Abo- und andere Vertragsfallen im Internet
Immer wieder werden Verbraucher mit unerwünschten Abonnement-Verträgen und Rechnungen für angeblich eingegangene Verträge konfrontiert.
Meist haben sie sich auf einer Website angemeldet, auf der mit vermeintlich kostenlosen oder zu Beginn sehr kostengünstigen Angeboten geworben wird.
Im folgenden Beitrag erhalten Sie einen Überblick über die Vorgehensweise der Abzocker.
Sie finden auch eine ausführliche Darstellung der Gründe, warum kein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist, Tipps zum weiteren Vorgehen und Musterbriefe.In diesem Beitrag finden Sie
Die Masche
Was tun?
Da die Maschen der einzelnen Anbieter sehr unterschiedlich sind, gibt es kein Patentrezept, wie sich ein Verbraucher gegen solche Rechnungen rechtlich zur Wehr setzen soll.
Im Zweifel sollte eine Beratung durch eine Verbraucherorganisation erfolgen.
Betroffene sollten auf jeden Fall reagieren und die Forderung möglichst schnell schriftlich zurückweisen. s. Musterbriefe unter Mehr zum Thema
Meist gelangen Verbraucher über Werbung oder Suchmaschinen auf eine Website, auf der sie ein vermeintlich attraktives Angebot gefunden haben. Es wird suggeriert, dass es sich um ein kostenloses Angebot handelt.
Beispiele:
Schufa-Auskünfte, Routenplaner, Rezepte, Gewinnspiel-Anmeldungen, Kontaktbörsen
Dass doch Kosten entstehen, sieht man nicht auf den ersten Blick, sondern erst versteckt im Kleingedruckten.
Auf der Seite selbst müssen sich die Verbraucher dann zunächst anmelden, bevor sie den gewünschten Service nutzen können. In einem Anmeldeformular müssen sie Namen, Adresse und E-Mail-Adresse eingeben. Auch das Geburtsdatum wird des Öfteren abverlangt. Zusätzlich muss oft noch ein Haken gesetzt werden, um zu dokumentieren, dass die Teilnahme- und Nutzungsbedingungen, gelesen wurden.
Dort – im so genannten Kleingedruckten – findet sich versteckt eine Regelung, wonach mit der Anmeldung ein kostenpflichtiges Abonnement mit einer Laufzeit von ein bis zwei Jahren oder eine kostenpflichtige Bestellung abgeschlossen wird.
Manchmal findet sich der Hinweis auf die Kostenpflicht auch ganz klein und in einer unauffälligen Schriftfarbe versteckt unterhalb des Eingabeformulars oder im Fließtext am Rand der Seite. Auch in Kopfzeilen, die eher gestaltet sind wie Zierleisten, wurde der Hinweis schon versteckt. Manchmal muss man erst ganz nach unten scrollen, damit der Text mit der Kostenpflicht überhaupt ins Blickfeld rückt.
Da kaum jemand die umfangreichen Teilnahmebedingungen liest und der Verbraucher im Glauben ist, ein kostenloses Angebot wahrgenommen zu haben, kommt nach kurzer Zeit das böse Erwachen. Nach ca. zwei Wochen flattert unerwartet eine Rechnung ins Haus.
Typisch ist dabei, dass die angebotene bzw. erbrachte Leistung in keinem Verhältnis zu den geltend gemachten Kosten steht. Es werden Dienstleistungen angeboten, die im Internet in der Regel kostenfrei erhältlich sind.
Kein wirksamer Vertrag
Gut zu wissen:
Nur weil der Verbraucher eine Rechnung erhält, heißt das nicht, dass diese berechtigt ist.
Eine Rechnung kann jeder verschicken, egal ob die Forderung besteht oder nicht.
Der Verbraucher kann (in seinem o.g. Ablehnungsschreiben) argumentieren, dass schon gar kein Vertrag über eine kostenpflichtige Leistung zustande gekommen ist, da es insoweit an zwei übereinstimmenden Willenserklärungen fehlt.
Bei einem entgeltlichen Vertrag müssen Leistung und Gegenleistung beiden Vertragspartnern bei Vertragsschluss bekannt sein, anderenfalls liegen keine übereinstimmenden Willenserklärungen vor. Es muss also aus dem Angebot des Anbieters deutlich hervorgehen, dass seine Leistungen kostenpflichtig sind.
Der im Fließtext versteckte und sehr klein gedruckte Hinweis am Bildrand oder neben der Anmeldemaske reicht nach Ansicht der Verbraucherverbände nicht aus. Die Kosten, die die Hauptleistung des Verbrauchers darstellen, können demzufolge leicht übersehen werden. Zumal es sich bei den Angeboten in der Regel um Dienstleistungen handelt, die im Internet (überwiegend) kostenlos angeboten werden.
Achtung:
Internetseiten sind leicht und jederzeit veränderbar. Es kann also durchaus sein, dass bei der Anmeldung das Angebot auf der Internetseite als gratis ausgewiesen wurde, die Seite später aber verändert wurde. Die veränderte Seite zeigt (jetzt) deutlich, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelt.
Auch kann man über ein Pop-up-Fenster oder einen Werbebanner auf eine HTML-Seite gelangen, die anders gestaltet ist als die Internetseite, die man später im Internet direkt aufruft.
Dies hat zur Folge, dass der Internetnutzer arglos seine Daten preisgibt, wenn er auf der Seite mit dem kostenlosen Angebot landet.
Tipp:
Erstellen Sie immer einen Bildschirmausdruck, wenn Sie etwas bestellen oder herunterladen, auch wenn das Angebot vermeintlich kostenlos ist!
Dies gilt erst recht, wenn Sie Ihre Daten angeben sollen.
Rechtslage seit dem 01.08.2012 („Button-Lösung“)
Damit solche Kostenfallen im Internet vermieden werden, ist der Gesetzgeber tätig geworden.
Seit dem 01.08.2012 muss eine Schaltfläche – ein so genannter Button –auf die Zahlungspflicht hinweisen.
Die Schaltfläche muss unmissverständlich klar machen, dass man jetzt etwas kauft.
Formulierungen wie „zahlungspflichtig bestellen“ oder ähnliche haben auf dem Button zu stehen.
Begriffe wie „anmelden“, „bestellen“ oder „weiter“ reichen nicht.
Direkt bevor die Bestellung aufgegeben wird, muss der Verbraucher darüber informiert werden, was er genau kauft, wie lange der Vertrag läuft, und was ihn das Ganze insgesamt kosten wird.
Diese Informationen haben unmittelbar vor dem Button zu stehen.
Kommt der Unternehmer diesen Informationspflichten nicht nach, kommt kein wirksamer Vertrag zustande. Die Beweislast liegt diesbezüglich beim Anbieter.
Kein wirksamer Einbezug der Kostenpflichtigkeit
Die Anbieter berufen sich darauf, dass die Kosten in den Teilnahmebedingungen geregelt sind, denen der Verbraucher zugestimmt hat.
Bei den Teilnahmebedingungen handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die dazu dienen, das Vertragsverhältnis auszugestalten, nicht aber die wesentlichen Leistungsmerkmale festzusetzen.
In den Geschäftsbedingungen können die Kosten, die die Hauptleistung des Verbrauchers darstellen, nicht wirksam vereinbart werden.
Eine solche Klausel wäre gemäß § 305c BGB „überraschend“ und somit unwirksam.
Dies wird durch die neue „Button-Lösung“ noch einmal bekräftigt.
s. auch VIS-Artikel zu AGB
Widerruf
Hat der Verbraucher im Internet unter Berücksichtigung der Vorgabe der „Buttonpflicht“ wirksam einen Vertrag geschlossen, kann er nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge den Widerruf erklären. Hierüber muss ihn das Unternehmen belehren. Die Frist für den Widerruf beträgt grundsätzlich zwei Wochen und beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher über seine Rechte unterrichtet worden ist.
Weitergehende Informationen zu den rechtlichen Voraussetzungen des Widerrufs erfahren Sie in dem VIS-Artikel zu Widerrufsrechten.
Anfechtung des Vertrages
Daneben kann ein betroffener Verbraucher möglicherweise auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bzw. wegen Inhaltsirrtums erklären.
Je nach Gestaltung der Seite wird eine bewusste Irreführung zu bejahen sein, mit der Folge, dass der Vertrag – sofern ein solcher besteht - wegen arglistiger Täuschung angefochten werden kann. Die Aufmachung mit Schlagwörtern wie „Hier gratis downloaden“ oder „jetzt 14 Tage kostenlos“ dient in der Regel nur dazu, den Verbraucher darüber zu täuschen, dass der Klick in Wirklichkeit zu einem zwei Jahre laufenden Abonnement bzw. zu einer kostenpflichtigen Leistung führt.
Bei den Abofallen kann darüber hinaus ein Irrtum bezüglich der Tragweite der Erklärung vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn der Verbraucher nicht weiß, dass er neben dem Angebot über die kostenfreie Leistung auch ein Angebot zu einem kostenpflichtigen Abonnement annimmt.
s. auch VIS-Artikel zur Anfechtung
Minderjährige
Viele der Internetangebote richten sich gezielt an Minderjährige, so zum Beispiel die versprochene Hilfe bei der Suche nach Hausaufgaben und Referaten oder einer Lehrstelle.
In diesen Fällen muss der Minderjährigenschutz beachtet werden. Kinder und Jugendliche werden durch das Gesetz besonders geschützt (Stichwort Geschäftsfähigkeit), da sie auf Grund ihrer mangelnden Erfahrung oder Verständigkeit leicht übervorteilt werden können.
Minderjährige können nur dann wirksam einen Vertrag schließen, wenn es sich um ein Geschäft handelt, das für den Minderjährigen lediglich rechtliche Vorteile mit sich bringt oder für das die Eltern vorher ihre Zustimmung gegeben haben. Lediglich rechtlich vorteilhaft ist ein Rechtsgeschäft dann nicht, wenn der Minderjährige zu einer Leistung verpflichtet wird.
Die Wirksamkeit des Vertrages ist dann von der nachträglichen Genehmigung der Eltern abhängig.
Erteilen diese die Zustimmung nicht, ist der Vertrag von Anfang an unwirksam. Es besteht dann weder mit dem Minderjährigen noch mit den Eltern ein wirksamer Vertrag.
s. auch VIS-Artikel zur Geschäftsfähigkeit
Gerichtliche Verfahren
Erhält der Verbraucher einen gerichtlichen Mahnbescheid, muss er schnell handeln und innerhalb von 14 Tagen ab Zugang bei Gericht Widerspruch einlegen (s. VIS-Artikel zum Mahnverfahren).
Sollte der Anbieter ein Klageverfahren anstreben, ist es ratsam, einen Rechtsanwalt aufzusuchen.
Die Verbraucherzentralen führten bereits zahlreiche rechtliche Verfahren gegen unseriöse Anbieter im Internet (siehe Liste unter Mehr zum Thema). Allerdings werden die betroffenen Seiten zum Teil sehr schnell geändert oder abgeschaltet, die Firmen wechseln ihren Sitz oder sind gar nicht mehr auffindbar.
- Musterbriefe der Verbraucherzentrale Bayern
- Liste des Verbraucherzentrale Bundesverbands: Kostenfallen im Internet (Rechtsverfahren)
- Liste der Wettbewerbszentrale: Beispiele Kostenfallen im Internet
- Liste der Verbraucherzentrale Hamburg: Aufgefallene Betreiber-Internetseiten
- VIS-Artikel Abonnements
- VIS-Artikel Abschluss eines Vertrages
- Abzocke im Internet: Erst durchblicken-dann anklicken (Flyer von klicksafe.de)
- Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland - Kehl: Vorsicht im Netz - Abo-Fallen ade
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