Obsoleszenz – geplanter Verschleiß bei Geräten?
In diesem Beitrag finden Sie
- Geplante Obsoleszenz: Wird die Gebrauchsdauer von Geräten verkürzt?
- Arten von Obsoleszenz
- Gegen Obsoleszenz: Lange Lebensdauer und Nutzung fördern
Geplante Obsoleszenz: Wird die Gebrauchsdauer von Geräten verkürzt?
Kaputt, veraltet, unmodern – die Lebensdauer von Elektro- und Elektronikgeräten wird immer kürzer. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher hegen den Verdacht, dass Hersteller ihre Produkte gezielt so gestalten, dass sie schnell ausgetauscht werden. Oft wird vermutet, dass es sich um geplanten Verschleiß, der so genannten Obsoleszenz (lateinisch obsolescere: sich abnutzen, veralten, Ansehen/Wert verlieren), handelt.
Geplante Obsoleszenz ist schwer nachweisbar. Doch es ist festzustellen, dass Geräte heute aus verschiedenen Gründen immer schneller ausgewechselt werden.
Erfahrungsberichte von Verbraucher/innen
In Internetforen wie MURKS? NEIN DANKE! finden sich zahlreiche Meldungen über Produkte, die bereits nach kurzer Zeit nicht mehr genutzt werden können. Berichtet wird u.a. über baubedingte Abnutzung, eingebaute Zähler oder Materialermüdung. Die Berichte helfen, Merkmale von minderwertigen und kurzlebigen Produkten aufzuzeigen. Allerdings lassen sich daraus keine belastbaren und allgemeinen Rückschlüsse ziehen.
Dauertests der Stiftung Warentest
Die Stiftung Warentest konnte in ihrer langjährigen Testerfahrung nicht bestätigen, dass Geräte heute schneller und häufiger kaputt gehen als früher. Doch in den Tests finden sich immer wieder Produkte, die durch schlechte Gebrauchseigenschaften oder mangelhafte Qualität auffallen. Oft ist festzustellen, dass unterhalb einer gewissen Preisgrenze die Qualität nachlässt und Produkte schneller verschleißen. Doch der Preis ist nur bedingt aussagekräftig: Teure Geräte sind nicht automatisch gut.
Umweltbundesamt: Studie zur Nutzungsdauer von Geräten
Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes hat untersucht, wie lange Elektro- und Elektronikgeräte in privaten Haushalten genutzt und aus welchen Gründen sie ausgetauscht werden. Die Studie zeigt, dass Geräte tendenziell früher ersetzt werden als noch im Jahr 2004.
Die Erst-Nutzungsdauer von Haushaltsgroßgeräten hat sich zwischen 2004 und 2012 insgesamt von 14,1 auf 13 Jahre verkürzt. Mehr als die Hälfte der Geräte wurde aufgrund eines Defekts ausgetauscht, allerdings trat dieser 2012 zu einem früheren Zeitpunkt auf als noch im Jahr 2004.
Flachbildfernseher wurden 2012 durchschnittlich schon nach 5,6 Jahren ersetzt. In 60 Prozent der Fälle war der Wunsch nach einem besseren Gerät ausschlaggebend für den Austausch. Bei Röhrenfernsehern lag die durchschnittliche Erstnutzungsdauer zwischen 2005 und 2012 noch bei zehn bis zwölf Jahren. Ausschlaggebend für den Austausch war in 60 Prozent der Fälle der Wunsch nach einem besseren Gerät.
Arten von Obsoleszenz:
Verschiedene Gründe können dazu führen, dass Produkte vorzeitig ausgetauscht werden. Entsprechend werden folgende Arten von Obsoleszenz unterschieden:
Werkstoffliche Obsoleszenz: Schwachstellen verkürzen Lebensdauer
Minderwertige Materialien oder Konstruktionsfehler können ein vorzeitiges Aus für Geräte bedeuten. Beispiele sind Bauweisen, die schnell zu Brüchen oder Überhitzung führen. Fest eingebaute Verschleißteile wie Akkus, verklebte Gehäuse oder fehlende Ersatzteile erschweren eine Reparatur oder machen sie ganz unmöglich.
Ökonomische Obsoleszenz: Neukauf finanziell attraktiver
Auch aus Kostengründen wird auf eine Instandhaltung und Instandsetzung vorhandener Geräte verzichtet. Gründe hierfür sind hohe Reparaturkosten und teure Ersatzteile auf der einen sowie niedrige Anschaffungskosten auf der anderen Seite. So kommt es, dass ein Neukauf aus finanzieller Sicht günstiger erscheint als die Weiternutzung vorhandener Geräte.
Funktionale Obsoleszenz: Alt und neu passen nicht zusammen
Technische Änderungen können dazu führen, dass sich vorhandene Geräte nicht mit neuen Produkten kombinieren lassen und somit unbrauchbar werden. Beispiele sind ein intaktes Ladegerät, das nicht ans neue Smartphone passt, oder ein Drucker, der nicht vom neuen PC betrieben wird. Die Verfügbarkeit von Software-Updates beeinflusst insbesondere die Gebrauchsdauer von PCs und Smartphones.
Psychologische Obsoleszenz: Kurzlebige Trends und Neuheiten
Ständig neue Modetrends und Technologien haben zur Folge, dass Produkte lange, bevor sie kaputt gehen, ausgetauscht werden. Insbesondere Geräte wie Mobiltelefone oder Fernseher unterliegen einem immer schnelleren Wechsel. Kommt ein neues Smartphone-Modell auf den Markt, gilt das vorhergehende als veraltet. Bei Fernsehgeräten verleiten zunehmend neue Technologien zum Neukauf.
Gegen Obsoleszenz: Lange Lebensdauer und Nutzung fördern
Die Ausstattung privater Haushalte mit Elektro- und Elektronikgeräten nimmt kontinuierlich zu, zugleich werden die zeitlichen Abstände, in denen sie ersetzt werden, immer kürzer. Eine schnelle Abfolge aus Kaufen, Entsorgen und erneut Kaufen kostet Geld und Ressourcen und erhöht das Aufkommen von Elektroschrott.
In den meisten Fällen ist das langlebigere Gerät das umweltfreundlichere (Artikel Ökobilanzen). Allein in einem Handy sind rund 60 verschiedene Materialien enthalten. Darunter finden sich kritische Rohstoffe wie Kobalt oder seltene Erden, die auf der Erde nur begrenzt vorhanden sind oder aus Konfliktregionen stammen. Zudem geht ihr Abbau oft mit beträchtlichen Belastungen für Mensch und Umwelt einher. Um diesem Aufwand gerecht zu werden, sollten Geräte möglichst lange genutzt werden.
Gesetzgeber: Vorgaben gegen schnellen Verschleiß
Gesetzliche Änderungen, die verbindliche Vorgaben zur Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Geräten vorschreiben, sollen helfen, geplanten Verschleiß zu begrenzen. So verpflichtet die Ökodesign-Verordnung seit März 2021 Hersteller dazu, für bestimmte Geräte, darunter Fernseher, Geschirrspüler, Waschmaschinen und Kühlschränke, je nach Produktgruppe für sieben bis zehn Jahre Ersatzteile und Reparaturanleitungen vorzuhalten. Diese Anforderungen gelten allerdings nicht für Geräte wie Smartphones oder die Verfügbarkeit von Software. In der Europäischen Union soll in Zukunft das Recht auf Reparatur gesetzlich geregelt werden.
Folgende Vorgaben sind für eine Verlängerung der Nutzungsdauer entscheidend:
- Mindestverfügbarkeit von Ersatzteilen und Software-Updates
- Recycling- und Demontagefähigkeit von Geräten
- Problemloser Wechsel von Einzelteilen
- Bessere Rahmenbedingungen und Änderungen der steuerlichen Vorgaben für Reparaturen
- Mindestlebensdauer bzw. Aussagepflicht über die vom Hersteller garantierte Lebensdauer
Neben gesetzlichen Vorgaben zur Verlängerung der Produktlebensdauer spielt das Einkaufs- und Nutzungsverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern eine wichtige Rolle.
Verbraucher/innen: Bewusst einkaufen, lange nutzen, fachgerecht entsorgen
Verbraucherinnen und Verbraucher können Ressourcen und Haushaltskasse schonen, indem sie hochwertige Geräte bevorzugen. Doch langlebige Produkte helfen wenig, wenn sie vorzeitig ausrangiert werden.
- Fragen Sie sich vor jedem Kauf: Brauche ich das Produkt wirklich? Wenn ja: Entspricht es meinen Bedürfnissen? Muss ich es neu kaufen?
- Leihen, teilen, gebraucht kaufen - nutzen Sie Alternativen zum Neukauf.
- Informieren Sie sich vorab z.B. mit Hilfe von Testberichten und Meldungen auf Internetforen.
- Beachten Sie Gütezeichen. Der Blaue Engel beispielsweise kennzeichnet langlebige und reparaturfreundliche Produkte.
- Achten Sie auf ein angemessenes Preis-Leistungsverhältnis. Extrem billige Waren gehen oft schneller kaputt.
- Prüfen Sie, ob sich Verschleißteile, wie z.B. Akkus oder LEDs, wechseln lassen.
- Achten Sie darauf, ob eine Reparatur möglich ist: Lässt sich ein Gerät öffnen? Wie lange sind Ersatzteileund Updates verfügbar?
- Beachten Sie die Gebrauchsanleitung und bewahren Sie diese zusammen mit dem Kassenzettel auf.
- Reklamieren Sie Mängel und signalisieren Sie dem Hersteller, dass Ihnen eine lange Lebensdauer wichtig ist.
- Lohnt sich eine Reparatur aus finanzieller Sicht nicht, bieten vielerorts nicht-kommerziell organisierte Initiativen oder Reparaturanleitungen aus dem Internet Hilfe.
- Geben Sie nicht mehr benötigte, intakte Geräte zur weiteren Nutzung ab. Sensible Daten z.B. auf Handy oder PC sollten Sie zuvor löschen.
- Nutzen Sie Entsorgungsmöglichkeiten an Wertstoffhöfen, beim Händler sowie spezielle Sammelaktionen.
Bildnachweis:
#84755826 Waschmaschinen, Fotolia.com
- Recht auf Reparatur
- Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz: Gebraucht kaufen und verkaufen, Nachhaltig konsumieren - Leihen, teilen, schenken
- Bundesregierung: Reparieren statt wegwerfen
- Europäische Kommission: Recht auf Reparatur: Kommission führt neue Verbraucherrechte für einfache und attraktive Reparaturen ein
- Europäisches Parlament: Recht auf Reparatur: Für Produkte, die langlebiger und reparierbar sind
- Umweltbundesamt (2015): Einfluss der Nutzungsdauer von Produkten auf ihre Umweltwirkung. Zwischenbericht: Analyse der Entwicklung der Lebens-, Nutzungs- und Verweildauer von ausgewählten Produktgruppen
- Umweltbundesamt (2017). Strategien gegen „Obsoleszenz“
- Hilfestellung bei der Reparatur: Reparatur-Initiativen, Repair-Cafes
- Umweltbundesamt (2021): Ökodesign & Energielabel
- Online-Anleitungen zur Reparatur, z.B. IFIXIT
- VerbraucherService Bayern: Gut leben mit nachhaltigem Konsum, Nachhaltige Produktpolitik für elektronische Geräte
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