Die Rechte des Reisenden bei Mängeln
Der Flug ist überbucht, das Hotelzimmer indiskutabel und am Strand belegen die lieben Mitreisenden bereits ab 5 Uhr die Liegestühle, so dass man sich nach dem Frühstück nur noch auf die vorhandenen Felsen kauern kann.
Falls ein Mangel vorliegt: Was muss der Reisende unternehmen, um seine Rechte zu wahren?
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Abhilfe
Bei Vorliegen eines Mangels kann der Reisende im Rahmen einer Pauschalreise von dem Reiseveranstalter Abhilfe verlangen.
Abhilfe bedeutet Mängelbeseitigung. Hierunter fällt die Pflicht des Reiseveranstalters, im Rahmen des Zumutbaren eine gleichwertige oder höherwertige Leistung zu erbringen. Ist die Abhilfe unmöglich oder nur mit unzumutbarem Aufwand verbunden, kann der Reiseveranstalter die Mängelbeseitigung verweigern.
Das Abhilfeverlangen ist grundsätzlich an den Reiseveranstalter oder an die örtliche Vertretung zu richten.
Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, den Reisenden vor Beginn der Reise über die Kontaktmöglichkeiten der örtlichen Vertretung des Reiseveranstalters zu informieren. Gibt es eine solche nicht, muss er dem Reisenden die Kontaktdaten einer anderen örtlichen Stelle nennen, an die sich der Reisende wenden kann. Wenn es auch die nicht gibt, muss eine Notrufnummer angegeben werden, mit deren Hilfe der Reisende Verbindung zum Veranstalter aufnehmen kann.
Hat der Reisende keine entsprechenden Informationen erhalten, sollte er sich an die örtliche Reiseleitung wenden oder telefonisch an den Reiseveranstalter. Ersatzweise kann er sich auch an den tatsächlichen Leistungserbringer, d.h. das Hotel oder den Ferienhausvermieter wenden.
Der Reisende darf die Abhilfe jedoch ablehnen, wenn die Ersatzleistungen nicht mit den im Vertrag vereinbarten Leistungen vergleichbar sind oder die vom Veranstalter angebotene Herabsetzung des Reisepreises nicht angemessen ist.
Eine zumutbare Abhilfe stellt eine wirksame Erfüllung des Reisevertrages dar. Der Reisende verliert seine Ansprüche auf Selbstabhilfe, Minderung, Kündigung oder Schadensersatz, wenn die Beeinträchtigung durch die Abhilfemaßnahme beseitigt wird.
Keine taugliche Abhilfe des Veranstalters ist beispielsweise
- die Unterbringung in einer anderen Hotelkategorie,
- ein Badeurlaub statt der Fortsetzung der Studienfahrt,
- ein Doppelzimmer, wenn ein Ehepaar ein Appartement mit 2 getrennten Schlafzimmern gebucht hat oder
- eine abweichende Strandentfernung.
Selbstabhilfe
Sehr häufig kann oder will der Reiseveranstalter nicht abhelfen. Dann muss sich der Reisende selbst helfen.
Selbstabhilfe kann vorgenommen werden, wenn der Veranstalter nicht innerhalb einer vom Reisenden bestimmten angemessenen Frist den Reisemangel beseitigt. Welche Frist angemessen ist, richtet sich nach den Umständen im konkreten Einzelfall, insbesondere nach Art und Schwere des Mangels. Mitunter kann die Frist sehr kurz sein.
Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Veranstalter die Abhilfe verweigert oder von einem besonderen Interesse des Reisenden an einer sofortigen Mängelbeseitigung auszugehen ist. Das ist z. B. dann der Fall, wenn die Reiseleitung nicht erreichbar ist, bei Krankheit des Reisenden oder bei der Mitreise eines Säuglings. Hier muss rasch gehandelt werden, um weiteren Schaden zu vermeiden.
Die Folge der berechtigten Selbstabhilfe ist die Erstattung der erforderlichen Aufwendungen. Hierunter fallen beispielsweise die Mehrkosten, die durch das Ersatzhotel, den Ersatzflug oder Telefonkosten entstanden sind.
Falls keine Belege vorhanden sind, ist die Höhe des Aufwendungsersatzes zu schätzen. In jedem Falle müssen die Aufwendungen aber erforderlich sein. Nur wenn eine gleichwertige Leistung nicht erreicht werden kann, es sind z.B. alle Hotels einer bestimmten Kategorie ausgebucht, können auch die Kosten für eine höherwertige Leistung verlangt werden. Dabei ist aber sehr zurückhaltend vorzugehen, da in jedem Fall der Grundsatz der Schadensminderungspflicht zu beachten ist.
Daneben kann unter Umständen Schadenersatz gefordert werden, falls weder der Reisende, noch ein Dritter den Mangel verursacht hat und auch keine unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände vorliegen. Dabei kommt z.B. ein Anspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Betracht.Ein Anspruch auf Minderung oder Kündigung entfällt dagegen nach erfolgreicher Abhilfe.
Minderung
Der Minderungsanspruch setzt einen Mangel voraus. Darüber hinaus muss der Mangel angezeigt werden, es sei denn die Anzeige ist entbehrlich. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Reiseveranstalter den Mangel zweifelsfrei kennt.
Adressat der Mangelanzeige ist, wie bei der Abhilfe die angegebene Stelle oder der örtlichen Reiseleiter oder der Veranstalter selbst.
Unterlässt der Reisende schuldhaft die Mängelanzeige, entfällt der Minderungsanspruch bezüglich nicht angezeigter Mängel vollumfänglich.
Bei einer verspäteten Anzeige entfällt der Anspruch für die vorherliegende Zeit. Auch wenn das Gesetz keinen konkreten Zeitpunkt für die Anzeige vorschreibt, besteht die Pflicht, den Reisemangel unverzüglich nach dessen Feststellung anzuzeigen..
Hat der Reisende den bestehenden Mangel rechtzeitig angezeigt, hat er einen gesetzlichen Anspruch auf anteilige Rückerstattung des Reisepreises. Dieser Anspruch ist verschuldensunabhängig.
Die Reisepreisminderung tritt nur für die Zeitdauer des Mangels ein. Falls der Reisemangel die Reise so sehr beeinträchtigt, dass sich die gesamte Reise als nutzlos erweist, kann der Reisepreis im Einzelfall sogar komplett gemindert sein.
Kündigung wegen Mangels
Voraussetzung für die Kündigung aufgrund eines Reisemangel ist nicht nur das Vorliegen eines Mangels, sondern auch eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Mangel ein besonderes Gewicht hat und die Reise als Ganzes entwertet. Maßgebend ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände. Zu berücksichtigen sind dabei der Zweck und die konkrete Ausgestaltung der Reise sowie die Art und der Dauer der Beeinträchtigung.
Eine Kündigung ist auch möglich, wenn dem Reisenden die Reise infolge des Mangels aus wichtigem und für den Reiseveranstalter erkennbaren Grund nicht mehr zumutbar ist. Das ist z.B. dann der Fall, wenn ein Reisender mit einer Behinderung ein behindertengerechtes Hotel bucht und schon bei Vertragsschluss darauf hinweist, dann aber in einer Ersatzunterkunft untergebracht wird, die für Behinderte ungeeignet ist.
Ein Kündigungsrecht kann auch schon vor Reisebeginn bestehen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn bereits vor Reiseantritt feststeht, dass eine Überbuchung vorliegt und keine vergleichbare Ersatzunterkunft zur Verfügung gestellt werden kann.
Voraussetzungen für eine Kündigung ist weiterhin ein Abhilfeverlangen mit Fristsetzung, es sei denn die Fristsetzung ist entbehrlich.
Der Reisende kann also nur dann von dem Kündigungsrecht Gebrauch machen, wenn eine angemessene Frist zur Abhilfe gesetzt hat und diese ergebnislos verstrichen ist.
Eine Fristsetzung ist dann nicht erforderlich, wenn die Abhilfe unmöglich ist, vom Reiseveranstalter verweigert wird oder die sofortige Kündigung durch ein besonderes Interesse des Reisenden gerechtfertigt ist. Letzteres kann dann der Fall sein, wenn das Vertrauen durch ein vertragswidriges Verhalten des Reiseveranstalters schwer erschüttert ist.
Die Kündigung erfolgt durch formfreie Erklärung gegenüber dem Reiseveranstalter oder dessen Empfangsbevollmächtigten z.B. der örtlichen Reiseleitung.
Im Falle der Kündigung verliert der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Für bereits mangelfrei erbrachte Leistungen kann er jedoch eine Entschädigung verlangen. Das gilt auch für die zur Beendigung der Pauschalreise noch zu erbringende Leistungen, wie z.B. die Rückbeförderung, wenn diese vertraglich vorgesehen sind.
Schadensersatz
Wie bereits dargestellt, kann der Reisende bei Vorliegen eines Reisemangels unbeschadet der Minderung oder der Kündigung auch Schadensersatz verlangen.
Ein Schadensersatzanspruch setzt ebenfalls das Vorliegen eines Reisemangels und eine Mangelanzeige oder ein Abhilfeverlangen voraus. Der Anspruch entfällt, wenn der Reiseveranstalter darlegen und beweisen kann, dass der Reisemangel vom Reisenden oder einem Dritten verschuldet wurde oder durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände verursacht wurde.
Der Reisende kann Ersatz für den Schaden verlangen, der ihm durch den Mangel entstanden ist und der nicht schon durch die Preisminderung abgegolten wurde. Hierunter fallen auch alle Mangelfolge- und begleitschäden sowie Schmerzensgeld.
Beispiele sind:
- nutzlose Aufwendungen für An- und Abreise
- Aufwand zur Behebung des Mangels
- Mehrkosten bei einer angemessenen Ersatzreise
- Körperschäden bei Unfällen im Leistungsbereich des Veranstalters
Wird die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, kann der Riesende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
Eine Vereitelung liegt dann vor, wenn die Reise praktisch nicht durchgeführt werden kann. Von einer erheblichen Beeinträchtigung ist dann auszugehen, wenn der Mangel ein besonderes Gewicht hat und die Reise als Ganzes entwertet.
Beweislast
Der Reisende hat die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen, wie z.B. den Mangel, das Abhilfeverlangen, die Mängelanzeige, den Schaden oder die erhebliche Beeinträchtigung. Der Reiseveranstalter muss hingegen die Tatsachen darlegen und beweisen, die ihn entlasten.
- Genaueres zum Begriff des Reisemangels, z.B. in Abgrenzung zur bloßen Unannehmlichkeit
- Allgemeines zum Reisevertrag
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