PAK - Gesundheitsgefahren durch Parkettböden?
Autor: Dr. Janine Wolf - Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
In diesem Beitrag finden Sie
- Was sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)?
- Wie entstehen PAK und wo kommen sie vor?
- Verwendung
- Gesundheitliche Bedeutung der PAK-Belastungen
- Nachweis der Kontamination
- Maßnahmen zur Verminderung der PAK-Belastung in Räumen
- Erfolgskontrolle
Was sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) ?
PAK ist eine Sammelbezeichnung für mehrere hundert Einzelverbindungen von kondensierten, aromatischen Kohlenwasserstoffen. Der bekannteste, gesundheitlich relevante Vertreter der PAK ist Benzo(a)pyren (BaP). Diese Verbindung wird als Bezugsstoff bei der analytischen Erfassung und der toxikologischen Beurteilung von PAK-Belastungen herangezogen.
Für die Gefahrstoffgruppe der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe wurden sogenannte Dosisgrenzwerte festgelegt, ab denen ein Zusammenhang zwischen (v. a. beruflicher) Exposition und einer Erkrankung angenommen werden kann.
Gesundheitsgefahren: Einige der PAK-Komponenten sind krebserzeugend oder schädigen den menschlichen Organismus in unterschiedlicher Weise, die meisten besitzen einen eindringlichen Geruch.
Wie entstehen PAK und wo kommen sie vor?
PAK entstehen als Nebenprodukte bei unvollständigen Verbrennungsprozessen von organischem Material unter Sauerstoffmangel. Die Nahrung trägt insbesondere durch gebratene, geräucherte und gegrillte Lebensmittel erheblich zur PAK-Belastung des Menschen bei. In die Raumluft gelangen PAK vorwiegend durch Zigarettenrauch und andere Verbrennungsabgase, beispielsweise Kaminrauch.
In Baustoffen sind PAK überwiegend in Steinkohlenteer-Produkten zu finden, in geringerem Maße auch in Bitumen-Erzeugnissen (Erdölprodukt). Die stark PAK-haltigen steinkohlenteerhaltigen Klebstoffe sind von den ebenso dunklen, aber deutlich weniger belasteten bitumenhaltigen Klebstoffen ohne weitergehende Untersuchungen nicht zu unterscheiden.
Ins öffentliche Bewusstsein geriet die PAK-Problematik durch entsprechende Funde in den Fußbodenaufbauten der Wohnungen unserer ehemaligen Alliierten ( "Housings"), ist aber nicht auf diese beschränkt.
Verwendung
Mosaikparkett wurde bis Anfang der 60er Jahre mit PAK-haltigem Material verklebt. Bis etwa Ende der 60er Jahre war es Stand der Technik, zum Verkleben von Stabparkett Teerklebstoffe zu verwenden. Zum Einsatz kamen sowohl heiß als auch kalt streichbare Parkettmassen auf der Basis von Steinkohlenteerpech oder auch Bitumen. Diese Klebstoffe wurden seit dieser Zeit durch Kunstharzklebstoffe ersetzt, die nicht schwarz gefärbt sind und keine Emissionsquelle mehr für PAK darstellen.
Beim Verlegen von Holzpflaster in gewerblichen Räumen entsprach der Einsatz der steinkohlenteerhaltigen Klebstoffe, Vorstriche und Pappen hingegen noch lange dem Stand der Technik (vgl. DIN 68701 Holzpflaster GE für gewerbliche und industrielle Zwecke, Stand 02/89).
Da die PAK-haltigen Klebstoffe im Ausland weiterhin produziert werden, kann eine fallweise Verwendung in Deutschland auch heute noch nicht völlig ausgeschlossen werden.
Zum Verlegen der Parkettflächen wurden die erhitzten Klebstoffe direkt auf die Rohdecke gegossen und die Parkettstäbe eingedrückt, es wurde also eine vollflächige Verklebung vorgenommen. Kalt streichbare Parkettmassen wurden häufig zur Herstellung des Bodenaufbaus verwendet.
Zur Anwendung kamen PAK-haltige Bauprodukte als
- teer- und pechhaltige Klebstoffe unter Holzparkett und Hirnholzböden,
- Asphalt-Fußbodenbeläge (Gussasphalt und Asphalt-Fußbodenplatten),
- bituminierte Dichtungs- und Dachbahnen sowie bituminierte Spanplatten,
- Bitumenkorkplatten, "Torfoleumplatten" (Torfplatte mit Bitumen gebunden) und "Teerkork" (teerverklebte Korkgranulat-Platten und Rohrschalen),
- Bitumenlösungen, Bitumenvergussmassen, Bitumenemulsionen,
- Steinkohlenteeröle als Holzschutzmittel ( "Karbolineum").
Bei der Untersuchung des Fußbodenaufbaus können demnach dunkle Kleber, Gussasphalt, Asphalt-Fußbodenplatten, Trittschalldämmung aus Teerkork, schwarze Trennlagen oder Sperrbahnen etc. als Hinweis auf PAK dienen. Ist der vorgefundene Klebstoff nicht schwarz bzw. dunkel gefärbt, so kann die Verwendung PAK-haltiger Klebstoffe ausgeschlossen werden.
Die endgültige Aufgabe der Produktion von Teerklebstoffen in Deutschland erfolgte freiwillig, weil es mit den Klebstoffen auf Polymerbasis technisch ausgereifte Ersatzprodukte gab.
Eine zeitliche Datierung der teerhaltigen Produkte ist jedoch nicht möglich. Höhere Teer- und damit PAK-Gehalte sind zwar vor allem bei älteren Materialien zu erwarten, aber auch aktuelle Produkte weisen mitunter noch relevante PAK-Konzentrationen auf.
Die Verwendung von Teerklebstoffen für die Parkettverlegung kann zu einer erhöhten PAK-Konzentration im Staub und in der Raumluft führen.
Maßgebend für die daraus resultierenden PAK-Emissionen ist vor allem der Zustand des Parkettbodens sowie die Beschaffenheit und der PAK-Gehalt des darunter liegenden Klebstoffes. Offene Fugen, lose Parkettbestandteile und versprödete Klebstoffe können Ursache für eine erhöhte PAK-Belastung sein.
Gesundheitliche Bedeutung von PAK-Belastungen
In hohen Dosierungen können PAK gesundheitsschädliche Wirkungen auf die Haut, das Immunsystem und andere Körperfunktionen haben. Entscheidend für die gesundheitliche Bedeutung von PAK in der Umwelt ist jedoch die Tatsache, dass PAK zu den stärksten bekannten Umweltkanzerogenen gehören, wobei sich die Einzelsubstanzen im Ausmaß ihrer krebserzeugenden Wirkung deutlich unterscheiden. Bisher gewonnene Erfahrungen an Menschen, die hohen Konzentrationen von PAK ausgesetzt waren, belegen, dass PAK-haltige Atemluft Lungentumore erzeugen kann und der Hautkontakt mit PAK-haltigen Substanzen Hauttumore.
Die Aufnahme von PAK in den Organismus kann grundsätzlich durch Einatmen (inhalativ), durch Hautkontakt (dermal) und durch Verschlucken (oral) erfolgen. In der Regel wird der Großteil der PAK-Belastung über die Nahrung, also oral aufgenommen.
Von den krebserzeugenden Einzelverbindungen der PAK und ihren möglichen Kombinationen ist bislang Benzo(a)pyren (BaP) auf allen Aufnahmewegen am gründlichsten untersucht worden. Es ist daher üblich, die Kanzerogenität (krebserzeugend), Mutagenität (erbgutverändernd) und Reproduktionstoxizität (fortpflanzungsschädigend) von PAK-Gemischen anhand ihres Gehaltes an BaP abzuschätzen. Für BaP wurde in den bisherigen Tierversuchen eine signifikante embryotoxische (den Embryo schädigende) und fetotoxische (den Fötus schädigende) Wirkung sowie Fertilitätsstörungen (Fruchtbarkeitsstörungen) festgestellt.
Nach geltendem Gefahrstoffrecht ist Benzo(a)pyren ein Stoff, der wahrscheinlich beim Menschen Karzinogen (K: 1B), Keimzellmutagen (M: 1B), Entwicklungsschädigend (RD: 1B) und Fruchtbarkeitsgefährdend (RF: 1B) ist. Die Einstufung von Benzo(a)pyren in die Kategorie 1B beruht weitestgehend auf Daten aus Tierstudien mit möglicher Übertragbarkeit auf den Menschen.
Besonders belastete Personenkreise: Vor allem Kleinkinder stellen eine Risikogruppe dar, weil bei ihnen wegen des anzunehmenden häufigen Spielens auf dem Boden von einer hohen Wahrscheinlichkeit dermaler und insbesondere auch oraler Aufnahme von im Hausstaub befindlichen PAK-Belastungen in den Organismus ausgegangen werden muss.
Nachweis der Kontamination
Für eine erste Überprüfung, inwieweit eine eventuelle PAK-Kontamination vorliegt, sollte zunächst auf umfangreiche Messungen verzichtet werden. Durch eine Augenscheinnahme des verdächtigen Materials kann festgestellt werden, ob es sich um eines der beschriebenen PAK-haltigen Produkte handeln kann. Weiteren Aufschluss verspricht der gewöhnlich als typischer Teergeruch wahrzunehmende Duft des betrachteten Stoffes. Ein zusätzlicher Anhaltspunkt kann das Herstellungsjahr des Fußbodens sein.
Sollen (kostenverursachende) Messungen durchgeführt werden, wird angeregt, gemäß den nachstehenden Hinweisen und Empfehlungen vorzugehen.
Diese wurden erarbeitet von der Projektgruppe Schadstoffe der Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz - Konferenz der für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU) - entsprechend den Erkenntnissen in Wissenschaft und Technik und in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Baupraxis.
- In Aufenthaltsräumen sollten expositionsmindernde Maßnahmen eingeleitet werden, wenn die Hausstaubkonzentrationen 100 mg BaP/kg Frischstaub überschreiten.
- Bei Wohnungen oder bei anderen Räumen, in denen sich Säuglinge und Kleinkinder über einen längeren Zeitraum regelmäßig mehrere Stunden am Tag aufhalten und in denen nutzungsbedingt Expositionen über Staub zu erwarten sind, wie z.B. in Kindertagesstätten oder Heimen, sollten expositionsmindernde Maßnahmen bereits durchgeführt werden, wenn die Hausstaubkonzentrationen 10 mg BaP/kg Frischstaub überschreiten.
- Sollte in Einzelfällen beim Zusammentreffen mehrerer ungünstiger Umstände der begründete Verdacht bestehen, dass die in 1. und 2. dargelegte Bewertung die Belastung nicht ausreichend charakterisiert, so wird zusätzlich eine medizinische Untersuchung empfohlen, die ein Human-Biomonitoring einschließen soll.
Maßnahmen zur Verminderung der PAK-Belastung in Räumen
Bei Verwendung teerhaltiger Klebstoffe kann insbesondere ein schadhafter Parkettboden zu erhöhten PAK-Emissionen in die Raumluft beitragen. Ein in diesem Sinne mangelhafter Parkettboden liegt dann vor, wenn das Parkett in Teilbereichen, z.B. im Bereich der Randleisten, lose liegt oder Fugen zwischen den Parkettstäben von größer als 1 - 2 mm vorhanden sind oder der Unterboden nicht intakt ist, also beispielsweise hohle Stellen erkennbar sind oder das Parkett nachfedert.
Für emissionsmindernde Maßnahmen in PAK-belasteten Räumen kommen - abgesehen von der Entfernung des Parkettbodens einschließlich des Teerklebstoffes - Abdichtungsmaßnahmen ohne und mit Entfernung des Parkettbodens in Betracht.
Hierfür bieten sich in Räumen, in denen Parkettböden mit Teerklebstoffen verlegt sind, folgende Möglichkeiten an:
- Einschlussverfahren: Verschließen von offenen Fugen und Neuversiegelung des Parkettbodens oder Abdichten mit einem neuen Bodenbelag (Achtung: u. U. größere Bauhöhe),
- Versiegelungsverfahren: Entfernen des Parkettbodens und Absperren des Teerklebstoffes, z.B. mit diffusionsdichter Folie oder Dichtgrundierung,
- Entfernungsverfahren: Entfernen des Parkettbodens und des Teerklebstoffs.
Bitte beauftragen Sie mit den erforderlichen Arbeiten nur solche Firmen, die mit den vorzunehmenden Tätigkeiten, den dabei auftretenden Gefahren und den notwendigen Schutzmaßnahmen vertraut sind und über die erforderlichen Geräte und Ausrüstungen verfügen.
Die Arbeiten müssen staubarm durchgeführt werden. Durch geeignete Maßnahmen, z.B. dicht schließende Abschlüsse des Arbeitsbereichs, ist sicherzustellen, dass freigesetzte PAK-haltige Stäube nicht in andere Gebäudebereiche gelangen können, um ungewollte Kontaminationen zu vermeiden. Das Betreten des Arbeitsbereichs durch unbeteiligte Dritte ist zu verhindern.
Erfolgskontrolle
Nach ordnungsgemäßer Durchführung der genannten Maßnahmen genügt eine ausreichende, möglichst feuchte Reinigung des Raumes, um PAK-belastete Stäube zu binden. Messtechnische Kontrollen, z.B. Staubanalysen, sind bei sorgfältiger Vornahme der Arbeiten entbehrlich.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
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