Werbung durch Ansprechen im öffentlichen Raum: Was ist erlaubt?
Von: Redaktion VZ - Verbraucherzentrale Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
- Bundesgerichtshof: Wann liegt eine unzumutbare Belästigung vor?
- Werbende Person muss als solche erkennbar sein
- Widerruf eines Außergeschäftsraumvertrages
Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb zum Ansprechen von Passant/-innen
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unterliegt regelmäßigen Änderungen. Vor dem Inkrafttreten des UWG 2004 am 08.07.2004 hat die Rechtsprechung das gezielte Ansprechen von Passant/-innen grundsätzlich als wettbewerbswidrig angesehen. Einschlägige Vorschrift war der damalige § 1 UWG (Verstoß gegen die guten Sitten). Dabei kam es nicht darauf an, ob die werbende Person als solche erkennbar war oder nicht.
Heute richtet sich die Beurteilung eines solchen Sachverhalts nach § 7 UWG (Unzumutbare Belästigung). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einer wegweisenden Entscheidung dazu geäußert, wann ein Ansprechen im öffentlichen Verkehrsraum eine unzumutbare Belästigung darstellt.
Bundesgerichtshof: Wann liegt eine unzumutbare Belästigung vor?
In seiner Entscheidung vom 09.09.2004 (Az. I ZR 93/02) geht der BGH davon aus, dass eine unzumutbare Belästigung gemäß § 7 Abs. 1 UWG nur noch dann vorliegt, wenn der Werbende für den Angesprochenen nicht eindeutig und somit nicht auf den ersten Blick als solcher erkennbar ist. Die Erkennbarkeit kann sich aus der Kleidung , beispielsweise einer auffälligen Jacke oder Kopfbedeckung, des Werbers ergeben oder daraus, dass dieser an einem als solchen erkennbaren Werbestand steht. Die eindeutige optische Erkennbarkeit gibt dem Angesprochenen die Möglichkeit, der Situation bereits vor dem Beginn eines Gesprächs aus dem Weg zu gehen, indem er beispielsweise durch Ignorieren oder durch eine abweisende Geste seine Ablehnung signalisiert.
Werbende Person muss als solche erkennbar sein
Ist der Werber hingegen nicht als solcher erkennbar, macht er sich den Umstand zu Nutze, dass es dem Gebot der Höflichkeit entspricht, nicht von vorneherein abweisend zu sein, da die Person sich vielleicht nur nach dem Weg erkundigen möchte. Darin liegt ein unlauteres Erschleichen von Aufmerksamkeit für den zunächst verdeckt gehaltene gewerbliche Zwecke. Denn es ist deutlich schwieriger, sich einem bereits begonnenen Gespräch zu entziehen, als sich erst gar nicht darauf einzulassen.
Ist der Werber als solcher erkennbar, müssen weitere Umstände hinzukommen, damit eine unzumutbare Belästigung angenommen werden kann. Ein solcher Umstand wäre zum Beispiel, wenn der Stand an einer besonders engen Stelle der Straße platziert wurde oder aber, wenn die Ansprache in einem öffentlichen Verkehrsmittel erfolgt und es dem Angesprochenen somit nicht ohne Weiteres möglich ist, dem Werber auszuweichen. Gleiches gilt, wenn der Werber den erkennbar entgegenstehenden Willen des Angesprochenen nicht beachtet und ihn am Weitergehen hindert oder ihm folgt.
Widerruf eines Außergeschäftsraumvertrages
Der Einordnung als unzumutbare Belästigung steht auch nicht entgegen, dass ein auf diese Art zu Stande gekommener Vertrag als Außergeschäftsraumvertrag widerrufen werden könnte. Durch die Widerrufsmöglichkeit wird die mit dem Ansprechen verbundene Belästigung nicht ausgeräumt. Denn der Angesprochene muss in diesem Fall selbst aktiv werden, um sich von dem Vertrag wieder lösen zu können.
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