Reisegepäck verspätet, verloren oder beschädigt: Haftung und Fristen
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Verspätete Auslieferung des Reisegepäcks
- Haftung für verspätetes Gepäck
- Haftung für verloren gegangenes oder beschädigtes Gepäck
- Welcher Reisegepäckschaden wird ersetzt?
- Haftungsausschluss
- Haftungshöchstgrenzen
- Fristen
- Tipps zum Schutz vor Verlust und Beschädigung des Fluggepäcks
Verspätete Auslieferung des Reisegepäcks: Was ist zu tun?
Taucht das Gepäck nicht auf dem Gepäckband auf, sollten Reisende sich unverzüglich an die Fluggesellschaft wenden und den Verlust melden. Im Schnitt tauchen 95% des verlorenen Gepäcks wieder auf.
Werden Gepäckstücke verspätet ausgeliefert, könnnen sich Reisende zunächst die nötigste Ausstattung auf Kosten des Reiseveranstalters bzw. der Fluggesellschaft besorgen. Die Quittungen dafür sollte man gut aufbewahren. Ob die jeweiligen Ausgaben angemessen sind, richtet sich sowohl nach der Dauer der Gepäckverspätung als auch nach dem Zweck der Reise. Wenn die Verspätung mehrere Tage beträgt, kann neben Kosmetikartikeln auch die Anschaffung von Kleidung erforderlich sein. Außerdem wird beispielsweise bei einer Geschäftsreise eine andere Ausstattung benötigt als bei einem Strandurlaub.
Tipp: Einige Fluggesellschaften stellen einen sogenannten "Notfallkoffer" zur Verfügung. Dieser enthält die wichtigsten Dinge, wie etwa Hygieneartikel.
Darüber hinaus haben Reisende einen Anspruch darauf, dass das verspätete Gepäck an die auf dem Koffer oder dem Gepäckschein angegebene Adresse ausgeliefert wird.
Haftung für verspätetes Gepäck
Wird das Gepäck verspätet ausgeliefert, stehen dem Reisenden verschiedene Ansprüche zu. Welche das sind, hängt davon ab, ob es sich um eine Pauschalreise oder eine Individualreise handelt. Alle Reisenden können sich auf Art. 19 S. 1 des Montrealer Übereinkommens (MÜ) berufen. Danach muss die Fluggesellschaft den Schaden ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Gepäck entsteht. Hierbei wird nicht zwischen aufgegebenem und nicht aufgegebenem Reisegepäck unterschieden. Die Fluggesellschaft haftet allerdings dann nicht, wenn sie nachweist, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen hat oder solche Maßnahmen nicht treffen konnten.
Pauschalreisende können sich darüber hinaus auf einen Reisemangel berufen, wenn das Gepäck verspätet ausgeliefert wird. So gehört die sichere und vereinbarungsgemäße Beförderung des Reisegepäcks zu den Pflichten des Reiseveranstalters. Im Falle eines Mangels stehen ihnen gegebenenfalls Ansprüche aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu. Dazu gehört ein Schadensersatzanspruch gemäß § 651n Abs. 1 BGB. Der Reiseveranstalter kann sich allerdings auf das MÜ und die darin geregelten Haftungsbegrenzungen berufen.
Daneben besteht auch ein Anspruch auf eine Reisepreisminderung für jeden Tag ohne Reisegepäck gemäß § 651m BGB. Zudem kann für die gepäcklos verbrachten Tage auch eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit nach § 651n Abs. 2 BGB verlangt werden, wenn dadurch die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird. Diese Ansprüche werden vom MÜ nicht verdrängt.
In beiden Fällen ist es jedoch wichtig, dass Reisende unverzüglich neben der Fluggesellschaft auch den Reiseveranstalter von der Verspätung bzw. des Verlustes des Reisegepäcks informieren.
Haftung für verloren gegangenes oder beschädigtes Gepäck
Auch bei verloren gegangenem oder beschädigtem Fluggepäck können Fluggäste Schadensersatz nach dem MÜ verlangen. Der Anspruch ist in Art. 17 Abs. 2 MÜ geregelt. Den Anspruch können sowohl für Pauschalreisende, als auch Individualreisende geltend machen. Die Haftung beschränkt sich demnach allerdings auf aufgegebenes Gepäck und Handgepäck. Bei nicht aufgegebenem Gepäck haftet der Luftfrachtführer nur, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.
Das Reisegepäck muss sich zudem in der Obhut der Fluggesellschaft befinden. Darunter versteht man den Zeitraum, in dem sich das Reisegepäck auf einem Flughafen oder an Bord des Flugzeugs befindet. Der maßgebliche Zeitraum beginnt bereits mit der Aufgabe des Gepäcks am Abfertigungsschalter und endet mit der Wegnahme der Gepäckstücke vom Transportband.
Was tun bei Gepäckverlust?
Sollte der Koffer oder das Reisegepäck nach Rückkehr aus dem Urlaub immer noch vermisst werden, sollten Reisende in jedem Fall zügig handeln. Am besten wendet man sich direkt an den Gepäckermittlungsschalter am Flughafen und füllt dort den sogenannten Property Irregularity Report aus. Ist der Schalter nicht besetzt, lässt sich das oftmals auch über die Webseite der Fluggesellschaft nachholen. Wichtig ist in jedem Fall, die einzelnen Schritte so gut es geht zu dokumentieren, damit Reisende nachweisen können, alles Notwenige in die Wege geleitet zu haben.
Gut zu wissen: Ist das aufgegebene Gepäck 21 Tage seit dem Tag, an dem es hätte eintreffen sollen, nicht eingetroffen, gilt das Gepäckstück als verloren. Reisende können dann Ersatz von der Fluggesellschaft verlangen.
Welcher Reisegepäckschaden wird ersetzt?
Neben dem unmittelbaren Schaden am Gepäck (z.B. Koffer und Kofferinhalt) und den eventuell anfallenden Kosten für eine Ersatzbeschaffung wird auch der mittelbare Schaden (z.B. entgangener Gewinn) ersetzt. Abgestellt wird auf den Zeitwert, nicht auf den Anschaffungswert.
Pauschalreisende können sich darüber hinaus, wie bei verspätetem Reisegepäck, auf einen Reisemangel berufen und weitergehende Ansprüche nach dem BGB geltend machen (s.o.). Individualreisende können hingegen keinen Ersatz für die nutzlos aufgewendete Urlaubzeit beanspruchen.
Wann haftet die Fluggesellschaft nicht?
Die Haftung der Fluggesellschaft bzw. des Reiseveranstalters ist dann ausgeschlossen, wenn das Reisegepäck bereits vor der Reise beschädigt war. Auch für Beschädigungen, die außerhalb des Zeitraums der Inobhutnahme entstehen, haftet der Luftfrachtführer nicht. Somit fallen Schäden, die beispielsweise durch den Zoll oder die Polizei entstanden sind, nicht in dessen Verantwortungsbereich.
Für Schäden am nicht aufgegebenen Handgepäck haftet die Fluggesellschaft zudem nur bei Vorsatz, nicht dagegen bei Fahrlässigkeit. Ein Verschulden der Airline bzw. des Personals muss allerdings der Fluggast nachweisen. In der Regel ist ein solcher Nachweis schwierig.
Haftungshöchstgrenzen
Die Haftung der Fluggesellschaft bzw. des Reiseveranstalters ist begrenzt. Sie haften gemäß Art. 22 Abs. 2 MÜ für Zerstörung, Verlust, Beschädigung und Verspätung von Reisegepäck nur bis zu einem Betrag von 1.131 Sonderziehungsrechten je Reisenden. Dies gilt auch dann, wenn der tatsächliche Wert des Gepäcks weit höher liegt. Sonderziehungsrechte sind eine Einheit des Internationalen Währungsfonds und werden täglich neu berechnet. Derzeit (Stand 02/2023) beläuft sich der Wert eines Sonderziehungsrechts auf ca. 1,20 Euro.
Die Haftungshöchstgrenze kann ausnahmsweise dann überschritten werden, wenn man nachweisen kann, dass der Luftfrachtführer oder seine Leute den Schaden absichtlich herbeigeführt haben oder zumindest leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass wahrscheinlich ein Schaden eintreten wird.
Wertvolles Gepäck: Haftungserweiterung möglich
Man kann die Haftung zudem erweitern, wenn man im Vorfeld des Fluges gegenüber der Fluggesellschaft deklariert, dass man wertvolleres Gepäck bei sich führt und bereit ist, eine eventuell anfallende Zuzahlung zu leisten.
Nimmt ein Reisender ein Gepäckstück eines Mitreisenden in seinem eigenen Koffer mit auf, dann steht dem Mitreisenden auch dann noch ein Schadensersatzanspruch zu, wenn die Haftungshöchstgrenze mit der Befriedung der Ansprüche des Reisenden bereits ausgeschöpft ist. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 15.03.2011 (AZ.: X ZR 99/10) entschieden. Er hat dies unter anderem damit begründet, dass Art. 22 Abs. 2 Satz 1 MÜ die Haftungshöchstgrenze nach seinem Wortlaut ausdrücklich je Reisenden bemisst.
Zu beachten ist, dass die Beträge, bis zu denen die Fluggesellschaft haftet, nicht automatisch gezahlt werden. Es handelt sich dabei nicht um eine Schadenspauschale. Der Fluggast muss vielmehr den konkreten Schaden darlegen und gegebenenfalls auch beweisen.
Fristen für die Schadenanzeige
Ansprüche auf Schadensersatz nach dem Montrealer Übereinkommen (MÜ) müssen innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber der Fluggesellschaft angezeigt werden. Gemäß Art. 31 Abs. 2 MÜ müssen Beschädigungen unverzüglich nach deren Entdeckung, spätestens aber innerhalb von sieben Tagen nach der Annahme, schriftlich gegenüber der Fluggesellschaft angezeigt werden. Dabei handelt es sich um eine Ausschlussfrist, die keinesfalls versäumt werden darf. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung. Die Frist gilt nach überwiegender Meinung nicht bei Verlust oder Zerstörung des Reisegepäcks, sollte vorsorglich aber auch dann eingehalten werden.
Eine Verspätung des Reisegepäcks muss innerhalb von 21 Tagen nach der Zurverfügungstellung schriftlich beim Luftfrachtführer gemeldet werden.
Ansprüche von Pauschalreisenden wegen eines Reisemangels müssen nach § 651j BGB innerhalb von zwei Jahren nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend gemacht werden. Eine Minderung des Reisepreises setzt zudem voraus, dass dem Reiseveranstalter unverzüglich mitgeteilt wurde, dass das Gepäck am Urlaubsort nicht (rechtzeitig) zur Verfügung stand.
Damit keine Fristen verpasst werden, sollten Reisende die Gepäckverspätung, die Beschädigung oder den Verlust des Reisegepäcks sofort gegenüber der Fluggesellschaft. Handelt es sich bei der Reise um eine Pauschalreise, wenden Sie sich zudem unverzüglich auch an Ihren Reiseveranstalter. Die Anzeige sollte aus Beweisgründen schriftlich per Fax mit qualifiziertem Sendebericht oder per Einschreiben mit Rückschein erfolgen. Wenn möglich, sollte man sich die Kenntnisnahme bestätigen lassen.
Tipps zum Schutz vor Verlust und Beschädigung des Fluggepäcks
Gänzlich ausschließen wird man den Verlust oder die Beschädigung des Gepäcksstücks wohl nicht können. Dennoch gibt es ein paar Tipps, wie man Ärger vermeiden kann.
- Jedes Gepäckstück mit einem Schild versehen, das die Heimatadresse oder die Urlaubsadresse enthält.
- Rechtzeitig Einchecken verringert das Risiko, dass der Koffer in der falschen Maschine landet.
- Alles, was nicht in den Koffer darf, zu Hause lassen. Das Gepäck wird sonst ausgeschleust und der Gegenstand entfernt. Der Vorgang nimmt Zeit in Anspruch und kann unter Umständen auch dazu führen, dass der Koffer nicht rechtzeitig ankommt.
- Wichtige Dinge wie Papiere, Wertsachen, Medikamente oder auch Brillen und Laptops im Handgepäck transportieren.
- Farbig oder besonders gekennzeichnete Koffer (z.B. durch auffällige Aufkleber oder Kofferbänder) können deutlich leichter wiedergefunden werden.
- Verreist man zu zweit oder in einer Gruppe, kann beim Packen schon vorsorgen und Kleidungsstücke auf mehrere Koffer verteilen. Geht ein Koffer verloren oder kommt verspätet an, sind zumindest ein paar Kleidungsstücke vorhanden.
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