Fahrgastrechte bei Reisen mit der Bahn
Von: Referat 32 - Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
In diesem Beitrag finden Sie
- Pauschale Entschädigung bei Verspätung und Ausfall von Zügen
- Weitere Rechte: Rückerstattung und Übernachtung
- Nahverkehr: Rechte bei Verspätungen und Ausfällen
- Besondere Rechte bei Nachtfahrten mit dem Zug
- Ausschluss der Haftung
- Informationspflichten, Beschwerdestellen und Schlichtung
- Rechte von Personen mit eingeschränkter Mobilität
- Haftung bei Zugunfall
Pauschale Entschädigung bei Verspätung und Ausfall von Zügen
Rechtsgrundlage für Ansprüche gegen Bahnunternehmen sind die EU-Verordnung 2021/782 und die Eisenbahnverkehrs-Verordnung. Diese Regelungen gelten grundsätzlich auch bei streikbedingten Verspätungen oder Ausfällen.
Der Fahrgast erhält ab einer Verspätung von einer Stunde als Entschädigung 25 % des Fahrpreises und ab einer Verspätung von zwei Stunden 50 % des Fahrpreises erstattet. Dies gilt auch dann, wenn ein Fahrgast wegen einer nur relativ kleinen Verspätung seinen Anschlusszug verpasst und erst dadurch mehr als eine bzw. zwei Stunden verspätet am Ziel ankommt. Der Fahrgast braucht sich nicht mit einem Gutschein zufrieden zu geben, sondern kann grundsätzlich die Zahlung des Entschädigungsbetrages verlangen.
Die Deutsche Bahn stellt zur Abwicklung der Entschädigungsansprüche ein Antragsformular bereit, das im Internet, am DB-Schalter und im Zug erhältlich ist.
Beispiel: Der Fahrgast Franz hat sich für 85,00 Euro eine Fahrkarte von Augsburg nach Bayreuth gekauft. Der ICE soll um 19:28 Uhr in Nürnberg ankommen. Der Anschlusszug soll dort um 19:48 Uhr abfahren und um 20:54 Uhr in Bayreuth ankommen. In Nürnberg hat der ICE jedoch eine halbe Stunde Verspätung, so dass Franz den Anschlusszug nach Bayreuth verpasst. Er kommt daher erst um 21:56 Uhr in Bayreuth an.
Da Franz sein Ziel mit mehr als einer Stunde Verspätung erreicht, erhält er hier 25 % des Fahrpreises, also 21,25 Euro, erstattet.
Eingeschränkt wird dieser Entschädigungsanspruch jedoch durch eine Bagatellgrenze, wonach Eisenbahnunternehmen eine Entschädigung erst ab 4 Euro auszahlen müssen. Wer unter dieser Bagatellgrenze bleibt, muss notfalls seine Entschädigungsansprüche sammeln, bis der Betrag von 4 Euro erreicht ist.
Beispiel: Franz fährt nun mit dem Zug für 11,60 Euro von Freising nach München. Anstelle der planmäßigen Ankunft um 17:29 Uhr erreicht der Zug München erst um 18:35 Uhr. Bei einer entsprechenden Festlegung eines Mindestbetrags durch das Eisenbahnunternehmen würde Franz hier trotz der über einstündigen Verspätung keine Entschädigung erhalten, da der zu erstattende Betrag mit 2,90 Euro unter der Bagatellgrenze liegt.
Die Pauschalen von 25 bzw. 50 % des Fahrpreises gelten nicht für Inhaber von Zeitfahrkarten, wie etwa der Bahncard 100. Für diese Fahrgäste haben die Eisenbahnunternehmen jedoch in ihre Beförderungsbedingungen die Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung aufzunehmen, wenn der Fahrgast wiederholt Verspätungen erleidet. Derzeit ist z.B. im Nahverkehr in der 2. Klasse für jede Verspätung von 60 Minuten und mehr ein Entschädigungsbetrag von 1,50 € vorgesehen.
Die genannten Entschädigungsansprüche gelten auch, wenn Sie in einem anderen EU-Staat im Fernverkehr reisen. In einzelnen Ländern, wie beispielsweise Spanien, erhalten Fahrgäste sogar höhere Entschädigungen.
Weitere Rechte: Rückerstattung und Übernachtung
Ist eine Verspätung von mehr als einer Stunde abzusehen, besteht für den Fahrgast auch die Möglichkeit, die Fahrt nicht anzutreten und Rückerstattung des Fahrpreises zu verlangen. Alternativ dazu kann die Fahrt bei nächster Gelegenheit bzw. zu einem späteren Zeitpunkt, auch mit geänderter Streckenführung, durchgeführt werden. Wird wegen einer Verspätung von mindestens einer Stunde eine Übernachtung notwendig, so muss dem Fahrgast außerdem eine kostenlose Hotelunterkunft angeboten werden. Ist der Verkehrsdienst unterbrochen und besteht keine Möglichkeit zur Fortsetzung der Reise, muss das Eisenbahnunternehmen so rasch wie möglich einen alternativen Verkehrsdienst anbieten.
Nahverkehr: Rechte bei Verspätungen und Ausfällen
Über die europäischen Vorgaben hinausgehende Rechte räumt das Gesetz den Fahrgästen im Bereich des Nahverkehrs ein. Nach den gesetzlichen Bestimmungen handelt es sich um Nahverkehr, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Zuges die Reiseweite nicht mehr als 50 Kilometer oder die Reisezeit nicht mehr als eine Stunde beträgt. In der Praxis gehören zum Fernverkehr insbesondere EC, IC und ICE und zum Nahverkehr etwa Regionalbahn, Regional-Express und die S-Bahnen.
Ist im Nahverkehr eine Verspätung von mindestens 20 Minuten absehbar, so kann der Fahrgast auch einen anderen Zug nutzen, insbesondere einen teureren Fernverkehrszug. Hierfür muss er in der Regel zunächst ein Ticket erwerben. Etwaige hierdurch entstehende Zusatzkosten kann der Fahrgast ersetzt verlangen. Dies gilt allerdings nicht für Züge mit Reservierungspflicht wie z.B. ICE Sprinter oder für Züge, die eine Sonderfahrt durchführen. Für Fälle eines erheblich ermäßigten Beförderungsentgelts, wie z.B. beim "Deutschlandticket" oder dem "Schönes-Wochenende-Ticket" der Deutschen Bahn, können die Eisenbahnunternehmen zudem in ihren Beförderungsbedingungen hiervon abweichen (hier wird derzeit von der Deutschen Bahn in der 2. Klasse eine pauschale Abgeltung von 1,50 € ab einer einstündigen Verspätung gewährt; die Fahrt mit einem höherwertigen Zug der Deutschen Bahn ist nicht möglich).
Beispiel: Franz hat sich eine Fahrkarte für den Regional-Express von Aschaffenburg nach Frankfurt am Main gekauft. Der Zug soll planmäßig um 20:44 Uhr abfahren und um 21:24 Uhr in Frankfurt ankommen. Auf Grund von Lautsprecherdurchsagen am Bahnsteig erfährt Franz, dass der Regional-Express erst mit einer Verspätung von etwa einer Stunde in Aschaffenburg eintreffen und damit Frankfurt voraussichtlich nicht vor 22:25 Uhr erreichen wird.
Hier kann Franz auch den nächsten ICE in Aschaffenburg nehmen, so dass er um 22:05 Uhr in Frankfurt am Main ankommt.
Nachtfahrten im Nahverkehr: Wann sind Taxikosten zu erstatten?
Bei Fahrten während der Nachtzeit können Fahrgäste unter Umständen sogar auf ein Taxi umsteigen. Liegt die fahrplanmäßige Ankunft nämlich zwischen 0:00 und 5:00 Uhr, sind dem Fahrgast bei Verspätungen von mindestens einer Stunde auch Kosten für ein alternatives Verkehrsmittel, z.B.Taxikosten bis zu 120 Euro zu erstatten. Entsprechendes gilt, wenn der letzte fahrplanmäßige Zug des Tages ausfällt und der Fahrgast sein Ziel anderweitig nicht mehr bis um 24:00 Uhr erreichen kann.
Beispiel: Nach einem Konzertbesuch in Nürnberg will Franz um 1:08 Uhr mit dem Zug nach Hause nach Heilsbronn fahren, der dort planmäßig um 1:38 Uhr ankommen soll. Der Zug fällt jedoch wegen eines Defekts aus. Der nächste Zug nach Heilsbronn fährt erst wieder um 04:37 Uhr. Andere öffentliche Verkehrsmittel fahren ebenfalls nicht mehr.
Hier kann sich Franz ein Taxi nehmen und Erstattung der Taxikosten bis zu einem Betrag von 120,00 Euro verlangen.
Wann haftet das Bahnunternehmen nicht für Verspätungen?
Eisenbahnunternehmen sind im Fall von Verspätungen dann nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet, wenn Reisende bereits vor dem Kauf der Fahrkarte über die Verspätung informiert wurden. Auch in Fällen von außerhalb des Eisenbahnbetriebs liegenden, außergewöhnlichen Umständen wie extremen Witterungsbedingungen, großen Naturkatastrophen oder schweren Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder bestimmten Verhaltensweisen von Dritten (z.B. Kabeldiebstahl), die das Eisenbahnunternehmen trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen es nicht abwenden konnte, kann die Haftung ausgeschlossen sein.
Im Fall von Streik des Eisenbahnpersonals besteht jedoch ein Entschädigungsanspruch.
Das gilt bei verpassten Anschlusszüge und Durchgangsfahrkarten
Hat man eine „Durchgangsfahrkarte“ erworben, gelten bei Schwierigkeiten wie Verspätungen durch verpasste Anschlüsse die oben beschriebenen Fahrgastrechte, unabhängig davon, ob bei der Fahrt verschiedene Unternehmen Leistungen erbringen. Ob man tatsächlich eine solche „Durchgangsfahrkarte“ erworben hat oder verschiedene Beförderungsleistungen bei verschiedenen Unternehmen gebucht hat, ergibt sich aus den Vertragsbedingungen. Die Unternehmen müssen darüber informieren. Für Reisen mit einem oder mehreren Anschlüssen gilt bzw. gelten eine Fahrkarte oder mehrere Fahrkarten, die im Rahmen einer einzigen geschäftlichen Transaktion bei einem Eisenbahnunternehmen erworben wird bzw. werden, als Durchgangsfahrkarte. Werden eine oder mehrere Fahrkarten bei einem Ticketverkäufer oder Reiseanbieter in einer einzigen Transaktion erworben und hat dieser die Fahrten auf eigene Initiative kombiniert, hat dieser nicht nur den Preis der Fahrkarte zu erstatten, sondern zusätzlich noch eine Entschädigung in Höhe von 75% des Fahrpreises zu leisten.
Informationspflichten, Beschwerdestellen und Schlichtung
Die Eisenbahnunternehmen sind gesetzlich verpflichtet, die Fahrgäste insbesondere über die kürzeste und preisgünstigste Zugverbindung, ihre Rechte als Fahrgast sowie über Verspätungen und die wichtigsten Anschlussverbindungen zu informieren. Im Nahverkehr sind diese Informationspflichten aus Praktikabilitätsgründen weniger umfangreich.
Zum Schutz der Fahrgäste müssen die Eisenbahnunternehmen Beschwerdestellen einrichten und die Fahrgäste darüber informieren, wie sie mit diesen Kontakt aufnehmen können. Führt eine solche Beschwerde nicht zu einer Einigung, so kann der Fahrgast eine Beschwerde bei den Eisenbahnaufsichtsbehörden, insbesondere dem Eisenbahn-Bundesamt, einreichen sowie eine unabhängige Schlichtungsstelle anrufen. Als Schlichtungsstelle steht vor allem die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr für den öffentlichen Personenverkehr zur Verfügung (daneben existieren noch vereinzelt regionale Schlichtungsstellen für Nahverkehre in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen).
Im Fernverkehr tätige Eisenbahnunternehmen müssen zudem ein System zum Qualitätsmanagement anwenden und jährlich Berichte zur Dienstqualität im Internet veröffentlichen.
Welche Fahrgastrechte haben Personen mit eingeschränkter Mobilität?
Bahnhöfe, Bahnsteige, Züge und andere Einrichtungen müssen auch für Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich sein. Beim Ein- und Aussteigen sowie während der Fahrt sind die Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreibende zudem verpflichtet, kostenlose Unterstützung zu leisten, soweit dies rechtzeitig angemeldet wurde und entsprechendes Personal vorhanden ist.
Auch wenn es in der konkreten Situation nicht hilft: Wenn eine Nachfrage beim zuständigen Eisenbahnunternehmen oder Bahnhofsbetreibenden nicht zum Erfolg führt, können sich Fahrgäste mit einer Beschwerde an das zuständige Eisenbahnbundesamt wenden.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bietet weitere Informationen zum barrierefreien Reisen mit der Bahn. Auch das Informationen zum europaweiten Mobilitätsservice und den Rechten mobilitätseingeschränkter Personen finden Sie auf der Webseite des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland.
Fahrradmitnahme im Zug: Das gilt
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Fahrgäste dürfen Fahrräder mitnehmen, wenn die Mitnahme nicht aus Sicherheitsgründen oder betrieblichen Gründen eingeschränkt ist (z.B. können zu Stoßzeiten Sperrzeiten für die Fahrradmitnahme im Nahverkehr gelten).
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Auch Gewichts- und Größenbeschränkungen sind zulässig.
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Die Eisenbahnunternehmen dürfen ein Entgelt für die Mitnahme von Fahrrädern verlangen.
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Wenn im Zug für Fahrräder vorgesehene Stellplätze verfügbar sind, müssen die Fahrgäste ihre Fahrräder dort unterbringen. Wenn keine Fahrradstellplätze verfügbar sind, müssen die Fahrgäste ihre Fahrräder ständig beaufsichtigen und nach besten Kräften sicherstellen, dass anderen Fahrgästen durch ihre Fahrräder keine Verletzungen oder Schäden entstehen und dass Mobilitätshilfen, Gepäck oder der Bahnbetrieb nicht beeinträchtigt werden.
Die Bedingungen für die Beförderung und für Kapazitäten können auf den Homepages der Eisenbahnunternehmen abgerufen werden.
Hat ein Fahrgast eine Buchung für ein Fahrrad getätigt und wird die Beförderung ohne berechtigten Grund verweigert (zum Beispiel, weil der gebuchte Fahrradwagen ausfällt), so hat der Fahrgast einen Anspruch auf Weiterreise mit geänderter Streckenführung oder Erstattung (wie bei einem absehbaren Zugausfall, s.o.), Entschädigung und Hilfeleistung.
Bei Fahrten im Nahverkehr muss aufgepasst werden: Nahverkehrstickets und insbesondere vergünstigte Fahrkarten wie das „Bayern-Ticket“, aber auch Fahrradkarten, haben zwar in der Regel keine Zugbindung, sind aber jedenfalls am Tag des Fahrtantritts auch nicht stornierbar. Es besteht also das Risiko, dass man die Fahrtkosten nicht erstattet bekommt, wenn man die Reise abbricht, weil das Fahrrad nicht mitgenommen wird. Es empfiehlt sich, vor Reiseantritt Alternativrouten zu recherchieren und auf Zeiten auszuweichen, in denen wenig Verkehr zu erwarten ist. Bei Fernverkehrszügen kann man sich bei der Buchung über die Verfügbarkeit von Stellplätzen für Fahrräder informieren.
Haftung bei Zugunfall
Wird bei einem Eisenbahnunfall ein Fahrgast getötet oder verletzt, so muss das Eisenbahnunternehmen einen Vorschuss zur Deckung der unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse zahlen. Die Haftungsregeln bei Personenschäden gelten in ganz Europa einheitlich.- Schlichtungsstelle Reise & Verkehr: Bundesweite Zuständigkeit für Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
- Informationen der Deutschen Bahn über Fahrgastrechte; Servicestelle bei der Deutschen Bahn: Telefon (0180) 5202178
- Barrierfreier Eisenbahnverkehr: Informationen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
- Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (29.10.2020): Mehr Rechte für Bahnreisende in der EU.
- Busse und Bahnen kompakt (vom Verband deutscher Verkehrsunternehmen e.V.)
- Fluggastrechte
- Fernbusrechte
- Rechte des Reisenden bei Mängeln
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
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