Krieg in der Ukraine: Folgen für Reisen in die Region und nach Russland
Von: Referat 32, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
In diesem Beitrag finden Sie
- Pauschalreisen in die Ukraine oder nach Russland
- Welche Umstände rechtfertigen die Stornierung einer Reise?
- Sind Reisen nach Russland und in die Ukraine möglich?
- Individualreisen in die Ukraine und nach Russland
- Auswirkungen für Reisen in andere Zielgebiete
Das Wichtigste in Kürze:
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Die aktuelle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für nicht notwendige Reisen in die Ukraine und die daran angrenzenden Teile Südrusslands kann die kostenfreie Stornierung bzw. Absage von Pauschalreisen oder einzelnen Reiseleistungen rechtfertigen.
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Rechtlich weniger eindeutig ist die Situation bei Reisen in russische Gebiete, in denen keine Kampfhandlungen zu befürchten sind und für die keine Reisewarnung besteht. Trotzdem können hier Umstände vorliegen, die zu einer kostenfreien Stornierung berechtigen. Im Zweifelsfall können die Kontaktaufnahme mit dem Reiseveranstalter bzw. mit dem zuständigen Beförderungsunternehmen oder die Inanspruchnahme einer rechtlichen Beratung sinnvoll sein.
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Ist die Erbringung von einzelnen Reiseleistungen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich, so entfällt die Verpflichtung des Reisenden zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung.
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Der militärische Konflikt kann sich auch auf Reisen in andere Zielgebiete auswirken. Reisenden wird diesbezüglich geraten, die weiteren Entwicklungen aufmerksam zu beobachten und gegebenenfalls Änderungen an der Reiseroute bzw. an den geplanten Reisezeiten vorzunehmen.
Pauschalreisen in die Ukraine oder nach Russland
Verbraucherinnen und Verbraucher, die eine Pauschalreise in die Ukraine oder nach Russland gebucht haben, sind sehr weitgehend geschützt. Ein Pauschalreisevertrag im Sinne von § 651a Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) liegt vor, wenn eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Reiseleistungen gebucht wurde (z. B. Flug mit anschlie-ßender Rundreise, Kombination von Bahnreise und mehrtägigem Hotelaufenthalt).
Wann ist ein Rücktritt vom Reisevertrag möglich?
Verbraucherinnen und Verbraucher können vor Reisebeginn jederzeit vom Pauschalreisevertrag zurücktreten (§ 651h Abs. 1 Satz 1 BGB). Allerdings erhalten sie den vereinbarten Reisepreis nur dann ohne Abzug einer Entschädigung des Reiseveranstalters zurück, wenn am Urlaubsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, welche die Durchführung der Reise oder die Beförderung an den Zielort erheblich beeinträchtigen (§ 651h Abs. 3 Satz 1 BGB). Derartige Umstände können insbesondere Kriege, innere Unruhen oder instabile politische Verhältnisse sein.
Daneben kann auch der Reiseveranstalter eine Reise absagen, wenn deren Durchführung erheblich beeinträchtigt oder nicht möglich erscheint (§ 651h Abs. 4 BGB). In diesen Fällen hat er den Reisenden den Reisepreis binnen 14 Tagen zurückzuerstatten (§ 651h Abs. 5 BGB).
Welche Umstände rechtfertigen die Stornierung einer Reise?
Entscheidend für die Annahme von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen ist die objektive Einschätzung der Lage vor Ort. Die Rechtsprechung orientiert sich hierbei regelmäßig an den Beurteilungen der zuständigen Behörden. Vor allem können Reisewarnungen sowie sonstige offizielle Mitteilungen zu möglichen Gefährdungslagen am Urlaubsort eine kos-tenfreie Stornierung der Pauschalreise rechtfertigen. Hierfür kann abhängig von den Umständen des Einzelfalls bereits die Beeinträchtigung auch einzelner, wesentlicher Teile der Reise genügen (z.B. bei einer Kreuzfahrt nach Skandinavien und Russland oder bei einer Busreise durch Rumänien, Moldawien und die Ukraine). In jedem Fall wird Reisenden, die eine ge-buchte Pauschalreise nicht antreten möchten, empfohlen, gegenüber dem Reiseveranstalter die Umstände darlegen, aus denen sich die erhebliche Beeinträchtigung der Reise ergibt.
Sind Reisen nach Russland und in die Ukraine möglich?
Gegenwärtig warnt das Auswärtige Amt aufgrund der teils schweren Kampfhandlungen und der zunehmenden Verschlechterung der Versorgungslage vor Reisen in die Ukraine und die daran angrenzenden Regionen Südrusslands. Insbesondere bleibt abzuwarten, ob der militärische Konflikt im Zuge der anhaltenden diplomatischen Bemühungen beigelegt werden kann. Daher ist nach hiesiger Einschätzung davon auszugehen, dass Pauschalreisen in die genannten Regionen bis auf Weiteres nicht möglich oder erheblich beeinträchtigt sind, sofern Sie nicht bereits abgesagt wurden.
Soweit es die übrigen Regionen Russlands (z.B. Städtereisen nach Moskau oder St. Petersburg) betrifft, rät das Auswärtige Amt lediglich von nicht notwendigen Reisen ab. Allerdings ist es auch ohne Vorliegen einer Reisewarnung möglich, dass die Durchführung einer geplanten Pauschalreise aufgrund der Verschärfung der politischen Lage und der sanktionsbedingten Einschränkungen des Reise- sowie Zahlungsverkehrs erheblich beeinträchtigt ist. Verbraucherinnen und Verbrauchern, die eine gebuchte Reise nach Russland nicht antreten möchten, wird daher geraten, sich bei Zweifeln über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine kostenfreie Stornierung der Reise an ihren Reiseveranstalter, die Verbraucherverbände oder einen auf das Reiserecht spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden und die aktuellen Reisehinweise des Auswärtigen Amtes aufmerksam zu verfolgen.
Individualreisen in die Ukraine und nach Russland
Sofern lediglich einzelne Reiseleistungen wie beispielsweise Flüge, Bahnfahrten oder Unterkünfte gebucht wurden, können sich Reisende mittels einer Kündigung aus wichtigem Grund (§ 648a BGB) bzw. unter Verweis auf eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ebenfalls kostenfrei vom Vertrag lösen. Voraussetzung hierfür ist, dass ihnen die Inanspruchnahme der gebuchten Reiseeinzelleistung nicht zugemutet werden kann. Dies dürfte derzeit vor allem für Reisen in die Ukraine und die daran angrenzenden Gebiete Südrusslands anzunehmen sein, muss aber gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner gesondert dargelegt werden.
Ist die Erbringung einer gebuchten Reiseeinzelleistung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich, etwa weil ein gebuchter Flug wegen der bestehenden Sanktionen nicht durchgeführt werden kann, so sind Verbraucherinnen und Verbraucher bereits kraft Gesetzes von ihrer Verpflichtung zur Gegenleistung befreit (§ 326 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB). Etwaige Anzahlungen auf den Reisepreis können dann zurückgefordert werden.
Mögliche Auswirkungen auch für Reisen in andere Zielgebiete
Der militärische Konflikt kann sich unter Umständen auch auf Reisen in andere Zielgebiete auswirken. Verbraucherinnen und Verbrauchern wird daher vor allem bei der Zusammenstellung von Individualreisen mit Zwischenstopps in Nachbarstaaten zur Ukraine oder Russland bzw. solchen mit kurzen Transitzeiten zwischen den Beförderungsleistungen geraten, die aktuellen Entwicklungen im Blick zu behalten sowie gegebenenfalls rechtzeitig Änderungen an der Reiseroute oder den geplanten Reisezeiten vorzunehmen.
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