Rechtschutzversicherung: Wissenswertes und Alternativen
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie:
- Was umfasst die Rechtsschutzversicherung?
- Wer braucht eine Rechtsschutzversicherung?
- Welche Kosten werden übernommen?
- Was ist beim Vertragsabschluss zu beachten?
- Welche Alternativen gibt es?
Was umfasst die Rechtsschutzversicherung?
Ein modularer Aufbau prägt die Rechtsschutzversicherung. So gibt es Rechtsschutzbausteine, die je nach individuellem Bedarf in den Vertrag aufgenommen und kombiniert werden können. Folgende Formen des Versicherungsschutzes gibt es, die für den Verbraucher relevant sein können:
Privat- und Berufsrechtsschutz für Arbeitnehmer und Selbständige
Deckungszusage wird hier erteilt bei Vertragsstreitigkeiten, Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen, bei arbeits- und sozialrechtlichen sowie steuerrechtlichen Streitigkeiten vor Gericht. Die Versicherung soll außerdem einspringen bei Bußgeld- und nichtverkehrsrechtlichen Strafverfahren.
Versicherungsschutz haben hier neben dem Versicherungsnehmer und seinem Ehepartner oder Lebensgefährten auch die minderjährigen Kinder sowie die volljährigen, unverheirateten, nicht berufstätigen Kinder bis zum 25. Lebensjahr. Je nachdem, ob man abhängig beschäftigt oder selbständig ist, genießt man Berufsrechtsschutz.
Kein Rechtsschutz besteht bei vorsätzlich begangenen Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten oder auch zur Abwehr von Schadensersatzansprüchen. Auch der Rechtsstreit um den Mietvertrag, um die Baufinanzierung oder im Familien- und Erbrecht sind regelmäßig nicht versichert.
Verkehrsrechtsschutz
Hier tritt die Versicherung bei Bußgeld- und Strafverfahren im Straßenverkehr oder entsprechenden Steuerstreitigkeiten (z.B. Kfz-Steuer) ein. Sie kann ebenfalls bei Streit um den Kfz-Kaufvertrag oder die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen als geschädigter Mitfahrer eingeschaltet werden.
Versicherungsschutz besteht für den Versicherungsnehmer als Halter, Eigentümer, Fahrer oder Insasse aller auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeuge, außerdem als Mieter eines Mietwagens, Fahrer fremder Fahrzeuge, Fußgänger, Radfahrer und Fahrgast im öffentlichen Personennahverkehr. Ausgeschlossen sind z.B. vorsätzlich begangene Straftaten, Halte- und Parkverbotsverstöße sowie die Abwehr von Schadensersatzansprüchen.
Eigentümer- und Mietrechtsschutz
Versichert sind Streitigkeiten aus dem Miet- und Grundeigentümerrecht sowie Steuerrecht im Zusammenhang mit einem Grundstück oder einer Wohnung.Schutz genießt der Versicherungsnehmer als Mieter, Pächter, Nutzungsberechtigter, Eigentümer, Vermieter oder Verpächter. Ausgeschlossen sind z.B. Rechtsangelegenheiten rund um Kauf oder Verkauf, Planung, Bau oder bauliche Änderung eines Grundstücks, Hauses oder einer Eigentumswohnung.
Wer braucht eine Rechtschutzversicherung?
Eine Rechtsschutzversicherung kann sinnvoll sein, ist aber anders als die Privathaftpflichtversicherung kein Muss. Es geht darum seinen konkreten Versicherungsbedarf abzudecken. So wird für jemanden, der in einer unsicheren Branche arbeitet, ein Berufsrechtsschutz sinnvoll sein. Wer überdurchschnittlich viel im Straßenverkehr unterwegs ist, sollte sich nach einem passenden Verkehrsrechtsschutz umsehen. Und wer einen schwierigen Vermieter oder Mieter hat, ist mit einem Mietrechtsschutz gut beraten.
Die zunehmende Zahl an Streitfällen und somit Leistungsfällen für die Rechtsschutzversicherer haben aber dazu geführt, dass bestimmte Rechtsgebiete vom Versicherungsschutz ausgeschlossen wurden. So ist es mitunter für die Bereiche Familien- und Erbrecht sowie Kapitalanlagerecht schwer, den gewünschten Versicherungsschutz zu bekommen.
Welche Kosten werden übernommen?
Der Versicherer verpflichtet sich dafür Sorge zu tragen, dass der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Interessen vertragsgemäß wahrnehmen kann. Dazu muss er für alle erforderlichen Kosten aufkommen. Dazu zählen vor allem die gesetzlichen Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren sowie Kosten für Zeugen, Sachverständige und Gerichtsvollzieher bis zur vereinbarten Versicherungssumme.
Was ist beim Vertragsabschluss zu beachten?
Vertrag ist nicht gleich Vertrag. Dies gilt auch für die Rechtsschutzversicherung. Hier sollte man vor Abschluss den genauen Versicherungsbedarf geklärt und das Für und Wider der konkreten Absicherung abgewogen haben. Denn die Rechtsschutzversicherung ist nicht für jedermann gleich wichtig. Wer sich aber dafür entscheidet, sollte diese Punkte beachten:
Freie Anwaltswahl
Der Versicherte wählt selbst den Rechtsanwalt seines Vertrauens aus. Teilweise bieten Versicherungen eine telefonische Anwaltsberatung an. Als zusätzliche Leistung ist dies sinnvoll, sollte aber nicht verpflichtend sein, da sonst die Wahlfreiheit beschränkt wird.
Wartezeit: 3 Monate bis der Versicherungsschutz greift
Wer eine Rechtsschutzversicherung abschließt, muss sich teilweise auf Wartezeiten von 3 Monaten und mehr - beispielsweise im Berufsrechtschutz- oder Eigentümer- und Mietrechtsschutz - einrichten, bis er einen Rechtsschutzfall geltend machen kann. Wenn es also schon zu einem Streitfall gekommen ist, kommt der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung dafür zu spät.
Schadenursache vor Vertragsschluss: Wann zahlt die Versicherung?
Jedem Leistungsfall gehen ein Schaden und dessen Ursache voraus. Wann aber leistet die Versicherung, wenn die Schadenursache schon lange vor dem Rechtsschutzvertrag bestanden hat?
Beispiel: Herr K kauft 2018 einen Fahrradhelm. Dieser ist aufgrund eines Produktionsfehlers unentdeckt mangelbehaftet. Bei einem Unfall 2020 zerbricht der Helm aufgrund des Fehlers und Herr K erleidet infolgedessen ein schweres Schädelhirntrauma. Er will Ansprüche aus Produkthaftung gegen den Hersteller geltend machen und ruft bei seiner 2019 abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung an.
Nach der Verstoßtheorie gewährt der Versicherer nur dann Rechtsschutz, wenn sowohl der Schaden als auch seine Ursache nach Abschluss des Rechtsschutzvertrages liegen. In diesem Fall würde K keine Deckungszusage erhalten, weil die Ursache (Produktfehler) vor Abschluss des Rechtsschutzvertrages bestand.
Nach der Folgeereignistheorie genügt es, wenn der Rechtsschutzvertrag zum Zeitpunkt des Schadenseintritts bestand. Hier kann M eine Deckungszusage erwarten.
Welche Alternativen zur Rechtschutzversicherung gibt es?
Alternativ zur Rechtsschutzversicherung kann man auch durch Mitgliedschaften in Gewerkschaft, Mieter-, oder Vermietervereinigungen sowie Autoclubs spezielle Rechtsschutzangebote nutzen, die gegenüber einer Vollversicherung ausreichen können.
Bei hohen Streitwerten oder bedingungsgemäßer Ablehnung des Rechtsschutzversicherers bieten so genannte Prozessfinanzierer ihre Leistungen an. Diese übernehmen die Prozessführung und tragen die Kosten, wenn eine Mindestklagesumme erreicht ist und gute Erfolgsaussichten in der Sache bestehen. Nur für einen gewonnenen Prozess wird der Finanzierer über die Erfolgsvergütung aus der eingeklagten Summe entlohnt. Wer sich für ein solches Modell entscheidet, sollte sich erkundigen wie der Prozessfinanzierer im Insolvenzfall abgesichert ist. Gehört dieser zu einem Versicherungskonzern, ist das Insolvenzrisiko zumindest als geringer einzustufen.
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