Geldanlage im Ruhestand: Was muss ich beachten?
Von: Judit Maertsch - VerbraucherService Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Tagesgeld, Bausparen, Versicherungen: Nicht empfehlenswert
- Festgeld
- Empfehlenswerte Anlageformen
- Immobilienerwerb im Ruhestand: Eigenheim, Mietobjekt, Pflegewohnung?
- ETFs: Geld renditebringend anlegen
- Wie sicher ist Ihr Geld?
- Vorsicht vor Falschberatung
Verschaffen Sie sich einen Überblick
Hilfreich ist, sich zuerst einen Überblick über die eigene finanzielle Situation zu verschaffen. Prüfen Sie zuerst Ihre Ausgaben. Brauchen Sie wirklich noch die Unfall-, Tierhalterhaftpflicht- oder die teure Rechtschutzversicherung? Ist die jährliche Laufleistung Ihres Wagens in der KFZ-Versicherung nicht zu hoch angesetzt? Vergleichen Sie unterschiedliche Angebote auch für Strom, Gas oder Mobiltelefon, hier liegt oft massiv Sparpotential! Auf der Suche nach einem günstigen Angebot helfen Ihnen die unabhängigen Berater/-innen der Verbraucherverbände.
Für unvorhergesehene Ausgaben wie Reparaturen und als Notreserve sollten Sie mindestens drei Netto-Monatseinkommen auf dem Tagesgeldkonto zurücklegen. Achten Sie auf die Kontoführungsgebühren! Laufen noch Kredite, zahlen Sie diese nach Möglichkeit komplett zurück oder nutzen Sie die Möglichkeit der Sondertilgung. Kreditzinsen zu sparen ist eine sinnvolle „Geldanlage“. Für geförderte Altersvorsorgeverträge wie die Rürup- oder Riester-Rente läuft die Ansparphase aus. Die monatliche Sparrate fällt weg und die Rentenbezugsphase fängt an.
Bausparen, Versicherungen: Nicht empfehlenswert
In Zeiten von hoher Inflation bringen die traditionellen Geldanlagen wie das Sparbuch oder das Tagesgeldkonto negative Rendite. Auch niedrig verzinste Bausparverträge oder Versicherungen mit hohen Abschlusskosten, langen Laufzeiten und intransparenten Vertragskonditionen sind keine empfehlenswerten Geldanlagen.
Festgeld: Für mittelfristige größere Anschaffungen
Bei Geld, das Sie mittelfristig, für größere Anschaffungen in ca. 2-5 Jahren, brauchen, gehen Sie mit schwankungsfreien Geldanlagen wie Festgeld auf Nummer sicher. Für Festgeldkonten fallen keine Kontoführungsgebühren an und sie bringen Zinsen.
Tipp: Bleiben Sie flexibel! Teilen Sie den Anlagebetrag auf und wählen Sie zeitlich gestaffelte Festgeldkonten mit verschiedenen Laufzeiten, z.B. sechs Monate-zwei Jahre-fünf-Jahre. So können Sie fortlaufend über freiwerdende Beträge verfügen!
Tipp: Wenn Sie im Ruhestand sonst keine Steuer zahlen, können Sie nach Absprache mit Ihrem Finanzamt gleich die Nichtveranlagungsbescheinigung (NV-Bescheinigung) für Ihre Geldanlagen beantragen und sparen sich sogar die Abgabe einer Steuererklärung!
Empfehlenswerte Anlageformen
Auch im Ruhestand können Verbraucher/-innen Geld mit attraktiver Rendite und dennoch mit überschaubarem Risiko anlegen. Bei den aktuellen Zinsen sind neben risikolosen Sparkonten auch Investitionen in Sachwerte oder Wertpapiere möglich.
Tipp:
Falls eine Lebensversicherung in Kürze fällig wird, lassen Sie sich das Vertragsguthaben überweisen und parken Sie das Geld bis zur Anlageentscheidung ebenfalls auf dem Tagesgeld- oder Festgeldkonto!
Die Wiederanlage auslaufender Policen beim Versicherer ist wegen der kurzen Laufzeit, erneut anfallenden hohen Abschlusskosten und geringen Rendite nicht empfehlenswert!
Immobilienerwerb im Ruhestand: Eigenheim, Mietobjekt, Pflegewohnung?
Der Kauf eines Eigenheims, einer Eigentumswohnung oder eines Hauses ist nur empfehlenswert, wenn Sie die Immobilie weitgehend aus Eigenmitteln finanzieren und entsprechend mietfrei wohnen können.
Den Erwerb einer vermieteten Immobilie als Kapitalanlage sollten Sie sorgfältig prüfen! Mietobjekte sind riskante Geldanlagen. Der überhitzte Immobilienmarkt korrigiert nach unten, die Kaufpreise sind aber immer noch oft überhöht. Die Kapitalbindung in einer Anlageform ist hoch, das angelegte Geld wird nicht gestreut. Erwerbsnebenkosten von bis zu 10-15% des Kaufpreises wie Grunderwerbsteuer, Maklergebühren, Notarhonorar, Grundbuchkosten, etc. fallen zusätzlich an. Auch die gesetzlichen Auflagen wie das Gebäude-Energie-Gesetz oder Standortfaktoren können sich ändern. Die Vermietung und Verwaltung der Immobilie ist teuer und aufwendig. Diese Geldanlageform ist für die meisten Kleinanlegerinnen und Kleinanleger, selbst mit viel Eigenkapital, unattraktiv. Von kreditfinanzierten Immobilienanlagen mit hoher monatlicher Belastung für Zins und Tilgung wird abgeraten!
Um sich frühzeitig einen Pflegeplatz zu sichern, werden Seniorinnen und Senioren oft Pflegezimmer, Pflegewohnungen oder Apartments in einer betreuten Wohnanlage angeboten. Die Risiken dieser Anlageform sind leider nur selten thematisiert. Pflegeimmobilien sind keineswegs eine sichere Geldanlage oder eine rentable Investition in die Zukunft. Die Standortrisiken und Belegungsstatistiken sind für Kleinanlegende intransparent, der Kaufpreis und die Instandhaltungskosten oft überhöht. Die betreibende Gesellschaft könnte insolvent werden. Die zwischenzeitliche Vermietung bis zum eigenen Einzug ist nur mittel- oder langfristig möglich und wenn Sie dann selbst einziehen möchten, gestaltet sich die Eigenbedarfskündigung oft problematisch.
Die altersgerechte oder energetische Sanierung des Eigenheims, besonders wenn es Zuschüsse und weitere Förderungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gibt, ist dagegen eine sinnvolle Investition. Diese Baumaßnahmen erhöhen den Wert Ihrer Immobilie und Sie können barrierefrei wohnen. Lassen Sie sich beraten, welche Baumaßnahmenpakete und -kombinationen für Sie technisch in Frage kommen bzw. finanziell besonders lohnend sind.
Tipp: Bevor Sie eine Investition in Immobilien tätigen, lassen Sie bei den Verbraucherverbänden von unabhängigen Finanzfachleuten die Angebote, Fördermöglichkeiten und Renditeerwartungen prüfen!
ETFs: Geld renditebringend anlegen
Auch im Ruhestand brauchen Sie bei der Geldanlage nicht auf Rendite zu verzichten! Legen Sie Gelder, die Sie ca. 10 Jahre oder länger investieren können in breit gestreuten, börsengehandelten, kostengünstigen Indexfonds (ETFs) mit attraktiver Rendite an. ETFs bilden einen Börsenindex wie den DAX oder Dow Jones nach, daher ist ihre Wertentwicklung transparent. ETFs sind kostengünstiger als die hauseigenen Fonds der Banken, für teure Fondsmanagerinnen oder -manager fallen keine Gebühren an. Die weltweit anlegenden, Standard-ETFs wie z.B. der MSCI World sind auch für Börsenanfänger/-innen geeignet. Durch die globale Streuung und die große Anzahl der Einzeltitel im ETF Fondskorb werden die Risiken aus evtl. Kursschwankungen weitgehend minimiert.
ETFs gelten als Sondervermögen. Das einbezahlte Kapital wird vom Kapital der Investmentgesellschaft getrennt und sicher verwahrt. Anlegende sind daher vor einem Ausfallrisiko wegen einer möglichen Insolvenz der Investmentgesellschaft geschützt.
Empfehlenswert für Menschen im Ruhestand als ein Teil des Vermögensmix sind vor allem die weltweit anlegenden Basis ETFs MSCI World mit über 1600 Einzelaktien aus 23 Ländern, MSCI All Countries World mit über 3000 Titeln inkl. Schwellenländer oder der FTSE All World ETF mit fast 4000 Aktien. Die jährliche Rendite weltweit investierender Aktienfonds mit durchschnittlich ca. 6,5 Prozent für die letzten 35 Jahre ist attraktiv. Die Wertsteigerung eines MSCI All Countries World Indexfonds in den letzten 5 Jahren liegt sogar bei ca. 53 Prozent. Es besteht auch Möglichkeit, die Investition mit nachhaltigen ETFs auf eine bessere ökologisch-ökonomische Zukunft nach ESG Kriterien auszurichten, wobei E (environmental) in diesem Zusammenhang für Umweltschutz, S (social) für sozialen Fortschritt und G (governance) für gute Unternehmensführung steht.
ETFs sind - wegen der geringen Provision - leider uninteressant für die Hausbanken. Beratung oder Unterstützung zu ETFs bekommen Sie bei unabhängigen Berater/-innen und bei Verbraucherschutzorganisationen.
Tipp: Eine Übersicht empfehlenswerter ETFs finden Sie auf www.finanztest.de
Wie sicher ist Ihr Geld?
Die gesetzliche Einlagesicherung schützt Ihre Geldanlagen auf den Giro-, Tages- und Festgeldkonten bzw. auf den Sparbüchern EU-weit bis max. 100.000 Euro pro Anleger/-in pro Geldinstitut. Nach Immobilienverkauf oder bei Pflegebedürftigkeit gilt sogar ein erweiterter Schutz bis zu 500.000 Euro, auch für Einlagen in Fremdwährungen, wie z.B. US-Dollar. Bei Zahlungsunfähigkeit ausländischer Banken in der EU kümmert sich die EU Einlagesicherung um alle notwendigen Schritte und zahlt das Geld an Sparende innerhalb von maximal ca. 10 Arbeitstagen aus. In Deutschland leistet die nationale Einlagesicherung die Auszahlung innerhalb 7 Tage. Dieser Schutz gilt für Banken mit Sitz in Deutschland und nicht für die Wertpapiere im Depot.
Vorsicht vor Falschberatung
Anlageberater/-innen und müssen jedes Beratungsgespräch über Wertpapiere dokumentieren und der Anlegerin oder dem Anleger ein Exemplar aushändigen (Geeignetheitserklärung). Die Bank muss darstellen, warum Finanzinstrumente wie Fonds, Aktien, Anleihen, Zertifikate etc. zur Kundin oder zum Kunden passen sollten und warum diese von der Bank empfohlen wurden. Seit 2023 müssen Anlegende auch nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen bzgl. der Investition befragt werden, dies steht dann auch in der Geeignetheitserklärung. Die Geeignetheitserklärung soll verhindern, dass ihnen Risikopapiere als sichere Geldanlage verkauft werden. In strittigen Fällen ist sie ein wichtiges Beweisdokument.
Tipp: Unterschreiben Sie nie die Geeignetheitserklärung! In strittigen Fällen könnte es als Ihre Zustimmung zu der Anlageempfehlung gedeutet werden!
Tipps für Anleger/-innen
- Behalten Sie Ihre persönlichen Anlageziele stets vor Augen, wenn Sie sich von einer Finanzexpertin oder einem Finanzexperten beraten lassen!
- Umschichtungen kosten oft unnötig Geld!
- Provisionen der Beratenden sind Kosten, die Ihre Rendite schmälern!
- Prüfen Sie Angebote in aller Ruhe noch einmal zu Hause, bevor Sie sich entscheiden!
- Setzen Sie nie alles auf eine Karte, Streuung der Gelder ist wichtig!
- Unterschreiben Sie niemals einen Vertrag, den Sie nicht hundertprozentig verstanden haben!
- Lassen Sie sich immer auch neutral beraten!
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
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