Ein- und Ausbau von Dämmstoffen: Gefahren und Schutz
Von: Hubert Fischer - Regierung von Unterfranken, Gewerbeaufsicht
In diesem Beitrag finden Sie
- Dämmstoff-Materialien
- Gefährdungspotential von Künstlichen Mineralfasern (KMF)
- Gefährdungspotential der übrigen Dämmstoffe
- Umgang mit Dämmstoffen
- Verarbeitungshinweise beachten
- Ausbau alter Dämmstoffe
- Entsorgung von Mineralfaserabfall
- Ist die Verwendung alter Dämmstoffe verboten?
Dämmstoff-Materialien: Diese gibt es
Dämmstoffe zur Wärme- und Schalldämmung werden in den unterschiedlichsten Materialausführungen angeboten, z.B.:
- Mineralfaser (Glas- und Steinwolle)
- Hartschaum auf Polyurethan- oder Polystyrolbasis
- Perlite
- Blähton
- Zellulose
- Holzwolle
- Hanf
- Kokos
- Kork
- Flachs u.a.
Den größten Marktanteil nehmen die Mineralfaser-Dämmstoffe ("Künstliche Mineralfasern = KMF") ein, gefolgt von den Hartschaummaterialien. Nicht nur wegen der hohen Verbreitung werden im folgenden vor allem die Mineralfaser-Dämmstoffe betrachtet: Bei der Verarbeitung von KMF ist es zudem insbesondere notwendig, gesundheitliche Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten.
Gefährdungspotential von Künstlichen Mineralfasern (KMF)
Bei der Verarbeitung von Dämmstoffen aus Mineralfasern kann es durch freigesetzte Fasern bzw. Faserbruchstücke zu Einwirkungen auf die Haut, die Augen und die oberen Atemwege kommen.
Hauteinwirkung
Faserspitzen können oberflächlich in die Haut eindringen können und dabei einen unangenehmen Juckreiz hervorrufen. Außerdem können die in den KMF enthaltenen Zusatzstoffe bei empfindlichen Menschen allergische Hautreaktionen hervorrufen.
Augen und Atemwege
Auch Augen und Atemwege können durch den entstehenden Staub vorübergehend gereizt werden. Diese Erscheinungen klingen bei nachlassender Staubbelastung wieder ab.
Krebserregende Wirkung
Bestimmte Mineralfasern stehen im Verdacht, in der Lunge möglicherweise krebserregend zu wirken. Bei Dämmstoffen aus Mineralfasern muss daher zwischen zwei Gruppen unterschieden werden: So genannten "alten" und "neuen" Produkten.
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Unter "neue" Produkte versteht man jene Mineralfaser-Dämmstoffe, die gesetzlich vorgeschriebene Kriterien erfüllen. Sie gelten als frei vom Krebsverdacht. Seit dem 1.Juni 2000 dürfen in Deutschland nur noch diese Produkte hergestellt, verkauft und verwendet werden. Bei Mineralfaser-Dämmstoffen, die das RAL-Gütezeichen tragen, können Sie davon ausgehen, dass diese Kriterien eingehalten werden. Das Zeichen wird seit 1999 vergeben.
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Als "alte" Produkte gelten solche, für die ein Nachweis, dass sie frei vom Krebsverdacht sind, nicht erbracht werden kann. Dies betrifft in der Regel Produkte, die vor 1996 hergestellt wurden.
Während einer Überganszeit von 1996 bis 2000 waren sowohl "alte" als auch "neue" KMF-Dämmstoffe verfügbar. Können Sie für solche Produkte keine Information mehr darüber erhalten, welcher Gruppe sie zuzuordnen sind, sollten Sie davon ausgehen, dass es sich um "alte" Mineralfaser-Dämmstoffe handelt.
Gefährdungspotential der übrigen Dämmstoffe
Für andere Dämm-Materialien sind solche Gesundheitsgefährdungen nicht bekannt. Jedoch gibt es auch hier Materialien, die bei der Verarbeitung zur Staubentwicklung neigen (z.B. Zellulose, Perlite, Holzwolle) und damit ebenfalls eine vorübergehende Reizung der Augen und der Atemwege hervorrufen können.
Umgang mit Dämmstoffen
Die häufigste Form des Umgangs mit Dämmstoffen durch private Bauherrn ist der Einbau von Mineralfaserprodukten z.B. beim Neubau oder dem nachträglichen Dachausbau. Bitte beachten Sie im Umgang mit "neuen" Mineralfaser-Dämmstoffen die nachfolgend aufgeführten Verhaltens- bzw. Schutzmaßnahmen. Diese gelten auch im Umgang mit anderen zur Staubbildung neigenden Dämmstoffen.
Vermeidung von Staub
Grundsätzlich sollten Sie eine möglichst geringe Staubbelastung anstreben: Beachten Sie in diesem Zusammenhang die nachstehenden Hinweise:
- Öffnen Sie verpackte Dämmstoffe erst am Arbeitsplatz.
- Vermeiden Sie beim Transport unnötiges Werfen der Produkte.
- Schneiden Sie die Dämmstoffe auf einer festen Unterlage mit dem Messer oder der Schere, Material jedoch nicht reißen.
- Sorgen Sie für gute Durchlüftung, wobei das Aufwirbeln von Staub (z.B. durch Zugluft) vermieden werden sollte.
- Halten Sie den Arbeitsplatz sauber, z.B. durch regelmäßiges Reinigen von Verschnitt und Abfällen.
- Sammeln Sie Verschnitt und Abfälle in dichten Behältnissen (z.B. reißfesten Plastiksack).
- Blasen Sie den Arbeitsplatz nicht mit Druckluft ab. Saugen Sie stattdessen den Arbeitsplatz ab oder wischen Sie diesen feucht.
Persönliche Schutzausrüstung
Um die Atmungsorgane gegen unvermeidbaren Staub zu schützen und um Hautreizungen (speziell durch Mineralfaserdämmstoffe) zu vermeiden, werden folgende Maßnahmen empfohlen:
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Tragen Sie locker sitzende, geschlossene Arbeitskleidung und geeignete Handschuhe (z.B. aus Leder).
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Bei empfindlicher Haut kann eine fettende, gerbstoffhaltige Schutzcreme oder -lotion zusätzlichen Schutz geben.
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Tragen Sie bei starker Staubentwicklung oder Überkopfarbeiten geeignete Schutzbrillen.
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Die Benutzung von partikelfiltrierenden Halbmasken ("Einwegmasken") der Klasse FFP1 oder FFP2 kann je nach Staubentwicklung und subjektivem Empfinden sinnvoll sein. Hinsichtlich der Kosten und des Tragekomforts unterscheiden sich Filter der Schutzklasse "FFP1" nur unwesentlich von FFP2-Filtern. Klasse-2-Filter weisen aber eine deutlich höhere Schutzwirkung auf.
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Waschen Sie nach den Arbeiten den Staub von der Haut ab.
Verarbeitungshinweise beachten
Auf Grund der Vielzahl auf dem Markt befindlicher Dämmstoff-Materialien kann im Rahmen dieses Beitrages nicht auf alle Besonderheiten der jeweiligen Materialien und damit zusammenhängenden Vorsichtsmaßnahmen eingegangen werden.
Beachten Sie daher bitte grundsätzlich die Verarbeitungshinweise des Dämmstoff-Herstellers. Lassen Sie sich die entsprechenden Anweisungen bzw. technischen Merkblätter aushändigen.
Ausbau alter Dämmstoffe
Abriss- oder Umbauarbeiten erfordern mitunter den Ausbau alter Dämmungen. Prüfen Sie in diesem Fall, ob es sich dabei um "alte" Mineralfaser-Dämmstoffe handeln könnte. Kann dies nicht ausgeschlossen werden, sind aufgrund der zuvor beschriebenen möglichen Gesundheitsgefährdungen höhere Anforderungen an die Schutzmaßnahmen zu stellen.
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Die zuvor genannten Verhaltensregeln gelten grundsätzlich auch hier. Jedoch sollte die Verwendung einer partikelfiltrierenden Halbmaske FFP2 beim Ausbau "alter" Mineralfaser-Dämmstoffe verpflichtend sein.
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Grenzen Sie darüber hinaus den Arbeitsbereich so ab, dass eine Verbreitung von Faserstäuben in benachbarte Bereiche vermieden wird (Türen zu Wohnbereichen geschlossen halten, nicht verschließbare Öffnungen eventuell mit Folie abkleben).
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Bei der Arbeit sollten Sie einen Einwegschutzanzug tragen, der nach Beendigung der Arbeit mit dem ausgebauten Dämmstoff entsorgt wird.
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Sollten Sie zur Reinigung des Arbeitsbereiches einen Staubsauger verwenden, achten Sie bitte darauf, dass nur hierfür geeignete Geräte zum Einsatz kommen. Es sollten nur (Industrie-)Staubsauger der Staubklassen M oder H verwendet werden. Üblicherweise gibt es diese Geräte nur im gewerblichen Bereich. Sie können jedoch versuchen, sich einen solchen Staubsauger bei einem Handwerksfachbetrieb, der Sanierungsarbeiten durchführt, leihweise zu besorgen.
Entsorgung von Mineralfaserabfall
Verpacken Sie Mineralfaserabfälle dort, wo sie anfallen "staubdicht" (= Verpacken in reißfesten Plastiksäcken oder Big-Bags). Informieren Sie sich bereits vorher darüber, welche Anforderungen die örtlichen Behörden bzw. Abfallverwertungsbetriebe an die Verpackung des Abfallmaterials stellen, um ein späteres Umpacken zu vermeiden.
Ist die Verwendung alter Dämmstoffe verboten?
Das Verwendungsverbot für "alte" Mineralfaser-Dämmstoffe untersagt Sanierungsarbeiten nicht. Es ist aber verboten, den ausgebauten Dämmstoff an anderer Stelle wiedereinzubauen bzw. weiterzuverarbeiten. Weiterhin besteht auch keine Verpflichtung, eingebaute "alte" Mineralfaser-Dämmstoffe zu entfernen und durch "neue" zu ersetzen.
- Persönliche Schutzausrüstungen "PSA"
- Montageschaum – Gefahren und sichere Verwendung
- Entsorgung von gefährlichen Stoffen an kommunalen Sammelstellen
- Technische und chemische Basisinformationen
- Merkblatt Persönliche Schutzausrüstungen - Schutzkleidung
Herausgeber: Bayerisches Landesamt für Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin und Sicherheitstechnik (LfAS) - Bayerische Gewerbeaufsicht
- UmweltWissen des LfU Bayern: Künstliche Mineralfasern
- UmweltWissen des Lfu Bayern:
Natürlich bauen - Baumaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen
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