Wintergemüse von früher - neu auf den Tisch
Von: Jutta Kamensky - VerbraucherService Bayern
- Was sind alte Gemüsearten?
- Einkauf alter Gemüsearten
- Vorteile der alten Gemüsesearten
- Wintergemüse von früher - genauer betrachtet:
- Pastinake
- Topinambur
- Steckrübe
- Rote Beete
- Schwarzwurzel
- Petersilienwurzel
- Winter-Portulak
- Alte Gemüsearten im Winter - ein vielseitiger Genuss
Was sind alte Gemüsearten?
So genannte "alte Gemüsearten" sind einheimische Kulturpflanzen, die vor 100 Jahren noch zum Standard in jeder Küche gehörten. Diese Grundnahrungsmittel von früher wie Pastinake, Steckrübe und Topinambur verschwanden irgendwann vom Markt. Rote Beete, Schwarz- oder Petersilienwurzel fristeten lange Zeit ein Mauerblümchendasein.
Rund drei Viertel aller Kulturpflanzen von früher gingen laut Vereinten Nationen (UN) mit der steigenden Mechanisierung und Rationalisierung der Landwirtschaft verloren. Denn Gemüse, das heute im Supermarkt verkauft werden soll, muss in Form und Farbe gleich aussehen, schnell wachsen, leicht zu verpacken und lagerfähig sein.
Die Anforderungen des Handels und letztendlich auch der Verbraucher an Aussehen und Form sind dafür ursächlich zu nennen.
Außer dem altbewährten Gemüse sind damit auch das Fachwissen, die Samen, die Rezepturen regionaler Spezialitäten und vielfältige Geschmackserlebnisse nicht mehr präsent.
Einkauf alter Gemüsearten
Der Wunsch nach mehr regionalen und saisonalen Produkten machte es möglich, dass die Gemüsearten von früher eine Renaissance erleben. So entstanden in den letzten Jahren auch zahlreiche kleine Vereine, die sich um den Erhalt und die Verbreitung dieser Kulturschätze kümmern. Die alten Gemüsearten werden nun wieder auf Wochenmärkten, in Bioläden, beim Direktvermarkter oder einzelnen Supermärkten verkauft. Angeboten wird nur, was Saison hat. Dann ist das Gemüse besonders frisch und weist einen hohen Nährstoffgehalt auf. Manche Gaststätten setzen die pflanzlichen Kostbarkeiten vermehrt auf die Speisekarte und Hobbygärtner bauen sie im eigenen Garten an.
Vorteile der alten Gemüsearten
Es gibt viele gute Gründe, die das Gemüse aus Omas Küche so besonders machen.
Alte Gemüsearten...
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bringen neue und intensive Geschmackserlebnisse,
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bereichern die Mahlzeit durch eine breite Palette an Farben, Formen und Strukturen der Produkte,
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liefern zahlreiche Nährwerte für die Gesundheit und vor allem zur Stärkung der Abwehrkräfte im Winter,
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kosten zum Teil weniger als importierte Ware, weil sie regional und saisonal verkauft werden,
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sorgen für Abwechslung im Speiseplan, lassen sich vielseitig zubereiten und wecken die Experimentierfreude,
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sind länger haltbar als moderne Sorten,
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beleben die Rezepte regionaler Spezialitäten wieder und erhalten ein wichtiges Kulturgut.
Wintergemüse von früher - genauer betrachtet
Pastinake
Früher auch Hammelmöhre genannt, zählte die Pastinake bis Mitte des 18. Jahrhunderts zu den Grundnahrungsmitteln. Dann wurde sie von Möhren und Kartoffeln abgelöst. Die gelblich-weißen Rüben sehen aus wie die große Schwester der Petersilienwurzel und schmecken nussig und leicht süßlich. Durch ihr feines Aroma und die gute Bekömmlichkeit werden sie auch gerne für die Babynahrung verwendet. Da der Zuckergehalt der Wurzel mit dem ersten Frost ansteigt, brauten die Iren daraus Bier und in England trank man Pastinakenwein. Eingekocht zu dickflüssigem Sirup, als Brotaufstrich oder getrocknet und zu Mehl vermahlen für Kuchen und Brot, stillte die Pastinake in Notzeiten oftmals den Hunger.
Einkauf:
Beim Einkauf zwischen Mitte September bis März sollten kleinere (bis zu 20cm lang), feste Rüben mit frischen, grünen Blättern bevorzugt werden, weil sie zarter sind. Pastinaken halten sich im Kühlschrank, eingewickelt in ein feuchtes Tuch, bis zu 14 Tagen. Im kühlen Keller kann man sie mehrere Wochen aufbewahren. Blanchiert lassen sich Pastinaken auch gut einfrieren.
Zubereitung:
Gekocht wie Kartoffeln, als Pastinaken-Pommes oder Chips im Ofen gebacken, gebraten, zu Auflauf, Suppe oder Püree verarbeitet, Pastinaken sind vielseitig in der Zubereitung. Ähnlich wie bei Kohlrabi eignen sich die Blätter auch als Würze. Roh, grob geraspelt, zusammen mit Nüssen, Möhren, Äpfeln oder Birnen und einem Dressing aus süßlichem Essig und etwas Honig machen die Pastinaken den Salat zum Gaumenschmaus.
Inhaltsstoffe der Pastinake:
Durch ihren hohen Stärkeanteil sättigen Pastinaken gut. Ihre ätherischen Öle machen sie leicht verdaulich und wirken antibakteriell. Sie sind reich an Kalium und damit harntreibend, Calcium, Magnesium und Ballaststoffen, aber fettarm und deshalb gut für die Figur. Dazu liefern die Pastinaken noch Vitamin B2 für gesunde Haut und Haare.
Topinambur
Erdbirne oder Erdartischocke, wie Topinambur auch heißt, hat ungefähr die Größe einer Kartoffel. Die weiße, gelbe, rote oder violettfarbene Schale ist aber viel runzeliger. Ihre Form erinnert an Ingwer und das nussig-süßliche Fruchtfleisch an Artischocke.
Einkauf:
Auf dem Markt ist Topinambur von Oktober bis Mai erhältlich. Die Knollen sollten alsbald verbraucht werden, denn durch die dünne Schale verlieren sie viel Wasser und werden schrumpelig. Im geschlossenen Behälter im Kühlschrank sollte man Topinambur höchstens zwei Wochen aufbewahren.
Zubereitung:
Als echter Tausendsassa in der Küche passt Topinambur in Aufläufe, Eintöpfe und in Suppen. Man kann ihn aber auch im Brotteig verarbeiten, als Chips und Rösti backen oder als feines Püree oder leichte Cremesuppe servieren.
Ob roh geraspelt als Salat mit Sellerie und Mandarinen oder in Scheiben geschnitten als leckeres Carpaccio zubereitet, Topinambur ist vielseitig und flexibel. Es reicht, die Knolle gut zu bürsten, denn die Schale kann man mitessen. Aus Topinambur wird auch Schnaps gebrannt. Der Handel verkauft Mehl, Granulat, Tee- oder Saftpulver aus der süßen Knolle.
Inhaltsstoffe des Topinamburs:
Topinambur hat mit 12 Gramm pro 100 Gramm Rohware einen sehr hohen Anteil an Ballaststoffen. Dabei handelt es sich vor allem um den löslichen Ballaststoff Inulin. Er sorgt für ein langes Sättigungsgefühl und beeinflusst kaum den Blutzuckerspiegel. Inulin fördert die Verdauung und stärkt die Abwehrkräfte. Wer auf Topinambur mit Blähungen reagiert, gibt in die Speise etwas Kümmel oder Fenchel dazu. Topinambur ist außerdem reich an Eisen, Kalium und B-Vitaminen.
Steckrübe
Es war vor allem ihr Ruf als Arme-Leute-Essen, der die Steckrübe aus den Küchen verbannt hat. Das als Steck-, Kohl-, Butter-, Runkelrübe oder in Bayern als Dodschen bezeichnete Gemüse war eines der wenigen verfügbaren Grundnahrungsmittel in den Weltkriegen. Langsam hält das vielseitige Wintergemüse aber wieder Einzug in die Ernährung. Bei der Steckrübe verbirgt sich ein gelbes Fruchtfleisch unter einer glatten gelblich, rötlich-grünen oder auch violetten Schale. Der süßlich-aromatische, leicht scharfe Geschmack ist mit Kohlrabi vergleichbar.
Einkauf:
Kleinere Rüben sind meist zarter und aromatischer. Nach dem Kauf zwischen Mitte September bis Mai sollten die Blätter entfernt werden, sonst wird die Steckrübe weich. Man kann Steckrüben einlagern wie Kartoffeln.
Zubereitung:
Der deftige Eintopf mit Fleisch gilt als Klassiker unter den Gerichten mit Steckrüben. Aber auch als Gratin und als Rösti gebraten oder roh in den Salat geschnippelt bringt die Steckrübe Genussmomente. Mit ihrem nussigen Aroma überzeugt sie als Beilage, entweder in Stücke geschnitten oder püriert, zu gebratenem Fisch.
Inhaltsstoffe der Steckrübe:
Steckrüben gehören wie die meisten alten Gemüsearten zu den kalorienarmen Lebensmitteln. Passend zum Verzehr im Winter liefern sie viel Vitamin C, Beta-Carotin und reichlich Ballaststoffe, aber auch Kalium, sekundäre Pflanzenstoffe und B-Vitamine. Ihre ätherischen Öle beruhigen Magen und Darm.
Rote Beete
Die runde oder längliche Rote Beete besticht durch ihr dunkelrotes Fruchtfleisch und ihren leicht erdig-nussigen Geschmack. Rote Rüben, die auch Namen wie Randen oder Rahner tragen, sind fest und haben eine glatte Schale. Je nach Sorte kann das Fruchtfleisch auch gelb, weiß oder nur teilweise von weißen Ringen durchzogen sein.
Einkauf:
Aus heimischem Anbau wird Rote Beete als typisches Wintergemüse von September bis ins Frühjahr verkauft. Im Supermarkt erhält man sie das ganze Jahr, meist vorgegart und in Kunststofffolie eingeschweißt. Rote Beete hält im Kühlschrank ein bis zwei Wochen frisch, gekocht und tiefgekühlt viele Monate.
Zubereitung:
Sauer eingelegt und zur Brotzeit genossen, ist typisch für den Genuss von Roter Beete. Gekocht als Beilage, als Suppe wie zum Beispiel der russische Borschtsch, im Ofen gebacken oder roh geraspelt mit Äpfeln und einem Frischkäse-Meerrettich-Dressing schmeckt sie auch. Wer viel Rote Beete im eigenen Garten erntet, macht Saft daraus.
Inhaltsstoffe der Rote Beete:
Günstig für die Ernährung in der Winterzeit enthält Rote Beete viel Eisen und Folsäure. Der hohe Gehalt am sekundären Pflanzenstoff Betanin, der dem Gemüse die rote Farbe verleiht, stärkt das Immunsystem und schützt die Gefäße.
Schwarzwurzel
Das klassische Wintergemüse heißt auch Winterspargel oder Spargel der armen Leute, weil die Schwarzwurzel dem Spargel so ähnlich sieht. Auf den ersten Blick macht das runzelige Gemüse eher keinen appetitlichen Eindruck. In der Beschaffenheit gleichen die dünnen, langen Stangen der Möhre, ihre bräunliche Schale wirkt wie Kork. Im Geschmack ist weißliche Schwarzwurzel leicht nussig und intensiv würzig.
Einkauf:
Frische Stangen sind fest und von Oktober bis April im Angebot. Eingewickelt in ein feuchtes Tuch bleiben Schwarzwurzeln im Kühlschrank bis zu zwei Wochen brauchbar. Im trockenen und kühlen Keller kann man sie mehrere Wochen lagern.
Zubereitung:
Schwarzwurzeln eignen sich als Zutat in Suppen, Aufläufen oder zusammen mit Möhren und Erbsen für die Zubereitung von Rahmgemüse. Ein intensiv pikantes Aroma entsteht beim Braten der Wurzeln in der Pfanne. Ähnlich wie Spargel passen Schwarzwurzeln als gekochte Beilage mit Bechamelsauce oder in Butter geschwenkt zu Kartoffeln und Fleischgerichten. Einen feiner Herbstsalat ergeben rohe Schwarzwurzeln, gemischt mit Walnüssen, Birnen und Möhren.
Inhaltsstoffe der Schwarzwurzel:
Bei rund 18 Gramm pro 100 Gramm Ware nimmt die Schwarzwurzel unter den ballaststoffhaltigen Gemüsearten einen Spitzenplatz ein. Dazu enthält sie sehr viel Eisen, Vitamin E und reichlich Kalium, Magnesium und B-Vitamine für gute Nerven.
Petersilienwurzel
Meistens kennt man die Petersilienwurzel nur als Zutat im Bund von Suppengrün und weniger als typisches Wintergemüse, das auch solo eine kulinarische Bereicherung ist. Ihre Form gleicht einem Kegel und die Farbe ist gelblich-weiß. Wurzelpetersilie duftet nach Petersilie, wobei ihr Geschmack deutlich ausgeprägter als der von Blattpetersilie ist.
Einkauf:
Petersilienwurzel hat von Oktober bis Februar Hochsaison. Auch hier ist darauf zu achten, dass Wurzeln und Blätter fest und knackig sind. In ein feuchtes Tuch gewickelt, bleibt die Petersilienwurzel ein bis zwei Wochen im Kühlschrank frisch.
Zubereitung:
Außer als Zutat für ein kräftiges Aroma in Suppe und Eintopf kann Petersilienwurzel auch für Ofengemüse, Püree oder Cremesuppen verwendet werden. Gedünstet und mit etwas Zucker oder Honig karamellisiert ergibt sie eine feine Beilage zu Wild, Geflügel oder Fleisch. In feine Scheiben geschnitten und im Backofen geröstet wird aus der kleinen Wurzel schnell eine köstliche Knabberei. Petersilienwurzel kann man auch roh mit der Schale essen.
Inhaltsstoffe der Petersilienwurzel:
In der Winterzeit sollte Petersilienwurzel mit ihrem sehr hohen Gehalt an Vitamin C häufig auf den Tisch kommen. Zudem fördert sie die Gesundheit mit reichlich B-Vitaminen, Kalium und ätherischen Ölen.
Winterportulak
Winterportulak, Winter-Postelein, Kubaspinat oder Tellerkraut hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Feldsalat, nur die Blätter sind tellerformig. Das kleine Feldgemüse schmeckt leicht nussig-säuerlich, fast wie saftige Spinatblätter. Mit dem Sommer-Portulak ist er botanisch nicht verwandt.
Einkauf:
Die Erntezeit für Winterportulak beginnt ab November und zieht sich bis in den April. Beim Einkauf sollte man darauf achten, dass die Blätter vom Winterportulak noch klein sind und keine ausgetrockneten Stiele haben. Im Kühlschrank hält er sich höchstens ein bis zwei Tage.
Zubereitung:
Roh als Salat mit Orangenfilets, gerösteten Nüssen, Radicchio und einer Marinade aus Himbeeressig und Öl schmeckt Winterportulak köstlich. Er bringt auch in Kräuterquark, Dips und Rührei eine besonders würzige Note hinein. Anstatt Schnittlauch kann man ihn auf ein Butterbrot streuen oder auf die Cremesuppe zur Dekoration. Dickere Blätter für eine Gemüsebeilage sollten vor dem Verzehr kurz blanchiert oder in Öl gedünstet werden.
Inhaltsstoffe des Winterportulaks:
Für Figurbewusste ist Winterportulak mit rund 90 Prozent Wasseranteil ideal. Der sehr hohe Vitamin C-Gehalt macht Winterportulak in der kalten Jahreszeit quasi zum Pflichtprogramm. Er liefert außerdem viel Beta-Carotin, Calcium, Magnesium, Kalium, Eisen, Folsäure und Omega-3-Fettsäuren zum Schutz vor Herz-Kreislauferkrankungen.
Alte Gemüsearten im Winter - ein vielseitiger Genuss
Im Winter ist das Gemüseangebot meist etwas kleiner als im Sommer. Wer experimentierfreudig ist, kann die Auswahl mit der Zubereitung alter Gemüsearten vergrößern. Kulinarisch und gesundheitlich mit den Schätzen aus Omas Küche aus dem Vollen zu schöpfen, das gefällt nicht nur Magen und Sinnen. Auch die Seele freut sich über die Erinnerung an vertraute Düfte, Speisen aus Kindheitstagen und dem Aufleben lassen alter Traditionen aus der Heimatregion.
- Arche Noah
- Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. (VEN)
- StMELF: Regionales Bayern
- Kompetenzzentrum für Ernährung - Kompendium "Alte Sorten"
- Bücher: Steinberger, B. (2017): Alte Gemüse. Die Wiederentdeckung des Geschmacks. blv-Verlag
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