Kunststoffe im Alltag – Gründe für einen bewussten Umgang
Von: Stephanie Ertl - VerbraucherService Bayern im KDFB e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Hintergrund: Warum sind Kunststoffe ein Problem?
- Herstellung: Verbrauch endlicher Ressourcen
- Zusatzstoffe: Erwünschte Eigenschaften – unerwünschte Folgen
- Gesundheitsrisiko: Kunststoff nicht gleich Kunststoff
- Darauf sollten Sie beim Umgang mit Plastik achten
- Haltbarkeit als Problem: Plastikmüll in der Umwelt
- Mikroplastik: Gefahr durch kleinste Plastikteilchen
- Gegen Plastikmüll: Vermeiden, verwenden, verwerten
- Wegwerfprodukte meiden
- Gebrauchsdauer ausnutzen
- Produkte der Wiederverwertung zuführen
Hintergrund: Warum sind Kunststoffe ein Problem?
Ob Fernseher, Jacke, Zahnbürste oder Verpackung, Kunststoffe sind in allen Lebensbereichen zu finden. Mal hart, mal weich, elastisch oder fest - Kunststoffe können unterschiedliche Eigenschaften aufweisen und sind deshalb vielseitig einsetzbar. Im Vergleich zu anderen Materialien sind sie oft kostengünstig herzustellen.
Der Siegeszug von Plastik begann Mitte des 20. Jahrhunderts, mittlerweile werden weltweit fast 370 Millionen Tonnen pro Jahr produziert. Dieser umfassende Einsatz hat jedoch mittlerweile erkennbar gravierende Folgen für Mensch und Umwelt.
Herstellung: Verbrauch endlicher Ressourcen
Kunststoffe sind künstlich hergestellte Werkstoffe, die aus mehreren identischen Molekülen bestehen. Als Ausgangsstoff dienen insbesondere fossile Rohstoffe wie Erdöl oder Erdgas.
Als ökologische Alternative dazu wurden Biokunststoffe, auch Bioplastik genannt, entwickelt. Sie haben derzeit einen Marktanteil von etwa einem Prozent. Die Vorsilbe „Bio“ ist nicht gesetzlich definiert und steht für zwei unterschiedliche Eigenschaften:
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Für eine vollständige oder teilweise Herstellung aus nachwachsenden Rohstoffen, z.B. auf Stärkebasis aus Mais oder Kartoffeln.
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Für eine biologische Abbaubarkeit, erkennbar z.B. am Label „Keimling“.
Wichtig: Nicht jeder Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen ist biologisch abbaubar. Ebenso sind biologisch abbaubare Kunststoffe nicht immer biobasiert sondern können auch aus fossilen Rohstoffen hergestellt sein.
Ob biobasiert oder biologisch abbaubar: Biokunststoffe sind derzeit nicht automatisch umweltfreundlicher als konventionelles Plastik: Auch ihre Herstellung verbraucht endliche Ressourcen, zudem werden sie noch nicht getrennt erfasst und recycelt. Ihr Einsatz trägt außerdem nicht dazu bei, Plastikmüll zu reduzieren.
Mehr dazu beim Umweltbundesamt
Zusatzstoffe: Erwünschte Eigenschaften – unerwünschte Folgen
Damit Kunststoffe z.B. elastisch, UV-beständig oder schwer entflammbar sind, werden unterschiedliche Stoffe zugesetzt. Diese können sich aus dem Material lösen, in die Umwelt ‚entlassen‘ werden und in der Folge von Mensch und Tier aufgenommen werden.
Nach dem europäischen Chemikaliengesetz REACH werden „besonders besorgniserregende Stoffe“, d.h. solche mit krebserregenden, hormonartigen oder toxischen Eigenschaften, in der so genannten Kandidatenliste geführt. Verbraucher können sich vor einem Kauf darüber informieren, ob diese gesundheits- bzw. umweltschädlichen Chemikalien in einem Produkt enthalten sind. Eine Auskunftspflicht besteht für Alltagsprodukte wie z.B. Haushaltswaren, Textilien, Schuhe, Sportartikel, Möbel, Elektrogeräte oder Spielzeug.
Tipp: Nutzen Sie Ihr Auskunftsrecht. Erkundigen Sie sich im Geschäft oder mit Hilfe von Apps wie Scan4Chem und ToxFox über besonders besorgniserregende Stoffe (Link zum Umweltbundesamt)
Gesundheitsrisiko: Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff
Polyethylen, Silikon, Styropor etc. – die Zahl an Kunststoffen ist groß. Während der am meisten verwendete Kunststoff Polyethylen nach heutigem Wissensstand als gesundheitlich unbedenklich gilt, werden andere kritisch bewertet.
Polyvinylchlorid (PVC) beispielsweise ist ein spröder Kunststoff, der erst durch Zugabe von Weichmachern elastisch gemacht wird. Diese können sich aus dem Material lösen. Als Weichmacher eingesetzt werden häufig Phthalate. Aufgrund ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung gibt es für einige Vertreter dieser Stoffgruppe Einsatzbeschränkungen, z.B. für Babyartikel, Spielzeug und Lebensmittelverpackungen.
Ebenfalls kritisch betrachtet wird der Kunststoff Polycarbonat. Als Ausgangsmaterial dient die hormonell wirksame Substanz Bisphenol A (BPA). Der Stoff wirkt auf das Hormonsystem und wurde im Februar 2016 vom REACH-Regelungsausschuss als schädlich für die Fortpflanzung eingestuft. Für Babyflaschen ist Polycarbonat bereits seit 2011 EU-weit verboten.
Da es keine Kennzeichnungspflicht gibt, ist oft nicht erkennbar, um welchen Kunststoff es sich handelt. Rückschlüsse sind über den Recyclingcode möglich, der auf einigen Produkten zu finden ist. Einen Überblick über Kunststoffe und ihren Recyclingcode finden Sie hier: Recyclingcode: das bedeuten die Symbole auf Verpackungen
Darauf sollten Sie beim Umgang mit Plastik achten:
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Achten Sie auf Angaben zum Kunststoff auf dem Produkt, meiden Sie bedenkliche Materialien wie PVC (Recyclingcode 3).
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Beachten Sie Angaben und Symbole zur sachgemäßen Verwendung, wie z.B. lebensmittelecht oder mikrowellengeeignet.
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Meiden Sie stark riechende Produkte.
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Orientieren Sie sich an Gütezeichen.
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Testberichte von Stiftung Warentest und Ökotest können Hinweise geben. Diese legen allerdings teilweise selbst gewählte Testmethoden und Grenzwerte zugrunde.
Haltbarkeit als Problem: Plastikmüll in der Umwelt
Gelangen Kunststoffe in die Umwelt, wird ihre Haltbarkeit zum Problem: Die Zersetzung kann mehrere hundert Jahre dauern. In den Weltmeeren haben sich enorme Mengen an Plastikmüll angesammelt. Und es wird laufend mehr: Dem WWF zufolge landen bis zu 23 Millionen Tonnen Plastikmüll pro Jahr im Meer, das sind umgerechnet fast zwei LKW-Ladungen pro Minute. Bis 2040 wird sich die weltweite Plastikproduktion voraussichtlich mehr als verdoppeln und das Problem weiter verschärfen.
Die Folgen sind bereits heute gravierend: Seevögel und Meerestiere verletzen sich an spitzen Gegenständen oder verwechseln die Teile mit Nahrung und verhungern mit vollem Magen. Andere verenden, weil sie sich in Netzen und Schnüren verfangen. Der Großteil des Plastikmülls sinkt zum Meeresboden und richtet dort weitere Schäden an: Beispielsweise verhindert er auf Korallenriffen den lebensnotwendigen Lichteinfall.
Wichtig: Lassen Sie keinen Müll in der Umwelt zurück und setzen Sie Kunststoffe sparsam und gezielt ein.
Mikroplastik: Gefahr durch kleine Plastikteilchen
Kunststoffe finden sich in der Umwelt in unterschiedlichster Größe. Kunststoffteilchen kleiner 5 Millimeter bezeichnet man als Mikroplastik. Dieses entsteht in erster Linie sekundär durch Zerkleinerung von Kunststoffabfällen in der Umwelt. Auch bei der Nutzung von Produkten aus Kunststoff, z.B. Reifen oder Kleidung, können sich kleine Partikel lösen. Nach derzeitigen Erkenntnissen stellt sekundäres Mikroplastik die Haupteintragsquelle dar.
Daneben unterscheidet man primäres Mikroplastik, das gezielt Produkten, z.B. bestimmten Kosmetika und Körperpflegemitteln, zugesetzt wird. Hersteller in Deutschland haben sich freiwillig verpflichtet, bis spätestens 2020 kein Mikroplastik mehr zu verwenden, beschränken sich dabei jedoch meist auf Plastikteilchen in fester Form. Streitpunkte gibt es insbesondere bei gelartigen und flüssigen Kunststoffen, die beispielsweise als Filmbildner in Duschgelen für die gelartige Konsistenz oder als Trübungsmittel für die Optik sorgen. Aktuell gibt es keine allgemein anerkannte Definition des Begriffs „Mikroplastik“.
Einheitlich als Mikroplastik gelten feste Kunststoffteilchen kleiner fünf Millimeter.
Dagegen gibt es Unterschiede, was Untergrenze, Form und Löslichkeit angeht. Weiterführende Informationen hierzu in der Studie „Mikroplastik und synthetische Polymere in Kosmetikprodukten sowie Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln“.
Bereits heute gibt es in den Ozeanen teils deutlich mehr Mikroplastik als Plankton. Die Folgen:
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Wasserlebewesen nehmen anstelle von Nahrung kleinste Plastikteilchen auf: Mikroplastik wurde z.B. in Fischen, Muscheln und kleineren Organismen nachgewiesen.
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Chemikalien können sich beim Zerfall aus dem Material lösen und in die Umwelt gelangen.
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An der Oberfläche von Mikroplastik können sich Schadstoffe anlagern und in der Nahrungskette anreichern.
Auch in Böden und in der Luft sowie in Lebensmitteln und Organismen wurde Mikroplastik gefunden. Derzeit werden in Bayern zwei Forschungsprojekte bearbeitet: Das Bayerische Landesamt für Umwelt untersucht Eintragspfade, Vorkommen und Verteilung von Mikroplastik in bayerischen Gewässern, das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit führt Projekte zum Nachweis von Mikroplastik in Lebensmitteln durch.
Darüber hinaus laufen zahlreiche Studien zu möglichen Auswirkungen von Mikroplastik auf unterschiedliche Organismen. Mikroplastik ist nicht homogen: Es besteht aus verschiedenen Kunststoffarten, die in unterschiedlichen Größen und Konzentrationen vorliegen. Eine im Fachmagazin PNAS veröffentlichte Studie legt nahe, dass kleinste Plastikteilchen von mikrometrischer Größe Zellmembranen schädigen und Entzündungen hervorrufen können. Eine abschließende Risikobewertung von Mikroplastik ist derzeit nicht möglich.
Weitere Informationen zu Mikroplastik im VIS Beitrag Mikroplastik
Gegen Plastikmüll: Vermeiden, verwenden, verwerten
Etwa 145 Kilogramm Kunststoff verbrauchen wir in Deutschland durchschnittlich pro Kopf im Jahr, das sind rund 12 Kilogramm pro Monat. Mit rund 27 Prozent machen Verpackungen den größten Anteil aus. Verpackungen gehören zum täglichen Einkauf, doch veränderte Konsumgewohnheiten führen zu mehr Verpackungsmüll. Unser Einkaufsverhalten entscheidet.
Trotz Recycling gilt es, Einwegverpackungen zu vermeiden und Produkte aus Kunststoff lange zu verwenden. Rund 60 Prozent der Kunststoffverpackungen wurden laut Umweltbundesamt im Jahr 2020 werkstofflich verwertet. Echtes Recycling in der Form, dass aus Verpackungsmüll wieder neue Verpackungen hergestellt werden, findet allerdings kaum statt. Im Verpackungsbereich, dem mengenmäßig größtem Einsatzbereich für Kunststoffe, hatte Rezyklat im Jahr 2019 nur einen Anteil von rund 11 Prozent (Conversio Studie). Die Vermeidung von Plastikmüll steht deshalb immer an erster Stelle.
Wegwerfprodukte meiden
Insbesondere Produkte, wie Plastiktüten oder Verpackungen, die nur kurz genutzt werden, belasten die Umwelt und lassen sich oft durch langlebige Alternativen ersetzen.
So können Sie beim täglichen Einkauf Plastikmüll vermeiden:
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Nehmen Sie geeignete Taschen mit. Auch für den Kauf von Obst, Gemüse oder Brot können Sie mehrfach nutzbare Beutel verwenden.
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Wählen Sie frische, unverarbeitete Lebensmittel, ziehen Sie Fleisch, Wurst und Käse von der Theke in Kunststoffschalen abgepackter Ware vor.
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• Kaufen Sie möglichst lose Produkte, meiden Sie aufwändige Verpackungen. Im Vergleich zum einmal verwendeten Seifenspender benötigen Nachfüllpackungen für Flüssigseife nur rund ein Drittel der Verpackung. Unverpackt erhältlich sind beispielsweise feste Seifen für die Hand- oder Haarwäsche bzw. zum Duschen. Auch Reinigungsmittel sind inzwischen in Tablettenform erhältlich.
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Vermeiden Sie Produkte in Einzelportionen, z.B. Kaffeekapseln, Tabs oder Süßigkeiten.
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Verzichten Sie auf Einwegprodukte, nutzen Sie Mehrwegsysteme wie beispielsweise bei Getränken. Wer Leitungswasser trinkt, spart nicht nur Verpackungsmüll, sondern auch Zeit und Kosten.
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Ob zum Mitnehmen unterwegs oder zur Aufbewahrung zu Hause, nutzen Sie für Speisen und Getränke langlebige Behältnisse.
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Wechseln Sie Verschleißteile: Bei Zahnbürste, Rasierer oder Kugelschreiber muss nicht immer das gesamte Produkt erneuert werden. Einige Hersteller bieten Ersatzteile an.
Gebrauchsdauer ausnutzen
Tragetaschen, Brotzeitboxen und Getränkeflaschen haben eines gemeinsam: Je öfter sie genutzt werden, desto besser ist ihre Umweltbilanz. Dies gilt auch für Konsumgüter wie Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik oder Kleidung. Allerdings geht der Trend hin zu einer kürzeren Nutzungsdauer.
Verbraucher können selbst einiges tun, um vorzeitiges Wegwerfen zu vermeiden:
- Fragen Sie sich vor einem Kauf: Brauche ich das Produkt wirklich? Muss ich es neu kaufen?
- Wählen Sie hochwertige Produkte, informieren Sie sich vorab.
- Geben Sie intakte Produkte zur weiteren Nutzung ab. Sensible Daten auf Handy oder PC sollten Sie zuvor löschen.
Produkte der Wiederverwertung zuführen
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Kunststoffe finden sich in vielen Produkten. Die getrennte Sammlung und richtige Entsorgung tragen dazu bei, dass enthaltene Ressourcen wieder genutzt werden können. Verpackungen gehören je nach Gemeinde in den Gelben Sack / die Gelbe Tonne bzw. sind am Wertstoffhof abzugeben. An Wertstoffhöfen werden auch bestimmte Alltagsgegenstände aus Kunststoff wie CDs, DVDs oder Druckerpatronen angenommen.
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Elektrogeräte dürfen nicht über den Restmüll entsorgt werden: Sie können an kommunalen Sammelstellen bzw. unter bestimmten Bedingungen in Geschäften abgegeben werden. Ab einer Verkaufsfläche von 400 m² sind Händler verpflichtet, bei Neukauf Altgeräte der gleichen Geräteart kostenlos zurückzunehmen, Kleingeräte mit einer Abmessung unter 25 Zentimeter können Sie auch ohne Neukauf in haushaltsüblicher Menge abgeben. Auch blinkende Schuhe oder leuchtende Spielsachen gelten als Elektroschrott. Weitere Informationen beim Umweltbundesamt.
Bildnachweis:
123780524 Müllberg mit Plastik
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