Unbestellte Waren und Dienstleistungen: Muss man das bezahlen?
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Kaufvertrag entsteht durch Bezahlen
- Ausnahmen
- Keine Verpflichtung zur Aufbewahrung der Ware
- Variante der Betrugsmasche: "Treue-Pakete"
Früher war es eine beliebte Methode des Direktmarketings, Waren einfach an Verbraucher/-innen zu versenden und eine Rechnung beizufügen. Mit Parolen wie "Wenn Sie diese Ware nicht bis zum ... zurückschicken oder uns bis ... Bescheid geben, dass Sie die Ware nicht behalten wollen, kommt ein Kaufvertrag zustande bzw. ist beigefügte Rechnung zur Zahlung fällig", versuchten "clevere" Geschäftsleute, Verbraucher/-innen in Verträge zu verstricken.
Kaufvertrag entsteht durch Bezahlen oder ausdrückliche Annahme
In solchen Fällen gilt folgende Regelung: Durch die Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen durch eine/-n Unternehmer/-in an eine/-n Verbraucher/-in wird ein Anspruch nicht begründet (§ 241a BGB). Damit ist klargestellt, dass ein Vertrag bei der Zusendung unbestellter Waren nicht zustande kommt, auch dann nicht, wenn eine Formulierung wie im obigen Beispiel gewählt wird. Das Schweigen des Verbrauchers oder der Verbraucherin stellt keine Vertragsannahme dar. Noch nicht einmal durch die Benutzung der Sache kommt es zu einer stillschweigenden Vertragsannahme.
Nur wenn der/die Verbraucher/-in den Rechnungsbetrag bezahlt oder ausdrücklich die Annahme des Vertragsangebotes erklärt, wird ein Vertrag geschlossen. Keinesfalls sollten Sie das Paket auf eigene Kosten zurückschicken!
Eine unfreie Rücksendung ohne vorherige Zustimmung der Firma birgt die Gefahr, dass die Annahme verweigert und der Verbraucher zur Rücknahme des Paketes und zur Zahlung der Portokosten aufgefordert wird.
Ausnahmen: Falsche Zustellung und gleichwertiges Angebot
Eine unbestellte Ware bzw. Leistung liegt nach dem Gesetz nicht vor, wenn der/die Empfänger/-in erkennen kann, dass die Ware bzw. Leistung nicht für ihn/sie bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte.
Beispiel: In einem großen Mietshaus wohnen Martha Maier und Martina Maier. Der Postbote wirft ein Päckchen, das für Martha bestimmt und auch richtig adressiert war, bei Martina ein. In diesem Fall kann Martina Maier erkennen, dass das Päckchen nicht für sie bestimmt ist, weswegen sie sich nicht darauf berufen kann, eine unbestellte Ware erhalten zu haben.
Eine weitere Ausnahme ist der Fall, in welchem der/die Verbraucher/-in zwar etwas bestellt hat, aber eine andere Ware als die bestellte geliefert bekommt.
Beispiel: A hat auf der Plattform Amazon ein teures Tablet bestellt, jedoch stattdessen ein Gurkenglas geliefert bekommen. Als A dies bei Amazon reklamiert, reagiert Amazon mit der Bitte, das Tablet zurück zu senden, dann würde der Kaufpreis erstattet.
Rechtlich handelt es sich hier jedoch um eine Falschlieferung, so dass Verbraucher/-innen hier einen Anspruch auf Gewährleistung – nämlich auf Lieferung der bestellten Sache haben. Denn die Falschlieferung wird wie ein Mangel der Ware behandelt.
In einem solchen Fall sollten Verbraucher/-innen die bestellte Ware am besten vor Zeug/-innen auspacken und die Falschlieferung sofort an Amazon melden, hartnäckig bleiben und prüfen, ob die Zahlung zurückgeholt werden kann. Es kann jedoch sein, dass das Amazon-Konto daraufhin gesperrt wird. Es sollte außerdem rechtlicher Rat eingeholt und gegebenenfalls Strafanzeige gestellt werden.
Keine Verpflichtung zur Aufbewahrung der Ware
Wer unbestellte Leistungen erhält, ist nicht verpflichtet, darauf zu reagieren. Bei Waren besteht keine Aufbewahrungspflicht für einen bestimmten Zeitraum. Selbst die Benutzung und der Verbrauch sind zulässig, ohne dass hierdurch eine Zahlungspflicht, auch nicht in Form von Schadensersatzansprüchen begründet wird.
Wurden Verbraucher darüber getäuscht, dass Sie eine Bestellung getätigt hätten und erhalten eine Zahlungsaufforderung für die nicht bestellte Ware, kann ein Schadensersatzanspruch bestehen. Im Online-Tool der Verbraucherzentrale Bayern können Sie dies prüfen und Anschreiben zur Durchsetzung erstellen.
Variante der Betrugsmasche: "Treue-Pakete"
Person S erhält ein "Treue-Paket für gute Versandhandels-Kunden", obwohl sie gar nichts bestellt hat. In dem Schreiben bedankt sich der Absender für den Abruf eines Warengutscheines im Wert von 160,- Euro, den er "wie angekündigt mit dem Super-Überraschungspaket mit einem Originalwert von ca. 200,- Euro verrechnet". S. brauche jetzt nur noch mit dem beigefügten Überweisungsträger nach drei Wochen Probierzeit 39,99 Euro für das Super-Schnäppchen-Paket mit Schmuck, Haushalts-, Elektro- und Geschenkartikeln zu zahlen. S. möchte dieses Paket aber gar nicht haben und schon gar nicht 39,99 Euro dafür zahlen. S. muss das Paket nicht annehmen, bezahlen oder zurückschicken. Selbst wenn S es angenommen, geöffnet und die Ware benutzt hat, muss S keine Nachteile befürchten.
Manche Firmen setzen ihre Kund/-innen aber unter Druck, in dem sie Mahnungen versenden. Dadurch sollten sich Verbraucher/-innen nicht verunsichern lassen. Da kein Rechtsanspruch auf Zahlung besteht muss man nicht reagieren. Will man dennoch reagieren, so kann in einem Schreiben deutlich gemacht werden, dass man keine Ware bestellt hat und die Firma binnen einer Frist die Ware abholen könne, anderenfalls werde sie entsorgt.
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