Die Zwangsvollstreckung: Vollstreckungstitel und Verfahren
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Vollstreckungstitel
- Arten der Pfändung
- Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
In den meisten Fällen ist es bei einer Zwangsvollstreckung so, dass der*die Vollstreckungsgläubiger*in gegen den*die Vollstreckungsschuldner*in in einem vorangegangenen Gerichtsverfahren (z. B. gerichtliches Mahnverfahren oder Klage) einen Vollstreckungstitel erwirkt hat. Weigernt sich Schuldner*innen nach wie vor zu bezahlen, so werden Gläubiger*innen versuchen, den rechtskräftig festgestellten Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen.
Dies sind wichtigsten und häufigsten Pfändungsmaßnahmen, die Aufzählung ist nicht abschließend:
1. Vollstreckungstitel
Vollstreckungstitel geben Vollstreckungsgläubiger*innen das Recht, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Vollstreckungsgläubiger*in ist, wer den Titel erwirkt hat. Im Folgenden werden die wichtigsten und häufigsten Vollstreckungstitel aufgelistet.
Gerichtliche Urteile
Ein Urteil des Gerichts ist sicherlich der bekannteste Vollstreckungstitel. Solange das Urteil nicht rechtskräftig ist, darf nur vollstreckt werden, wenn das Gericht das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt. Gegebenenfalls muss auch eine Sicherheitsleistung erbracht werden. In einem speziellen Verfahren kann die Vollstreckbarkeit des Urteils in dieser Phase, z. B. wenn das Urteil mit Rechtsmitteln angegriffen wird, wieder aufgehoben werden.
Gerichtliche Vergleiche
Auch gerichtliche Vergleiche sind Vollstreckungstitel. Ein gerichtlicher Vergleich kann vor einem deutschen Gericht geschlossen werden. Er ist ein Vertrag durch den die Parteien ihren Streit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigen.
Vollstreckungsbescheid
Wird das gerichtliche Mahnverfahren erfolgreich betrieben, so erhält der*die Antragsteller*in einen Vollstreckungsbescheid, mit dem dann die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann.
2. Arten der Pfändung
Sachpfändung
Eine Sachpfändung erfolgt in der Regel, indem Schuldner*innen Gerichtsvollzieher*innen beauftragen, eine Pfändung vorzunehmen. Die Pfändung erfolgt durch Anbringung eines Pfandsiegels auf der gepfändeten Sache (im Volksmund "Kuckuck" genannt). Die Pfandsache muss sich allerdings im Gewahrsam des*der Vollstreckungsschuldners*in befinden und darf nicht unpfändbar sein. Unpfändbare Sachen sind bspw. solche, welche dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt dienen (Kleidungsstücke, Wäsche, Betten etc.) oder die zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände. Haustiere, die nicht zu Erwerbszwecken gehalten werden sind ebenfalls unpfändbar.
Pfändung in Forderungen
Aber auch Forderungen können gepfändet werden. Hierfür erlässt das Vollstreckungsgericht einen so genannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Beispiele sind die Pfändung von Bankguthaben, sowie Arbeitslohn, Steuererstattungsansprüche und Ansprüche aus Versicherungen, wie z. B. der Lebensversicherung oder auch aus Bausparverträgen.
Immobiliarvollstreckung
Eine dritte Möglichkeit besteht darin, im Wege der Zwangsvollstreckung auf Immobilien der Schuldner*innen zuzugreifen. Dies geschieht entweder durch Eintragung einer Zwangssicherungshypothek oder durch Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens. Viele Hauskäufer*innen nutzen letztere Verfahren aus, um auf günstigem Wege eine Immobilie zu erwerben. Es ist nämlich möglich, im Rahmen der Zwangsversteigerung das gewünschte Objekt erheblich unter dem eigentlichen Verkehrswert zu ergattern.
3. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 889 ZPO
Verläuft die Sachpfändung erfolglos oder ist der*die Schuldner*in mehrfach nicht anzutreffen, so kann er*sie zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Vermögensverhältnisse gezwungen werden. Früher nannte man dies den Offenbarungseid.
Sinn und Zweck ist es, Gläubiger*innen eine Übersicht zu verschaffen, ob und wo sich Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten ergeben. Jede Vollstreckungsmaßnahme verursacht Gläubiger*innen schließlich auch Kosten.
Machen Schuldner*innen bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bewusst falsche Angaben, so machen sie sich strafbar. Weigern sie sich, die Erklärung abzugeben, so kann ihnen ein Zwangsgeld auferlegt werden oder sie werden in Zwangshaft genommen.
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