Wenn das Telefon klingelt: Lästige Werbeanrufe
Ob günstige Telefon- oder Stromtarife, Zeitschriftenabonnements, Geldanlagen, Proben von Nahrungsergänzungsmitteln oder angebliche Gewinne – immer mehr Firmen greifen zum Telefon, um ahnungslosen Menschen neue Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen. Das ist nicht nur lästig, sondern kann auch teuer werden. Gerade ältere Menschen sind den Verkaufstricks oftmals nicht gewachsen und lassen sich zum Kauf von Produkten oder Dienstleistungen drängen, die sie eigentlich gar nicht haben wollen.
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Dreistes Vorgehen
Im schlimmsten Fall täuschen unseriöse Verkäufer einen Vertragsabschluss vor und schicken mit der Auftragsbestätigung eine Rechnung zu. Vorausgegangen ist dem oft ein Werbeanruf, in dem der Verbraucher zum Beispiel aufgefordert wurde, auf explizite Nachfrage des Anrufers hin seinen Namen oder seine Adresse mit „Ja“ zu bestätigen. Kurze Zeit später kommen dann Vertragsunterlagen per Post ins Haus, obwohl man nie einem Vertragsabschluss am Telefon zugestimmt hatte. Die Anrufer behaupten das Gegenteil und berufen sich auf einen Vertrag und einen Telefonmitschnitt, indem der Vertragsschluss angeblich bestätigt worden sei. Ob das im Telefongespräch eingangs erfragte „Ja“ dann an anderer Stelle im Telefonmitschnitt auftaucht bzw. ob gar der Telefonmitschnitt manipuliert wurde, bleibt offen. Dennoch sollten Sie sich auf jeden Fall zur Wehr setzen und der Forderung des Anrufers/Unternehmens schriftlich widersprechen. Ohne Vertrag gibt es keine Zahlungsverpflichtung!
Schwarze Schafe
Inhaltlich geht es um angeblich besonders günstige Telefon- oder Energietarife (Strom und Gas), Zeitschriftenabonnements, Abonnements von Nahrungsergänzungsmitteln (zunächst als Gratistest getarnt) sowie Lotterie- oder Gewinnspielverträge. Zunehmend häufen sich auch Anrufe von vermeintlichen Verbraucherschützern, die den guten Namen der Verbraucherverbände nutzen, um zum Beispiel sogenannte „Anrufblocker“ oder die Eintragung in eine Sperrliste zum Schutz vor Telefonwerbung zu verkaufen. Hier handelt es sich um Abzocke. Seriöse Verbraucherverbände rufen nicht ungefragt bei Verbrauchern an, um Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen. Manche Anbieter geben sich gar als Mitarbeiter von Behörden aus, verweisen auf ausstehende Zahlungsforderungen und schalten tatsächlich die Rufnummern der Behörden vor. Oft ergibt bereits ein Rückruf, dass die Nummer nicht existiert.
Mehr Rechte für Verbraucher seit Oktober 2013
Obwohl unerlaubte Werbeanrufe verboten sind, ist die Zahl der Unternehmen, die das Gesetz ignorieren, in den vergangenen Jahren immer weiter angestiegen. Deshalb hat der Gesetzgeber im Oktober 2013 mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken nochmals nachgebessert. Um Verbraucher besser zu schützen, sieht das Gesetz schärfere Sanktionen bei Verstößen gegen das geltende Recht vor. Belästigungen mit unerlaubten Werbeanrufen können von der Bundesnetzagentur mit Geldbußen bis zu 300.000 Euro geahndet werden. Zulässig sind telefonische Kontakte zu Verkaufszwecken ohnehin nur dann, wenn der Verbraucher vorher sein ausdrückliches Einverständnis gegeben bzw. um einen An- oder Rückruf gebeten hat.
Ein telefonisch abgeschlossener Vertrag über die Teilnahme an Gewinnspielen wird zudem erst wirksam, wenn er vom Verbraucher in Textform bestätigt wird (schriftlich, per Fax oder E-Mail). Ein Vertragsschluss am Telefon reicht hier nicht mehr aus. Da jedoch nur Gewinnspielverträge in Textform bestätigt werden müssen und alle anderen Verträge nicht, bleibt zum Beispiel ein telefonisch abgeschlossener Energievertrag oder eine telefonisch abgeschlossene Versicherung nach wie vor möglich.
Verträge per Telefon
Verträge, die telefonisch geschlossen wurden, können Sie in der Regel innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Mit der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in Deutschland zum 13.06.2014 ist es nicht mehr möglich, den Widerruf durch die einfache Rücksendung der bestellten Ware auszuüben. Verbraucher müssen den Widerruf nun ausdrücklich erklären! Die Erklärung ist nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann daher auch mündlich, per Telefon, per E-Mail oder Brief erfolgen. Es ist aber empfehlenswert, den Widerruf schriftlich zu erklären, um ihn im Zweifelsfall beweisen zu können. Hierfür kann der Verbraucher auch das Musterwiderrufsformular verwenden, das der Unternehmer bereits vorausgefüllt zur Verfügung stellt.
Voraussetzung, damit die vierzehntägige Widerrufsfrist überhaupt zu laufen beginnt ist, dass der Verbraucher ordnungsgemäß über ein bestehendes Widerrufsrecht belehrt wurde. Bei Warenkäufen beginnt die Widerrufsfrist zudem erst ab Erhalt der Ware. Wurde am Telefon ein Vertrag über eine Dienstleistung abgeschlossen (z.B. ein Vertrag über die Belieferung mit Energie), beginnt die Widerrufsfrist bereits mit Vertragsschluss. Unterbleibt die Widerrufsbelehrung oder ist sie fehlerhaft, erlischt das Widerrufsrecht spätestens nach 12 Monaten und 14 Tagen. Anders als bisher gibt es bei fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung kein „ewiges Widerrufsrecht“ mehr.
Das Widerrufsrecht erlischt bei einer Dienstleistung auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.
Unternehmer können bei einem Widerruf dem Verbraucher die Rücksendekosten der Ware auferlegen, sofern darauf vor Vertragsschluss hingewiesen wurde.
Was kann ich gegen unerwünschte Werbeanrufe tun?
- Notieren Sie Namen, Adresse und Rufnummer der Firma, Datum und Namen des Anrufers sowie den Grund des Anrufs. Geben Sie die Informationen den VerbraucherService, die Verbraucherzentrale, die Bundesnetzagentur oder die Wettbewerbszentrale weiter. Diese Stellen sind auf Ihre Mithilfe angewiesen, um unseriösen Firmen das Handwerk zu legen.
- Zur Vereinfachung des Vorgangs können Sie bei der Bundesnetzagentur ein entsprechendes Formblatt herunterladen. So haben Sie für den Fall der Fälle jederzeit die richtigen Fragen an den ungebetenen Anrufer parat.
- Setzt eine Firma trotz Verbots auf unerwünschte Werbeanrufe als Mittel der Werbung, kann die Bundesnetzagentur die Rufnummern abschalten und Bußgelder verhängen.
- Wenn Ihnen das zu aufwendig sein sollte oder der Anrufer nicht bereit ist, die geforderten Daten mitzuteilen, beenden Sie das Gespräch einfach durch Auflegen.
- Keinesfalls sollten persönliche Daten wie Geburtsdatum oder Bankverbindung preisgegeben werden.
- Streichen Sie bei Vertragsabschlüssen Klauseln, die die Speicherung und Nutzung Ihrer Daten zu Werbezwecken erlauben sollen.
- Bei Gewinnspielen sollten Sie keine Telefonnummer angeben oder zumindest der Nutzung Ihrer Daten zu Werbezwecken widersprechen.
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