen zum Teil wieder aufgehoben.
So können etwa energieeffiziente LED-Lampen dazu führen, dass mehr Lampen installiert werden oder das Licht länger eingeschaltet bleibt. Auch wenn energiesparende Autos häufiger gefahren werden oder neu gekaufte energiesparende Geräte wie Kühlschränke oder Fernseher größer ausfallen als ihre Vorgänger, handelt es sich um direkte Rebound-Effekte. Die zunehmende Mehrfachausstattung in Haushalten mit PCs, Smartphones oder Tablets ist ein typischer direkter Rebound-Effekt..
Teilweise können Rebound-Effekte auch auf regulatorische Defizite zurückzuführen sein. So stellt das EU-Energielabel z. B. bei Kühlschränken die Energieeffizienz prominenter dar als den absoluten Energieverbrauch. Dabei kann ein kleineres, weniger effizientes Gerät absolut betrachtet weniger verbrauchen als ein sehr effizientes großes Modell. Mangelndes Wissen, etwa B. zu richtigem Heizen und Lüften, führt nach wie vor zu Energieverlusten und folglich zu Rebounds.
Indirekte Rebounds
Indirekte Rebound-Effekte entstehen, wenn durch eingesparte Energiekosten zusätzliche Konsumausgaben getätigt werden, die wiederum Energie verbrauchen. Wer beispielsweise weniger Auto fährt und somit Kraftstoffkosten einspart, hat nun mehr Geld zur Verfügung, um mit einem günstigen Flieger übers Wochenende zu verreisen.
Indirekte Rebounds können gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben. Wenn beispielsweise durch effizientere Autos die Kosten je gefahrenen Kilometer reduziert werden, können sich mehr Haushalte einen Zweitwagen leisten. Dies hätte wiederum Effekte auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), der in dem Fall weniger ausgelastet wäre und bezogen auf jeden Fahrgast nun mehr Energie verbrauchen würde. Durch niedrigere Mobilitätskosten im Fall Auto werden zudem Einfamilienhäuser im Umland attraktiver, da sich dort im Vergleich zu einer teureren Stadtwohnung eine deutlich größere Wohnfläche realisieren lässt. Das wiederum führt z.B. einerseits zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen von Berufspendler/-innen, andererseits zu einem höheren Heizbedarf durch mehr Wohnfläche.
Abgrenzung zum Wirtschaftswachstum
Rebound-Effekte sind keine neue Erscheinung, sondern wurde bereits 1865 durch den englischen Ökonom William Stanley Jevons beschrieben. Er beobachte, dass die Einführung der deutlich effizienteren Watt’schen Dampfmaschine nicht zu einem sinkenden, sondern zu einem erheblich gestiegenen Kohleverbrauch führte und somit die erwarteten Einspareffekte wieder aufhob.
Dieses Beispiel wird oft genannt, um das sogenannte „Backfire“ zu erklären. Darunter ist ein extremer Fall des Rebound-Effekts zu verstehen, bei dem nach Einführung einer Effizienzmaßnahme mehr Energie als vorher verbraucht wird. Dieser Effekt ist jedoch eher selten und durchaus komplex. So konnte der gestiegene Kohleverbrauch auch nicht allein auf die Dampfmaschine zurückgeführt werden, sondern hatte viele Ursachen wie z. B. eine gestiegene Güternachfrage, höhere Einkommen, die Entwicklung der Eisenbahn etc.
Daher ist es wichtig, eine klare Grenze zwischen Wachstums- bzw. Strukturwandeleffekten und Rebound-Effekten zu ziehen, was nicht immer einfach ist und einer genauen Betrachtung bedarf.
Welches Ausmaß haben Rebound-Effekte?
Das Ausmaß von Rebound-Effekten ist aufgrund verschiedener Messmethoden schwer zu bestimmen. Das Umweltbundesamt schätzt beispielsweise den direkten Rebound-Effekt von Raumwärmenutzung auf 10-30 %. In anderen Konsumbereichen gibt es größere Unterschiede.
Besonders schwer zu erfassen sind die indirekten, gesamtwirtschaftlichen Rebound-Effekte. Neben finanziellen Aspekten spielt bei Rebound-Effekten der Faktor Zeit eine weitere wichtige Rolle. So können Zeitsparinnovationen dazu führen, dass mehr Zeit zum Konsumieren zur Verfügung steht und durch den Mehrkonsum ebenfalls der Energie- und Ressourcenverbrauch ansteigt. Im Bereich Mobilität führen Verkehrsprojekte in der Regel dazu, dass Verbindungen schneller werden. Studien belegen jedoch über Jahrzehnte konstante Reisezeitbudgets pro Person. Daraus lässt sich schließen, dass Zeitersparnis vor allem dazu verwendet wird, längere Distanzen zurückzulegen und so den eigenen Aktionsradius zu vergrößern, wofür wiederum mehr Energie aufgewendet werden muss.
Was Sie tun können, um Rebound-Effekte zu vermeiden
Falsch wäre es, den Rebound-Effekt als Argument zu benutzen, sich überhaupt nicht mit persönlichen Energiesparmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Denn obwohl sich die theoretisch maximal mögliche Energieeinsparung durch einen Rebound-Effekt verringert, wird in Summe tatsächlich Energie gespart.
Aber: Gewohnheiten und Lebenseinstellungen können Rebounds fördern oder hemmen.
Jede/-r Verbraucher/-in hat es selbst in der Hand, ob er/sie sich ein größeres Gerät als zuvor kauft. Oder ob er/sie das Licht länger brennen lässt, nur weil die Geräte energieeffizienter und die Nutzungskosten günstiger geworden sind. Außerdem kann er oder sie entscheiden, ob und wofür er/sie das durch die Energieeinsparungen neu verfügbare Geld ausgeben möchte, etwa für energieintensive oder umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen.
Auch die Politik ist gefragt, Rebound-Effekte bei der Festlegung von Effizienzzielen zu berücksichtigen. Oft wird empfohlen, alte Geräte durch neue, effizientere Modelle zu ersetzen. Doch das Umweltbundesamt warnt: Der Ressourcenverbrauch bei der Herstellung neuer Geräte kann die Effizienzgewinne im Betrieb zunichtemachen. Daher lohnt es sich aus Umweltsicht nicht immer, funktionierende Geräte vorzeitig auszutauschen.
Quellen
- Eschment, Jenny (2014): Der Rebound-Effekt: Störendes Phänomen bei der Steigerung der Energieeffizienz, Wissenschaftliche Dienste des Bundestages - Nr. 16/14 (05. Juni 2014)
- Golde, Michael (2016): Rebound-Effekte - Empirische Ergebnisse und Handlungsstrategien, Hintergrundpapier des Umweltbundesamts
- Europäische Energiepolitik (abgerufen am 20.10.2018)
- Santarius, Tilman (2012): Der Rebound-Effekt – Über die unerwünschten Folgen der erwünschten Energieeffizienz, Wuppertal Institut
- Umweltbundesamt (2018): Ein langes Leben für Elektrogeräte
- Umweltbundesamt (2019): Rebound-Effekte
- Clever Energie sparen mit einfachen Tricks
- Elektro- und Elektronikgeräte nachhaltig nutzen
- Verbrauchertipps zum Energiesparen: Themenübersicht
- Umweltbundesamt: Informationen zum Rebound-Effekt
- Enquete-Kommission des Bundestages: Bericht zum Rebound-Effekt
- Der Energie-Atlas Bayern
- Verbraucherzentrale Bayern: Tipps zum Stromsparen im Haushalt