Mit Low-Carb-Ernährung zum Wunschgewicht?
Von: Ingrid Pawellek, Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn)
In diesem Beitrag finden Sie
- Was bedeutet Low Carb?
- Kann man mit der Low-Carb-Ernährung gesund abnehmen?
- Warum nimmt man unter Low-Carb-Ernährung ab?
- Ist die Low-Carb-Ernährung dauerhaft geeignet?
- Tipps für gesundes Abnehmen
Was bedeutet Low Carb?
Weil das Abnehmen nach dem Low-Carb-Prinzip derzeit so beliebt ist, tummeln sich unzählige Kochbücher, Ratgeber und Rezepte in Buchhandlungen und im Internet. Sie heißen Atkins-Diät, Zone-Diät, South-Beach-Diät oder LOGI-Methode und folgen alle dem Prinzip „Low Carb“. Das bedeutet wörtlich übersetzt „niedrige Kohlenhydrate“ und meint einen niedrigen Kohlenhydratanteil in der Ernährung, der jedoch nicht genau definiert ist.
Häufig ist eine Kohlenhydrataufnahme von unter 100 g pro Tag gemeint, das sind ca. 20 % der Gesamtenergieaufnahme. Diese Menge ist deutlich geringer als die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) von mehr als 50 % der Gesamtenergieaufnahme. Tatsächlich nimmt im Durchschnitt eine deutsche Frau täglich 49 %, ein deutscher Mann täglich 45 % der Gesamtenergie in Form von Kohlenhydraten auf.
In der Praxis bedeutet eine Low-Carb-Ernährung den Verzicht auf kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Brot, Nudeln, Reis, Kartoffeln aber auch Backwaren, Kuchen und Obst. Der Anteil eiweiß- und fettreicher Lebensmittel wie z. B. Fleisch, Fisch, Eier, und Milchprodukte nimmt hingegen zu.
Kann man mit der Low-Carb-Ernährung gesund abnehmen?
Zur kurzfristigen Gewichtsabnahme zeigen Low-Carb-Diäten tatsächlich bessere Erfolge als beispielsweise Low-Fat-Diäten (bei welchen die Energieaufnahme aus Fett maximal 30 % betragen darf (dies entspricht auch den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung)). Vergleicht man jedoch die Abnehmerfolge nach längeren Zeiträumen, z.B. einem Jahr, gibt es schon keine Unterschiede mehr.
Neben dem Gewichtsverlust wünschen sich viele auch eine Verbesserung der Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Vor allem auf die Blutfettwerte haben Low-Carb-Diäten andere Auswirkungen als Low-Fat-Diäten:
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Low-Carb-Diäten senken die Triglyceride und erhöhen das „gute“ HDL-Cholesterin stärker als Low-Fat-Diäten.
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Low-Fat-Diäten wirken stärker bei der Senkung des Gesamt-Cholesterins und des „bösen“ LDL-Cholesterins. In manchen Studien stiegen durch Low-Carb-Diäten sogar die Werte für Gesamt- und LDL-Cholesterin.
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Der Blutdruck sinkt grundsätzlich, wenn man abnimmt - unabhängig vom angewandten Diätkonzept.
Warum nimmt man unter Low-Carb-Ernährung ab?
Low-Carb-Verfechter begründen die schnellen Abnehmerfolge zumeist mit einer Stoffwechselumstellung, der sogenannten Ketogenese. Dabei findet die Energieversorgung der Zellen nicht über Einfachzucker (Glucose) statt, sondern über Ketonkörper, die beim Fettabbau entstehen. Detailliertere Informationen dazu finden Sie hier
Neben den Stoffwechselumstellungen tragen aber noch weitere Dinge zu den vor allem kurzfristigen Erfolgen bei:
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Gerade zu Beginn der Diät beruht der starke Gewichtsverlust auch zum Teil auf einer erhöhten Wasserausscheidung, das beim Glykogenabbau entsteht. Bei der Ketogenese werden auch viele Anionen (z.B. Chlorid) frei, die aus dem Körper gespült werden müssen.
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Obwohl bei den meisten Low-Carb-Diäten nicht auf die zugeführten Kalorien geachtet werden muss, wird zumeist weniger Energie zugeführt.
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Die Abnehmwilligen haben weniger Hunger, weil der hohe Eiweißanteil in der Nahrung stark sättigt.
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Die Fettträger fallen weg (z.B. Butter auf Brot, Nudeln mit Sahnesoße)
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Eine einseitige fett- und proteinreiche Ernährung ist wenig schmackhaft.
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Ist die Low-Carb-Ernährung dauerhaft geeignet?
Durch die Einschränkung der Kohlenhydrataufnahme bei einer Low-Carb-Ernährung wird mehr Fett und Eiweiß aufgenommen als von der DGE empfohlen wird. Dies hat langfristige Auswirkungen auf den Körper, aber auch auf Umwelt und Klima, vor allem wenn die eiweiß- und fettreiche Ernährung zu einem großen Teil auf tierischen Lebensmitteln basiert. Folgende Punkte sollten deshalb auf jeden Fall bedacht werden:
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Je nach Lebensmittelauswahl unter Low-Carb können Defizite bei der Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen entstehen.
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Der erhöhte Verzehr von rotem Fleisch und verarbeiteten Fleischprodukten wird mit einem erhöhten Risiko für Dickdarmkrebs, koronare Herzkrankheiten, Bluthochdruck und Diabetes mellitus Typ II in Zusammenhang gebracht.
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Gesättigte Fettsäuren aus Fleisch- und Milchprodukten erhöhen den Gesamt- und LDL-Cholesterinspiegel und damit das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (aus pflanzlichen Ölen und Fisch) dagegen senken zumeist den Gesamt- und LDL-Cholesterinspiegel. Sie wirken vorbeugend auf die Entwicklung koronarer Herzkrankheiten und z.T. auf das Risiko für Krebs.
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Mögliche negative Auswirkungen einer hohen Eiweißzufuhr werden immer wieder diskutiert. Folgende Aspekte sind wissenschaftlich belegt:
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Die Niere wird stärker belastet, da mehr Harnstoff über den Urin ausgeschieden werden muss.
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Um die beim Eiweißabbau entstehenden Säuren abzupuffern, wird Calcium aus dem Knochen freigesetzt. Dies könnte sich negativ auf die Stabilität der Knochen auswirken und das Risiko für Nierensteine erhöhen.
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Pflanzliche Eiweiße senken das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, während tierische Eiweiße dieses erhöhen.
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Die Erzeugung von Lebensmitteln trägt auch zu Treibhausgas-Emissionen bei, dabei leistet die Erzeugung tierischer Lebensmittel den größten Beitrag. Auch der Wasser- und Energieverbrauch ist deutlich höher als bei der Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel.
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Die Lebensmittelauswahl und damit auch die geschmackliche Vielfalt sind bei einer dauerhaften Reduzierung der Kohlenhydrate stark eingeschränkt. Dadurch fällt es schwer, langfristig dabei zu bleiben.
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Die DGE hält eine Unterschreitung der empfohlenen 50 % der Gesamtenergieaufnahme aus Kohlenhydraten langfristig nur dann für möglich, wenn
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eine Versorgung mit allen unentbehrlichen Nährstoffen gewährleistet ist
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die Getreideballaststoffe einen wesentlichen Anteil an der Gesamtballaststoffzufuhr haben (siehe Artikel Mehr Kohlenhydrate - aber wie?)
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es nicht zu einer erhöhten Zufuhr von gesättigten Fettsäuren kommt
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die zusätzliche Eiweißzufuhr aus pflanzlichen Lebensmitteln und nicht aus einem gesteigerten Verzehr von Fleisch, insbesondere rotem Fleisch, stammt.
Tipps für gesundes Abnehmen
Experten betonen, dass für einen Gewichtsverlust ein tägliches Energiedefizit von ca. 500 kcal entscheidend ist; die Zusammensetzung der Nährstoffe ist dagegen zweitrangig.
Gesund abnehmen basiert immer auf den drei Säulen: (siehe dazu auch den Artikel Tipps zum gesunden Abnehmen)
- Abwechslungsreiche Ernährung mit einem hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln und Ballaststoffen
- Regelmäßige Bewegung
- Entspannung
- Entscheidend ist jedoch nicht nur der Gewichtsverlust, sondern auch ein neues Ernährungsverhalten, mit welchem man die verlorenen Kilos dauerhaft los ist und langfristig seine Gesundheit fördert.
Bildnachweis:
Panthermedia
Literatur
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