Betriebliche Altersvorsorge: Durchführungswege, Vor- und Nachteile
Von: Judit Maertsch - VerbraucherService Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Gesetzlicher Anspruch auf betriebliche Versorgung
- Durchführungswege der bAV
- Vorteile der bAV für Arbeitnehmer
- • Nachteile der bAV für Arbeitnehmer
- Vorteile für Arbeitgeber
Die Betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist die zweite Säule des Altersvorsorgesystems in Deutschland. Zusammen mit der Privaten Altersvorsorge (dritte Säule) ergänzt sie die gesetzliche Rente (erste Säule), damit der gewohnte Lebensstandard auch im Alter gesichert werden kann. Die betriebliche Altersvorsorge über die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber hat sich bisher vor allem in mittelständischen und großen Betrieben etabliert. In den Kleinbetrieben gab es bislang zu viele administrative Hürden.
Um eine fundierte Entscheidung für oder gegen die betriebliche Vorsorge zu treffen, sollten Sie eine Vergleichsberechnung erstellen. Diese sollte den Nettoaufwand und die Nettoauszahlung gegenüberstellen, sodass Sie den möglichen finanziellen Vorteil oder Nachteil im Vergleich zu anderen Altersvorsorgeprodukten erkennen können. Auch die Inflation sollten sie berücksichtigen.
In der Checkliste finden Sie wichtige Punkte, die Ihre Entscheidung beeinflussen könnten. Prüfen Sie außerdem, ob die vertraglichen Bedingungen der der betrieblichen Altersvorsorge zu Ihrer Lebensplanung passen.
Gesetzlicher Anspruch auf betriebliche Versorgung
- Sozialversicherungspflichtig Angestellte (auch in Teilzeit),
- Minijobber/-innen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind (bei Arbeitgeber/-innen beantragt),
- Auszubildende,
- geschäftsführende Gesellschafter/-innen einer GmbH,
- Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder in Aktiengesellschaften
haben einen gesetzlichen Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind verpflichtet, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wenigstens eine Form der bAV anzubieten. Die meisten Unternehmen wählen die Direktversicherung mit Entgeltumwandlung. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bestimmen auch, welche Versicherung sie nutzen und kümmern sich um alle Formalitäten. Die Gestaltung der Vorsorgeverträge kann auch durch den Tarifvertrag zwischen den Arbeitgeber/-innen und Arbeitnehmer/-innen vorgegeben werden.
• Die Mindestumwandlung aus dem brutto Einkommen beträgt 265,13 Euro jährlich (1/160stel der Bezugsgröße der gesetzlichen Rentenversicherung 42.420 Euro in 2024). Auf maximal 302 Euro im Monat fallen keine Sozialabgaben an. Steuerfrei sind Sparraten sogar bis zu 604 Euro monatlich. Arbeitnehmer/-innen können zusätzlich aus ihrem netto Einkommen für die Betriebsrente sparen (Riester). Auch Arbeitgeber/-innen können sich mit eigenen Beiträgen in der Betriebsrente beteiligen oder die Beiträge sogar ganz übernehmen.
Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge
Die wichtigsten Unterschiede zwischen den Durchführungswegen sind, ob Arbeitgeber/-innen für die Anlage der Altersvorsorgebeiträge selbst verantwortlich sind und wie die Altersrückstellungen für die Mitarbeitenden abgesichert werden. Wenn das Unternehmen sich um die Kapitalanlage kümmert und eigene Rücklagen bildet bzw. bilanziert, handelt es sich um interne Durchführungswege wie die Unterstützungskasse oder die Direktzusage.
Das Unternehmen kann mit diesen Aufgaben auch externe Partner/-innen wie Versicherungen oder Fonds beauftragen. Externe Durchführungswege sind die Direktversicherung, die Pensionskasse und der Pensionsfonds.
Direktversicherung
Diese Option ist der häufigste Durchführungsweg der bAV, vor allem in Firmen ohne Tarifvertrag wird es gerne eingesetzt. Arbeitgeber/-innen als Versicherungsnehmer/-innen schließen eine Lebens- oder Rentenversicherung auf die Arbeitnehmer/-innen als Versicherte ab. Dieser externe Durchführungsweg durch eine Versicherungsgesellschaft ist flexibel und unkompliziert. Arbeitgeber/-innen haben nur wenig Verwaltungsaufwand, die Direktversicherung ist daher auch für Kleinbetriebe bestens geeignet. Bei Arbeitgeberwechsel können der Arbeitnehmer/-innen den Vertrag oft einfach auf den/die neue/-n Arbeitgeber/-in übertragen lassen. Die Kosten und Erträge der Direktversicherungen sind vergleichbar mit den herkömmlichen Versicherungsprodukten.
Pensionskasse
Pensionskassen von tarifgebundenen, traditionellen Unternehmen gegründet, um Betriebsrenten anzubieten und sind meistens als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit organisiert. Den externen Durchführungsweg Pensionskasse gibt es auch für ganze Branchen, wie die Baubranche. Die Funktionsweise ähnelt der von Direktversicherungen. Seit 2005 werden Pensionskassen jedoch zunehmend durch Direktversicherungen Direktversicherungen ersetzt. Auch hier gilt: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können den Betrag von max. 8% der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Renten-ersicherung steuerfrei und 4% sozialabgabenfrei sparen.
Nach Arbeitgeberwechsel können diese klassischen oder fondsgebundenen Lebensversicherungen mit teilweise sehr hoher Garantieverzinsung privat weitergeführt oder stillgelegt werden.
Die Pensionskasse als rechtlich eigenständige Versorgungseinrichtung wird von einer eventuellen Insolvenz der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers, ähnlich wie bei den Direktversicherungen, nicht betroffen.
Pensionsfonds
Über Pensionsfonds werden oft rein arbeitgeberfinanzierte Betriebsrenten abgewickelt, die Entgeltumwandlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist aber auch möglich. Als eigenständige Versicherungsunternehmen funktionieren auch die Pensionsfonds ähnlich wie Direktversicherungen.
Pensionsfonds sind sehr flexibel bei der Produktauswahl. Sie dürfen in Immobilien, Anleihen oder auch in Aktien investieren. Dies kann jedoch ein erhöhtes Risiko bei der Anlagestrategie bedeuten. Bei mindestens 15 Jahre Laufzeit haben aber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Aussicht auf vergleichsweise attraktive Renditen. Pensionsfonds unterliegen gleichzeitig der Versicherungs-Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und der Insolvenzsicherungspflicht beim Pension-Sicherungs-Verein (PSVaG).
Da Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für den Erhalt der gezahlten Beiträge und für eine lebenslange, mindestens gleichbleibende Rente mit dem Firmenvermögen haftet, schrecken die meisten vor diesem Vorsorgemodell zurück. Angeboten wird dieses Modell eher in Großunternehmen.
Unterstützungskassen
Unterstützungskassen sind rechtlich selbständige, arbeitgebereigene Versorgungseinrichtungen für die Absicherung von leitenden Angestellten, Geschäftsführerinnen und Geschäftführern oder Vorstandsmitgliedern. Die Beiträge werden ausschließlich von der Arbeitgeberin oder vom Arbeitgeber bezahlt. Die Unterstützungskasse legt die Vorsorgebeiträge an, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haften jedoch für die Erfüllung des Vertrags mit dem Betriebsvermögen. Da die Beiträge von Unternehmen in Unterstützungskassen nicht als Lohn angerechnet werden, bleiben sie in der Ansparphase in unbegrenzter Höhe steuer- und bis 4% der Beitragsbemessungsgrenze sozialabgabefrei.
Dieser interner Durchführungsweg bietet vor allem Gutverdienenden Vorteile. Die Ansprüche von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind durch den Pensions-Sicherungs-Verein geschützt.
Direktzusagen
Mit Direktzusage wird die Treue der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewürdigt. Die Höhe der Betriebsrente orientiert sich an der Beschäftigungsdauer und dem früheren Einkommen. Auch diese interne Durchführungsart in größeren Unternehmen ist komplett arbeitgeberfinanziert. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber macht dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin eine direkte Versorgungszusage und legt die Beiträge selber am Kapitalmarkt an. Die Betriebsrente wird im Alter ebenfalls direkt von der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber an die Personen im Ruhestand gezahlt.
Für die Rentenzusage an ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aus dem Betriebsvermögen Rückstellungen bilden. Sie können zur Absicherung der Rückstellungen eine Rückversicherung abschließen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich aber mit eigenen Beiträgen am Aufbau des Altersvorsorgekapitals beteiligen. Beiträge von Arbeitnehmer/-innen in der Direktzusage per Entgeltumwandlung sind in unbegrenzter Höhe steuerfrei, hinzu kommt ein sozialabgabefreier Betrag von 4% der Beitragsbemessungsgrenze.
Direktzusage als betriebliche Altersvorsorge ist daher besonders für Führungskräfte und Gutverdienende attraktiv. Falls die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber insolvent wird, übernimmt der Pensions-Sicherungs-Verein die Zahlungsverpflichtung.
Sozialpartnermodell („Nahles-Rente“): Reine Beitragszusage
Mit dem sog. Sozialpartnermodell hat der Gesetzgeber in 2018 neue Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen, die den betrieblichen Vorsorgeweg auch für Kleinbetriebe interessant machen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekommen mit Beschäftigungsbeginn automatisch eine bAV, sie können aber widersprechen („Opt-out“). Bei Neuabschlüssen in Form von Direktversicherung, Pensionsfonds oder Pensionskasse vereinbaren tarifgebundene Arbeitnehmer/-innen und Arbeitgeber/-innen eine „Zielrente“. Die zukünftige Leistungshöhe wird nicht zugesagt, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber garantieren bloß die Entrichtung der Vorsorgebeiträge (reine Beitragszusage).
Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber werden dadurch entlastet, weil sie für keine Rentengarantie mehr einstehen müssen. sei sind lediglich verpflichtet, die Altersvorsorge-Beiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit min. 15% zu bezuschussen und an den Anbieter oder die Anbieterin des Vorsorgeprodukts weiterzuleiten. Damit endet auch ihre Haftung („pay and forget“, zahlen und vergessen).
Die Anlage- und Renditerisiken tragen alleine die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Höhe ihrer Betriebsrente hängt vom wirtschaftlichen Erfolg der Versicherung ab. Ohne die kostspieligen Leistungs-Garantien werden höhere Rendite jedoch wahrscheinlicher.
Pensionskassen von tarifgebundenen, traditionellen Unternehmen gegründet, um Betriebsrenten anzubieten und sind meistens als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit organisiert. Den externen Durchführungsweg Pensionskasse gibt es auch für ganze Branchen, wie die Baubranche. Die Funktionsweise ähnelt der von Direktversicherungen. Seit 2005 werden Pensionskassen jedoch zunehmend durch Direktversicherungen Direktversicherungen ersetzt.
Vorteile der betrieblichen Altersvorsorge für Arbeitnehmer/-innen
Auf einen Blick: Checkliste, worauf Arbeitnehmer/-innen bei der betrieblichen Altersvorsorge achten müssen.
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Arbeitnehmer/-innen- und Arbeitgeber/-innenbeiträge zur betrieblichen Altersversorgung aus dem Bruttolohn werden vom Staat gefördert. Die Beiträge sind bis zu einer jährlich bestimmten Höchstgrenze steuer- und sozialabgabenfrei (in 2024 7.248 Euro bzw. 3.624 Euro). Betriebliche Altersvorsorgesparer/-innen, die als Geringverdienende gelten (bis 2.575 Euro Entgelt monatlich), erhalten auf zusätzliche Arbeitgeberbeiträge von 240 Euro bis zu maximal 960 Euro jährlich eine staatliche Förderung von 30% (max. 288 Euro). Bei Entgeltumwandlung ist die Förderung ausgeschlossen.
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Die Arbeitgeber/-innen beteiligen sich bei Neuverträgen seit 2022 mit min. 15% des umwandelten Einkommens am Betriebsvorsorgevermögensaufbau.
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Arbeitnehmer/-innen können für ihre betrieblichen Altersvorsorge-Sparbeiträge in Direktversicherungen, Pensionskassen und –fonds zusätzlich die Riester-Förderung in Anspruch nehmen. Die Förderung beträgt 175 Euro bei der Grundzulage, 185 Euro für Kinder, für die ab 2008 geboren Kinder sind es sogar 300 Euro jährlich. Auch der Sonderausgabenabzug für die Riesterbeiträge kann zusätzlich zu den Vorsorgeaufwendungen geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Beiträge aus dem Nettoentgelt der Beschäftigten gezahlt werden. Aus den betrieblichen Riester-Verträgen müssen die Arbeitnehmenden seit 2018 keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung abführen. Kapitalentnahme für wohnwirtschaftliche Verwendung, wie Kauf oder Bau vom Eigenheim, ist nach wie vor nicht möglich.
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Betriebliche Altersvorsorgesparende profitieren von den oft günstigeren Abschluss- und Verwaltungskosten, die durch Mengenrabatt an die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber ermöglicht werden. Die Tarifmodelle der Versicherungen können exakt auf die spezifischen Berufsrisiken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgestimmt werden.Die Betriebsrente wird - bis zu insgesamt 253 Euro aus allen freiwilligen Altersvorsorgebezügen monatlich - bei der Berechnung der Ansprüche auf die staatliche Grundsicherung nicht berücksichtigt. (Die anrechnungsfreien Beträge sind der Sockelbetrag von 100 Euro, zzgl. 30 % des über 100 Euro liegenden Betrags bei Zusatzrenten. Die Summe aus Schritt 1 und 2 ist gedeckelt auf die Hälfte der Regelbedarfsstufe 1 (2024: 253 Euro (p.P. Paare)).
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Hinterbliebenenabsicherung kann in den betrieblichen Altersvorsorgeverträgen integriert werden.
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Betriebsrenten und unverfallbare Anwartschaften sind durch den Pensions-Scherungsverein gegen die Insolvenz der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber abgesichert. Bei den externen Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse- und fonds sind die externen Versicherungen von der eventuellen Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nicht betroffen.
Nachteile der betrieblichen Altersvorsorge für Arbeitnehmer/-innen
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Die Gehaltsumwandlung (bei Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenzen) verringert die gesetzliche Rente sowie Kranken-, Arbeitslosen- und gegebenenfalls das Erziehungsgeld.
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Die Kapitalsumme des Vorsorgevertrags ist vor dem 62. Lebensjahr kann nicht ausgezahlt oder beliehen werden, auch nicht für Baufinanzierungszwecke.
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Eine begonnene Rentenauszahlung kann nicht mehr in eine Restkapitalabfindung umgewandelt werden. Die mangelnde Flexibilität der Verträge führ zu Kaufkraftentwertung durch die Inflation.
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Vertragsguthaben sind grundsätzlich nicht vererbbar, außer Hinterbliebenenabsicherung in Form von Kapital vor Rentenbeginn oder Renten nach Rentenbeginn vereinbart wurde (Prämienaufschlag). Die Absicherung kann nur für unmittelbare Angehörige geben (Ehe- und eingetragene Lebenspartner sowie Kinder, zum Zeitpunkt des Todes kindergeldberechtigt).
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Die betriebliche Altersvorsorgeprodukte sind oft intransparent und haben hohe Vertragskosten. An den Vermittler vom Arbeitgeber fliesst eine Provision. Diese Kosten schmälern die Rendite.
Vorteile der bAV für Arbeitgeber/-innen
Auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber profitieren von der betrieblichen Altersversorgung. Mit der zusätzlichen Betriebsrente können Sie ihr Leistungsangebot für Fachkräfte noch attraktiver machen. Diese Bemühungen werden vom Staat mit Sozialabgabenfreiheit auf die umwandelten Beiträge auch für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unterstützt. Vor Abschluss eines betrieblichen Vorsorgevertrags sollten sich Verbraucherinnen und Verbraucher hierzu neutral beraten lassen.
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