Stevia - Ein natürlicher Süßstoff
In diesem Beitrag finden Sie
- Herkunft des süßen Krauts
- Warum schmeckt die Stevia-Pflanze so süß?
- Trotz Süße keine Kalorien
- Einsatz und Anbau in anderen Ländern
- Zulassung in der EU
- Stevia oder Steviolglykoside - was ist der Unterschied?
- Zulässige tägliche Aufnahme – ADI-Wert
- Lebensmittel gesüßt mit Stevia Steviolglykosiden
- Gesundheitlicher Nutzen von Stevia
Herkunft des süßen Krauts
Insgesamt gibt es in Südamerika über 230 verschiedene Stevia-Arten. Die auf Grund ihrer starken Süße bekannteste Art kommt ursprünglich aus Paraguay und wird Stevia rebaudiana Bertoni, auch Süßkraut oder Honigkraut genannt. Die Wirkung dieser blattreichen, ca. 60 - 75 cm groß werdenden Stauden war bereits den Indios bekannt. Sie nutzten sie nicht nur zum Süßen z.B. für Mate-Tee, sondern auch als Heilpflanze. Durch die spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert lernten die Europäer diese Pflanze und ihre Einsatzmöglichkeiten kennen. Benannt wurde sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach dem Schweizer Botaniker Moisés Santiago Bertoni.
Warum schmeckt die Stevia-Pflanze so süß?
Die Blätter und Stängel von Stevia rebaudiana Bertoni enthalten eine außerordentlich hohe Konzentration an Steviolglykosiden. Diese Verbindungen schmecken besonders süß. Allein schon das zerkleinerte Blatt ist bis zu 30-mal süßer als unser Haushaltszucker, die Saccharose. Die extrahierten Substanzen können bis zu 300-mal süßer als Zucker sein. Die zwei wichtigsten, bzw. am häufigsten vorkommenden Verbindungen in der Pflanze sind:
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Steviosid, welches mit einem Trockenmassengehalt von ca. 5 – 10 % in den „ursprünglichen“ Steviablätter am häufigsten vorkommt, jedoch einen lakritzartigen und bitteren Beigeschmack hat,
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Rebaudiosid A, welches mit einem Trockenmassegehalt von ca. 2 – 4 % vorkommt und einen angenehmen, süßen Geschmack hat.
Mindestens sieben weitere „süße“ Steviolglykoside sind in geringeren Mengen in der Stevia-Pflanze zu finden. Diese können alle aus den geernteten und getrockneten Blättern isoliert werden und stehen als extrahierte Stoffe in Form von einem feinen, weißen Pulver zum Süßen zur Verfügung. Stevia-Extrakte, die fast 100 % Rebaudiosid A und nur geringe Mengen an Steviosid enthalten, haben keinen bitteren Bei- oder Nachgeschmack.
Trotz Süße keine Kalorien
Die süßen Substanzen aus der Steviapflanze können vom Menschen nicht verdaut werden. Das bedeutet, dass sie wieder ausgeschieden werden und somit trotz ihrer Süße keine Kalorien liefern. Steviolglykoside erscheinen auf Grund dessen als Süßungsmittel für alle geeignet, die ihr Gewicht halten bzw. abnehmen möchten.
Einsatz und Anbau in anderen Ländern
In Europa, Asien und Nordamerika hatte dieser Süßstoff zunächst auf Grund seines lakritzartigen Nachgeschmacks zunächst keinen Erfolg. In den 70er Jahren ließen die Japaner ihn als Zuckerersatz zu. China und weitere südostasiatischen Länder süßen heute damit Getränke, Gebäck, Eiscreme, Bonbons, Kaugummis und Würzsoßen. China besitzt mittlerweile rund 80 % der weltweiten Anbaufläche.
Zulassung in der EU
Steviolglykoside mussten wie andere Süßstoffe auch als Lebensmittelzusatz zugelassen werden.
Als erstes europäisches Land erlaubte die Schweiz den Stevia-Süßstoff im Jahr 2008 zum Süßen einzelner Produkte. Im August 2009 erteilte Frankreich eine damals noch mögliche nationale Ausnahmegenehmigung für die Benutzung des Süßungsmittels in bestimmten Produkten.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gab für die aus der Pflanze gewonnenen Extrakte, den Steviolglykosiden, im April 2010 und Januar 2011 eine positive Sicherheitsbewertung ab. Toxikologische Tests ergaben, dass diese Verbindungen keine Veränderungen im genetischen Zellmaterial hervorrufen und nicht krebserregend sind. Des Weiteren wurden keine negativen Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane des Menschen oder das ungeborene Leben festgestellt.
Auf Grund dessen genehmigte die Europäische Kommission am 11. November 2011 den Einsatz der Steviolglykoside in Lebensmitteln. Diese gehören zur Gruppe der natürlichen Süßstoffe und werden durch die E-Nummer 960 ausgewiesen.
Stevia oder Steviolglykoside - was ist der Unterschied?
Umgangssprachlich nennt man den Süßstoff "Stevia". Die Zulassung gilt jedoch für das Extrakt, die Steviolglykoside. Diese werden durch ein chemisches Verfahren aus der Pflanze gewonnen und dann als süßschmeckender Lebensmittelzusatz den verschiedenen Lebensmitteln beigefügt. Gesetzlich definierte Reinheitsanforderungen gewährleisten, dass das Süßungsmittel immer die gleichen chemischen Bestandteile enthält.
Das Steviakraut ist ein natürliches Produkt, die Zusammensetzungen schwanken je nach Sorte und Anbaugebiet. Solange die gesundheitliche Unbedenklichkeit nicht belegt ist, darf es bis auf Beimischungen in Kräuter- und Früchteteemischungen, nicht als Lebensmittelverkauft werden. Der Handel weist weitere Produkte oft als Rohstoff zur Herstellung von Dental- oder Hautkosmetika aus. Sie sind nicht kontrolliert und können möglicherweise unerwünschte Zusatzstoffe enthalten. Kauf und Verzehr geschieht auf eigene Gefahr.
Zulässige tägliche Aufnahme – ADI-Wert
Zusätzlich zur Sicherheitsbewertung legte die EFSA, wie auch bei allen anderen zugelassenen Süßstoffen, die annehmbare tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, ADI-Wert) fest. Die verschiedenen Steviolglykoside können durch feste Umrechnungsfaktoren zu Stevioläquivalenten umgerechnet und miteinander verglichen bzw. addiert werden.
Eine tägliche Aufnahme von 4 mg Stevioläquivalent pro kg Körpergewicht gilt derzeit als unbedenklich. Für die verschiedenen Lebensmittelkategorien werden Höchstmengen an Stevioläquivalenten in mg/l bzw. mg/kg, angegeben. So ist z.B. für Limonaden (aromatisierte Getränke) ein Höchstwert von 80 mg Stevioläquivalente / festgelegtl.
Die Behörde weist auf die Möglichkeit hin, dass der ADI-Wert dennoch sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern überschritten werden kann. Mit Steviolgykosiden gesüßte Lebensmittel sollten von daher nur sparsam verzehrt werden.
So entsprechen z.B. 4 mg Stevioläquivalente ca. 11 mg Steviolglykoside.
Eine Person mit ca. 70 kg Körpergewicht kann somit jeden Tag 280 mg Stevioläquivalente bzw. 770 mg Steviolglykoside zu sich nehmen. Dies entspräche bei einem Umrechnungsfaktor anhand der Süßkraft von 1: 300 einer Menge von 231 g Zucker / Tag.
Lebensmittel, gesüßt mit Steviolglykosiden
Die Verordnung (EU) Nr. 1131/2011 der Kommission regelt den Einsatz des Süßstoffes in mittlerweile über 30 Lebensmittelkategorien. Steviolglykoside können aufgrund ihrer guten Wasserlöslichkeit, Hitzestabilität und Verträglichkeit mit verschiedenen Obst- und Gemüsesäuren vielfältig verarbeitet werden. Auf dem Markt findet man mittlerweile Erfrischungsgetränke, Marmeladen, Joghurts, Ketchups, Bonbons, Lakritze und sogar Schokolade, die mit diesem Süßstoff gesüßt sind. Aufgrund des leicht bitteren, lakritzartigen Geschmacks werden den verschiedenen Erzeugnissen oft weitere Zuckerarten, wie z.B. der klassische Haushaltszucker, Glucosesirup, Fructose oder andere Süßstoffe in unterschiedlichen Mengen zugesetzt. Die Kalorienersparnis fällt somit von Produkt zu Produkt unterschiedlich aus und liegt zum Teil über der klassischen „Light-Variante“ (gesüßt durch andere Süßstoffe). Im Vergleich zu den Originalprodukten kann mit einer Energieersparnis von ungefähr einem Viertel bis zur Hälfe gerechnet werden.
Die Steviolglykoside können den Haushaltszucker nie vollständig ersetzen, da Zucker z.B. in Marmeladen eine natürliche konservierende Wirkung hat und in Backwaren für das notwendige Volumen sorgt.
Steviolglykoside sind nicht in der EU-Öko-Verordnung aufgeführt und dürfen von daher nicht in Bio-Lebensmitteln verarbeitet werden. Das Verbot gilt auch, wenn die als Rohstoff verwendeten Stevia-Blätter aus dem Öko-Anbau stammen.
Gesundheitlicher Nutzen von Stevia
Als bisher gesichert gilt:
- nicht Blutzuckerspiegel erhöhend, d.h. Einsatzmöglichkeit für Diabetiker zum Süßen ihrer Speisen
- keine Karies fördernde Wirkung
Zu folgenden Aussagen gibt es bisher noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Beweise:
- blutdrucksenkend
- verdauungsfördernd
- antidiabetische Wirkung
- Förderung der Wundheilung
- entzündungs- und krebshemmende Wirkung
Über viele Jahre hinweg zog sich in der Europäischen Union das Zulassungsverfahren der Süßstoffe aus der Steviapflanze. Dies lag daran, dass seit dem Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung im Jahr 1997 bei allen Zusatzstoffen, die neu zugelassen werden sollen, die gesundheitliche Unbedenklichkeit - auch bei einer langfristigen Zufuhr - eindeutig nachgewiesen sein muss. Was letztendlich nur im Sinne des Verbrauchers sein kann.
Bildnachweis:
Steviapflanze, © petrabarz - Fotolia.com
Weiterführende Links
- BMELV Verordnung (EU) Nr. 1131/2011 Der Kommission vom 11. November 2011
- Universität Hohenheim: Stevia
- Bundeszentrum für Ernährung: Steviakraut und Stevia-Extrakte
Literatur
- Ernährungs-Umschau 51 (2004) Heft 11 Süß schmeckende Steviolglykosid-Derivate mit blutglucose- und blutdrucksenkender Wirkung, Horst Schmandke, Nuthetal
- Ernährungs-Umschau (2010) Heft 8 B29 – B32 Neue Süßstoffe aus der Steviapflanze, Angela Berchtold, Köln
- DGEinfo 07/2010 – Stevia – Aktuelle Sicherheitsbewertung durch die EFSA
- J. Verbr. Lebensm. (2010) S:241-250 Welches Stevia hätten Sie denn gern?, Udo Kienle
- Stiftung Warentest 11/2011
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