Brand - gefährlich: Spraydosen
Im Fokus der CLP- und REACH-Verordnung
Autor: Simon Scheller - Regierung von Unterfranken - Gewerbeaufsicht
In diesem Beitrag finden Sie
- Einsatzgebiete
- Treibmittel und deren Gefahrenpotential
- Gefahrenkennzeichnung der Spraydosen im Rahmen der CLP-VO
- Abgabebeschränkungen von Aerosolpackungen nach REACH Anhang XVII
- Richtiger Umgang mit Spraydosen - Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln -
- Rechtsquellen
Einsatzgebiete
Typische Anwendungsbereiche im privaten Bereich sind:
- Haarspray
- Raumspray
- Farben und Lacke
- Imprägnierspray
- Dekorationsspray
- Luftschlangenspray
- Schnee- und Eisblumenspray
- etc.
Treibmittel und deren Gefahrenpotential
Auf der Suche nach weniger umweltschädlichen Treibgasen für Spraydosen haben sich mittlerweile vor allem Kohlenwasserstoffe etabliert. Zu den relevanten Kohlenwasserstoffen zählen unter anderem Propan, Butan und Isobutan, welche in unterschiedlicher prozentualer Zusammensetzung eingesetzt werden. Aber auch Dimethylether findet als Treibmittel Anwendung in Spraydosen.
Kohlenwasserstoffe sind sehr leicht entzündlich. Der Einsatz dieser Stoffgruppe in Spraydosen erhöht daher die Brandgefahr in großem Maß.
Bei einem leichtfertigen, unsachgemäßen Umgang von Spraydosen reicht ein kleiner Funke aus, um eine harmlos anmutende Spraydose in einen „Flammenwerfer“ zu verwandeln.
Das Gefahrenpotential von Spraydosen ist jedoch vielfältig, da sich ebenfalls ein explosionsfähiges Gas-Luft-Gemisch bilden kann und ohne Luftzirkulation (an windgeschützter Stelle), wie z.B. in einer Vertiefung oder Ecke, nur auf den zündenden Funken wartet.
Bei Überhitzung von Spraydosen (z.B. Abstellen der Dose auf einer heißen Herdplatte, in der in der Sonne im Auto, wie auch bei einem Brand) besteht zudem die Gefahr, dass die Spraydose zerbersten kann.
Gefahrenkennzeichnung von Spraydosen im Rahmen der VO (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-VO)
Mit dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1272/2008 über die die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP-VO) ist der Hersteller oder Importeur verpflichtet Spraydosen mit den relevanten Kennzeichnungselementen zu kennzeichnen. Diese umfassen neben Gefahrenpiktogrammen, unter anderem auch Signalwörter, sowie Gefahrenhinweise (H-Sätze) und Sicherheitshinweise (P-Sätze).
Typische Kennzeichnungselemente von Spraydosen können z.B. sein:
a) Gefahrenpiktogramme
b) Signalwörter
- Achtung weniger schwerwiegende Gefahrenkategorie
- Gefahr schwerwiegende Gefahrenkategorie
c) Gefahrenhinweise (H-Sätze)
- H222 Extrem entzündbares Aerosol
- H229 Behälter steht unter Druck: Kann bei Erwärmung bersten
- H319 Verursacht schwere Augenreizung
- H336 Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen
d) Sicherheitshinweise (P-Sätze)
- P210 Von Hitze, heißen Oberflächen, Funken, offenen Flammen sowie anderen Zündquellenarten fernhalten. Nicht rauchen
- P211 Nicht gegen offene Flammen oder andere Zündquelle sprühen
- P410 Vor Sonnenbestrahlung schützen
- P412 Nicht Temperaturen über 50°C/122°F aussetzen
Das „3“-Zeichen (umgekehrtes Epsilon) ist zudem als Bestätigung des Herstellers über die Beachtung bestimmter Sicherheitsanforderungen bei Aerosolpackungen anzugeben.
Abgabebeschränkungen von Aerosolpackungen nach REACH Anhang XVII
Spraydosen dürfen, aufgrund des beschriebenen Gefahrenpotentials, unter bestimmten Voraussetzungen nicht an die breite Öffentlichkeit, d.h. an Privatpersonen abgegeben werden. Diese Beschränkungsbedingungen werden in der VO (EG) Nr. 1907/2006 Anhang XVII Eintrag 40 (REACH-VO) definiert. Das Ziel der Beschränkung ist es den Endverbraucher im häuslichen Umfeld vor möglichen Bränden und Explosionen zu schützen.
Nach REACH Anhang XVII Eintrag 40 dürfen Stoffe, die als entzündbare Gase (Kat. 1 oder 2), als entzündbare Flüssigkeiten (Kat. 1, 2 oder 3) oder als entzündbare Feststoffe (Kat. 1 oder 2) eingestuft sind, weder als Stoff noch als Gemisch in Aerosolpackungen verwendet werden, die dazu bestimmt sind, für Unterhaltungs- und Dekorationszwecke an die breite Öffentlichkeit abgegeben zu werden.
Das bedeutet, dass Spraydosen, welche einen Unterhaltungs- und/oder Dekorationszweck erfüllen, z.B.:
- Dekorationen mit metallischen Glanzeffekten
- künstlicher Schnee und Reif
- Schäume und Flocken zu Dekorationszwecken
- Luftschlangen
- künstliche Spinnweben
- Horntöne für Vergnügungen
- Scherzexkremente
- etc.
und einen entzündbaren Stoff der genannten Kategorie enthalten, nicht an den privaten Endverbraucher verkauft werden dürfen!
In diesen Fällen ist die Aerosolpackung zusätzlich mit der Aufschrift „Nur für gewerbliche Anwender.“ zu versehen.
Allerdings gibt es nach REACH Anhang XVII Eintrag 40 Abs. 3 eine Ausnahme, wonach
entzündbare Bestandteile (dazu zählen u.a. die häufig eingesetzten Kohlenwasserstoffe) in Spraydosen für Unterhaltungs- und/oder Dekorationszwecke enthalten sein dürfen.
Um von dieser Ausnahme Gebrauch machen zu können, müssen die verantwortlichen Wirtschaftsakteure nach Art. 8 i.V.m. Anhang Nr. 1.9 der Richtlinie 75/324 EWG (Aerosol-Richtlinie) nachweisen, dass die Aerosolpackung als „nicht entzündbar“ eingestuft ist.
Die Einstufung der Spraydose als „nicht entzündbar“ kann allerdings nur unter Vorlage bestimmter chemischer Eigenschaften (chemische Verbrennungswärme) und der Durchführung von zwei Testverfahren (Flammenstrahl-/Fasstest) erfolgen.
Mittels dieser Informationen bestätigt der Hersteller, dass das Aerosol - trotz der Anwesenheit entzündbarer Bestandteile – unter normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Anwendung kein Brand- und Explosionsrisiko besteht.
In solchen Fall ist die Spraydosen mit dem Hinweis "enthält x Masse % entzündliche Bestandteile" zu versehen.
Richtiger Umgang mit Spraydosen
- Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln -
Die Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln können– wie bereits im oberen Abschnitt erwähnt – unter anderem anhand des Kennzeichnungsetikett auf der Spraydose abgeleitet werden.
Weitere allgemeine Verhaltensregeln im Umgang mit Aerosolspraydosen sind:
- Spraydosen vor einer Erwärmung von mehr als 50° C schützen (z.B. im Auto).
Spraydosen nie der Sonnenbestrahlung aussetzen und nie in der Nähe von Öfen und Heizungen abstellen. - Den Sprühstrahl nicht auf offene Flammen oder auf glühende Teile richten.
Bereits die Benutzung von Haarspray kann bei gleichzeitigem Rauchen eine Explosion oder Verpuffung entstehen! - Sprüharbeiten sind je nach Umfang nur in ausreichend gut belüfteten Räumen oder im Freien durchzuführen.
Durch Freisetzung von Treibgasen kann sich in geschlossenen Räumen eine explosionsgefährliche Atmosphäre bilden. - Bei Gasgeruch im Raum sofort Fenster und Türen öffnen!
Keinen elektrischen Schalter betätigen – Bereits Klingel oder Telefon können bei Explosionsgefahr der entscheidende „Zündende Funke“ sein! - Spraydosen nicht benutzen, wenn sie undicht sind oder sonstige Mängel aufweisen, die die Funktion oder die Sicherheit beeinträchtigen können.
- Entleerte oder beschädigte Spraydosen sollen als Sondermüll entsorgt werden
(siehe auch Herstellerangaben oder die Hinweise der Wertstoffhof)
Niemals entleerte Dosen in offenes Feuer werfen!
Nur eine bewusste und sachgemäße Anwendung von Spraydosen mit umweltfreundlicheren, aber (teilweise) entzündlichen Treibmitteln macht den Umgang sicher bzw. gefahrlos.
Rechtsquellen
- Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-VO)
- Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-VO)
- Verordnung (EU) Nr. 2024/573 (fluorierte Treibhausgase)
- Chemikalien-Verbotsverordnung (ChemVerbotsV)
- Aerosolpackungsverordnung (13. ProdSV)
- Richtlinie 75/324 EWG (Aerosole)
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
Alle Artikel zum Thema
Bedarfsgegenstände
- Was sind Bedarfsgegenstände?
- Können Dekorationsgegenstände gefährlich sein?
- Grundsätzliche Anforderungen an kosmetische Mittel
- Druckluftfanfaren: Ein bedenklicher Fan-Artikel
- Espressokannen
- Kerzen: Richtig auswählen und benutzen
- Küchenhelfer aus Kunststoff: Tipps zur sicheren Verwendung
- Laserpointer
- Freud und Leid mit dekorativen Öllampen
- Party-Zubehör Luftschlangenspray
- Wieder verwendbare Getränkeflaschen aus PET
- Brandgefährlich: Spraydosen
- Silvester - Feuerwerk
- Ventilöle für Musikinstrumente
- Erfrischendes Wasser durch Wassersprudler
- Blutdruckmessgeräte für den häuslichen Gebrauch
- Hygienische Anforderungen bei Inhalationsgeräten
- Infrarot-Ohrthermometer