„Strom-Communities“ und „Strom-Clouds": Was steckt dahinter?
Von: Verbraucherzentrale Bayern e. V.
Neben den bekannten Stromlieferverträgen gibt es für Eigentümer von Wohngebäuden mit Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) mittlerweile auch Anbieter von sogenannten „Strom-Communities“ oder „Strom-Clouds“.
Doch was steckt eigentlich dahinter und was ist aus Verbrauchersicht zu beachten?
In diesem Beitrag finden Sie
Grundlagen zur Nutzung von Photovoltaik-Strom
Abgesehen von älteren Anlagen, wird heutzutage in der Regel bei Ein- und Zweifamilienhäusern der Stromverbrauch zunächst durch die PV-Anlage gedeckt. Wenn dies nicht ausreicht, dann wird über das öffentliche Stromnetz von einem Energieversorger die restliche Strommenge dazu gekauft. Umgekehrt, wenn die PV-Anlage mehr Strom produziert als in dem Moment genutzt werden kann, dann wird der Überschuss in das öffentliche Netz eingespeist und an den Netzbetreiber verkauft.
Für den Kauf von Strom gibt es die klassischen Stromlieferverträge mit einem Grund- und Arbeitspreis. Für den Verkauf des überschüssigen Stroms erhält man eine Einspeisevergütung, die sich nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) richtet.
Der Eigenverbrauchsanteil, d.h. der Anteil an selbstgenutztem PV-Strom, kann durch den Einsatz eines Stromspeichers deutlich gesteigert werden. Insbesondere wird dadurch auch die Unabhängigkeit (Autarkie) vom Stromversorger, d.h. der Deckungsanteil des PV-Stroms am Stromverbrauch, größer.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass bei den aktuellen Preisen die Wirtschaftlichkeit der PV-Anlage bzw. die zu erwartende Rendite der Investition durch einen Stromspeicher oftmals sinkt.
Das heißt, wenn man seine Unabhängigkeit mit einem Stromspeicher steigern möchte, dann sollte dieser nach dem eigenen Stromverbrauch dimensioniert werden und nicht beliebig groß gewählt werden.
Das unten aufgeführte Beispiel zeigt, wie sich die Nutzung des PV-Stroms einmal ohne und einmal mit Stromspeicher darstellt. Die Werte variieren in Abhängigkeit vor allem von der Leistung der PV-Anlage, dem Stromverbrauch, dem Verbrauchsverhalten (Wann wird Strom verbraucht?) und der Speichergröße.
Was sind „Strom-Communities“ und „Strom-Clouds"?
Für den Verkauf von überschüssigem Strom und für den Kauf des Reststroms bieten vor allem Hersteller von Stromspeichern und einige Energieversorger sogenannte „Strom-Communities“ oder „Strom-Clouds“ als neue Tarif- bzw. neue Vertragsmodelle an.
Gemäß vielversprechender Werbung wird im Sommer der überschüssige Strom einfach in der Cloud „eingefroren“. Im Winter, wenn man Strom beziehen muss, kann dieser aus der Cloud wieder „aufgetaut“ werden. Hier ist auch die Rede von „100% Nutzung des selbst erzeugten Stroms“, „100% nachhaltig“ und ähnlichen Aussagen.
Der Begriff „Cloud“ ist bekannt aus dem EDV-Bereich und steht dort für das Hoch- und Runterladen von Daten über das Internet zu externen Speichern. Auf die Stromtechnik bezogen ist der Begriff jedoch irreführend, da der Strom im Netz - bis auf einen verschwindend geringen Teil - nicht gespeichert wird.
Es handelt sich hier deshalb aus technischer Sicht genauso um eine Einspeisung in das öffentliche Netz und einen klassischen Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz. Beim Bezug wird der aktuell im Netz verfügbare Strom genutzt. Alleine in der kaufmännischen Bilanz handelt es sich um selbst erzeugten und gespeicherten Strom.
Es gibt keine übergeordnete, einheitliche Definition der Begriffe „Cloud“ und „Community“ hinsichtlich des Stromverkaufs und bezugs. Die Begriffe werden von den Anbietern beliebig genutzt und mit unterschiedlichen Preisen und Konditionen verbunden.
Die vertraglichen Bestandteile einer Cloud sind dabei sehr komplex. Dies wird noch gesteigert, wenn über den Tarifanbieter zusätzlich ein Finanzierungvertrag für den Kauf der PV-Anlage oder des Speichers abgeschlossen wird.
Abb. 5 Vergleich der Preisstruktur beim klassischen Strombezug und Einspeisung des überschüssigen Stroms nach EEG mit der Struktur eines Beispiel-„Cloud“-Vertrags
Was gilt es aus Verbrauchersicht zu beachten?
Wichtige (Kritische) Merkmale von Cloud- und Community-Tarifen aus Verbrauchersicht:
Beim Kauf einzelner Komponenten wie Stromspeicher oder der PV-Anlage hat man keine Wahlfreiheit mehr. Die Dimensionierung entspricht nicht immer dem technischen Optimum.
Bei den Community-Tarifen wird teilweise ein „kostenloser“ Bezug einer begrenzten Strommenge zugesprochen. Dieser Tarif ist dann allerdings an eine kostenpflichtige Mitgliedschaft in einer Community gebunden.
Die Vermarktung des Stromertrags aus der PV-Anlage erfolgt über den Anbieter bzw. verbundene Unternehmen.
Der Zukauf von Strom erfolgt über den Anbieter. Meist werden dafür verschiedene „Flatrates“ mit monatlicher Grundgebühr angeboten. Aber Achtung: Diese „Flatrates“ haben eine Obergrenze!
Lange Mindestvertragslaufzeiten sind hier bislang nicht bekannt. Doch es handelt sich meist um mehrere Verträge: einen für den Kauf, ggf. für die Finanzierung, für die Stromvermarktung und einen für die Stromlieferung. Das bedeutet, dass eine Kündigung deutlich mehr Konsequenzen haben kann, als man das bisher von einem normalen Wechsel des Stromanbieters gewohnt ist.
Fazit
Die Angebote zu Strom-Clouds, -Communities und Co. können grundsätzlich für einige Gebäudebesitzer, die eine PV-Anlage betreiben wollen, interessant sein. Es zeigt sich aber auch, dass sich in vielen Fällen Nachteile ergeben, wie z.B. zu große Speicherdimensionierungen oder sogar höhere Stromkosten als beim klassischen Tarifmodell.
Daher ist es wichtig, sich vorab genau zu informieren und Angebote zu vergleichen. Die im Folgenden dargestellten Fragen sollten vor der Vertragsunterzeichnung geklärt sein.
Um rechtliche und finanzielle Fallstricke zu erkennen, empfiehlt sich eine anbieterunabhängige Beratung in Anspruch zu nehmen, wie z.B. die Energieberatung der Verbraucherzentralen oder des VerbraucherService Bayern.
Diese Fragen sollten vor der Vertragsunterzeichnung geklärt sein:
- Welche PV-Anlage und welcher Speicher passen von der Größe zum eigenen Stromverbrauch?
- Welche Investitionskosten fallen insgesamt für PV-Anlage, Stromspeicher, Messeinrichtungen (SmartMeter), usw. an?
- Wie hoch sind die laufenden Kosten?
- Was passiert bei einem Defekt oder Ausfall der Anlage?
- Wer erhält die Einspeisevergütung nach dem EEG?
- Welche Kosten entstehen, wenn der Stromverbrauch größer ist als geplant?
- Kann der Tarif an zukünftige Planungen wie z.B. Elektroauto angepasst werden?
- Welche Konsequenzen hat es, wenn man die Verträge kündig
Bildquelle: Panthermedia
- Zur Energieberatung der Verbraucherzentrale Bayern und des VerbraucherService Bayern
- Auf einen Blick: Die zehn wichtigsten Energiespartipps
- Die Energieverbrauchskennzeichnung - Europäisches Energielabel
- Schneller Rat durch Energiesparsiegel
- Der Energie-Atlas Bayern
- Broschüre: Energie sparen in Bayern
- Stromverbrauch vergleichen auf dem Portal "Stromsparinitiative"
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