Welcher Tarif für Strom, Gas und Fernwärme passt zu mir?
Von: Peter Pospischil, Verbraucherservice Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Typische Bestandteile und allgemeine Hinweise zu Tarifverträgen
- Stromtarife
- Gastarife
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Fernwärmetarife
Typische Bestandteile und allgemeine Hinweise zu Tarifverträgen
Wer einen Tarifvertrag abschließen will, muss sich zuerst mit neuen Begriffen und ihrer Bedeutung auseinandersetzen. Dazu zählen die Grundgebühr und der Arbeitspreis. Die Grundgebühr deckt in der Regel den Bereitstellungsaufwand ab. Hierzu gehört neben dem Verwaltungsaufwand z.B. die Gebühr für den Zähler zur Abrechnung der verbrauchten Energiemenge. Die Grundgebühr ist im gewählten Tarif in der Regel unabhängig von Verbrauch. Der Arbeitspreis [€/kWh] bezieht sich auf den Energieverbrauch. Dieser Anteil ist durch das eigene Verhalten beeinflußbar.
Generell sollten keine Tarife mit Vorauszahlungen gewählt werden, sondern mit Abschlagszahlungen. Bei Vorauszahlungen bestehen im Falle der Insolvenz des Anbieters nur sehr geringe Aussichten, verbleibende Ansprüche geltend zu machen. Natürlich sind generell neben den tariflichen Besonderheiten allgemeine vertragliche Bestimmungen, wie Vertragslaufzeiten, Kündigungsfristen oder Zahlungsmodalitäten zu beachten.
Stromtarife
Beim Strombezug werden unterschiedliche Tarife angeboten: Beim Eintarif gilt zeitunabhängig ein einheitlicher Arbeitspreis für den Strombezug. Beim Doppeltarif bzw. Hoch- und Niedertarif gelten dagegen unterschiedliche Arbeitspreise, meist abhängig von der Tageszeit. Der Arbeitspreis im Hochtarif liegt in der Regel über dem Arbeitspreis im vergleichbaren Eintarif. Vorteilhaft ist diese Tarifform, wenn zu Niedertarifzeiten ein möglichst hoher Anteil des Stromverbrauchs stattfindet. Die Niedertarifzeiten liegen in der Regel in den Nachtstunden und den Wochenenden, sind jedoch abhängig vom Anbieter. Die Grundgebühr liegt in diesem Tarif in der Regel höher als beim Eintarif, da hier ein Doppeltarifzähler eingesetzt werden muss.
Beispiel: Ein Haushalt verbraucht 4.500 kWh Strom jährlich (kWh/a *).
Im Eintarif beträgt der Arbeitspreis 0,28 €/kWh, die Grundgebühr 85 € jährlich.
Stromkosten: 4.500 kWh/a * 0,28 €/kWh + 85,00 €/a = 1.345,00 €/a
Beim Doppeltarif hängen die Stromkosten davon ab, welcher Verbrauchsanteil zu Zeiten des Hoch- bzw. des Niedertarifs anfällt. In diesem Beispiel wäre der Doppeltarif in Fall 1 teurer und nur in Fall 2 günstiger:
Im Doppeltarif beträgt in diesem Beispiel der Arbeitspreis im Hochtarif 0,30 €/kWh und im Niedertarif 0,24 €/kWh. Die Grundgebühr beträgt hier 110 € jährlich.
Im Fall 1 fallen 3.000 kWh in den Hochtarif, 1.500 kWh in den Niedertarif.
Stromkosten: 3.000 kWh/a * 0,30 €/kWh + 1.500 kWh/a * 0,24 €/kWh + 110,00 €/a = 1.370,00 €/a
Im Fall 2 fallen 1.500 kWh in den Hochtarif, 3.000 kWh in den Niedertarif.
Stromkosten: 1.500 kWh/a * 0,30 €/kWh + 3.000 kWh/a * 0,24 €/kWh + 110,00 €/a = 1.280,00 €/a
TIPP: Um abschätzen zu können, ob sich eine Nutzung von Hoch-/Niedertarif lohnt, sollte über mindestens eine Woche täglich zu den Umschaltzeiten des Hoch- und Niedertarif der Stromzähler abgelesen werden. Aus diesen Daten kann dann ermittelt werden, zu welchen Zeiten welcher Anteil am Stromverbrauch entsteht. Hieraus kann abgeschätzt werden, in wie weit Vorteile durch den Hoch-/Niedertarif entstehen.
Festpreiskontingente
Hierbei wird ein maximaler Jahresstromverbrauch zum Festpreis bezogen. Wird die georderte Strommenge unterschritten, werden keine Kosten gespart. Der Preis je kWh Strom ergibt sich hier somit nachträglich aus der bezogenen Strommenge und dem vereinbarten Kontingentpreis.
Grundlage für die Wahl des Anbieters und den Tarif ist immer (sofern vorhanden) der bisherige Stromverbrauch. Schwankt dieser nur in einem engen Rahmen, so liegt eine gute Entscheidungsgrundlage zur Tarifwahl vor. Schwankt der Stromverbrauch jedoch von Jahr zu Jahr, so sollten die Ursachen hierfür analysiert werden und in die Prognose des künftigen Verbrauchs einfließen. Besonders bei der Wahl eines Festpreiskontingents ist eine realistische Vorhersage des Stromverbrauchs wichtig, um das bestellte Kontingent nicht zu überschreiten und nicht zu stark zu unterschreiten. Letzteres hätte einen unnötig hohen Bezugspreis je kWh Strom zur Folge.
Beispiel:
Zu Grunde gelegt werden aus dem obigen Beispiel der Verbrauch von 4.500 kWh/a mit einem Arbeitspreis von 0,28 kWh/a.
Bei einem Wechsel zu einem Festpreiskontingent werden bis zu einem Strombezug von 5.000 kWh/a 1.250 € berechnet. Bleibt der Stromverbrauch in diesem Beispiel bei 4.500 bis 5.000 kWh/a, so ist der Bezug über diesen Tarif günstiger.
Bei der Reduzierung des Stromverbrauchs entstehen jedoch hier keine Kostenvorteile. Wird der Verbrauch beispielsweise auf 3.800 kWh gesenkt, wäre der bisherige Tarif günstiger.
Heizstromtarife
Diese Tarife gelten für den Betrieb von Wärmepumpen, Elektrodirektheizgeräten und Elektrospeicherheizungen. Unterschieden wird dabei, ob der sonstige Haushaltsstrom über einen getrennten Zähler abgerechnet wird oder eine gemeinsame Zählung erfolgt. Für Heizstromtarife gibt es bisher nur eine geringe Auswahl bei den Anbietern.
Bei Betrieb einer Photovoltaikanlage mit Eigenstromnutzung verhindert ein Heizstromtarif, dass man den selbst erzeugten Solarstrom außer als Haushaltsstrom auch zum Betrieb der elektrischen Wärmeerzeuger nutzen kann. Ob dies im Einzelfall ein Nachteil ist hängt davon ab, ob eine relevante Solarstrommenge zur Verfügung steht, wenn die Wärmeerzeuger diesen benötigen.
Ökostromtarife
Wer ausschließlich Ökostrom beziehen möchte, findet eine Vielzahl von Anbietern am Markt. Im Idealfall stellen die Ökostromanbieter nicht nur den Bezug von zertifizierten Ökostrommengen sicher, sondern fördern den Ausbau der Anlagen zur Erzeugung von regenerativem Strom. Einige Anbieter verkaufen jedoch aus ihrem Erzeugermix den Ökostrom mit einem eigenen Tarif, ohne dabei zusätzliche Mengen an Ökostrom zu erzeugen oder einzukaufen. Hier wird bei Bezug des Ökostroms der Ökostromanteil der übrigen Kunden des Anbieters reduziert. Diese Tarifmodelle dienen somit vorrangig der Ertragssteigerung des Anbieters.
Gastarife
Bei den Gastarifen finden sich die oben beschriebenen Tarifanteile Arbeitspreis und Grundpreis wieder. Bei einigen Anbietern hängen beide Tarifkomponenten vom jährlichen Gasverbrauch ab.
Zum Beispiel beträgt bei einem Anbieter bis zu einem jährlichen Gasverbrauch von 6.000 kWh der Grundpreis 101 €/a und der Arbeitspreis 7,8 ct/kWh, bei einem jährlichen Verbrauch über 6.000 kWh beträgt der Grundpreis 154 €/a und der Arbeitspreis 6,9 ct/kWh.
CO2-neutrales Erdgas
Bei Bezug von CO2-neutralem Erdgas kompensiert der Anbieter über einen Zertifikathandel die CO2-Emissionen. Diese Kompensation kann dabei in Projekten weltweit erfolgen
Bioerdgas
Bei Bezug von Bioerdgas wird auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas in das Erdgasnetz eingespeist. Dies kann, wie beim Ökostrom an anderer Stelle erfolgen. Es wird jedoch gewährleistet, dass die abgenommene Erdgasmenge als Bioerdgas dem Leitungsnetz zugeführt wird.
Fernwärmetarife
Auch bei den Fernwärmetarifen finden sich die oben beschriebenen Tarifanteile Arbeitspreis und Grundpreis wieder. Der Grundpreis richtet sich meist nach der benötigten Heizleistung, da diese vom Betreiber vorgehalten werden muss. Je nach Anbieter können die Kosten stark auf eine der beiden Tarifkomponenten verschoben sein. Ein relativ hoher Grundpreis in Verbindung mit einem relativ niedrigen Arbeitspreis führt dazu, dass Einsparungen in der Wärmeabnahme sich eher gering auf die Kosten auswirken, ebenso wie eine erhöhte Wärmeabnahme. Im umgekehrten Fall können mit Einsparungen in der Wärmeabnahme auch die Kosten für den Abnehmer stärker reduziert werden
Bei der Bewertung von Fernwärmtarifen ist darauf zu achten, dass oft ein höherer Arbeits- und Grundpreis als bei der Gasversorgung üblich ist. Bei Bezug von Fernwärme entstehen dem Abnehmer keine Wärmeerzeugungsverluste wie beim Betrieb einer eigenen Heizanlage. Die Verluste entstehen beim Betreiber und schlagen sich in der Regel im höheren Arbeitspreis nieder. Außerdem entfällt für den Abnehmer die regelmäßige Neuinvestition in einen neuen Heizkessel. Diese Kosten entstehen ebenso beim Betreiber und werden über den Grundpreis auf die Abnehmer umgelegt. Vergleicht man also die Kosten einer Fernwärmeversorgung mit den Kosten einer eigenen Heizungsanlage, so müssen hier die Vollkosten einschließlich der Investitions- und Nebenkosten vergleichen werden.
Die Wärmelieferverträge enthalten in der Regel Formeln zur Preisanpassung. Hier können verschiedene Komponenten, wie der Heizölpreis, der Gaspreis, ein Holzpreisindex oder die statistische Steigerung der Lebenshaltungskosten enthalten sein. Die enthaltenen Komponenten und deren Gewichtung ist entscheidend für die künftige Kostenentwicklung der Wärmeversorgung.
Tritt der Anbieter als Wärmeversorger auf, so hat er auch die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Diese Verträge können Nutzungsverbote eigener Wärmeerzeugung (eigener Kaminofen, thermische Solaranlage, o.ä.) beinhalten, um die kalkulierten Abnahmemengen nicht zu gefährden. In manchen Fällen übernimmt der Anbieter diese Versorgungssicherheit nicht, sondern liefert nur Wärme, soweit sie, meist als Abwärme, zur Verfügung steht. In diesem Fall wird weiter ein eigenes Heizsystem für Ausfallzeiten der externen Wärmeversorgung benötigt. Die Wärmeversorgung muss hier also deutliche Kostenvorteile im Betrieb aufweisen, um für den Abnehmer interessant zu sein. Dies ist meist der Fall bei Nutzung von Abwärme aus Produktionsbetrieben oder auch Biogasanlagen.
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