Altersvorsorge und Inflation: Was ist bei steigenden Zinsen zu beachten?
In diesem Beitrag finden Sie
- Anlage in Geldwerte
- Der Unterschied zwischen Zins und Rendite
- Zinsvergleich bei unterschiedlichen Banken
- Die Chancen des Aktienmarktes
- Immobilien, Rohstoffe und Gold
- Altersvorsorge mit Indexfonds
- Versicherungen für die Altersvorsorge: Lohnen sie noch?
- Vorsicht vor Angeboten mit speziellen Risiken
Anlage in Geldwerte: Steigende Zinsen und Inflation
Anfang der Neunzigerjahre wurden Sparbriefe und Festgeld noch mit 8-10% pro Jahr verzinst, Tagesgeld mit 6% pro Jahr. Diese einlagengesicherten Sparprodukte zählen zur Geldanlageklasse der „Geldwerte“. Nach Abzug der damaligen Inflation blieb seinerzeit jedoch nach Kapitalertragsteuer nicht sehr viel mehr an Vermögenszuwachs übrig. Hier spricht man von der Realverzinsung, die nach sogenanntem Produktzinssatz nach Inflation übrigbleibt.
Ähnliches spielt sich im Jahr 2022 unter anderen Vorzeichen ab. Während die Zinssätze inzwischen auf bis zu 0,5% bei Tagesgeld und 2,5% pro Jahr bei zweijährigem Festgeld gestiegen sind, erhöhten sich in der ersten Jahreshälfte auch die Preise für Waren und Dienstleistungen beträchtlich auf 7-9% gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat. Durch die so entstandende negative Realverzinsung ergab sich im bisherigen Jahresverlauf eine schubartige Kaufkraftentwertung bestehender Vermögen, die in Geldwerten angelegt sind.
Es bleibt zu hoffen, dass die Teuerungsraten zurückgehen, sobald ihre Ursachen wegfallen oder wenigstens geringer ins Gewicht fallen. Diese Ursachen sind unter anderem weltweit verstopfte Lieferketten und erhöhte Energiepreise aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.
Der Unterschied zwischen Zins und Rendite
Zins und Rendite von Geldanlagen sollten an dieser Stelle nicht verwechselt werden. Zinsen sind vertragliche Zahlungen, die Sparer dafür erhalten, dass sie der Wirtschaft eine bestimmte Kapitalsumme überlassen. Sie werden einerseits in Form von Girokonto, Tages-, Festgeld und Banksparplan angelegt. Diese Produkte sind Darlehen (Kredite) des Sparers an die Bank. Ähnlich funktionieren auch Bausparverträge und Kapitalversicherungen mit Garantiezins und Überschussbeteiligung.
Andererseits gehören auch Anleihen zu den Geldwerten mit Zinszahlung. Anleihen sind Darlehen in Wertpapierform mit meist festem Zinsanteil. Sie sind begrifflich auch als Schuldverschreibungen, Obligationen oder Rentenpapiere bekannt. Sie werden von Staaten, Kommunen und Unternehmen herausgegeben, um von Anlegenden Geld zu erhalten.
Als Renditen werden zusammengefasst die verschiedenen Arten von Erträgen einer Geldanlage ausgewiesen bzw. berechnet. Das können Zinsen sein, dazu kommen aber auch Kursgewinne und -verluste bei Wertpapieren und Dividenden bei Aktien. Renditen können auch „als jährlich“ (pro Jahr) angegeben werden.
Zinsvergleich bei unterschiedlichen Banken
Wer mit verzinsten Anlageprodukten spart, möchte verständlicherweise, dass sich die Kaufkraft seines angelegten Geldes dadurch erhöht, also eine Verzinsung oberhalb der Inflationsrate. Dieser Wunsch ist unrealistisch - damals wie heute. Trotz negativer Realverzinsung sollte jeder Haushalt für kurz- und mittelfristige Ausgabenbedarfe eine überschaubare Geldsumme als Rücklagen in Tages- und Festgeld vorhalten. Eine Auswahl dieser Produkte nach Zinshöhe lohnt sich, um den Kaufkraftverlust so gering wie möglich zu belassen.
Viele Direktbanken bieten für Tages- und Festgeld höhere Zinsen als Filialbanken. Für einen Vergleich können Verbraucherzeitschriften wie Finanztest oder Onlineportale befragt werden. Wichtig ist, dass die Bank der Wahl ihren Sitz in der EU in einem wirtschaftlich starken Land hat, damit im Falle einer Bankenpleite die EU-weite Einlagensicherung (bis 100.000 Euro pro Person) zeitnah greifen würde.
Altersvorsorge: Die Chancen des Aktienmarktes
Für die Altersvorsorgesparer sollte allerdings gelten, langfristig eine Rendite oberhalb einer - auch zukünftig vielleicht noch einmal höheren - Inflationsrate zu erzielen. Umso geringer würde zumindest der Aufwand, Versorgungslücken für den gewünschten Lebensstandard ab Rentenbeginn zu schließen.
Diejenige Hauptanlageklasse, die langfristig die verlässlichsten Renditen oberhalb der Inflationsrate erwirtschaften kann, ist der Aktienmarkt. Das ist auch logisch, weil in der Marktwirtschaft ausschließlich Unternehmertum einen – ökonomischen – Wertzuwachs und damit Übergewinn gegenüber den eingesetzten „Zutaten“ (Rohstoffe, Arbeitskraft) schaffen kann. In dieser Betrachtung seien ethische und ökologische Belange vorerst ausgeblendet. Eine von nahezu allen Staaten für Privatanleger ausreichend beaufsichtigte und regulierte Beteiligung an der Wirtschaft ist allerdings nur im Aktienmarkt möglich, nicht bei Einzelunternehmen, Genossenschaften, GmbHs oder stillen Unternehmensbeteiligungen.
Je nach Anlegerprofil ist es also ratsam, einen bestimmten Anteil des Geldes für die Altersvorsorge in den Aktienmarkt zu investieren. Dies sollte jedoch mit der „risikolosen“ Anlageklasse der bereits erwähnten Geldwerte kombiniert werden. Mit „risikolos“ ist in der Beratung und Wirtschaftsliteratur gemeint, dass Geldwerte keine oder geringe Kursschwankungen haben. Allerdings sind Geldwerte extrem anfällig für das Risiko der „Geldentwertung durch Inflation“.
Die „Steuerung“ der langfristig zu erwartenden Rendite einer Anlage in Aktien wird stets von dem effizienten Verhältnis zwischen Aktienmarkt und Geldmarkt im Anlageportfolio des Anlegenden abhängig sein. Dieses ergibt sich aus einer sorgfältigen Ermittlung des individuellen Risikoprofils.
Immobilien, Rohstoffe und Gold: Sachwerte nur als Ergänzung
Es gibt noch weitere Anlageklassen: die Märkte für Immobilien, Rohstoffe und Edelmetalle wie beispielsweise Gold. Da diese jedoch nur Produkte oder Grundmittel von der beziehungsweise für die Wirtschaft (Aktienmarkt) darstellen, spielen diese für die langfristige Renditeerwartung keine ausschlaggebende Rolle. So sollten diese auch allenfalls als überschaubare Beimischungen ein Anlageportfolio ergänzen. Auf sie kann – aus Renditegründen - aber auch verzichtet werden, da sie für das Funktionieren der Wirtschaft bereits in ausreichendem Maße als Vermögenswerte im Aktienmarkt enthalten sind.
Gleich, ob man sich für eine Riester-, Privat- oder Rürup-Rentenversicherung entscheidet, für betriebliche Entgeltumwandlung oder einen Investmentfondssparplan: Man entscheidet sich zugleich auch immer für eine oder mehrere - so genannte - Anlageklassen. Denn in diese Anlageklassen investieren die genannten Vorsorgeformen. Im Übrigen gehören auch die selbstgenutzte oder vermietete Immobilie wie auch Immobilienfonds zu einer Anlageklasse.
Altersvorsorge mit Indexfonds
Um das Schwankungsrisiko der Kurse am Aktienmarkt zu steuern und psychologisch „aushalten“ zu können, sollte in keinem Fall in einzelne Aktien investiert werden. Für die effiziente Geldanlage zur Altersvorsorge ist dagegen ein einfach aufgebautes Portfolio aus einem ETF-Indexfonds auf einen Welt-Aktienindex wie dem MSCI World und eine Mischung aus Tages- und Festgeld völlig ausreichend. Diese Lösung ist kostengünstig, frei von aktiven Managementrisiken und mit einfachen Regeln ohne größeren Aufwand zu pflegen.Der Aufbau eines effizienten Portfolios ist auch mit nachhaltigen Geldanlageprodukten möglich.
Versicherungen für die Altersvorsorge: Lohnen sie noch?
Der Markt für Altersvorsorgeprodukte in Deutschland wird weiterhin von Versicherungsprodukten dominiert. Bei Renten- und Kapitallebensversicherungen kann mit den heutigen Versicherungstarifen bei Neuverträgen – zumindest nach Kosten – kein Garantiezinssatz mehr versichert werden. Insofern lohnt sich der Neuabschluss von Rentenversicherungen für den Aufbau einer schlagkräftigen Altersvorsorge nicht mehr. Die Versicherungsgesellschaften bieten inzwischen fast ausschließlich nur noch Versicherungsverträge auf Wertpapierbasis für die Altersvorsorge an. Hohe Abschluss- und Verwaltungskosten von Versicherungspolicen und die Nachteile des meist intransparenten Geldanlagemanagements führen bei Versicherungsprodukten allerdings zu „abgebremsten“ Portfoliorenditen. Die Rentenzahlungen nahezu aller Tarife von Rentenversicherungen werden bei Inflationsschüben massiv entwertet.
Achtung: Ältere klassische Lebens- und Rentenversicherungsverträge sind oft noch mit einem deutlich höheren Garantiezins ausgestattet. Diese bleiben attraktiv und sollten nicht gekündigt werden. Das gilt auch für einen Teil älterer Riester-Verträge.
Vorsicht vor Angeboten mit speziellen Risiken
Auch wenn es auf den ersten Blick mühsam erscheinen sollte, die Geldanlage in die eigene Hand zu nehmen: In die folgenden Produkte sollte aufgrund deren besonderen Verhaltensweisen in unterschiedlichen Zins- und Marktentwicklungen sowie ihrer spezifischen Risiken nicht zum Zweck einer sicheren Altersvorsorge investiert werden:
- Fondsgebundene (Renten-)Versicherungen mit hohen Vertragskosten und gemanagten Investmentfonds
- Rürup-Verträge (Basisrente) und betriebliche Entgeltumwandlungsverträge, zumindest nicht ohne Berechnung der Nettorendite nach Abzügen
- Geschlossene Fonds, Beteiligungen an Unternehmen oder Crowd Investing, Nachrangdarlehen, tokenisierte Nachrangdarlehen
- Einzelaktien und -rohstoffe
- Vermietimmobilie ohne genaue Berechnung der Rendite nach Kosten und Steuern
- Kryptowährungen
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