Greenwashing bei Finanzanlagen: Wie erkennt man es?
Von: Judit Maertsch - VerbraucherService Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Was „nachhaltig“ bei Finanzanlagen wirklich bedeutet
- EU-Regeln für nachhaltige Finanzprodukte: Stand heute und Schutz vor Greenwashing
- Greenwashing erkennen: Typische Methoden und Warnsignale
- So vermeiden Sie Greenwashing: Praktische Tipps für Anlegerinnen und Anleger
Was „nachhaltig“ bei Finanzanlagen wirklich bedeutet
Zahlreiche Finanzprodukte tragen zwar das Label „grün“ oder „nachhaltig“, erfüllen aber tatsächlich kaum Umwelt- oder Sozialstandards. Obwohl die EU mit Regelwerken gegensteuert, ist Greenwashing nach wie vor ein Problem.
2015 hat sich die EU im Pariser Klimaabkommen verpflichtet, die Erderwärmung deutlich unter 2 °C (möglichst 1,5 °C) zu halten. Damit Geld dorthin fließt, wo Klima und Gesellschaft profitieren, hat die EU-Kommission im März 2018 den Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ gestartet. Die Idee war, dass Banken, Fonds und Versicherer nachhaltige Projekte gezielt finanzieren und offenlegen, wie „grün“ ihre Produkte wirklich sind.
Die Vereinten Nationen und Finanzinstitute haben Kriterien festgelegt, um Nachhaltigkeit in Unternehmen, öffentlichen Körperschaften, Regierungen und Berhörden zu berücksichtigen. Der Begriff dafür lautet Environmental, Social and Corporate Governance (kurz ESG). Zu Deutsch: Umwelt, Soziales und gute Unternehmesführung.
EU-Regeln für nachhaltige Finanzprodukte: Stand heute und Schutz vor Greenwashing
Zur Umsetzung des Aktionsplans „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ hat die EU mehrere Regeln eingeführt:
- EU-Taxonomie: Das Regelwerk legt fest, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als „ökologisch nachhaltig“ gelten (z. B. Energie, Bau) bzgl. sechs Umweltzielen (wie Klimaschutz oder Anpassung an den Klimawandel). Details dazu auf der Webseite des Umweltbundesamtes.
- Offenlegungsverordnung (SFDR): Finanzanbieter müssen offenlegen, wie sie mit Nachhaltigkeitsrisiken umgehen und Produkte einordnen.
- MiFID-II/IDD-Ergänzungen: Finanzberater müssen die Nachhaltigkeitswünsche von Kundinnen und Kunden abfragen und berücksichtigen.
- CSRD: Für viele Unternehmen gelten erweiterte Nachhaltigkeitsberichtspflichten.
So soll das Finanzsystem helfen, Klima- und Sozialziele transparent und nachvollziehbar zu erreichen.
Greenwashing erkennen: typische Methoden und Warnsignale
Nachhaltige Geldanlagen boomen - und mit ihnen auch der Anreiz für Greenwashing. Trotz EU-Regeln bleibt vieles Marketing: Produkte klingen „grün“, liefern aber wenig messbare Wirkung. Achten Sie bei Ihrer Anlageentscheidung auf diese Punkte:
Typische Warnsignale
- Pauschale Versprechen: Eine Bank oder Fondsgesellschaft erklärt pauschal alles für „nachhaltig“, „fair“ oder „verantwortungsvoll“ ohne Nachweise. Transformation braucht Zeit – hier sollte man genau hinsehen.
- Fehlende Transparenz und unklare oder versteckte Kriterien. Gibt es konkrete Investitionen, die aus dem Portfolio ausgeschlossen sind (z. B. Kohle, Öl, Waffen, Lebensmittelspekulation, Massentierhaltung) und konkrete Positivkriterien (z.B. Anti-Diskriminierung, saubere Energien)?
- Vage ESG-Floskeln: Prospekte und Flyer sind voll mit Hinweisen auf „ESG“ und „Nachhaltigkeit“ – jedoch ohne messbare Kennzahlen (wie z.B. den CO2-Fußabdruck).
- „Best-in-Class“-Ansatz als Feigenblatt: Es gibt Fonds mit „grünem“ Namen, die weiterhin Branchen-Aktien mit fragwürdiger Öko-Bilanz halten (z. B. Auto, fossile Energien) – mit den angeblich „am wenigsten Schlimmen“ Branchenvertretern (sog. „Best-in-Class“ – die „Besten“ der Kategorie).
- Kein Blick ins Portfolio möglich: Oft fehlt die vollständige Titelliste in den Unterlagen und es werden z. B. nur die „Top10“ aufgeführt. Fragen Sie nach den größten Positionen.
- Siegel ohne Substanz: Irreführende Labels oder hausgemachte „Zertifikate“ werden gelobt statt unabhängige Prüfungen durchführen zu lassen.
- Widersprüche: „Grünes Girokonto“ oder Crowdinvesting-Projekte werden vermarktet, aber es gibt keine Angaben zur Mittelverwendung oder einer konkreten Wirkung.
So schützen Sie sich als Verbraucherin oder Verbraucher:
- Prüfen statt glauben: Checken Sie Labels und Zertifikate, lesen Sie Nachhaltigkeitsberichte, legen Sie für sich fest, was Sie ausschließen wollen (z. B. Gen-Technik).
- Unabhängige Quellen nutzen: Vergleichen Sie Informationen von Morningstar Sustainalytics, FNG, MSCI ESG und Factsheets.
- Wirkung einfordern: Fragen Sie nach messbaren Zielen und Berichten (z. B. CO2-Reduktion, Taxonomie-Quoten, Engagement-Erfolge).
- Breit streuen: Themenfonds nur beimischen – sie schwanken stärker als breit diversifizierte Anlagen.
Fazit: Nicht der grünste Slogan zählt, sondern klare Kriterien, volle Transparenz und überprüfbare Daten.
Greenwashing vermeiden: Tipps für Anlegerinnen und Anleger
- Erst verstehen, dann anlegen: Hochriskante Direktbeteiligungen (z. B. Wind-/PV-Projekte) sind für Kleinanlegerinnen und - anleger meist ungeeignet oder höchstens als Beimischung geeignet. Vorsicht vor unrealistischen Renditeversprechen am grauen Kapitalmarkt. Investieren Sie nur nach neutraler Beratung.
- Pragmatisch bleiben: Perfekt „grüne“ Anlagen sind eher die Ausnahme. Besser verbesserte Nachhaltigkeit als gar keine – Nachfrage lenkt Kapital weg von klimaschädlichen und hin zu wirksamen Projekten.
- Eigene Nachhaltigkeits-Kriterien festlegen: Definieren Sie, was „nachhaltig“ für Sie heißt, und fordern Sie messbare Kennzahlen (z. B. Ausschlüsse, CO₂-Daten, Taxonomie-Anteil) von den Beraterinnen und Beratern statt Werbesprüche.
Sechs gängige Strategien nachhaltiger Geldanlage, die auch Geldinstitute nutzen:- Ausschlüsse (Negativ-Screening): Problembranchen streichen (z. B. Kohle, Waffen)
- Best-in-Class: In die nachhaltigsten Unternehmen je Branche investieren
- ESG-Integration: Nachhaltigkeitsfaktoren systematisch in die Analyse und Anlage-Entscheidung einbeziehen
- Engagement & Stimmrechte: Aktiv Verbesserungen einfordern, auf Hauptversammlungen abstimmen
- Impact Investing: Messbare positive Wirkung (Klima/Soziales) und Rendite anstreben
- Themenfonds: Fokussiert auf einzelne Themen (Erneuerbare Energien, Wasser, Kreislaufwirtschaft) –mangels Diversifikation und wegen höherer Schwankungen ist dies nur als Beimischung geeignet.
- Zu eng gefasste Nachhaltigkeitspräferenzen können zu Klumpenrisiken und damit zu höherem Anlagerisiko führen. Achten Sie deshalb auf eine breite Streuung Ihrer Anlagen.
Unabhängig prüfen lassen – nicht Marketingslogan glauben: Nutzen Sie Stiftung Warentest/Finanztest (Produktfinder für nachhaltige Sparangebote und ethisch-ökologische ETFs), das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) für Fondsprofile und den Fair Finance Guide für Banken mit geprüften „grünen“ Kontomodellen und Zinsanlagen. Der VerbraucherService Bayern und die Verbraucherzentralen prüfen konkrete Angebote und beraten, wie Sie Ihre Geldanlage passend zu Ihrer Situation nachhaltiger gestalten.
- Nachhaltige Geldanlagen: Ökologisch, ethisch und sicher investieren
- Greenwashing / Bluewashing: Engagement für Mensch und Umwelt oder Maßnahme zur Imageverbesserung?
- Fair Finance Guide
- Produktfinder der Stiftung Warentest: Nachhaltige Sparangebote und ökologisch-ethische ETFs
- VerbraucherService Bayern: Megatrend nachhaltige Geldanlage
- Geld bewegt: Themenplattform der Verbraucherzentrale zu Nachhaltigen Geldanlagen
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