Passivhaus und Energieeffizienzhaus
Von: Peter Pospischil - VerbraucherService Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Passivhausstandard und Passivhauskonzept
- Der Effizienzhausstandard der KfW
- Tipps für den Bauherrn
- Planung eines Passivhauses
- Leben im Passivhaus
-
Geschichtliches zum Passivhaus
Passivhausstandard und Passivhauskonzept
Der Passivhausstandard gilt allgemein als Lösung für das Wohnen mit minimalem Energieverbrauch. Sowohl die KfW, als auch einige Kommunen unterstützen diesen Energiestandard über Förderungen. Das Passivhaus ist außerdem der Energiestandard, der bei Neubauten ab etwa 2020 EU-weit erreicht werden soll. Er lässt sich auch auf Nicht-Wohngebäude und Bestandsgebäude übertragen.
Bestechend ist vor allem die von anderen Baustandards unerreichte Behaglichkeit. Das Passivhauskonzept vereint dabei mehrere Eigenschaften:
- Auf der baulichen Seite eine Gebäudehülle, die extrem gut vor Wärmeverlusten geschützt ist. Eine besondere Rolle spielen dabei die Fensterqualität und die Wärmebrückenfreiheit.
- Auf der technischen Seite ist die Ausstattung auf eine Komfortlüftung mit einem hohen Grad an Wärmerückgewinnung reduziert. Ein beinahe beliebiger Wärmeerzeuger sorgt für die Bereitstellung von Warmwasser und etwas Restwärme.
Das Besondere dabei: Da das Gebäude sowohl durch Lüften als auch durch die Außenbauteile extrem geringe Verluste hat, kann die noch benötigte Wärmemenge über die Frischluft in die Räume gebracht werden. Auf die Installation von Flächenheizsystemen oder Heizkörpern kann also verzichtet werden. Alle anderen Baukonzepte erlauben dies nicht, da zusätzlich große Luftmengen umgewälzt werden müssten, um ausreichend Wärme in die Räume zu bringen.
Als Kontrollwerte für diese Eigenschaft dienen der Heizwärmebedarf (er darf 15 kWh/(m²a) nicht überschreiten) und die Messung der Gebäudedichtheit: Durch Undichtigkeiten darf sich bei einer Druckdifferenz von 50 Pa innerhalb einer Stunde nicht mehr als 60% des Luftvolumens austauschen.
Der Effizienzhausstandard der KfW
Der Begriff Effizienzhaus ist ein Qualitätszeichen, das von der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) zusammen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und der KfW entwickelt wurde.
Als KfW- Effizienzhaus gelten Baustandards, welche die heute nach der Energieeinsparverordnung geltenden Grenzwerte um ein von der KfW definiertes Maß unterschreiten. Dabei entspricht der Primärenergiebedarf des Effizienzhauses 100 dem in der jeweils aktuellen Energieeinsparverordnung für einen Neubau geforderten Grenzwert. Es wird im Neubau unterschieden zwischen Effizienzhaus 55, 40 und 40plus, im Gebäudebestand sind Effizienzhaus 115, 100, 85, 70 und 55 förderfähig. Je niedriger die Zahl, desto größer ist die Energieeffizienz des Gebäudes.
Informationen zur KfW - Förderung finden Sie im Förderratgeber für energieeffizientes Bauen der KfW.
Planung eines Passivhauses
Die Planung eines Passivhauses erfolgt am sichersten durch einen geprüften Passivhausplaner oder mit Unterstützung eines versierten Energieberaters. Auch eine Qualitätssicherung während der Bauphase ist unverzichtbar.
Gemeinsam ist Passivhäusern ein kompakter Baukörper. Das bedeutet, dass Vor- und Rücksprünge, wie etwa bei Erkern und Gauben, weitestgehend vermieden werden und dadurch ein möglichst kleines Verhältnis zwischen Außenhülle und eingeschlossenem Volumen erreicht wird.
Die Dämmebene soll ohne Unterbrechungen und Schwachstellen das Gebäude ringsherum gleichmäßig umschließen. Überlegt werden muss in diesem Zusammenhang die Nutzung und der Zugang zum Keller, um einen komplizierten Verlauf von Dämmebenen am Kellerabgang möglichst zu vermeiden.
Weiterhin sind die großen Fensterflächen nach Süden ein gemeinsames Kriterium von Passivhäusern, denn durch sie fällt die Sonnenwärme ins Haus und kann passiv genutzt werden (also ohne Einsatz technischer Systeme als hauptsächliche Wärmequelle). Ein Grundstück, das nach Süden möglichst wenig verschattet ist, erleichtert es, den Passivhausstandard zu erreichen
Durchaus unterschiedlich sind die verwendeten Konstruktionen. Hier ist alles denkbar, womit sich der niedrige Heizwärmebedarf von 15 kWh/(m²a) realisieren lässt. Die Außenbauteile des Passivhauses bestechen mit vergleichsweise niedrigen U-Werten von 0,10 bis 0,15 W/(m²K). Das bedeutet ganz grob doppelt so gut, wie bei einem heute rechtlich gerade noch zulässigen Neubau. Da generell ein Fenster etwa das Vierfache an Wärme verliert wie eine Wandfläche vergleichbarer Größe, spielt die Fensterqualität eine besondere Rolle. Uw -Werte von unter 0,70 W/(m²K) werden angestrebt.
Nicht nur die Gebäudehülle sorgt dafür, dass die Wärme im Haus bleibt. Ebenso wichtig ist die Automatisierung der Lüftung: Frischluft wird im richtigen Maß über einen Erdreich- oder Solewärmetauscher angesaugt, wärmt sich an der verbrauchten Luft, die abgeführt wird, ohne Durchmischung, auf und wird auf die Aufenthaltsräume verteilt. Die Absaugung erfolgt in Küchen und Bädern. Die Leitungslängen werden möglichst gering gehalten, die Querschnitte großzügig gewählt, um Strömungsgeräusche und elektrischen Aufwand so gering wie möglich zu halten. 90% Wärmerückgewinnung sind problemlos realisierbar.
Die Wärmeversorgung wird individuell gewählt: Bei einer verbleibenden Heizlast von 10 W/m² entsteht für eine Wohneinheit mit 120m² eine Last von 1,2 kW, also in der Größenordnung eines Wasserkochers oder Staubsaugers. Bei der jährlich verbrauchten Wärmemenge und der Auslegung der Wärmeerzeugung spielt deshalb die Bereitung von Warmwasser die größere Rolle.
Bei Bedarf wird die Frischluft aufgeheizt und bringt die Wärme in die Räume mit. Zusätzliche Luftströme, die über die aus hygienischen Gründen erforderliche Luftmenge hinausgehen, sind nicht erforderlich. Zusätzliche Heizflächen, wie Handtuchtrockner können realisiert werden.
Um die Energieeffizienz von Passivhäusern sicherzustellen, gilt als weiteres Kriterium der Kennwert Primärenergie. Er ist auf 120 kWh/(m²a) incl. Haushaltsstrom, 40 kWh/(m²a) ohne Haushaltsstrom begrenzt. Maßgeblich ist die Energiebezugsfläche: Bei Wohnhäusern ist dies im Allgemeinen die Wohnfläche.
TIPP: Jährlich im Frühjahr findet die internationale Passivhaustagung statt. Deutschlandweit öffnen immer im November zum Tag des Passivhauses gebaute Passivhäuser ihre Türen für interessierte Besucher. Information hierzu finden Sie bei den regionalen Energieagenturen.
Leben im Passivhaus
Die Lüftungsanlage sorgt für Frischluft in dosierter Menge. Da konventionelle Heizflächen meist fehlen, wird die gewünschte Raumwärme nicht an den Thermostatventilen eingestellt, sondern zentral an der Lüftungsanlage. Die Zuluft wird im Heizfall etwas wärmer als die Raumluft hereinströmen. Mit der verbrauchten Luft wird auch die Raumluftfeuchte nach draußen abgelüftet.
Fälschlicherweise wird oft angenommen, dass im Passivhaus ein Fensteröffnen nicht möglich wäre. Dies ist nicht der Fall. Für das Fensteröffnen gilt: Bei geöffneten Fenstern schalten Sie die Lüftung aus, damit kein Strom verbraucht wird. Etwa zwischen März und Oktober wird ganz nach eigenem Geschmack über die Fenster oder die Anlage gelüftet. Für Allergiker empfiehlt sich die Lüftung über Pollenfilter während der belasteten Zeit. Im Winter sollen Wärmeverluste vermieden werden, deshalb bleiben die Fenster normalerweise zu.
Von Passivhaus-Bewohnern werden beim Heizen in der Regel etwa 1-2°C niedrigere Raumtemperaturen gewählt als in anderen Neubauten. Das liegt an der Oberflächentemperatur der Raumumschließungsflächen, die praktisch genauso hoch liegt wie die Lufttemperatur. Selbst die Oberflächen der Scheiben weichen kaum von der Lufttemperatur ab.
Für den Sommer gilt: was gegen Kälte schützt, schützt auch vor Wärme. Passivhäuser bleiben länger angenehm kühl. Sonnenschutz ist ein Thema, das der Aufmerksamkeit der Planer bedarf. Eine Aufheizung durch einfallende Sonnenstrahlen muss zuverlässig und ohne großen Aufwand vermieden werden können. Dies kann teils auch baulich durch geeignete Dachüberstände gelöst werden. Die Wärme, die im Sommer durch Personen und Geräte entsteht, muss nachts abgelüftet werden können. Über die verschiedenen Möglichkeiten sollten bereits während der Planung Überlegungen angestellt werden.
Holzöfen und Kachelöfen sind selbst in kleinster Ausführung zu mächtig und würden das Haus überheizen. Liebhaber von Kaminfeuer ersetzen sie bisweilen durch Alkoholbrenner mit etwa 1kW Leistung.
Geschichtliches zum Passivhaus
Es gibt einige historische Beispiele von Passivhäusern, die sich aus Brennstoffknappheit oder als Schutz vor Überhitzung entwickelten. Ein Beispiel sind die Torfrasenhäuser in Island (18.Jhdt.), eine Lösung nach der mittelalterlichen Brennholzkrise. Die wissenschaftliche Untersuchung dieses wiederentdeckten Prinzips beginnt Ende der 1970er, Anfang der 80er Jahre anhand einiger Bauprojekte an der DTH Kopenhagen, in Nordamerika und in Deutschland durch das Philips-Experimentierhaus. Die Entwicklung setzt sich bis in die 90er Jahre hinein fort und mündet 1996 in der Gründung des Passivhausinstituts Darmstatt und 2000 in ein europäisches Forschungsprojekt zur Entwicklung und Realisierung kosteneffizienter Passivhäuser (CEPHEUS).
Da keine Mitteilungspflicht besteht, ist die Zahl bis heute gebauter Passivhäuser und realisierter Sanierungen mit Passivhauskomponenten nicht zu bestimmen. Das Passivhausinstitut geht von inzwischen über 30.000 realisierten Wohnungen in Deutschland aus. Hinzu kommen zahlreiche Gebäude die nicht wohnlich genutzt werden: Kindergärten, Schulen, Turnhallen, Bürogebäude usw.
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