Untergeschobene Strom- oder Gaslieferverträge am Telefon
Von Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Wurde tatsächlich ein Energievertrag geschlossen?
- Wurde der Vertrag zwar geschlossen, kann aber noch widerrufen werden?
- Was passiert nach dem Widerruf?
- Verbrauchertipps: So vermeiden Sie untergeschobene Energieverträge
Wurde tatsächlich ein Energievertrag geschlossen?
Damit ein Strom- oder Gasliefervertrag rechtswirksam zustande kommt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
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Anbieter und Kunde müssen deutlich machen, dass sie tatsächlich einen Vertrag abschließen wollen. Wenn der Kunde am Telefon sagt, dass er sich das Angebot erst einmal ansehen will und noch nicht zustimmt, gibt es noch keine Einigung und somit auch noch keinen Vertragsschluss.
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Es muss klar sein, zu welchem Preis Strom oder Gas geliefert werden sollen.
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Seit Juli 2021 ist für den Abschluss eines Energieliefervertrages außerhalb der Grundversorgung die Textform vorgeschrieben. Der Kunde muss das Angebot nicht unterschreiben, aber per Textform annehmen (z.B. Email, Brief, SMS). Oft schicken Anbieter noch während des Telefonats das Angebot per Email und bitten um sofortige Rückbestätigung. Verbraucher sind sich dabei oft nicht bewusst, dass sie damit schon den Vertrag abschließen. Deshalb sollte man das Telefonat beenden und das Angebot in Ruhe mit Angeboten anderer Anbieter vergleichen.
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Wenn der Energieanbieter eine Auftragsbestätigung schickt, ohne dass rechtlich ein Vertrag zustande gekommen ist, kann der Verbraucher diesen angeblichen Vertragsschluss bestreiten.
Wurde ein Energievertrag zwar geschlossen, kann aber noch widerrufen werden?
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Energielieferverträge, die im Internet, an der Haustür, per E-Mail, Brief oder am Telefon abgeschlossen wurden, können widerrufen werden.
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Dafür hat der Verbraucher 14 Tage Zeit. Diese Widerrufsfrist beginnt aber erst, wenn der Vertrag tatsächlich abgeschlossen wurde und der Verbraucher eine Widerrufsbelehrung erhalten hat, die den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Wenn er keine oder eine unzulässige Widerrufsbelehrung erhält, hat er ein Jahr und 14 Tage Zeit, zu widerrufen.
Was passiert nach dem Widerruf eines Energieliefervertrags?
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Widerruft der Verbraucher einen Energieliefervertrag vor Lieferbeginn, hat sich der Vertrag dadurch für ihn vollständig erledigt.
- Verbraucher sollten auch den Kontakt zum bisherigen Anbieter suchen und ihm mitteilen, dass
o sie gar nicht kündigen wollten,
o sie niemanden zu einer Kündigung bevollmächtigt haben und
o die Kündigung gegebenenfalls nicht wirksam ist. -
Wurde vor dem Widerruf Strom bzw. Gas bezogen, muss der Kunde die erhaltenen Leistungen bezahlen, wenn er ausdrücklich verlangt hat, dass mit der Lieferung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen wird und der Verbraucher auch über sein Widerrufsrecht und Rechtsfolgen informiert wurde.
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Wurde der Altvertrag gekündigt und auch der Neuvertrag widerrufen oder nicht abgeschlossen, wird der Verbraucher automatisch mit der Grundversorgung beliefert. Ist dies nicht gewünscht, kann man nach einem neuen Tarif suchen.
Verbrauchertipps: So vermeiden Sie untergeschobene Energieverträge
- Lassen Sie sich nicht am Telefon zu einem Vertrag überreden ohne vorher Angebote anderer Anbieter eingeholt und in Ruhe verglichen zu haben.
- Geben Sie ihre Zählernummer nur heraus, wenn sie den Vertrag sofort abschließen wollen. Sonst wird vielleicht ein Anbieterwechsel eingeleitet, den Sie gar nicht wollten und Sie bekommen ihren alten Tarif nicht wieder. Für die Erstellung eines Angebots benötigen Anbieter Ihre Zählernummer nicht.
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Überlegen Sie sorgfältig, ob die angebotene Mindestvertragslaufzeit bei den derzeitigen Preisschwankungen für Sie vorteilhaft oder nachteilig ist.
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Öffnen sie alle Briefe, die an Sie adressiert sind, und lesen Sie sie sorgfältig, auch wenn Sie annehmen, dass es sich nur um Werbung handelt. Prüfen Sie auch alle eingehenden E-Mails, auch im Spam-Ordner.
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Bestreiten bzw. widerrufen Sie umgehend und per Einschreiben, falls Sie den Vertrag so nicht abgeschlossen haben oder den Vertragsschluss widerrufen wollen. Verwenden Sie in diesem Zusammenhang nicht das Wort „Kündigung“, da eine Kündigung meint, dass man einen Vertrag erst einmal akzeptiert, aber möchte, dass er nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit endet.
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Heben Sie alle Unterlagen, den Rückschein des Einschreibens oder die Sendungsverfolgungsbestätigung ausgedruckt vier Jahre lang auf, da Sie im Streitfall beweisen müssen, dass und wann ihr Widerruf beim Anbieter eingegangen ist.
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