Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung: Das sollten Sie wissen
Von: Andrea Estermeier - VerbraucherService Bayern im KDFB e. V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Checkliste zum Verfassen einer Patientenverfügung
- Gesetz zur Patientenverfügung
- Inhalt: Konkrete Anweisungen und Formulierungen wichtig
- Persönliche Wertvorstellungen
- Ergänzende Vorsorgevollmacht empfehlenswert
- Betreuungsverfügung
- Aufbewahrung der Patientenverfügung
Checkliste zum Verfassen einer Patientenverfügung
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Eine Patientenverfügung muss schriftlich verfasst und eigenhändig unterschrieben werden.
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Eine Patientenverfügung kann bei bestehender Einwilligungsfähigkeit jederzeit geändert oder widerrufen werden.
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Es ist wichtig, die Anweisungen so konkret wie möglich zu formulieren: Sie müssen beschreiben, in welchen Situationen die Patientenverfügung gelten soll und welche Behandlungswünsche Sie in diesen Situationen haben.
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Lassen Sie sich fachkundig beraten: von Ärzt/-innen, einer Patientenorganisation und/oder einer Anwältin oder einem Anwalt.
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Verbinden Sie die Patientenverfügung möglichst mit einer Vorsorgevollmacht und/oder einer Betreuungsverfügung.
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Besprechen Sie die Patientenverfügung mit Ihrer/-m Bevollmächtigte/-n oder Wunschbetreuer/-in. So stellen Sie sicher, dass die Personen Ihres Vertrauens informiert sind und in Ihrem Sinne handeln können.
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Es ist empfehlenswert, eine Patientenverfügung in bestimmten Zeitabständen und bei schwerer Erkrankung zu überprüfen, zu aktualisieren und erneut zu unterschreiben.
Gesetz zur Patientenverfügung: Ärzt/-innen müssen Willen des Patienten/der Patientin folgen
Seit dem 01.09.2009 gelten verbindliche Regelungen zur Wirksamkeit und Reichweite von Patientenverfügungen (geregelt in § 1901 a Bürgerliches Gesetzbuch). Jede/-r einwilligungsfähige Volljährige kann demnach eine Patientenverfügung erstellen. In einer Patientenverfügung kann man für den Fall, dass man selbst nicht mehr entscheiden kann, schriftlich im Voraus festlegen, ob und wie man in bestimmten Situationen ärztlich behandelt werden möchte. Die Patientenverfügung richtet sich vorrangig an die Ärztin oder den Arzt und das Behandlungsteam.
Das Gesetz schreibt insbesondere vor, dass Ärzt/-innen dem schriftlichen Willen des Patienten oder der Patientin folgen müssen. Gemeinsam mit Betreuenden oder Bevollmächtigten müssen sie prüfen, ob die Patientenverfügung auf die konkrete Behandlungssituation zutrifft. Sind sich alle Beteiligten einig, gilt der schriftliche Wille aus der Patientenverfügung. Nur bei Meinungsverschiedenheiten muss das Betreuungsgericht eingeschaltet werden.
Der festgestellte Wille des Patienten oder der Patientin ist unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung zu beachten. Das bedeutet, dass ein Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen auch dann möglich ist, wenn die Krankheit keinen tödlichen Verlauf nehmen würde.
Inhalt: Konkrete Anweisungen und Formulierungen wichtig
Aber: Was ist, wenn eine verunglückte Autofahrerin zwei Wochen lang künstlich beatmet und ernährt werden müsste, um wieder gesund zu werden, sich in der Patientenverfügung aber ausdrücklich gegen derlei Maßnahmen ausspricht? Um Missverständnisse zu vermeiden, müssen die Anweisungen so konkret wie möglich formuliert sein. Wenig hilfreich sind vage Hinweise auf "qualvolles Leiden", "angemessene Umstände" oder die "Apparatemedizin". Besser ist es, genau aufzuschreiben, in welchen Fällen auf Wiederbelebungsversuche, künstliche Beatmung oder Chemotherapie verzichtet werden soll.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschlüssen vom 6. Juli 2016 (XII ZB 61/16) und 8. Februar 2017 (XII ZB 604/15) klargestellt, dass eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nur wirksam ist, wenn sie präzise formulierte Entscheidungen beinhaltet. Die Patientenverfügung muss sowohl konkrete Behandlungssituationen enthalten wie auch eine genaue Bezeichnung der ärztlichen Maßnahmen, in die eingewilligt oder die untersagt werden.
Liegt bereits eine schwere Erkrankung vor, empfiehlt es sich, ausführlich mit seiner Ärztin oder seinem Arzt zu sprechen: über den Krankheitsverlauf, mögliche Komplikationen, übliche Behandlungsmethoden und eine geeignete Schmerztherapie. Diese Details sollten in die Patientenverfügung.
Trifft die Patientenverfügung auf die eingetretene Krankheitssituation zu, so muss der Arzt/die Ärztin diese umsetzen. Die Missachtung des Patientenwillens kann als Körperverletzung strafbar sein. Mit dem Patientenrechtegesetz, das am 26.02.2013 in Kraft getreten ist, wird nochmals ausdrücklich die Bindung der Ärzt/-innen an eine Patientenverfügung geregelt (§ 630 d Bürgerliches Gesetzbuch).
Schiedsstelle Patientenverfügungen: Kostenloser Service der Deutschen Stiftung Patientenschutz (ehemals Deutsche Hospiz Stiftung), die bei Konflikten um Patientenverfügungen berät und zwischen den Beteiligten vermittelt.
Betroffene, egal ob Ärzt/-innen oder Angehörige, können sich an die Schiedsstelle wenden. Patientenverfügungen werden dann binnen 2 Werktagen gebührenfrei geprüft.
Persönliche Wertvorstellungen sollen in die Patientenverfügung
Als junger und gesunder Mensch kann man nicht alle Krankheitszustände vorwegnehmen oder die verbleibende Lebensqualität in einer solchen Situation beurteilen. Für Ärzt/-innen und Angehörige ist es daher hilfreich, die Beweggründe und persönlichen Wertvorstellungen der betroffenen Person zu kennen. Dazu gehören religiöse und ethische Anschauungen, die Einstellung zum eigenen Leben und Sterben, aber auch Erfahrungen mit dem Leid anderer. Das lässt Rückschlüsse auf die Behandlungswünsche eines kranken Menschen zu, der nicht mehr in der Lage ist, eine eigene Entscheidung zu treffen, sollte die Patientenverfügung im konkreten Fall nicht eindeutig formuliert sein.
Ergänzende Vorsorgevollmacht empfehlenswert
Um Ihrer Patientenverfügung gegenüber Ärzt/-innen und Pflegepersonal Geltung zu verschaffen, empfiehlt sich zusätzlich eine schriftliche Vorsorgevollmacht als Ergänzung zur Patientenverfügung. Die meisten Menschen gehen wie selbstverständlich davon aus, dass nahe Familienangehörige für sie Entscheidungen treffen oder Unterschriften leisten dürfen, wenn sie es selbst nicht mehr können. Doch das stimmt nicht. Liegt keine Bevollmächtigung vor, wird das Betreuungsgericht - sofern notwendig - eine/-n gesetzliche/-n Betreuer/-in bestimmen. Das kann ein/-e Angehörige/-r sein, muss es aber nicht.
Durch die Vorsorgevollmacht können Sie eine Person Ihres Vertrauens ermächtigen, für Sie zu handeln, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. In einer Vorsorgevollmacht kann man für verschiedene Aufgabengebiete (Gesundheitsfürsorge und Vermögensangelegenheiten) jeweils eine eigene bevollmächtigte Person einsetzen. Vermögensrechtliche Angelegenheiten sind zum Beispiel Einzahlungen und Abhebungen von einem Bankkonto, der Abschluss oder die Kündigung eines Mietvertrages oder der Abschluss eines Heimvertrages.
Bei der Gesundheitsfürsorge geht es um folgende Fragen: Wer darf bei Operationen und sonstigen medizinischen Maßnahmen entscheiden? Wer darf die Krankenakte einsehen? Wer darf von Ärzt/-innen Auskunft verlangen? Im Fall der Fälle benötigen Sie jemanden, der mit Rechtsmacht für Sie sprechen kann. In der Vollmachtsurkunde lässt sich der Hinweis aufnehmen, dass die angegebene Vertrauensperson gleichzeitig die Umsetzung der Patientenverfügung überwacht. Klären Sie vorab, ob Ihr/-e "Wunschbevollmächtigte/-r" bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen und nach Ihren Wünschen zu handeln.
Machen Sie bei der Abfassung der Vollmacht deutlich, dass Ihre Vollmacht eine gesetzliche Betreuung ersetzen soll.
Betreuungsverfügung: Vorher festlegen, wer sich kümmert
Wer seine Angelegenheiten aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht mehr selbst erledigen kann, für den kann vom zuständigen Amtsgericht ein/-e Betreuer/-in bestellt werden. Dies geschieht jedoch nur dann, wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt.
Für den Fall, dass ein/-e Betreuer/-in bestellt werden muss, ist es möglich, im Voraus bestimmte Anweisungen zu treffen. Dies geschieht durch eine Betreuungsverfügung, die schriftlich erfolgen sollte. Mit einer Betreuungsverfügung können Sie festlegen, wer im Bedarfsfall als Betreuer/-in bestellt werden soll (Wunschbetreuer/-in) oder welche Person keinesfalls zum/zur Betreuer/-in bestellt werden soll.
Sie können dem/der Betreuer/-in vorab auch inhaltliche Anweisungen für seine/ihre Tätigkeit geben. So kann etwa festgelegt werden, welche Ärzt/-innen zu fragen sind oder welches Pflegeheim ausgewählt werden soll. Das Gericht bzw. der/die Betreuer/-in sind grundsätzlich an diese Wünsche gebunden. Nur in Ausnahmefällen, wenn sich die ausgewählte Person als ungeeignet erweist, kann das Gericht eine andere Person bestellen.
Aufbewahrung der Patientenverfügung
Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sollten der bevollmächtigten Person bekannt sein und ihr vorliegen. Der/die Bevollmächtigte kann nur für Sie handeln, wenn er die Vollmacht im Original vorlegen kann.
Damit die Patientenverfügung dem behandelnden Arzt oder Krankenhaus im Notfall so schnell wie möglich ausgehändigt werden kann, ist es ratsam, stets einen Zettel mit den entsprechenden Informationen bei sich zu tragen: Welche Dokumente gibt es? Wo sind diese aufbewahrt? Wer ist die von Ihnen benannte Vertrauensperson?
Sie können Ihre Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung bei der Bundesnotarkammer gebührenpflichtig registrieren lassen (Bundesnotarkammer - Zentrales Vorsorgeregister -, Postfach 080151, 1001 Berlin, www.vorsorgeregister.de). Gerichte können vor Anordnung einer gesetzlichen Betreuung beim Zentralen Vorsorgeregister über einen geschützten Bereich im Internet abfragen, ob es eine Vorsorgeurkunde gibt.
- Kostenloses Online-Tool zur Erstellung einer individuellen Patientenverfügung der Verbraucherzentrale Bayern
- Ratgeber „Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung“ von der Verbraucherzentrale Bayern (kostenpflichtig) unter Tel.: 0211/3809555 oder im Ratgeber-Shop
- Broschüre "Patientenverfügung" des Bundesministeriums für Justiz
- Broschüre zurm Betreuungsrecht des Bundesministeriums für Justiz
- Schiedsstelle Patientenverfügungen der Deutschen Stiftung Patientenschutz
- Qualitätscheck für die Beratung von Patientenverfügungen und konkrete Hilfe bei Ihren Dokumenten (Deutsche Stiftung Patientenschutz)
- Beratung zur Erstellung einer individuellen Patientenverfügung erhalten Sie beim Humanistischen Verband Deutschlands, Bundeszentralstelle Patientenverfügung, Tel.: 030/613904-11.
- Zentrales Vorsorgeregister: Registrierungsstelle für private sowie notarielle Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen aus dem ganzen Bundesgebiet, Tel.: 0800/3550500 (gebührenfrei).
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