Abmahnung im Internet: Gründe, Haftung und Missbrauch
Von: Andrea Estermeier, VerbraucherService Bayern im KDFB e. V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Abmahnungen wegen Rechtsvergehen im Internet: Was steckt dahinter?
- Warum wird man abgemahnt?
- Was tun bei einer Abmahnung?
- Wie hoch sind die Abmahnkosten?
Abmahnungen wegen Rechtsvergehen im Internet: Was steckt dahinter?
Um abgemahnt zu werden, muss man nicht selbst aktiv gegen ein Gesetz verstoßen haben. Es ist ausreichend, mit einer Rechtsverletzung mittelbar in Beziehung zu stehen. Dann spricht man von der sogenannten “Störerhaftung”. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn über den eigenen Internetanschluss von anderen Mitnutzern Musikstücke und Videos auf illegalen Tauschbörsen angeboten werden, wie es in Wohngemeinschaften oder Mehrpersonenhaushalten vorkommen kann.
Allerdings wurde diese Art der Haftung für Betreiber von Internetzugängen (zum Beispiel in Cafés oder Hotels) über drahtlose lokale Netzwerke (WLAN) durch eine Änderung des Telemediengesetzes 2017 eingeschränkt bzw. abgeschafft. WLAN-Betreiber sollen demnach ihre Dienste Dritten anbieten können, ohne befürchten zu müssen, für Rechtsverstöße von Nutzern abgemahnt oder haftbar gemacht zu werden (Link: https://dejure.org/gesetze/TMG/8.html).
Ebenso können grundsätzlich auch Forenbetreiber abgemahnt werden, wenn in deren Forum Nutzer beleidigt oder deren Persönlichkeitsrechte verletzt werden.
Daneben haben auch einige Rechtsanwälte und Kanzleien das Abmahnwesen als lukratives Geschäftsmodell entdeckt. Das führt nicht selten zu einer missbräuchlichen Anwendung von Abmahnungen. Zum Teil automatisierte “Abmahnwellen” zielen dann weniger auf die Beseitigung von Urheberrechtsverletzungen, sondern vielmehr darauf ab, die Rechtsanwaltsvergütungen und Schadensersatzansprüche als zusätzliche Einnahmenquelle in den Vordergrund zu stellen.
Warum wird man abgemahnt?
Eine Abmahnung ist dazu gedacht, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu umgehen, indem sich derjenige, der seine Rechte verletzt sieht, mit der Gegenseite auseinandersetzt und versucht, den Rechtsverstoß außergerichtlich zu regeln.
Gründe für Abmahnungen im Internet können sein:
- Beleidigungen
- Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht, z.B. ungefragt Veröffentlichungen von Personenaufnahmen
- Verstöße gegen das Markenrecht, z.B. Verkauf von Markenfälschungen auf Auktionsportalen.
Die häufigsten Gründe für Abmahnungen sind aber
- Urheberrechtsverletzungen im Internet.
Die Palette der möglichen Urheberrechtsverletzungen reicht dabei von der illegalen Nutzung von Tauschbörsen bis hin zur unbedachten Weiterverbreitung von Bildern und Videos in Sozialen Netzwerken.
Was tun bei einer Abmahnung?
Landet eine Abmahnung im Briefkasten, ist der Schock erst einmal groß. Trotzdem ist das Wichtigste: Ruhe bewahren und genau prüfen, was eigentlich gefordert wird.
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Der konkrete Inhalt einer Abmahnung hängt immer mit der jeweiligen Rechtsverletzung zusammen. Je nachdem, wie detailliert der Vorwurf der Rechtsverletzung erläutert wird, erhält man schon einen ersten Hinweis, ob es sich um eine Serienabmahnung handelt oder nicht.
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Aber auch wenn der Verdacht besteht, eine Serienabmahnung vorliegen zu haben, sollte man diese immer ernst nehmen und unbedingt darauf reagieren.
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In der Abmahnung wird der Empfänger aufgefordert, eine sogenannte Unterlassungserklärung abzugeben und die Anwaltskosten zu übernehmen. Je nach Fall können auch noch Schadensersatzforderungen aufgelistet sein.
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Darüber hinaus wird üblicherweise wird auch eine Frist genannt, innerhalb der die Forderungen zu erfüllen sind.
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Bei Erhalt einer Abmahnung ist es ratsam, sich rechtlich beraten lassen - und zwar noch vor Ablauf der gesetzten Frist. Denn lässt man die Frist verstreichen, besteht die Gefahr, dass der Abmahnende doch den Weg vor ein Gericht beschreitet.
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Ein Rechtsanwalt kann die Abmahnung prüfen und beurteilen, ob diese berechtigt ist. Ist dies der Fall, bleibt dem Abgemahnten im Grunde keine andere Wahl, als die Forderungen zu erfüllen um weitere Kosten, wie z.B. Gerichtskosten zu vermeiden. Im Einzelfall kann eventuell noch über die Höhe des geforderten Schadensersatzes und den Streitwert bzw. die Formulierung der Unterlassungserklärung verhandelt werden.
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Bei ernsthaften Zweifeln an der Berechtigung der Abmahnung, muss man dieser auch nicht Folge leisten und kann die Forderung der Abmahnkanzlei zurückweisen.
Wie hoch sind die Abmahnkosten?
Unabhängig von einem eventuellen Schadensersatz, der gefordert wird, fallen bei einer Abmahnung immer Kosten in Form von Rechtsanwaltsgebühren an.
Die Höhe der Gebühren orientiert sich am Gegenstandswert (“Streitwert”) und berechnet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Das Problem bei Urheberrechtsverletzungen im Internet ist dabei allerdings, dass der jeweilige Gegenstandswert nur schwer zu berechnen ist. Die Frage zum Beispiel, wie viel es dem Abmahnenden wert ist, dass sein Bild nicht mehr unerlaubt auf einer Webseite zu sehen ist, kann nur vage beantwortet werden und wird in der Regel vom Verletzten selbst geschätzt. So entstehen schnell beachtliche Streitwerte und damit auch hohe Rechtsanwaltsgebühren.
Durch das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ vom 1. Oktober 2013 wurde das Urheberrechtsgesetz dahingehend geändert, dass bei geringfügigen Urheberrechtsverletzungen ein Gegenstandswert in Höhe von 1000 Euro angesetzt werden darf, wenn es sich um die erste Abmahnung handelt (§ 97a Abs. 2 Urheberrechtsgesetz). Damit werden die Abmahnkosten auf rund 150 Euro gedeckelt.
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