Alte Sparbücher - Vergessene Spareinlagen
Häufig kommt es vor, dass z. B. bei der Auflösung von Wohnungen alte Sparbücher zum Vorschein kommen, auf denen seit Jahrzehnten keine Eintragung mehr erfolgte. Manchmal sind diese Bücher nicht entwertet und weisen ein stattliches Guthaben auf. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit in solchen Fällen noch Ansprüche auf Auszahlung des Guthabens gegen das ausgebende Kreditinstitut bestehen. Die Kreditinstitute entgegnen häufig, das entsprechende Guthaben sei längst aufgelöst. Unterlagen hierüber können meist nicht vorgelegt werden. Im Übrigen wird gegen solche Ansprüche oft die Einrede der Verjährung erhoben oder vorgetragen, der Anspruch sei verwirkt..
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Reichsmark-Sparbücher
Immer wieder tauchen in Familien bei Todesfällen auch Sparbücher auf, die noch auf Reichsmark lauten. Viele Vertriebene haben diese Sparbücher damals mitgenommen. Durch das "Gesetz zum Abschluss der Währungsumstellung von 1948" von 1975 haben sich alle Umstellungsansprüche erledigt.
Solche Sparbücher haben allenfalls noch einen historischen Wert, ein Anspruch auf Auszahlung des Guthabens besteht aber nicht mehr.
DM-Sparbücher
Wie aber verhält es sich, wenn Sparbücher auftauchen, die auf "DM" lauten und bei denen seit Jahrzehnten keine Verfügung mehr stattgefunden hat?
Bei diesen besteht grundsätzlich ein Auszahlungsanspruch gegenüber dem ausgebenden Kreditinstitut. Erfahrungsgemäß wehren sich aber viele Banken gegen den Anspruch des Kunden. Sie tragen dazu bevorzugt folgende Argumente vor:
Das Guthaben sei schon ausgezahlt worden.
Wenn das Sparbuch einen Stempelaufdruck „entwertet“ enthält, spricht das dafür, dass das Guthaben bereits ausgezahlt wurde.
Wenn ein solcher Hinweis auf dem Sparbuch nicht zu finden ist, argumentieren Banken oft, das Konto sei aufgelöst worden oder aus den internen Bankunterlagen ergebe sich, dass eine Auszahlung stattgefunden haben muss. Z.B. ergebe sich aus der sogenannten Nettoinventurliste der Bank, dass das Guthaben ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr aufgelistet sei.
Einige Gerichte ließen eine solche Argumentation der Bank mit internen Unterlagen genügen, wie z.B. das AG Bielefeld. Dagegen lässt das LG Wuppertal (Urt. v. 28.05.1998, Az. 9 S 314/97) die Nettoinventurliste der Bank nicht als Beweis genügen. Es müsse auch einen Hinweis auf dem Sparbuch auf die Auszahlung geben. Dieses müsse der Kunde in aller Regel vorlegen, wenn er die Auszahlung verlangt.
Der Streit betrifft die Frage, ob die Bank beweisen muss, dass das Guthaben schon ausgezahlt wurde, oder ob der Kunde beweisen muss, dass das noch nicht erfolgte. Das OLG Frankfurt/Main, z.B. Urteil vom 16.02.2011, Az. 19 U 180/10 und Urteil vom 22.10.2004, Az. 2 U 12/04 sieht die Beweislast bei der Bank, auch wenn diese nach Jahren keine Unterlagen mehr zu dem Sparkonto hat. Die Richter des OLG Celle, Urteil vom 18.06.2008, Az. 3 U 39/08 betonten, dass das Sparbuch im Rechtsverkehr grundsätzlich den vollen Beweis für das Bestehen des ausgewiesenen Guthabens erbringt. Die Bank dürfe eine Auszahlung nicht ausführen, ohne dass der Kunde das Sparbuch vorlegt. Sollte sie es dennoch einmal so gemacht haben, könne ihr das eigene Fehlverhalten nicht zugute gehalten werden. Nur ganz ausnahmsweise halten es die Richter für möglich, dass Bankunterlagen als Indiz für eine Auszahlung herangezogen werden können.
Der Auszahlungsanspruch sei verjährt oder verwirkt
Der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 4.6.2002; Az: XI ZR 361/01) hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine Verwirkung des Auszahlungsanspruches gegen die Bank wegen jahrzehntelanger Untätigkeit nicht eintreten kann. Die Bank kann nicht darauf vertrauen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Ebenso hat der BGH in diesem Urteil entschieden, dass bei einem beidseitig kündbaren Sparkonto die Verjährungsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn von einer der Vertragsparteien eine Kündigung ausgesprochen wurde.
Neben der Auszahlung des Guthabens sollte der Kunde auch die Auszahlung aller Zinsen verlangen, die seit Vertragsbeginn angefallen sind. Bei Sparkonten war meist ein variabler Zinssatz vereinbart. Im Sparbuch steht dann der Anfangszinssatz. Die Bank muss Auskunft über die Zinsentwicklung geben und alle Zinsen berechnen und mit auszahlen.
Weigert sich die Bank, die Ansprüche des Kunden zu erfüllen, kann sich dieser an die jeweilige Banken- oder Sparkassenschlichtungsstelle wenden.
Sollte das mit einem unbefriedigenden Ergebnis enden, kann der Kunde einen auf Bankrecht spezialisierten Rechtsanwalt befragen. Leider lenken die Bank oft erst ein, wenn der Kunde sich rechtliche Unterstützung holt.
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