Google Maps & Co.: Wie steht es um Privatsphäre und Datenschutz bei Geodatendiensten?
Von: Andrea Estermeier, VerbraucherService Bayern im KDFB e. V.
(ursprünglich: Initiative D21 e. V.)
In diesem Beitrag finden Sie
- Wozu Geodaten und Panoramadienste?
- Datenschutz bei Geodatendiensten wie Google Streetview & Co.
- Widerspruchsmöglichkeiten und Schutz der Privatsphäre
- Tipps für Verbraucher
Wozu Geodaten und Panoramadienste?
Wer Standorte für Kliniken plant oder feststellen will, wo es noch an Schulen mangelt, ist auf die Verwendung von sog. georeferenzierten Daten (kurz „Geodaten“ = Daten mit Ortsbezug) angewiesen. Für die öffentliche Hand ist die Sammlung, Auswertung und Verarbeitung solcher Daten im Rahmen ihres Daseinsvorsorgeauftrags unverzichtbar. Es gibt daher eine Unmenge solcher Daten, die - sinnvoll eingesetzt - einen wertvollen Beitrag für das Gemeinwohl leisten. Das gleiche gilt für das Wissenschaftsumfeld. Innovative Forschung und Entwicklung ist in vielen Bereichen ohne die Nutzung von Geodaten undenkbar.
Neben diesen herkömmlichen und unerlässlichen Datensammlungen hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr die Sammlung von Geodaten durch private Dienste entwickelt. Unternehmen wie Google bieten ihren Nutzern die erhobenen Daten in der Regel entgeltfrei an. Mit dem Panoramadienst „Street View“ (Google) lassen sich dann etwa Schlösser und andere Sehenswürdigkeiten online besuchen. Als Beispiel sei hier nur die Siegessäule in Berlin genannt: Google Maps: Siegessäule.
Die hierfür erforderlichen Daten haben sich die Anbieter im Wesentlichen selbst beschafft. Google etwa hat mit einem enormen Aufwand ganze Straßenzüge von mit Rund-um-Kameras ausgestatteten Fahrzeugen abfotografieren lassen und die gesammelten Daten mit Ortsangaben in ihrer Straßenkartenanwendung „Google Maps“ verknüpft. Was beim Betrachten der Dienste auffällt: Sie sind nicht aktuell, das heißt, eine Live-Aufnahme ist mit diesen Diensten nicht möglich.
Problem: Datenschutz bei Geodatendiensten wie Google Streetview & Co.
Als Unternehmen wie Google 2008 anfingen, ganze Straßenzüge abzufotografieren, regten sich massive Proteste: Zum Einen von Datenschützern, zum Anderen aber auch von den Bürgern selbst, die um den Verlust ihrer Privatsphäre fürchteten. Die Vorstellung eines komplett abrufbaren (Persönlichkeits-)Profils, nun noch verknüpft mit dem Bild ihres Hauses, verursachte bei Vielen ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Die Verknüpfung der Bilder von Häusern mit weiteren Daten sammelwütiger Anbieter würde es Kriminellen etwa leicht machen, Einbrüche zu begehen und bequem online Fluchtwege zu ermitteln, argumentierten sie. Zudem könnten Unternehmen beispielsweise Rückschlüsse über die (vermeintlichen) wirtschaftlichen Verhältnisse der Bewohner ziehen. Auch die Anti-Stalking-Debatte (Stichwort „Stalking 2.0“) wurde durch die sich neu bietenden Möglichkeiten des Ausspähens potentieller Opfer massiv befördert.
Die Rechtslage war seinerzeit nicht eindeutig – und ist es auch heute nicht. Während ein Teil der Experten den für die Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) bzw. heute der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) notwendigen Personenbezug (§3 BDSG / Art. 5 und Art. 6 Abs.1 Nr.3 DSGVO) hauptsächlich mit Hinweis auf die Öffentlichkeit des Straßenlandes verneinten, bejahten andere den Personenbezug und verlangten die Einhaltung der strengen Vorgaben des BDSG bzw. der DSGVO. Aufgrund der nicht geklärten Rechtslage und in Anbetracht der sich mehrenden Verbraucherbeschwerden einigte sich Google mit dem zuständigen Datenschutzbeauftragten auf die Einhaltung bestimmter Standards. So wurden zum Einen etwa generell Personen und eindeutig zuordenbare Daten wie Autokennzeichen unkenntlich gemacht („verpixelt"), zum Anderen erklärte sich Google bereit, vorab den jeweiligen Eigentümern die Möglichkeit eines Widerspruchs gegen die Abbildung des eigenen Wohnhauses einzuräumen. Bis zum Start des Dienstes mit Bildern der 20 größten deutschen Städte gingen etwa 245.000 Widersprüche ein. Das waren ca. 3 Prozent aller Widerspruchsberechtigten. Der Proteststurm ebbte in der Folgezeit weiter ab.
Widerspruchsmöglichkeiten und Schutz der Privatsphäre bei Streetview
Die Panoramadienste bieten von sich aus die Möglichkeit, dass Berechtigte Bilder von ihrem Gebäude verpixeln lassen können. Auch müssen weiterhin bestimmte Mindestbedingungen eingehalten werden: Es dürfen keine Bilder online verfügbar gemacht werden, die eine andere Perspektive ermöglichen, als die, die ein vorübergehender Passant von einem Gebäude haben würde. Keinesfalls dürfen etwa Sichtbarrieren oder Mauern durch die Aufnahmen umgangen werden. Die Dienste erfüllen so die Vorgaben, auf die sich die deutschen Landesdatenschützer verständigt haben.
Um einer Regulierung durch den Gesetzgeber zuvor zu kommen, haben sich darüber hinaus die wichtigsten Anbieter, unter ihnen auch Microsoft und Google, freiwillig einem gemeinsamen Kodex unterworfen, der dem Bürger zusätzliche Sicherheit bieten soll. Mit dem Verein „Selbstregulierung Informationswirtschaft e.V.“ wurde zudem eine Institution geschaffen, die die Einhaltung dieses Kodexes überwacht und eine Beschwerdemöglichkeit für Verbraucherinnen und Verbraucher anbietet.
Tipps für Verbraucher
Wenn sich die Diensteanbieter wie Google an die vereinbarten Regularien und selbst auferlegten Grundsätze halten, ist der Bürger in seiner Privatsphäre nicht wesentlich beeinträchtigt. Er sollte sich aber Gedanken darüber machen, ob er die angebotenen Widerspruchsmöglichkeiten nutzen möchte und somit verhindert, dass sein Haus im Internet zu sehen ist. Dies können übrigens auch Mieter eines Mehrfamilienhauses für sich in Anspruch nehmen - teilweise allerdings nur für das von ihnen bewohnte Stockwerk.
Wer von seiner Widerspruchsmöglichkeit möglichst weitreichend Gebrauch machen möchte, muss im Auge behalten, welche neuen Anbieter auf dem Markt der Geodatendienste tätig werden.
- Link zum Verein Selbstregulierung in der Internetwirtschaft: www.sriw.de
- Google Street View, Apple Look Around und Co.: Wie man der Veröffentlichung von Fotos widersprechen kann
- Verbraucherzentrale: Mustertext zum Widerspruch gegen Streetview und Lookaround
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