Die Welt der Aromen
Von: Laura Gross, Alexandra Borchard-Becker - Die VERBRAUCHER INITIATIVE e. V.
Eine besondere Kombination von Gewürzen gibt einer Speise das gewisse Etwas? Der Wein duftet nach Holz, Früchten und Frühling? Der Geruch eines Kaffees macht fröhlich und motiviert für den Tag?
In diesem Beitrag finden Sie
- Wie sind die gesetzlichen Vorgaben zum Begriff Aroma?
- Woraus werden Aromen gemacht?
- Wo werden Aromen eingesetzt?
- Wie sind Aromen zu erkennen?
- Worauf sollte ich beim Einkaufen achten?
- Was kann ich an der Bedientheke oder im Restaurant tun?
- Was sollten Allergiker wissen?
Wie sind die gesetzlichen Vorgaben zum Begriff Aroma?
Das Lebensmittelrecht nutzt den Begriff „Aroma“ nur für Substanzen, die absichtlich hergestellt und gezielt dafür eingesetzt werden, den Geschmack von Lebensmitteln zu gestalten. Duft- und Geschmacksstoffe, die entstehen, wenn Käse reift oder Zucker karamellisiert, gehören also ebenso wenig dazu wie Kräuter und Gewürze, Zucker, Kochsalz und Essig. Aromen im Sinne des Gesetzes sind stattdessen Erzeugnisse, die aus verschiedenen Zutaten bestehen. Als tatsächlich geschmacksgebende Zutaten eines solchen „Aroma-Produktes“ kommen in Frage:
Aromastoffe haben einen chemischen Namen, eine bekannte Formel und charakteristische Eigenschaften, die sie eindeutig bestimmen. Unter dem Begriff werden alle Stoffe mit Aromaeigenschaften zusammengefasst. Sie können natürlichen Ursprungs oder durch biotechnologische oder chemische Verfahren hergestellt worden sein.
Natürliche Aromastoffe müssen natürlicherweise vorkommen und in der Natur nachgewiesen worden sein. Sie werden aus pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Rohstoffen gewonnen. Das müssen keine Lebensmittel sein, aber sie müssen für den menschlichen Verzehr geeignet sein.
Aromaextrakte, wie beispielsweise Vanilleschotenextrakt sind komplex gemischte Auszüge aus Früchten, Kräutern und anderen essbaren natürlichen Geruchs- und Geschmacksträgern. Ihre Bestandteile werden in Wasser, Essig, pflanzlichem Öl oder Trinkalkohol (Ethanol) aufgefangen.
Röstaromen entstehen, wenn stickstoffhaltige Zutaten (Eiweiße, ihre Bausteine und Abkömmlinge) und Zuckerarten gemeinsam erhitzt und dabei braun werden. Im Alltag werden sie beispielsweise beim Brotbacken, Zwiebeln anbraten, Kaffeerösten oder Grillen gebildet.
Raucharomen werden unmittelbar aus dem Rauch gewonnen, der entsteht, wenn Holz oder Kräuter verbrennen. Mit ihrer Hilfe können Lebensmittelhersteller z.B. Wurst, Käse oder Chips einen rauchigen Geschmack verleihen, ohne sie tatsächlich zu räuchern.
Aromen dürfen nicht nach Gutdünken hergestellt und eingesetzt werden. Die Europäische Kommission überprüft für jede einzelne Aroma-Zubereitung, ob sie gesundheitlich unbedenklich ist. Für alle etwa 2.500 derzeit zugelassenen Aromen ist genau definiert, in welchen Produkten sie in welcher Menge eingesetzt werden dürfen. Ob sie von dieser Erlaubnis Gebrauch machen, bleibt den Lebensmittelherstellern selbst überlassen.
Übrigens: Für unverarbeitete Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Mehl, Zucker, reine Öle, Fisch, Fleisch Milch, Butter oder Honig ist der Einsatz von Aromen verboten.
Woraus werden Aromen gemacht?
Die für die Industrie interessanten Duft- und Geschmacksstoffe finden sich in Früchten, Blättern, Wurzeln und anderen Pflanzenteilen, Fleisch- und Fischgewebe. Damit können Lebensmitteltechnologen machen, was auch für Lebensmittel erlaubt ist: Erhitzen, Rösten, Abkühlen, Destillieren, Extrahieren und Filtern ebenso wie Vergären, Reifen, Mahlen, Mischen usw. Andere Aromen werden biotechnologisch durch Enzyme oder mit Hilfe von Bakterien, Hefen oder Schimmelpilzen hergestellt. Wieder andere entstehen als Produkt chemischer Reaktionen in Laboren. Um die leicht flüchtigen Verbindungen in Flaschen, Gläser und Dosen abfüllen zu können, werden sie in Wasser, Propan, Ethanol (Trinkalkohol), Kohlendioxid oder Distickstoffmonoxid aufgefangen. Gereinigt und in verschiedenen Mischungen werden die Aromastoffe zu komplexen Aromaprodukten zusammengefügt, die sich leicht anwenden und dosieren lassen. Dabei kommen außerdem Wasser, Zuckerarten, Verdickungsmittel und Trägerstoffe zum Einsatz. Ausführliche Informationen über Trägerstoffe und andere Lebensmittelzusatzstoffe bietet die Datenbank www.zusatzstoffe-online.de.
Übrigens: Ist ein Aroma in Alkohol gelöst, muss dies in der Zutatenliste des Endproduktes nicht angegeben werden. Wer sicher gehen will, auch kleinste Alkoholmengen zu vermeiden, fragt direkt beim Hersteller nach.
Wo werden Aromen eingesetzt?
Wo welche Aromen aus welcher Herstellungsform und in welchen Mengen verwendet werden dürfen, legt der Gesetzgeber (hier: die Europäische Kommission) fest. Ob und wo sie letztlich eingesetzt werden, entscheidet jeder Lebensmittelhersteller selbst. Zu den Produktgruppen, die häufig aromatisiert sind, gehören Erfrischungsgetränke, Knabberartikel, Eis, Süßwaren, Joghurt-, Quark- und anderen Milcherzeugnisse sowie Tees. In Wurstwaren, Fertiggerichten, Feinkostsalaten, Würzsoßen und -ölen, Backwaren und Backmischungen wird der Geschmack ebenfalls oft durch zugesetzte Aromen mitgestaltet. Und auch bei Tiefkühlobst, Fischkonserven, Margarine, eingelegtem Gemüse, Konfitüren und Produkten für Babys und Kleinkinder wird dem Geschmack nicht selten mit Aromen auf die Sprünge geholfen. Gewissheit hat nur, wer die Zutatenlisten genau liest.
Übrigens: Auch Bio-Lebensmittel können aromatisiert sein – allerdings ausschließlich mit Aromaextrakten und natürlichen Aromen, die zu mindestens 95 Prozent aus dem namensgebenden Ausgangsstoff stammen.
Wie sind Aromen zu erkennen?
Mehr als „Aroma“ bzw. „Raucharoma“ muss ein Hersteller nicht in die Zutatenliste schreiben. Daran erkennt der Kunde, dass das Produkt zusätzliche Geschmacks- und Geruchskomponenten enthält, die nicht allein aus den „normalen“ Zutaten kommen. Nur Koffein und Chinin müssen namentlich genannt werden. Oft verraten die Hersteller dennoch ein bisschen mehr:
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Himbeeraroma bedeutet, dass das Aroma eindeutig nach Himbeeren schmeckt. Die Bezeichnung gibt jedoch keinen Hinweis auf den Ursprung. Das Aroma muss nicht aus Himbeeren stammen.
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Natürliches Aroma meint, dass der aromatisierende Bestandteil der eingesetzten Aromazubereitung aus mindestens einem natürlichen Aromastoff besteht. Dieser Ausgangsstoff muss allerdings nichts mit der Geschmacksrichtung des Endproduktes zu tun haben, also bei dem Beispiel nicht aus Himbeeren stammen. Pflicht ist nur, dass er von Natur aus in einem Material vorkommt, das als Lebensmittel gegessen werden könnte. Die tatsächliche Herstellung können dann durchaus Mikroorganismen oder Enzyme im Labor übernommen haben. So ist es zu erklären, dass ein Produkt mit der Geschmacksnote „Tutti frutti“ in seiner Zutatenliste „natürliches Aroma“ ausweist, obwohl es keine „Tutti-Fruttis“ gibt.
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Natürliches Himbeeraroma enthält ausschließlich natürliche Aromastoffe (oder Aromaextrakte), die zu mindestens 95 % aus Himbeeren gewonnen wurden. Der Rest könnten beispielsweise Apfelaroma oder Zitrusöl sein, die aber selbst nicht schmeckbar in Erscheinung treten. Sie sorgen stattdessen dafür, dass das – trotz allem industriell gewonnene – Himbeeraroma harmonisch wird und das Endprodukt Verbrauchern stets den gleichen Geschmack bietet.
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Himbeerextrakt ist ein Auszug aus echten Himbeeren.
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Raucharoma aus Buchenholz sagt dem Leser, dass die Aromabestandteile des Raucharomas aus Buchenholzrauch gewonnen wurden. Raucharomen dürfen niemals „natürlich“ genannt werden.
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Rauch - steht für eine tatsächliche Räucherung, Das Lebensmittel wurde in den Rauch gehangen, der beim Verbrennen von Zweigen oder Holzmehl entstanden ist.
Worauf sollte ich beim Einkaufen achten?
Abbildungen und Wörter zeigen, welche Geschmackserlebnisse Kunden erwarten können: Auf dem Joghurt steht „Kirschgeschmack“, auf dem Erfrischungsgetränk prangen Mango und Minze und auf der Fischkonserve suggerieren Kräutersträußchen den besonderen Pfiff. Eine Auskunft, woher dieser Geschmack kommt, geben sie aber nicht. Wer es also genau wissen will, muss in die Zutatenlisten schauen. Das gilt auch für Produkte, auf deren bunter Blickfang-Seite „ohne künstliche Aromen“ oder ähnliche Hinweise zu finden sind. Selbst wenn der Hersteller diese spezielle Gruppe von Aromastoffen nicht einsetzt, können alle anderen Aroma-Arten durchaus zur Rezeptur gehören.
Übrigens: Je weniger Zutaten ein Lebensmittel enthält und je weniger es verarbeitet ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für zusätzliche Aromen.
Was kann ich an der Bedientheke oder im Restaurant tun?
Lebensmittel, die ohne Verpackung verkauft werden, haben keine Zutatenlisten. Auf den Schildchen an der Bedientheke müssen neben einigen Zusatzstoffen nur zwei Aromen kenntlich gemacht werden: Chinin und Koffein. Wer mehr wissen will, kann sich an die Verkäufer wenden, denn wo Fleisch, Backwaren oder Feinkostsalate über den Tresen verkauft werden, müssen die Händler die Zutatenlisten ihrer Waren allgemein zugänglich machen. Meist haben sie einen Ordner, in dem Kunden selbst nachschlagen können, was den Geschmack im Wacholder-Schinken, Kirschplunder oder Waldorfsalat ausmacht. Im Restaurant entfällt jedoch auch diese Hilfe. Mag sich in den Fußnoten der der Getränkekarte noch ein Hinweis auf Chinin oder Koffein finden – für alle anderen Angebote bleibt dem Gast nur, die Servicekraft zu befragen. Wie gut und ehrlich diese Auskunft ist, bleibt ungewiss.
Was sollten Allergiker wissen?
Allergien und Unverträglichkeiten auf Aromen sind sehr selten. Dabei sind es meist nicht die Aromastoffe selbst, die unschöne Reaktionen hervorrufen, sondern die Lösungsmittel oder Trägerstoffe, allen voran Laktose. Da der so genannte Milchzucker generell ein bedeutender Auslöser von Unverträglichkeiten ist, muss er in der Zutatenliste der Lebensmittel auf jeden Fall aufgeführt werden.
Wer auch sonst mit einer Lebensmittelallergie oder Unverträglichkeiten leben muss, sollte die Zutatenlisten stets auch nach Aromaextrakten und natürliche Aromen, die direkt aus dem namengebenden Lebensmittel gewonnen wurden, durchsuchen. Sellerie, Senf, Erdnüsse, Schalenfrüchte, Sesam, Fisch, Krebs- oder Weichtiere gehören zu den kennzeichnungspflichtigen Allergenen. Sofern sie in der Herstellung der Produkte eine Rolle spielten, sind sie entsprechend hervorgehoben. Bei anderen (Kreuz-) Allergien und Unverträglichkeiten auf Lebensmittel ist die Orientierung schwieriger: Für Erdbeer-Allergiker sind auch Erdbeerextrakt oder natürliches Erdbeeraroma tabu. Doch ob die Hersteller die Rohstoffe ihrer Aromen überhaupt angeben, ist ihre Sache. Allergiker haben daher zwei Möglichkeiten: Zum einen können sie alle Produkte meiden, die vorgeben, nach dem Auslöser ihrer Beschwerden zu schmecken. Sie können aber auch die jeweiligen Hersteller um Auskunft über die genaue Herkunft der Aromen bitten und danach entscheiden.
Unter den Aromastoffen ist Perubalsam als Auslöser für gesundheitliche Beschwerden bekannt. Sein Haupteinsatzgebiet sind Backwaren. Zwar rät der Verband der Aromenindustrie den Unternehmen in Lebensmittelhandwerk und -industrie, dieses komplexe natürliche Aroma nicht mehr einzusetzen. Letzte Sicherheit gibt aber auch hier nur die Auskunft der Hersteller.
Quellen und weiterführende Links
- VERORDNUNG (EG) Nr. 1331/2008 über ein einheitliches Zulassungsverfahren für Lebensmittelzusatzstoffe, -enzyme und -aromen
- VERORDNUNG (EG) Nr. 1334/2008 über Aromen und bestimmte Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften zur Verwendung in und auf Lebensmitteln
- VERORDNUNG (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (Lebensmittelinformationsverordnung, LMIV)
- Uwe-Jens Salzer, Fred Siewek(Hrsg.):
Handbuch Aromen und Gewürze, Behr's Verlag, ISBN 978-3-86022-558-5 - Bettina Muermann:
Aromen - Fragen & Antworten Aromen, Behr's Verlag, ISBN 978-3-95468-278-2 - Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit:
Aromastoffe - www.zusatzstoffe-online.de – Die Datenbank zu Lebensmittelzusatzstoffen
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Aromastoffe und Aromen
- Artikel auf www.lebensmittelklarheit.de: Was sind Aromen?, Aromabegriffe einfach erklärt
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