Zero Waste: (Wie) ist ein Leben ohne Müll möglich?
Von: Maria Leidemann - VerbraucherService Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Was steckt hinter Zero Waste?
- Wie funktioniert Zero Waste?
- Zero Waste für Anfänger: Schritte hin zu weniger Müll
- Warum sich ein Einstieg lohnt: Müll in Zahlen
- Tipps für den Einstieg in ein Leben mit weniger Müll
- Zero-Waste-Cities: Müllvermeidung in Kommunen
- Zero Waste in Deutschland erst am Anfang
Was steckt hinter Zero Waste?
Zero Waste heißt wörtlich übersetzt „Null Abfall“. Dahinter steckt die Philosophie, durch verantwortungsvollen Konsum, Verzicht und Wiederverwendung Ressourcen zu schonen. Dabei soll Abfall idealerweise erst gar nicht entstehen. Der Konsum wird genauso in Frage gestellt, wie der eigene bisherige Lebensstil. Das funktioniert nicht ohne tiefgreifende Veränderungen im Alltag. Wer Zero Waste leben möchte, favorisiert einen Lebensstil, der sich in allen Lebensbereichen der Nachhaltigkeit verschrieben hat.
Wie funktioniert Zero Waste?
Die Umstellung auf ein müllarmes Leben geht nicht von heute auf morgen. Für den privaten Bereich existieren mittlerweile zahlreiche Blogs, Videos und Bücher, die Müllvermeidungsstrategien liefern. Als Pionierin der Bewegung gilt Béa Johnson aus den USA. Sie stellte seit 2007 ihre Familie Schritt für Schritt auf eine Minimalwirtschaft um. Mittlerweile passt der Jahres-Müll der Familie in ein Einmachglas. Sie fasst ihre Philosophie in 5 Worten zusammen
Refuse – verweigern (die Dinge, die du nicht brauchst)
Reduce – reduzieren (die Dinge, die du tatsächlich brauchst)
Reuse – wiederverwenden (die Dinge, die du benutzt)
Recycle – recyceln (nur die Dinge, die du nicht ablehnen, reduzieren oder wiederverwenden kannst)
Rot – verrotten (kompostiere den Rest deines Abfalls)
(Johnson, Béa: Zero Waste Home: The Ultimate Guide to Simplifying Your Life by Reducing Your Waste)
Die gebürtige Französin hält weltweit Vorträge, ist Bloggerin und Autorin und motiviert viele Menschen, den eigenen Lebensstil zu überdenken.
Zero Waste für Anfänger: Schritte hin zu weniger Müll
Mittlerweile ist Zero Waste ein Trend geworden. Den Wandel zu einer konsumkritischen Haltung beschreiben viele Zero-Waste-Anhänger als eine enorme Steigerung der Lebensqualität. So auch Shia Su, die bekannteste deutsche Vertreterin des Zero-Waste-Lebensstils. Sie ermuntert andere Menschen, klein anzufangen und ein bisschen Müll einzusparen. Denn nur durch die breite Masse gelingt Ressourcenschonung.
Im Grunde sind es viele kleine Einzelschritte: Eingekauft wird nur in selbst mitgebrachten Gefäßen und Beuteln. Obst und Gemüse kann mittlerweile problemlos im normalen Supermarkt verpackungsfrei erworben werden. Wurst und Käse bekommt man oft auch an der Supermarkt-Theke, dem örtlichen Metzger oder auf dem Wochenmarkt. Für Trockenprodukte wie Linsen, Nudeln oder Salz ist bereits ein Besuch in einem der mittlerweile zahlreichen Unverpackt-Läden möglich.
Viele Produkte lassen sich aber nicht verpackungsfrei einkaufen. Darum bedeutet die Umstellung auf Zero-Waste auch eine Umstellung des gesamten Lebensstils. Viele Produkte des täglichen Bedarfs stellen die Nachhaltigkeits-Pioniere darum selbst her. Beispiel hierfür sind Chips, Lippenbalsam oder Waschmittel. Aber auf einiges muss einfach verzichtet werden, wenn man Müll reduzieren will.
Warum sich ein Einstieg lohnt: Müll in Zahlen
Nach wie vor steigt die Menge der Haushaltsabfälle in Deutschland an. Und das bei gleichbleibender Menge der gesamten Siedlungsabfälle.
Laut Umweltbundesamt verursachte im Jahr 2019 jeder Bundesbürger 543 kg Haushaltsmüll. Das sind im Vergleich zum Jahr 2000 mit 458 kg/Einwohner pro Kopf 85 kg Haushaltsmüll mehr! Betrachtet man nur die Verpackungsabfälle ist auch hier ein deutlicher Anstieg von 15,1 Mio. t. im Jahr 2000 auf 18,9 Mio. t. 2019 im gesamten Bundesgebiet zu verzeichnen. Das sind rund 228 kg pro Kopf und damit liegt Deutschland deutlich über dem europäischen Mittelwert von 177 kg pro Einwohner.
Jede eingesparte Verpackung lohnt sich also! Aber wie gelingt der Einstieg?
Tipps für den Einstieg in ein Leben mit weniger Müll:
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Lassen Sie sich nicht entmutigen. Ein Leben gemäß der Zero-Waste-Philosophie erfordert viele kleine Schritte.
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Suchen Sie sich Gleichgesinnte. Gemeinsam gelingt der Einstieg besser. Regionalgruppen finden sich oft im Internet.
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Trinken Sie Leitungswasser.
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Vielleicht gibt es auch in Ihrer Nähe einen Unverpackt-Laden. Der Verband Unverpackt e.V. hat dazu eine Karte veröffentlicht.
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Ein Zero-Waste-Einkauf braucht etwas Planung. Nehmen Sie Beutel und Gefäße mit. So lassen sich Brot und Gemüse meist unverpackt einkaufen.
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Leihen, tauschen und gebraucht kaufen spart viele Ressourcen ein und schont den Geldbeutel.
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Fangen Sie in einem Bereich an, der Erfolg verspricht. Für Bad oder Küche gibt es mittlerweile schon viele verpackungsfreie Alternativen zu herkömmlichen Produkten wie Shampoo oder Spülschwamm auf dem Markt.
Zero-Waste-Cities: Müllvermeidung in Kommunen
Die Ursprünge der Zero-Waste-Bewegung liegen auf kommunaler Ebene. Bereits Anfang der 2000er Jahre nutzten Städte den Begriff im Bereich der Abfallwirtschaft. Vorreiter sind amerikanische Städte wie San Francisco, New York City oder Seattle. Das erklärte Ziel dieser Städte ist die Reduzierung des Restmülls. Dabei setzten sie an mehreren Punkten an, wie bereits an der Definition der „Zero Waste International Alliance" 2019 ersichtlich wird:
Zero Waste ist die Schonung aller Ressourcen durch verantwortungsbewusste Produktion, Verbrauch, Wiederverwendung und Verwertung von Produkten, Verpackungen und Materialien ohne Verbrennung und ohne umwelt- oder gesundheitsgefährdende Ableitungen in Boden, Wasser oder Luft.
Die Wirtschaft wird zu ressourcenschonender Produktion angehalten (Precycling) und die Kreislaufwirtschaft (Recycling) gefördert. Als wichtigstes Instrument gilt allerdings die Bürgerbeteiligung. Sonst kann Abfallvermeidung, gezielte Mülltrennung und Ressourcenschonung nicht gelingen. Das erste Zero-Waste-Konzept in Europa entwickelte 2007 Cannoli in der Toskana (Italien). Hier wehrten sich die Menschen gegen den Bau von Müllverbrennungsanlagen und die Kommune entwickelte Strategien, das Müllproblem ohne Verbrennung oder Deponierung zu lösen. Mittlerweile gibt es ca. 315 italienische Städte, die das Zertifikat „Zero-Waste-City“ vorweisen können.
Zero Waste in Deutschland erst am Anfang
Zero Waste als kommunales Ziel zu etablieren ist in Deutschland noch wenig verbreitet. Hierzulande wird Müll oftmals als energiewirtschaftliche Ressource angesehen. Die zahlreichen Abfallverbrennungsanlagen produzieren günstige Energie – aber nur, wenn genügend Müll verheizt werden kann. Das bedeutet einen Widerspruch zu Ansätzen der Müllvermeidung.
Dennoch gehen mittlerweile einige Städte einen anderen Weg. Kiel wurde 2021 als erste Zero-Waste-Stadt vom Verband Zero-Waste-Cities-Europe zertifiziert. München möchte durch sein 2021 veröffentlichtes Zero-Waste-Konzept bis zum Jahr 2035 den Haushaltsmüll pro Kopf um 15 Prozent reduzieren. Regensburg erarbeitet gerade eine Zero-Waste-Strategie. Es tut sich also auch in Deutschland etwas. Doch ohne bereitwillige Bürger wird es auch hierzulande nicht funktionieren. Ein Einstieg lohnt sich – für Klima und Umwelt und die eigene Lebensqualität.
Fotonachweis: Panthermedia
- Recht auf Reparatur
- Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Unverpackt-Läden: Was Verbraucher beachten sollten.
- Europäische Union: Die EU-Kunststoff-Strategie
- Dachverbrand Zero Waste Germany e.V..
- Zero Waste International Alliance
- Heinrich Böll Stiftung: Zero Waste
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