Mehr Kohlenhydrate - aber wie?
Von: Gisela Horlemann - VerbraucherService Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Ballaststoffe - die besonders wertvollen Kohlenhydrate
- Fruchtzucker in größeren Mengen unerwünscht
- Wie viele Kohlenhydrate sollen es sein?
- Abbau und Funktion von Kohlenhydraten und Ballaststoffen
- Wir essen zu wenig davon
- Unerhört ballaststoffreich; Getreide
- Brot ja - aber das Richtige
- Müslimischungen - pur am wertvollsten
- Unterschiedliche Mehltypen verraten den Ballaststoffgehalt
- Gemüse, Salat, Obst - leckere Lieferanten von Kohlenhydraten
- Hülsenfrüchte und Nüsse
- Kartoffeln
- Süßwaren - Kohlenhydrate mit unerwünschten Auswirkungen
- Empfehlungen für einen kohlenhydratreichen Speiseplan
- Ein Tagesspeiseplan
Kohlenhydrate sind neben Eiweiß und Fett die wesentlichen Energielieferanten für den Organismus. Sie stecken hauptsächlich in pflanzlichen Lebensmitteln. Milchzucker bildet eine Ausnahme, denn er stammt aus dem tierischen Lebensmittel Milch, aber auch Honig besteht aus Kohlenhydraten.
Ballaststoffe - die besonders wertvollen Kohlenhydrate
Ballaststoffe zählen zu den Kohlenhydraten. Es sind hauptsächlich die Stütz- und Struktursubstanzen der Pflanzen die sich in Schalen und Fasern von Pflanzen befinden. Andere Ballaststoffe sind Quellstoffe wie Pektin oder Agar-Agar. Wieder andere sind Verdickungsmittel wie Johannisbrot- und Guarkernmehl. Sie sind kein unnötiger Ballast, wie man ursprünglich dachte, sondern wichtig für die Gesundheit.
Fruchtzucker: in größeren Mengen unerwünscht
Auch Fruchtzucker ist ein Kohlenhydrat. Er ist neben Traubenzucker Bestandteil des Haushaltszuckers und ist auch im Honig enthalten. Da er insulinunabhängig verstoffwechselt wird, galt er lange Zeit als besonders wertvoll für Diabetiker. Inzwischen weiß man aber, dass große Mengen negative Auswirkungen haben. In der 1. Leitlinie Kohlenhydrate wird dargelegt, dass fruchtzuckergesüßte Getränke besonders bei Kindern zu Übergewicht führen.
Wie viele Kohlenhydrate sollen es sein?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt mehr als 50 Prozent der Nahrungsenergie in Form von Kohlenhydraten aufzunehmen.
Für Ballaststoffe existiert ebenfalls eine Empfehlung: sie lautet mindestens 30 g pro Tag pro Person.
Abbau und Funktion von Kohlenhydraten und Ballaststoffen
Kohlenhydrate bestehen aus längeren oder kürzeren "Zuckerketten". Sie werden im Darm von Enzymen zerlegt und zu ihren kleinsten Bausteinen den Einfachzuckern (z.B. Glukose) abgebaut. Erst diese können die Darmwand passieren und über das Blut in die Zellen und in das Gehirn gelangen. Glukose ist der Energielieferant für unser Gehirn, muss aber nicht aus Haushaltszucker stammen. Langkettigere Kohlenhydrate sind günstiger, sie werden langsamer abgebaut und liefern daher länger Energie. Dazu zählen zum Beispiel Ballaststoffe in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchte oder Stärke.
Ballaststoffe können in wasserlöslich und unlöslich eingeteilt werden und gelangen unverändert in den Dickdarm.
Die wasserlöslichen Ballaststoffe, wie Pektin aus Obst, werden dort von den Darmbakterien abgebaut. Sie helfen, Herz-Kreislauferkrankungen und Arteriosklerose vorzubeugen, indem sie u.a. die Blutfettwerte senken.
Die unlöslichen Ballaststoffe, wie Zellulose und Lignin, werden kaum abgebaut und wieder ausgeschieden. Sie sorgen aber durch ihre gute Wasserbindung für eine rege Darmtätigkeit. Ballaststoffe aus Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten wirken sich vor allem positiv auf den Cholesterinspiegel im Blut aus und senken wahrscheinlich das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck, Koronare Herzkrankheit und Dickdarmkrebs.
Wichtig ist vor allem, dass man sich aus jeder pflanzlichen Lebensmittelgruppe bedient und nicht einseitig isst, denn chemisch betrachtet, erfüllt jede Gruppe eine andere Funktion im Stoffwechsel.
Wir essen zu wenig davon
Nach Daten der Nationalen Verzehrsstudie II weisen 75 % der Frauen und 68 % der Männer eine Ballaststoffzufuhr unter dem Richtwert von mindestens 30 g pro Tag auf.
Unerhört Ballaststoffreich - Getreide
Wichtigste Gruppe sind die Getreide und die daraus hergestellten Erzeugnisse. Das sind hauptsächlich Brot und Brötchen. Sie machen etwa 30 Prozent der Zufuhr an Kohlenhydraten und Ballaststoffen aus. Aber auch Müsli, Flocken und vor allem Mehl liefern die wichtigen Kohlenhydrate. Ein Großteil der Ballaststoffe kommt aus den Randschichten des Getreidekorns. Daher sind Vollkornprodukte und Backschrote, die diese Schalenanteile vollständig enthalten, besonders reich an Ballaststoffen. Zusätzlich stecken hier auch noch Vitamine und Mineralstoffe.
Getreideprodukte enthalten sowohl „darmaktiv-unlösliche“ als auch „stoffwechselaktiv-lösliche“ Ballaststoffe in beträchtlichen Quantitäten und sind damit deren wichtigste Quelle in Deutschland.
Für leckere Abwechslung beim Essen eignen sich vorgegarte Weizenkörner, aber auch Haferflocken-Auflauf, Haferflocken statt Semmel im Hackfleischteig, Vollkornnudeln oder
-reis. Sie peppen den Speiseplan auf und schmecken.
Brot ja; aber das Richtige
Getreide und Brot liefern Stärke und Ballaststoffe, aber auch Eiweiß und geringe Mengen Fett.
Wer hier von Mischbrot auf Vollkornbrot, Knäckebrot oder Vollkorntoast umsteigt, verbessert seine Ballaststoffzufuhr auf einfache Weise. Eine Portion entspricht etwa 60 Gramm.Einkaufstipps für Brot und Backwaren
Vollkornbrote müssen mindestens 90 % Vollkorngetreideanteil enthalten.
Spezialbrote oder Brötchen wie auch Körnerbrote sind selten echte Vollkornbrote. Hier wird vor allem nach weiteren Zutaten (z.B. Milch, Möhren, besonderen Samen oder Saaten), Backverfahren (z.B. Holzofenbrot) oder diätetischen Besonderheiten (glutenfrei, ballaststoffreich) unterschieden.
Vollkornbrote oder Brötchen müssen nicht grob sein, fein gemahlen akzeptieren sie auch Vollkornverächter.
Auch Buttertost kann, ohne dass es auffällt, durch Vollkorntoast ersetzt werden.
Ersetzt man ein Toastbrot mit 3-4 g Ballaststoffen pro 100 g
durch einen Vollkorntoast mit 6 g Ballaststoffen pro 100 g
isst man fast doppelt so viele Ballaststoffe, ohne mehr Brotscheiben zu essen.
Müsli und Müslimischungen pur am wertvollsten
Müslimischungen sind durchaus als vollwertige Getreidemahlzeit zu sehen, solange der Zuckergehalt nicht deutlich über 10 Prozent steigt. Besser ist es, Müsli ohne Zucker zu kaufen und dafür einige Trockenfrüchte hinzuzufügen.
So sind 60 g Müsli mit Joghurt oder Milch und eventuell Obst ein ideales Frühstück.
Cerealien, deren Zuckergehalt über 20 g pro 100 g liegt am besten mit puren Getreideflocken mischen. Andernfalls sollte man sie zu den Süßwaren zählen.
Unterschiedliche Mehltypen verraten den Ballaststoffgehalt
Am entscheidendsten für die Nährstoff- aber auch die Kohlenhydratzufuhr ist der Ausmahlungsgrad des Mehles, danach erst die Wahl des Getreides.
Die Mehltypen geben den Mineralstoffgehalt je Ausmahlungsgrad an. Je höher die Typenzahl ist, desto mehr Ballaststoffe sind enthalten, weil die Randschichten mitverarbeitet wurden.
Weizenmehl Typ 405: 405 mg Mineralien/100g
Weizenmehl Typ 550: 550 mg Mineralien/100g
Weizenmehl Typ 1050: 1050 mg Mineralien/100g
Roggenmehl Typ 1150: 1150 mg Mineralien/100g
Vollkornmehle enthalten das ganze Korn und erhalten daher keine Typenbezeichnung.
Backen mit Vollkorn erfordert ein leichtes Abändern der Rezepturen, es wird vor allem mehr Flüssigkeit benötigt.
Wer langsam beginnen möchte kann die Mehltype 405 halb durch Vollkornmehl ersetzen.
Gemüse, Salat, Obst - leckere Lieferanten von Kohlenhydraten
5 am Tag ist die bekannteste Aktion um den Gemüse- und Obstverzehr in Deutschland zu steigern. Wer drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst pro Tag verzehrt, erhöht den Ballaststoffanteil. Vor allem, wenn er vorwiegend festere Gemüse, auch als Salat auf den Tisch bringt oder pektinreiche Früchte isst.
Gemüse sättigt sehr gut, hat einen niedrigen glykämischen Index, was vor allem für Diabetiker wichtig ist und bietet eine unglaubliche Fülle an Zubereitungsmöglichkeiten und damit Abwechslung für den Speiseplan.
Der Ballaststoffanteil beträgt etwa 2-3 g je 100 g. Wurzelgemüse und einige Kohlgemüse weisen bis etwa 4 g auf. Die Spitzenreiter sind Schwarzwurzeln mit 18 g und Topinambur mit 12,5 g.
Hülsenfrüchte und Nüsse
Hülsenfrüchte, wie Erbsen, Bohnen, Linsen und Kichererbsen sind sehr ballaststoffhaltig, werden aber immer seltener gegessen. Wer den Aufwand beim Kochen scheut, kann auch zur Konserve greifen.
Es muss nicht unbedingt Linseneintopf sein, Um sich an Hülsenfrüchte zu gewöhnen kann man beispielsweise gekochte rote Linsen auch über einen Salat streuen. Das sieht bunt aus und schmeckt gut.
Nüsse enthalten ebenfalls reichlich Ballaststoffe. Die DGE empfiehlt bis zu 25 g ungesalzene und ungesüßte Nüsse, beispielsweise Mandeln, Erdnüsse oder Walnüsse pro Tag. Auch Sonnenblumen oder Kürbiskerne, Mohn und Sesam erhöhen den Kohlenhydratanteil.
Kartoffeln
Wer gerne Kartoffeln ißt, der kann nach den neuen Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gerne mehr als eine Portion Kartoffeln pro Woche verzehren bevorzugt als Pellkartoffeln, Salzkartoffeln, Kartoffelpüree oder Folienkartoffeln. Kartoffeln enthalten kaum Ballaststoffe, aber Stärke die ebenfalls positiv wirkt.
Zucker und Kohlenhydrate
Zucker und Honig zählen ebenfalls zu den Kohlenhydraten. Sie werden in Eis, süßen Backwaren und Süßigkeiten häufig verzehrt. Neben der Kariesgefahr lassen Süßigkeiten außerdem den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen, Insulin wird vermehrt ausgeschüttet, Heißhunger und langfristig Übergewicht sind programmiert.
Deshalb empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung keinen Verzehr von Süßwaren – wenn die Kalorienbilanz stimmt, ist gegen kleine Mengen nichts einzuwenden, möglichst nicht täglich, aber wenn, dann mit Genuss.
Empfehlungen für einen kohlenhydratreichen Speiseplan
Mit der Wahl der Vollkornvariante bei Getreideprodukten wie Brot, Nudeln, Reis,
täglich drei Portionen ballaststoffreichem Gemüse – dazu zählen auch Hülsenfrüchte -
und zwei Portionen Obst ist die Versorgung gesichert.
Mögliche Probleme und wie man sie löst
Manche Menschen reagieren empfindlich auf eine vermehrt pflanzliche Ernährungsweise mit vielen Ballaststoffen. Gase und Blähungen können sich entwickeln. Daher sollte eine Steigerung der Ballaststoffzufuhr immer schrittweise erfolgen. Gleichzeitig sollte man mehr trinken damit die Ballaststoffe gut quellen können.
Artikel
- Leitlinie Kohlenhydrate
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung: DGE-Ernährungskreis (2024), enthält weitere Orientierungswerte für den Lebensmittelverzehr und Wochenspeisepläne
- Richtig essen - geistig fit und bester Laune
- Hülsenfrüchte
- Häufig gestellte Fragen zu Floh-, Lein- und Chiasamen
- Nüsse – Kraftpakete auf kleinstem Raum
Literatur
- UGB-Forum Fachzeitschrift für Gesundheitsförderung Juli/ August 2012
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