Der Gefahrstoff Asbest
Von: Lothar Schlör - Regierung von Unterfranken, Gewerbeaufsicht
In diesem Beitrag finden Sie
- Was ist Asbest?
- Welche Eigenschaften hat Asbest?
- Gesundheitsgefahren durch Asbest?
- Wo kommt Asbest vor?
- Fest gebundene Asbestprokukte
- Schwach gebundenene Asbestprodukte
- Versteckte Asbestprodukte
- Was ist beim Umgang mit Asbest zu beachten?
- Was ist bei der Asbestentsorgung zu beachten?
Was ist Asbest?
Asbeste sind faserig ausgebildete Silikate, die in natürlichen mineralischen Gesteinen vorkommen. Es gibt sechs Gruppen von kommerziell nutzbaren Asbesten. Der wirtschaftlich bedeutendste Asbest ist der Serpentin-Asbest (Chrysotil-Asbest), welcher rund 95 % der weltweiten Asbestproduktion ausmacht. Von den anderen fünf Gruppen sind lediglich Crocydolith-Asbest und Amosit-Asbest von Bedeutung. Die größten Asbestvorkommen befinden sich in Russland, Kanada und Südafrika.
Welche Eigenschaften hat Asbest?
Die einige Millimeter bis wenige Zentimeter langen Asbestfasern besitzen eine Vielzahl herausragender technischer Eigenschaften, die man bereits im Altertum zu nutzen wusste. Schon der Name Asbest, der sich aus dem Griechischen asbestos ableitet und übersetzt soviel wie das "Unvergängliche" heißt, sagt einiges über die Qualität dieses Materials aus. Mit Beginn der Industrialisierung Ende des neunzehnten Jahrhunderts begann die Nutzung der chemischen und physikalischen Eigenschaften in größerem Umfang. Die wichtigsten dieser Eigenschaften sind:
- Beständigkeit gegen Säuren und Laugen
- Beständigkeit gegen biologische Stoffe
- hohe Temperaturbeständigkeit
- Beständigkeit gegen Fäulnis und Korrosion
- Unbrennbarkeit
- geringe elektrische Leitfähigkeit
- hohe Isolierfähigkeit
- hohe Flexibilität und Elastizität
- hohe Zerfaserbarkeit
Gesundheitsgefahren durch Asbest?
Asbest spleißt sich bei mechanischer Belastung zu immer feineren, mit bloßem Auge nicht mehr sichtbaren Fasern auf. Besonders kritisch sind dabei Fasern, die eine Länge von 5 µm, einen Durchmesser von weniger als 3 µm und ein Länge-Durchmesser-Verhältnis von mehr als 3:1 aufweisen. Diese lungengängigen oder auch WHO-Fasern bezeichneten Fasern gelangen über die Atemwege bis in die Lungenbläschen. Durch ihre Faserstruktur verhaken sie sich dort im Gewebe und sind durch ihre Resistenz für den menschlichen Körper nicht mehr abbaubar. Als Folge können Lungen- und Atemwegserkrankungen auftreten, wie z.B.:
- Asbestose (Bindegewebe- oder Narbenbildung in der Lunge)
- Lungen- oder Kehlkopfkrebs
- Mesotheliom (Tumor des Rippen- und des Bauchfells)
Eine gesundheitliche Gefährdung von Asbest tritt nach heutigem Wissensstand lediglich durch Einatmen der in der Luft schwebenden Fasern über die Atemwege auf. Dabei kann die Latenzzeit (Zeitraum vom Einatmen bis zur Erkrankung) Jahrzehnte betragen.
Wo kommt Asbest vor?
Asbestzementerzeugnisse oder Spritzasbest wurden in zahlreichen Bereichen der Bauindustrie verwendet. Asbesthaltige Bremsbeläge kamen in der Automobilindustrie zum Einsatz. Wenn feuerbeständige Stoffe gefragt waren, wurde Asbest auch in der Textilbranche eingesetzt.
Nachdem das Gefahrenpotential erkannt war, wurde Asbest ab Ende der 70er Jahre zunehmend durch andere Stoffe ersetzt. Die Verwendung von Spritzasbest wurde 1979 verboten. Seit 1993 dürfen alle asbesthaltige Produkte weder hergestellt noch eingesetzt werden. Der heutige Umgang mit asbesthaltigen Produkten beschränkt sich deshalb im Wesentlichen auf den fachgerechten Ausbau und die Entsorgung dieser Produkte.
Die asbesthaltigen Produkte werden dabei grundsätzlich in folgende Kategorien eingeteilt:
Fest gebundene Asbestprodukte
Sie zeichnen sich durch einen geringen Asbestanteil (in der Regel unter 15 Gewichtsprozent und einer Rohdichte von mehr als 1400 kg/m³) und einen hohen Bindemittelanteil aus. In ihm sind die Fasern stärker gebunden und können sich nicht so leicht freisetzen.
Beispiele für diese Gruppe sind alle zementgebundenen Asbestprodukte wie:
- Welldachplatten (umgangssprachlich "Eternit-Platten")
- Fassadenverkleidungen
- Abflussrohre und Lüftungskamine
- Fensterbänke und Blumenkästen
- PVC-Fußbodenfliesen
Befinden sich eingebaute Asbestzementprodukte in gutem Zustand, besteht kein akuter Sanierungsbedarf.
Schwach gebundene Asbestprodukte
Schwach gebundener Asbest ist gekennzeichnet durch einen hohen Asbestanteil (in der Regel deutlich über 15 %, teilweise bis über 60%), einen geringen Bindemittelanteil und einer Rohdichte von unter 1000 kg/m³. Einsatz fanden schwachgebundene Asbestprodukte vor allem im Brandschutz, z.B. als:
- Spritzasbest
- Ummantelung von Heizleitungen
- Promabestplatten (Brandschutzplatten)
- Brandschutztechnische Bauteile in Brandschutztüren
- Dichtungsschnüre und Flanschdichtungen
- PVC-Fußbodenbahnen
- Brandschutztechnische Bauteile in Brandschutztüren
Sind solche Produkte nicht in einwandfreien Zustand, so ist eine Beurteilung durch einen Sachverständigen nach der Asbestrichtlinie erforderlich. Dieser legt abhängig vom Grad der Beschädigung das weitere Vorgehen fest.
Versteckte Asbestprodukte
Beim Vollzugs der Asbestvorschriften standen über Jahrzehnte vorwiegend die oben aufgeführten „klassischen Asbestthemen“, wie Tätigkeiten an Asbestzementdächern und -fassaden und die Sanierung von Spritzasbest oder auch Fußböden in Innenräumen im Vordergrund. Die bei diesen Tätigkeiten angewandte Arbeitsweise hat sich langjährig bewährt und unterliegt klaren Regelungen. In den letzten Jahren rücken aber die in der Vergangenheit vorwiegend unbeachtet gebliebenen „versteckten Asbestprodukte" im Baubestand immer mehr in den Fokus, wie z.B.:
- asbesthaltige Putze
- asbesthaltige Spachtelmassen
- asbesthaltige Fliesenkleber
- asbesthaltige Bitumenbahnen und Abdichtungen
- und sonstige vergleichbare Asbestprodukte
In diesen Baumaterialien ist Asbest oft nur in geringer Konzentration vorhanden. Besonders bei einer flächigen Bearbeitung muss trotzdem mit dem Freisetzten von hohen Konzentrationen von Asbestfasern in der Atemluft gerechnet werden.
Was ist beim Umgang mit Asbest zu beachten?
Beim Verdacht auf Asbest ist immer eine sachkundige Person heranzuziehen. „Verdächtige Baustoffe“ sind im Vorfeld beproben zu lassen. Als Anhaltspunkt bei der Beurteilung kann das Alter von Gebäuden und Produkten dienen. Man muss davon ausgehen, dass Asbest bis etwa 1993 verarbeitet worden ist.
Beim Abbau von Asbest sind die Gefahrstoffverordnung und die Technischen Regeln für Gefahrstoff Asbest (TRGS 519) zu beachten. Diese Arbeiten dürfen nur Firmen und Personen ausführen, die über die erforderlichen Kenntnisse und sicherheitstechnische Ausstattung im Umgang und der Entsorgung von Asbest verfügen.
VERBOTEN beim Umgang mit Asbestprodukten ist:
- jegliche mechanische Bearbeitung, wie brechen, schneiden, sägen usw.
- das Säubern von asbesthaltigen Dächern und Fassaden mit Bürsten oder Hochdruckreinigern
- das Überdecken von asbesthaltigen Dachplatten mit anderen Baustoffen
- die Montage von Fotovoltaikanlagen auf Asbestzementdächern
- das Wiederverwenden oder Verschenken (z.B. das Abdecken von Brennholzstapeln)
Was ist bei der Asbestentsorgung zu beachten?
Für Asbest gilt nach der Gefahrstoffverordnung ein Verwendungsverbot und nach der Chemikalien-Verbotsverordnung ein Verbot des Inverkehrbringens. Im Klartext heißt das:
Demontierte Asbestzementprodukte müssen in jedem Fall ordnungsgemäß entsorgt werden. Sie dürfen weder längere Zeit gelagert, noch veräußert oder für andere Zwecke weiterverwendet werden (nicht einmal zum Abdecken eines Holzstapels).
Asbest zählt zu den besonders überwachungsbedürftigen Abfällen. Die Entsorgung muss in staubdichter Form bei einer zugelassenen Deponie oder Annahmestelle erfolgen. Die Entsorgungsstellen sind beim zuständigen Landratsamt bzw. bei der Stadtverwaltung zu erfragen.
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen die Gewerbeaufsichtsämter an den jeweiligen Bezirksregierungen.
- Entsorgung von gefährlichen Stoffen an kommunalen Sammelstellen
- Stoffliche Marktüberwachung
- Mögliche Gesundheitsbelastung durch Bearbeitung asbesthaltiger Specksteine
- Asbesthaltige Thermoskannen aus Fernost
- Chemikalienhandel im Internet
- Informationen über gefährliche Chemikalien in Produkten - REACH
- Bayer. Landesamt für Umwelt: Asbestmerkblatt mit Verlinkung
- UmweltWissen des LfU Bayern:
Labore und Sachverständige für Schadstoffuntersuchungen in Innenräumen - Bayerische Gewerbeaufsicht
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
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