Patientenrechte und Arzthaftung in Fragen und Antworten
Von: Andrea Estermeier - VerbraucherService Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Welche Rechte habe ich als Verbraucher (Patient) gegenüber dem Behandelnden (Arzt, Krankenhaus)?
- Welche Arten von ärztlichen Fehlern gibt es?
- Was ist die Rechtsfolge eines ärztlichen Fehlers?
- Wann verjähren die Ansprüche des Patienten?
- Was ist bei einem vermuteten Haftungsfall zu tun?
- Welche Rechte haben Patienten gegenüber den Krankenkassen und Pflegekassen?
Welche Rechte habe ich als Verbraucher (Patient) gegenüber dem Behandelnden (Arzt, Krankenhaus)?
Eine Ursache dafür, dass Patienten immer häufiger ihre Rechte wahrnehmen, ist wohl das 2013 in Kraft getretene Patientenrechtegesetz. Es stärkt die Rechte der Betroffenen gegenüber Behandelnden und Krankenkassen und erleichtert deren Durchsetzung. Folgende Rechte haben Patienten demnach:
Information
Patienten sind zu Beginn einer Behandlung grundsätzlich umfassend und verständlich über alle relevanten Details der Behandlung zu informieren. Dazu gehört zum Beispiel die Diagnose, der Verlauf der Therapie, die gesundheitliche Entwicklung und die während oder nach einer Therapie zu ergreifenden Maßnahmen.
Aufklärung und Einwilligung
Vor einer medizinischen Behandlung, vor allem wenn sie einen Eingriff in den Körper oder die Gesundheit darstellt, muss der Patient grundsätzlich in die Behandlung einwilligen. Für eine wirksame Einwilligung ist Voraussetzung, dass der Patient umfassend über die Folgen, Risiken und die möglichen Alternativbehandlungen sowie über die Notwendigkeit und die Erfolgsaussichten einer Behandlung aufgeklärt wird. Die Aufklärung muss durch ein persönliches Gespräch rechtzeitig vor Beginn der Behandlung erfolgen und für den Patienten verständlich sein.
Aushändigung von Abschriften
Werden in diesem Rahmen Unterlagen zur Unterschrift vorgelegt, hat der Patient einen Anspruch auf Aushändigung von Abschriften.
Patientenakte einsehen
Kommt es zur Behandlung, ist der Behandelnde verpflichtet eine Patientenakte anzulegen. In dieser Akte sind sämtliche für die Behandlung relevanten Maßnahmen und Ergebnisse einzutragen, wie z.B. die Diagnosen, durchgeführten Therapien, Befunde, Untersuchungen, aber auch die Einwilligung und die o.g. Aufklärungen. Dem Patienten steht grundsätzlich das Recht zur Einsichtnahme in die Patientenakte zu.
Wird die Patientenakte nicht ordnungsgemäß geführt und fehlen z. B. durchgeführte Maßnahmen oder Diagnosen, so wird zu Gunsten des Patienten vermutet, dass diese Maßnahmen nicht durchgeführt wurden. Dies führt zu Erleichterungen beim Beweis eines Behandlungsfehlers.
Welche Arten von ärztlichen Fehlern gibt es?
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Behandelnde den zum Zeitpunkt der Behandlung anerkannten und gesicherten Stand der ärztlichen Standards unterschreitet. Das kann zum Beispiel unzureichende Hygiene, die falsche Diagnose oder auch die falsche Therapiewahl sein, beispielsweise in Form der Verordnung eines falschen Medikamentes.
Ein Aufklärungsfehler liegt dann vor, wenn der Behandelnde den Patienten über eine medizinische Maßnahme, in die der Patient einwilligen soll, nicht oder falsch aufgeklärt hat.
Was ist die Rechtsfolge eines ärztlichen Fehlers?
Macht der Arzt bei der Behandlung oder im Rahmen der Aufklärung einen Fehler, so hat er dafür Schadensersatz zu leisten - entweder aufgrund eines Behandlungsvertrages oder aufgrund des Deliktsrechts.
Liegt ein Haftungsfall vor, muss der Behandelnde sowohl die Schäden, die in der Verletzung selbst liegen, als auch etwaige Folgeschäden ersetzen. Das können weitere Heilbehandlungskosten, Pflegekosten, vermehrte Bedürfnisse oder auch Verdienstausfälle sein. Daneben wird gegebenenfalls Schmerzensgeld geschuldet.
Folgt die Haftung aus einem Behandlungsvertrag, werden darüber hinaus reine Vermögensschäden ersetzt. Ein Beispiel dafür sind die aufgewendeten Behandlungskosten, wenn die ärztliche Behandlung völlig unbrauchbar oder vollkommen überflüssig war.
Wann verjähren die Ansprüche des Patienten?
Die Ansprüche aus einem Behandlungs- oder Aufklärungsfehler verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Verjährungsbeginn ist dabei das Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Patient Kenntnis von dem Fehler erlangt hat.
Was ist bei einem vermuteten Haftungsfall zu tun?
Klarheit über den Ablauf und die Art der Behandlung
Zunächst sollten Sie sich Klarheit über den Ablauf und die Art der Behandlung und die Beteiligten verschaffen und dies schriftlich festhalten. Es muss erkennbar sein, was gemacht wurde, wer der Behandelnde war und worin der Behandlungs- oder Aufklärungsfehler gesehen wird. Dafür kann unter Umständen auch die Einsichtnahme in die Patientenakte notwendig sein und weiteren Aufschluss geben.
Das Gespräch suchen
Anschließend sollten Sie das Gespräch mit dem Behandelnden suchen, gegebenenfalls auch mit dessen Haftpflichtversicherung, um die Möglichkeit einer gütlichen Einigung ausloten. Zum Gespräch sollten Sie einen Zeugen mitnehmen.
Die Krankenversicherung informieren
Parallel sollten Sie Ihre Krankenversicherung über den Vorfall informieren. Die Kranken- und Pflegekassen sind bei Behandlungsfehlern verpflichtet, ihren Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen. Dies kann z.B. durch die Erstellung eines Gutachtens durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) geschehen, welches in einem späteren Verfahren gegebenenfalls als Beweismittel dienen kann.
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Landesärztekammern
Sollte eine einvernehmliche Einigung mit dem Behandelnden nicht möglich oder nicht gewollt sein, können Sie sich an die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen wenden, die bei den Landesärztekammern eingerichtet sind. Sie stellen eine außergerichtliche Möglichkeit dar, um zwischen Arzt und Patienten durch Stellungnahmen und Gutachten zu vermitteln. Die Stellungnahmen sind für beide Seiten nicht verbindlich. Die Einschaltung ist für den Patienten kostenlos. Der Behandelnde muss jedoch dem Verfahren zustimmen. Gegen seinen Willen kann die Schlichtungsstelle nicht aktiv werden.
Gerichtliches Verfahren
Schließlich bleiben noch das gerichtliche Verfahren und die Beratung beim Rechtsanwalt. Dies kann jederzeit eingeleitet werden. Unabhängig davon, ob ein Schlichtungsverfahren noch aktiv ist oder schon abgeschlossen wurde.
Welche Rechte haben Patienten gegenüber den Krankenkassen und Pflegekassen?
Durch das Patientenrechtegesetz haben sich auch die Rechte des Patienten gegenüber seiner Kranken- und Pflegekasse verbessert. So bekommen die Krankenkassen in Genehmigungsverfahren eine Frist gesetzt. Ein Genehmigungsverfahren kann beispielsweise eine beantragte Rehabilitationsmaßnahme sein. Die Frist beträgt drei Wochen, bei der Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) fünf Wochen. Die Kranken- oder Pflegekasse muss innerhalb dieser Frist über die beantragte Maßnahme hinreichend begründet entscheiden. Geschieht dies nicht, gilt der Antrag als genehmigt und der Versicherte kann sich die Leistung auf Kosten der Kranken- oder Pflegekasse selbst beschaffen.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.