Kreditvergabe: Zu alt für Darlehen?
Von: Judit Maertsch - Verbraucherservice Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Bonitäts- und Kreditwürdigkeitsprüfung: Der Einzelfall ist entscheidend
- Immobilien und Versicherungen: Welche Sicherheiten zählen für einen Kredit?
- Darlehenszinsen: Wie finden Ältere günstige Konditionen?
- Restschuldversicherung: Alternativen prüfen
- Immobilien-Rente: Umkehrhypothek und lebenslanges Wohnrecht
- Wehren Sie sich gegen Altersdiskriminierung!
Bonitäts- und Kreditwürdigkeitsprüfung: Der Einzelfall ist entscheidend
Ob ein Kredit gewährt wird oder nicht, unterliegt stets einer Einzelfallentscheidung. Daran ändert auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz nichts, wonach eine Benachteiligung aus Gründen des Alters unzulässig ist. Bevor Banken und Sparkassen ein Darlehen gewähren, prüfen sie die Bonität und die vorhandenen Sicherheiten des Antragstellers. Danach entscheiden sie, ob der Kunde als kreditwürdig einzustufen ist oder nicht.
Laut der Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung (ImmoKWPLV) vom 24. April 2018 gilt: „Der Umfang der Prüfung der zu berücksichtigenden Faktoren und der hierfür einzuholenden Informationen sowie die anzuwendenden Verfahren richten sich nach dem jeweiligen Einzelfall. Auch wenn der Darlehensgeber standardisierte Vorgaben für die Kreditwürdigkeitsprüfung anwendet, kann er von diesen abweichen und auf die besonderen Umstände des Einzelfalles abstellen.“
Durch die Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie 2014/17/EU im März 2016 wurden die Anforderungen im Bonitäts- und Kreditwürdigkeitsprüfungsprozess deutlich verschärft und zum Teil intransparenter. Die ImmoKWPLV entschärft diese Praxis nur geringfügig. Einen Immobiliar-oder Verbraucherdarlehensvertrag schließen die Banken mit dem Verbraucher nur ab, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung klar hervorgeht, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen in der Zukunft vertragsgemäß nachkommen wird.
Die Banken berücksichtigen bei der Beurteilung der Bonität im Wesentlichen nur das aktuelle und zukünftig nachweisbare Einkommen. Mieteinnahmen werden beispielsweise nur dann angerechnet, wenn die Bank diese als „wahrscheinlich und nachhaltig“ einstuft. Mieteinnahmensteigerungen werden dagegen grundsätzlich nicht berücksichtigt. Zukünftige negativen „Ereignisse“ wie geringeres Einkommen nach Renteneintritt, Folgen einer anstehenden Scheidung oder Arbeitslosigkeit sowie bestehender Berufsunfähigkeit belasten die kalkulierte Bonität. Nicht selten werden daher auch zusätzliche selbstschuldnerische Bürgschaften oder der Beitritt als Gesamtschuldner von kreditwürdigen Drittpersonen verlangt.
Immobilien und Versicherungen: Welche Sicherheiten zählen für einen Kredit?
Ein weiterer, bei der Kreditwürdigkeit zu berücksichtigende Faktor ist die Qualität der Sicherheiten für das Darlehen. Wenn am Ende der Vertragslaufzeit Restschulden bestehen bleiben und nicht aus eigenen Mitteln abgelöst werden können, zählen der Wert der Immobilie oder anderer Sicherheiten nur bedingt. Die Kreditwürdigkeitsprüfung erstreckt sich nun auch auf einen künftigen Anschlussdarlehensvertrages für das verbleibenden Rest-Darlehenssaldo.
Viele Banken drängen auf eine hohe Tilgung oder vollständige Rückzahlung des Darlehens bis zum Renteneintritt. Ältere Menschen erhalten trotz entsprechender Sicherheiten oft keinen Kredit, wenn es unwahrscheinlich ist, dass dieser zu Lebzeiten bzw. innerhalb der statistischen Lebenserwartung vertragsgemäß getilgt wird. Wenn der Wert der angebotenen Sicherheiten, wie Immobilien, Versicherungen o. ä. die Kreditsumme übersteigt, darf das Darlehen allerdings gewährt werden. Bei Renovierungsdarlehen kann der Immobilienwertzuwachs bei den Sicherheiten angerechnet werden.
Es bleibt jedoch problematisch, dass es für die Wertermittlung der Sicherheiten keine verbindlichen Vorgaben gibt. Ebenfalls fehlt bisher eine umfassende Regelung, ein „Handbuch" für die Bonität- und Kreditwürdigkeitsprüfung. Die Banken haben ihre eigenen Richtlinien bzgl. älterer Darlehensnehmer, die jedoch nicht transparent genug sind.
Darlehenszinsen: Wie finden Ältere günstige Konditionen?
Die Darlehenszinsen variieren in Abhängigkeit der angebotenen Sicherheiten und ermittelten Bonität der Darlehensnehmer erheblich. Durch Zusatzsicherheiten wie Risikolebensversicherung oder Abtretung Sparbücher, Fondsanteile o.ä. bekommen auch ältere Darlehensnehmer günstige Konditionen.
Tipp: Kreditvermittler können ältere Darlehensnehmer sehr effizient unterstützen. Anders als Vergleichsportale, die nur die Darlehenszinsen vergleichen, führen Kreditvermittler Kreditsuchende und Kreditgeber zusammen. Diese Vermittler finden unter den Angeboten ihrer mehreren hundert Partnerbanken, sonstiger Geldinstitute wie Versicherungen selbst für schwierige Fälle eine Lösung und attraktive Konditionen. Die Kreditvergabe erfolgt dann direkt durch die Partner-Geldinstitute.
Restschuldversicherung: Alternativen prüfen
Viele Darlehensgeber verlangen - trotz ausreichender Sicherheiten - den Abschluss einer Restschuldversicherung oder bieten sie sogar zum Kreditvertrag selber an. Diese spezielle Risikolebensversicherung sichert die noch ausstehenden Darlehensverpflichtungen ab, falls der Kreditnehmer stirbt.
Der Abschluss einer Restschuldversicherung in Kombination mit einem Kreditvertrag ist nur in Ausnahmefällen verpflichtend. Bei bonitätsschwachen Kreditnehmern werden höhere Darlehenszinsen verlangt, wenn keine Restschuldversicherung abgeschlossen wird oder die Bank gewährt in so einem Fall keinen Kredit.
Nach wie vor dürfen Kreditvergabe und der Restschuldversicherungsabschluss gekoppelt werden. Die Versicherung wird mitfinanziert, die Versicherungsprämien werden zusätzlich durch die Darlehenszinsen verteuert. Kreditnehmer sollten immer sorgfältig prüfen, ob ihre Darlehensrestschulden anderweitig ausreichend abgesichert sind - z.B. durch eine bestehende Risikolebensversicherung oder einen Sparvertrag.
Bei Immobiliendarlehen mit langer Laufzeit und hohen Kreditsummen ist die Restschuldabsicherung – am besten in Form einer Risikolebensversicherung - besonders wichtig, damit beim eventuellen Tod vom Kreditnehmer die Hinterbliebenen nicht durch hohe Rückzahlungsverpflichtungen finanziell ruiniert werden.
Immobilien-Rente: Umkehrhypothek und lebenslanges Wohnrecht
Ist die Rente zu klein oder das Haus zu groß, gibt es Wege, das Eigenheim zu Geld zu machen, bzw. sich die Rente zu erhöhen. Ein Auszug aus der Immobilie ist dabei nicht erforderlich. Bei der sogenannten Umkehr-Darlehen oder Invers-Hypothek beleiht der Eigentümer seine Immobilie und bekommt dafür einen Kredit, der erst mit Verkauf des Hauses oder dem Tod des Besitzers fällig wird. Die Auszahlung des Kredits erfolgt meistens „auf einen Schlag“ und nicht in Form monatlicher Rentenbezüge. Die Bank trägt das Risiko, falls die Kreditschuld den Immobilienwert übersteigen sollte.
Die zweite Variante ist vor allem für kinderlose Ehepaare interessant: Sie verkaufen ihr Haus und erhalten als Gegenleistung ein lebenslanges Wohnrecht und zusätzlich eine monatliche Rente, von der die Bank eine gewisse Summe als Garantieentgelt einbehält.
Beide Modelle haben Vor- und Nachteile, die es abzuwägen gilt. Weitere Informationen zu Umkehr-Hypothek erhalten Sie beispielsweise bei der Stiftung Warentest/Immobilienrente, sowie bei Banken und Versicherungen.
Wehren Sie sich gegen Altersdiskriminierung!
Wurde Ihnen auch schon einmal ein Kredit aus Altersgründen verweigert, obwohl Sie ausreichend Einkommen und Sicherheiten für das Darlehen hatten? Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen größeren Immobilienkredit oder ein kleines Verbraucherdarlehen handelt. Hat man Ihnen ohne Ankündigung den Dispositionskredit gekündigt, eine Kreditkarte vorenthalten oder einen Ratenzahlungskauf abgelehnt?
Melden Sie diese Vorfälle einem Verbraucherverband (s.Service), der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS). Je mehr Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, desto eher sind Banken und Kreditgeber wie Warenhäuser bereit, ihre Geschäftspraxis zu überdenken, um einen Imageverlust abzuwenden. Lassen Sie sich die jeweilige Ablehnung in jedem Fall schriftlich begründen!
Tipps für Kreditnehmer
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Setzen Sie genügend Eigenkapital bei Immobiliendarlehen ein! Die Nebenkosten und mindestens 20% des Kaufpreises sollten als Eigenkapital vorhanden sein
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Bieten Sie Zusatzsicherheiten der Bank an, sinkt das Risiko der Bank und Sie bekommen bessere Konditionen
In der aktuellen Niedrigzinsphase sichern Sie feste Zinsen möglichst bis zur vollständigen Tilgung des Darlehens. Im Notfall kann der Darlehensvertrag nach 10 Jahren Laufzeit immer gekündigt werden (Sonderkündigungsrecht). -
Bestehen Sie auf die Option Tilgungssatzwechsel. Bei knapper Kasse wegen z.B. einer Krankheit kann die monatliche Belastung auf diese Weise verringert werden.
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Das Recht auf Sondertilgung soll immer vereinbart werden. So können Sie sich bis Renteneintritt schneller entschulden.
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Erkundigen Sie sich nach alternativen Finanzierungsquellen, wie Versicherungen (über Kreditmakler) oder nach KfW Förderprogrammen und -zuschüssen (über die Hausbank bzw. beim Darlehensgeber)
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Vergleichen Sie immer mehrere Angebote (z.B. über Kreditmakler)
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