Mikroplastik in der Umwelt, in Lebensmitteln und Produkten
In diesem Beitrag finden Sie
- Was ist Mikroplastik?
- Warum gibt es Mikroplastik?
- Vorkommen von Mikroplastik
- Forschung in Bayern
- Was kann der Verbraucher tun?
Was ist Mikroplastik?
Der Begriff Mikroplastik wird für kleine Kunststoffpartikel unterschiedlicher Herkunft, Größe und chemischer Zusammensetzung verwendet. Es sind Plastikpartikel, die kleiner als 5 Millimeter sind. Durch immer stärkeren Zerfall sind sie jedoch meist nur ein tausendstel Millimeter (1 µm) groß und mit bloßem Auge nicht erkennbar. Allen Mikroplastikpartikeln ist gemein, dass sie sehr lange in der Umwelt verbleiben: Fachleute gehen je nach chemischer Zusammensetzung von Abbauzeiten bis zu 2 000 Jahren aus.
In der öffentlichen Diskussion zum Thema Mikroplastik wird häufig auch Reifenabrieb als eine der Hauptquellen für Mikroplastik genannt. Im Gegensatz zu Mikroplastik, das aus definierten Polymeren wie beispielsweise Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) oder Polyvinylchlorid (PVC) besteht, unterscheidet sich Reifenabrieb in seinen Eigenschaften wesentlich von diesen Kunststoffpartikeln, da Reifenabriebpartikel nicht aus einem einzigen Material bestehen, sondern um eine Mischung aus Reifenteilchen, Straßenabrieb und Straßenstaub.
Warum gibt es Mikroplastik?
Mikroplastik kann in Form von kunststoffbasierten Granulaten oder Pellets gezielt industriell hergestellt werden. Man spricht dann von primärem Mikroplastik. Es wird z. B. in industriellen Sandstrahlern, Reinigungsmitteln oder auch in kosmetischen Produkten wie Make-up verwendet.
Sekundäres Mikroplastik entsteht durch chemische und physikalische Alterungs- und Zerfallsprozesse aus achtlos weggeworfenen Verpackungen, Kanistern, Plastiktüten oder Plastikflaschen. Weltweit werden jährlich über 300 Mio. Tonnen Kunststoffe hergestellt, 2019 allein in Deutschland 18,2 Mio. Tonnen, von denen wiederum rund 35 % als Verpackungen, z. B. Plastiktüten oder PET-Flaschen, verwendet wurden. Studien haben ergeben, dass die unsachgemäße Entsorgung von Kunststoffabfällen durch Wegwerfen („littering“) und der anschließende Zerfall in kleine Mikropartikel eine der Haupteintragsquellen von Mikroplastik in die Umwelt darstellt.
Vorkommen von Mikroplastik
Die Verschmutzung der Weltmeere durch Kunststoffmüll ist seit Langem bekannt und vergleichsweise gut dokumentiert. Kunststoffe werden aufgrund ihrer Materialeigenschaften in der Umwelt nicht bzw. nur sehr langsam abgebaut und weisen deshalb eine sehr hohe Beständigkeit auf. Auch weil die Flüsse als eine der Haupteintragsquellen von Kunststoffen in die Weltmeere gilt, richtet sich das Augenmerk immer stärker auf das Thema „Mikroplastik in Binnengewässern“.
Kunststoffprodukte sind vielfältig einsetzbar. Sie sind leicht, stabil, korrosionsbeständig und besitzen hervorragende isolierende Eigenschaften. Aufgrund dieser Charakteristika gibt es zwischenzeitlich eine Vielzahl unterschiedlicher Kunststoffprodukte. Zumindest in den mitteleuropäischen Staaten wird ein großer Teil des Kunststoffs recycelt oder umweltfreundlich entsorgt. Dennoch gelangen durch unsachgemäße Handhabung oder Entsorgung Kunststoffe in die Umwelt und können dort aufgrund ihrer geringen Abbaubarkeit lange Zeit verbleiben. Neben dieser „Vermüllung“ gelten u. a. folgende weitere Quellen als Eintragspfade von Mikroplastikpartikeln in die Umwelt:
-
Reifenabrieb
-
Freisetzungen auf Baustellen, z. B. bei Abbrucharbeiten, Schnittverlusten von Dämmmaterialien
-
Abrieb von Farben und Lacken, z. B. von Fassaden und Schiffen
-
Pelletverluste der Industrie, die im Zusammenhang mit Produktion, Vertrieb, Lagerung, Transport und Verwendung von Kunststoffgranulaten auftreten
-
Austräge der in vielen Kunstrasen enthaltenen Füllstoffe aus Kunststoffen (SBR = Styrol-Butadien-Kautschuk, TPE = Thermoplastische Elastomere, EPDM = Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuke)
-
Klärschlamm, sofern er landwirtschaftlich verwertet wird
Beim Waschen von kunststoffhaltigen Textilien wie z. B. Fleece-Kleidungsstücken aus Polyester oder Polyacryl lösen sich Mikrofasern und gelangen über das Abwasser zur Kläranlage. Dort werden Mikroplastikpartikel bei dem in Deutschland üblichen dreistufigen Reinigungsprozess zu mehr als 99 % zurückgehalten. So wird ihr Eintrag in die Gewässer weitestgehend vermieden.
In landwirtschaftlich genutzte Böden gelangt Plastik auch direkt über Folien und über landwirtschaftlich verwerteten Klärschlamm.
Ausgangspunkt der bisher durchgeführten Untersuchungen zum Verbleib des Plastikmülls in der Umwelt waren die marinen Ökosysteme (Meere). Dabei wurde festgestellt, dass die Meeresumwelt mit enormen Mengen von Makro- und Mikroplastikmüll belastet ist - mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die belebte Umwelt.
Die Tatsache, dass Mikroplastik ubiquitär in Gewässern vorhanden ist und auch von Gewässerorganismen aufgenommen wird, erlaubt noch keine Aussage darüber, in wieweit die in den Gewässern nachgewiesenen Mikroplastik-Konzentrationen zu einer Beeinträchtigung der aquatischen Lebewesen führen können. Inzwischen wurden und werden dazu vielfältige Untersuchungen durchgeführt über Herkunft, Verbleib und Auswirkungen von Mikroplastik sowohl in Binnengewässern wie auch in den Ozeanen.
In den letzten Jahren wurden mehrere Untersuchungsergebnisse veröffentlicht, wonach auch Lebensmittel wie Honig oder Getränke wie Bier und Mineralwasser mit Mikroplastikpartikeln verunreinigt sein sollen. Für diese Verunreinigungen sind verschiedene Eintragswege denkbar, zum Beispiel der Eintrag über die Umwelt, die Luft oder die Verwendung von Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff.
Forschung in Bayern
Da für Bayern keine gesicherten Aussagen über Wege und Umfang einer vermuteten Belastung von Gewässern, Lebensmitteln oder Trinkwasser mit Kunststoff-Mikropartikeln getroffen werden konnten, hat das Bayerische Umwelt- und Verbraucherschutzministerium ab 2014 Forschungsprojekte in Auftrag gegeben, um Klarheit über mögliche Gefahren für die Umwelt und die Gesundheit von Menschen und Tieren zu schaffen.
Ziel der am Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) initiierten Forschungsprojekte ist neben einer Optimierung und Standardisierung der Probenahme und Nachweisverfahren die Ermittlung der Mikroplastikbelastung in Bayern. Auch mögliche Auswirkungen von Mikroplastik auf Gewässerorganismen wie Fische und Muscheln in werden in die Programme einbezogen und umfangreiche medizinisch-toxikologische Untersuchungen durchgeführt.
Wegen der großen Relevanz und gleichzeitig der Unkenntnis der Zusammenhänge zwischen dem Vorkommen von Mikroplastik und seine Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für den Forschungsschwerpunkt „Plastik in der Umwelt – Quellen, Senken, Lösungsansätze“ zwischen 2017 und 2021 insgesamt 35 Mio. € bereitgestellt. Bayern hat sich an zwei der 18 Verbundprojekte beteiligt.
Mikroplastik in bayerischen Flüssen
Die Ergebnisse des abgeschlossenen mehrjährigen Forschungsprojekts des Bayer. Landesamtes für Umwelt (LfU) zeigen eine ubiquitäre (überall verbreitete) Präsenz dieser kleinen Kunststoffpartikel in der Umwelt. In Mehrzahl handelt es sich um sogenanntes sekundäres Mikroplastik, da ein Großteil der analysierten Partikel in Form von Kleinstteilchen vorlag, die durch den Zerfall größerer Plastikteile, wie zum Beispiel achtlos am Ufer zurückgelassenem Plastikmüll, entstehen. Primäres Mikroplastik, wie zum Beispiel Kunststoffbeads aus kosmetischen Produkten, liefern dagegen keinen nennenswerten Beitrag zum Vorkommen von Mikroplastik in bayerischen Gewässern.
Mikroplastik in bayerischen Seen
Bei Untersuchungen bayerischer Seen wurden in allen Gewässerkompartimenten Mikroplastikpartikel nachgewiesen, allerdings in unterschiedlicher Häufigkeit. Die Mikroplastikkonzentrationen waren in den Wasserproben insgesamt gering, die Sedimentproben wiesen deutlich höhere Mikroplastikkonzentrationen auf, vor allem im Ufersediment der (Bade-)Seen. Auch hier lag die überwiegende Mehrzahl der Partikel in Form von Fragmenten, d. h. als sekundäres Mikroplastik aus dem Zerfall von Plastikabfällen vor.
Untersuchungen über mögliche Auswirkungen von Mikroplastik auf Gewässerorganismen
Für eine realistische Umweltbewertung ist entscheidend, ob eine Aufnahme von Mikroplastik tatsächlich direkte, negative Auswirkungen auf Gewässerorganismen zur Folge hat oder oral aufgenommene Partikel wieder ausgeschieden werden.
Die Untersuchungen von Fischen erfolgten unter standardisierten Laborbedingungen in Aquarien. Den Tieren wurde unter kontrollierten Bedingungen Fischfutter mit einem Anteil von 10 % PVC verabreicht. Die PVC-Konzentration lag damit sehr deutlich über den bisher in der Wasserphase von Fließgewässern und Seen nachgewiesenen PVC-Konzentrationen. Unter den gegebenen Versuchsbedingungen waren keine schwerwiegenden Veränderungen zu beobachten.
Für die Untersuchungen von Muscheln wurden Studien sowohl im Freiland als auch im Labor durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass Muscheln über die Nahrung Mikroplastikpartikel aufnehmen und diese auch wieder abgeben können. Die Auswirkungen auf den Stoffwechsel der Muscheln sind dabei nach bisherigem Kenntnisstand gering.
Auch wenn nun punktuelle Ergebnisse zu Auswirkungen von Mikroplastik auf Biota vorliegen, ist die aktuelle Datenlage noch nicht ausreichend, um eine abschließende Risikobewertung der in bayerischen Gewässern ermittelten Konzentrationen von Mikroplastik durchzuführen. Entsprechende Untersuchungen am LfU sind geplant – wiederum gefördert durch das Bayerische Umweltministerium.
Mehr Informationen beim Bayerischen Landesamt für Umwelt
Mikroplastik in Lebensmitteln
Die veröffentlichten Untersuchungen zur Belastung von Getränken und Lebensmitteln mit Mikroplastik (u.a. die Veröffentlichungen über Mineralwasser, Bier und Honig) basieren vielfach auf einfachen mikroskopischen Untersuchungen und liefern keine Aussage, ob und gegebenenfalls um welche Kunststoffe es sich handelt. Um jedoch zu gesicherten Aussagen darüber zu kommen, ob und in welchem Umfang Lebensmittel oder das Trinkwasser mit Mikroplastikpartikeln verunreinigt sind, muss eine geeignete Nachweismethode verwendet werden.
Aus diesem Grund wurden ebenfalls vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz ab Herbst 2014 Forschungsprojekte für den Nachweis von Mikroplastik in Lebensmitteln am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) initiiert.
Im Rahmen der Projekte hat sich herausgestellt, dass die Analyse von Mikroplastik in Lebensmitteln komplex und herausfordernd ist. Um verlässliche und vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, ist die Entwicklung von standardisierten Methoden, d.h. allgemein anerkannten und geprüften Methoden, erforderlich. Sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene finden hierzu Forschungsaktivitäten unter Mitwirkung des LGL statt.
Nach derzeitigem Stand des Wissens geht das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) davon aus, dass von Mikroplastik in Lebensmitteln wahrscheinlich keine gesundheitlichen Risiken für den Menschen ausgehen.
2021 wurden zudem auf EU-Initiative mehrere europäische Forschungsprojekte (Forschungscluster CUSP) initiiert, um weitere Erkenntnisse zu Mikropartikeln sowie deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu erhalten.
Mehr Informationen beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Was kann der Verbraucher tun?
-
Sorgfältiger Umgang mit Kunststoffprodukten, z. B. auf Plastiktüten verzichten und stattdessen eine Einkaufstasche mit in den Supermarkt nehmen
-
Kein achtloses Wegwerfen von Müll, auch nicht von Zigarettenkippen, deren Filter ebenfalls Kunststoffe enthalten
-
Ordnungsgemäße Entsorgung von Plastikabfällen in der Wertstofftonne oder den gelben Sack
-
Beim Einkauf nach Möglichkeit auf kunststoffhaltige Verpackungen und Einwegprodukte verzichten
-
Verzicht auf Kosmetik und sonstige Produkte, die Mikroplastik enthalten.
Umwelt- und Verbraucherverbände informieren darüber, welche Produkte betroffen sind (z. B. Produkte, die Mikroplastik enthalten). Die internationale Kampagne "Beat the Microbead" stellt eine kostenlose App für Smartphones zur Verfügung. Anhand der Inhaltsstoffe prüft die App, ob Produkte Plastikteilchen enthalten. -
Reifenschonendes Fahren: Achten Sie auf den richtigen Reifendruck und fahren Sie vorausschauend, um Bremsvorgänge zu sparen, bei denen ein verstärkter Reifenabrieb erfolgt.
- Bayerisches Landesamt für Umwelt: Mikroplastik
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel: Mikroplastik
- Bundesministerium für Bildung und Forschung: Plastik in der Umwelt - Quellen, Senken, Lösungsansätze
- Bundesamt für Risikobewertung: Mikroplastik: Fakten, Forschung und offene Fragen - BfR
- Bundesamt für Risikobewertung: BfR2GO, Ausgabe 2/2019, Schwerpunkt: Mikroplastik in Lebensmitteln, "Kleine Teile - große Wirkung?"
- Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/
- EU-Forschungsprojekte: https://cusp-research.eu/
Weitere Themen
- Kunststoffe im Alltag – Gründe für einen bewussten Umgang
- Kleidung aus aller Welt – fair für alle?
- Wasser im Einkaufskorb – wassersparend einkaufen
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
Alle Artikel zum Thema
Müll & Verpackung
- Obsoleszenz – geplanter Verschleiß bei Geräten?
- Getränkeverpackungen - Umweltbelastungen reduzieren
- Kunststoffe im Alltag
- Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff
- Lebensmittel wegwerfen, das muss nicht sein
- Entsorgung von gefährlichen Stoffen
- Der Abfallratgeber Bayern
- Mikroplastik in der Umwelt, in Lebensmitteln und Produkten
- Zero Waste