Nitrat-Gehalt in Trinkwasser
Von: Dr. Hans Lepper, Dr. Uwe Lessig - Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
In diesem Beitrag finden Sie
- Vorkommen
- Auswirkungen auf die Gesundheit
- Nitratsituation in den Regierungsbezirken Bayerns
- Abhilfemaßnahmen zur Verringerung des Nitratgehalts im Trinkwasser
Vorkommen
Nitrat gehört wie Ammonium und Nitrit zu den Stickstoffverbindungen des natürlichen Stickstoffkreislaufs. Es ist sehr gut im Wasser löslich und verteilt sich dort sehr schnell.
Durch den biogenen Abbau von Stickstoffverbindungen kommt es zu einer Nitrat-Grundbelastung in Grund- und Oberflächenwässern und damit auch im Trinkwasser. Gehalte von etwa 25 Milligramm Nitrat pro Liter können in diesen Wässern noch als natürlich angesehen werden.
In vielen Fällen sind aber Grund- und damit auch Trinkwässer wesentlich stärker mit Nitrat belastet, weil zusätzlich Nitrat aus anthropogenen Kontaminationsquellen, wie häuslichen Abwassereinleitungen und landwirtschaftlichen Einträgen ins Wasser gelangen.
Bei erhöhten Nitratgehalten im Trinkwasser sind fast immer landwirtschaftlich genutzte Flächen mit intensiver Düngung im Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlage vorhanden. Besonders belastet sind oberflächennahe Grundwässer, die zur Trinkwassergewinnung genutzt werden. Wässer aus tieferen Grundwasserstockwerken enthalten in der Regel kein Nitrat. In sauerstoffarmen bzw. sauerstofffreien Grundwasserleitern wird Nitrat zu Ammonium reduziert, in sauerstoffreichen bleibt es praktisch unverändert erhalten.
Eine Reduktion von erhöhten Nitratgehalten in Trinkwässern zentraler Wasserversorgungsanlagen kann großtechnisch durch Aufbereitungsverfahren wie katalytische Nitratreduktion oder biologische Denitrifikation erzielt werden. Eine Verminderung erhöhter Nitratgehalte bei Kleinanlagen erfolgt meist durch Ionenaustauscher- oder Umkehrosmoseanlagen.
Im häuslichen Bereich verwendete Geräte zur Nitratentfernung müssen regelmäßig gewartet werden, damit sie dauerhaft funktionieren und nicht verkeimen.
Nitratreiche Salate und Gemüse wie Rucola, Kopf- und Feldsalat, Spinat, Rote Rüben sowie gepökelte Fleischerzeugnisse können deutlich zur Nitrat-Gesamtbelastung beitragen.
Auswirkungen auf die Gesundheit
Die Trinkwasserverordnung 2001 legt für Nitrat einen Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter fest.
Vom Nitrat (NO3) selbst geht nur eine sehr geringe unmittelbare Gesundheitsgefährdung für den erwachsenen Menschen aus. Unter bestimmten Umständen (z. B. durch Bakterien im Mundraum oder Magen) kann Nitrat jedoch teilweise zu Nitrit (NO2) umgewandelt werden, welches auf zwei Arten die menschliche Gesundheit gefährden kann:
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Zum einen kann es insbesondere bei Säuglingen unter 3 Monaten eine "Methämoglobinämie" durch eine erhöhte Konzentration von Methämoglobin im Blut auslösen. Nitrit bewirkt dabei, dass der rote Blutfarbstoff, das Hämoglobin, zum Methämoglobin umgewandelt wird. Methämoglobin ist im Gegensatz zum Hämoglobin nicht mehr in der Lage, Sauerstoff in die Gewebe zu transportieren. Daher kann sich eine Blausucht (Zyanose) entwickeln. Der resultierende Sauerstoffmangel in lebenswichtigen Organen wie dem Zentralnervensystem und dem Herz kann bei entsprechender Ausprägung bis zum Tod führen.
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Zum anderen kann Nitrit mit sekundären Aminen im Magen sogenannte "Nitrosamine" bilden. Sekundäre Amine sind stickstoffhaltige chemische Verbindungen, die in vielen Lebensmitteln vorkommen und auch bei der Verdauung entstehen. Einige Nitrosamine wirken im Tierversuch krebserzeugend. Ihre Entstehung sollte daher so weit wie möglich vermieden werden.
Der Grenzwert der Trinkwasserverordnung 2001 für Nitrat wurde vom Gesetzgeber so festgelegt, dass bei Aufnahme des Wassers in üblichen Mengen weder die Gefahr einer Methämoglobinämie bei Säuglingen noch eine endogene Bildung von Nitrosaminen in gesundheitlich erheblichem Ausmaß stattfindet.
Bei Einhaltung des Grenzwerts ist somit für alle Verbraucher, auch für die besonders empfindlich reagierenden Säuglinge, gewährleistet, dass bei regelmäßigem, täglichen Verzehr des Trinkwassers keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen hervorgerufen werden.
Wird der Grenzwert überschritten, darf die zentrale Wasserversorgung nur dann weiter geführt werden, wenn die Bevölkerung durch das örtliche Gesundheitsamt unverzüglich darüber informiert wird, dass dieses Wasser nicht zur Zubereitung von Nahrung für ungestillte und teilgestillte Säuglinge mit weniger als 10 kg Köpergewicht verwendet werden darf.
Stattdessen ist ein einwandfreies Trinkwasser anderer Herkunft oder – nach Rücksprache mit einem Kinderarzt – ein nitratarmes, zur Säuglingsernährung geeignetes Mineralwasser (Kennzeichnung auf dem Etikett beachten!) zu verwenden.
Im Gegensatz zu Säuglingen ist es für Erwachsene unproblematisch, während eines begrenzten und gemäß Trinkwasserverordnung 2001 zuzulassenden Zeitraumes auch ein Trinkwasser mit einem Nitratgehalt über dem Grenzwert von 50 mg/l aufzunehmen.
Nach einer Empfehlung des Umweltbundesamtes kann in einem solchen Fall ein Nitratgehalt bis zu 130 mg/l zeitlich befristet toleriert werden. Allerdings sollten dann nur nitratarme Lebensmittel verzehrt werden. Außerdem muss auf eine ausreichende Jod-Zufuhr geachtet werden. Eine ausreichende Jod-Zufuhr ist wichtig, weil bei hoher Nitratbelastung ein Jodmangel in der Schilddrüse auftreten kann, worauf diese mit einer Vergrößerung (Ausbildung eines Kropfes, Struma) reagiert.
Das örtliche Gesundheitsamt kann für maximal drei Jahre eine Grenzwertüberschreitung zulassen. Das betroffene Wasserversorgungsunternehmen muss gleichzeitig ein Sanierungskonzept vorlegen, d. h. es muss Maßnahmen nennen, durch die der Nitratgehalt des an die Verbraucher abgegebenen Wassers so gesenkt wird, dass der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter nicht mehr überschritten wird.
Eine zweite Ausnahmegenehmigung darf dann nur noch mit Zustimmung des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und Unterrichtung des Bundesministeriums für Gesundheit ausgesprochen werden. Auch diese ist auf maximal drei Jahre begrenzt.
Nitratsituation in den Regierungsbezirken Bayerns
Mineralische und organische Düngemittel werden seit langer Zeit in der Landwirtschaft eingesetzt und haben zu ansteigenden Nitratgehalten im Grund- und Trinkwasser geführt. Daher untersucht das LGL seit mehr als 20 Jahren ausgewählte Trinkwässer aus zentralen Wasserversorgungsanlagen mehrmals im Jahr auf Nitrat. Für Grund- und Oberflächenwässer gibt es von der Wasserwirtschaft durchgeführte Untersuchungsprogramme auf Nitrat.
Abhilfemaßnahmen zur Verringerung des Nitratgehalts im Trinkwasser
Von kommunaler und staatlicher Seite werden Maßnahmen mit dem Ziel ergriffen, den Nitratgehalt im Grund- und damit im Trinkwasser zu verringern.
Die Nitratgehalte belasteter Grundwässer werden in einigen Wasserwerken mit speziellen Anlagen zur Nitrateliminierung verringert, oder nitratbelastetes Wasser wird mit nitratarmem so gemischt, dass die Verbraucher ein Trinkwasser erhalten, dessen Nitratgehalt deutlich unter dem Grenzwert der Trinkwasserverordnung 2001 liegt. Neben diesen kurzfristigen, technischen Lösungen gibt es auch langfristig angelegte Maßnahmen zur (wichtigeren) Ursachenbeseitigung, die sich hauptsächlich an die Landwirtschaft richten. Diese reichen von Ausgleichszahlungen der Wasserversorgungsunternehmen an die Landwirte, um deren Einkommensverluste beim Verzicht auf bestimmte Düngemaßnahmen zu decken, über freiwillige Vereinbarungen zur Nitratverringerung in Wassereinzugsgebieten bis hin zu staatlichen Beratungs- und Förderprogrammen.
Durch diesen Maßnahmenkatalog ist eine Verbesserung der Situation in Teilbereichen erkennbar. Als letzte Maßnahme kommt nur noch die Erschließung eines neuen Wassergewinnungsgebietes (Brunnenneubohrung) oder der Anschluss an eine andere Wasserversorgung in Betracht.
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